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Die klassische Mechanik oder Newtonsche Mechanik ist das Teilgebiet der Physik das die Bewegung von festen flussigen oder gasformigen Korpern unter dem Einfluss von Kraften beschreibt Dazu gehoren auch der Fall der Tragheitsbewegung in Abwesenheit einer Kraft und der Fall des statischen Gleichgewichts d h des Verbleibens in der Ruhelage obwohl Krafte wirken Typische Anwendungsgebiete der klassischen Mechanik sind Himmelsmechanik Technische Mechanik Hydrodynamik Aerodynamik Statik und Biomechanik Das mathematische Pendel ein typischer Anwendungsfall der klassischen MechanikDie klassische Mechanik beruht auf den von Isaac Newton Ende des 17 Jahrhunderts gelegten Grundlagen wurde aber noch bis zum Ende des 19 Jahrhunderts durch Gottfried Wilhelm Leibniz Johann I Bernoulli Daniel Bernoulli Leonhard Euler Jean Baptiste le Rond d Alembert Joseph Louis de Lagrange Augustin Louis Cauchy William Rowan Hamilton und andere erweitert und weitgehend vollstandig ausgearbeitet In der Entwicklung der Physik und der anderen Naturwissenschaften diente sie als wichtiges Vorbild Die klassische Mechanik ermoglicht sehr genaue Beschreibungen und Vorhersagen aller mechanischen Vorgange in Wissenschaft Technik und Natur sofern die Geschwindigkeit der Korper gegenuber der Lichtgeschwindigkeit und ihre De Broglie Wellenlange gegenuber den Abmessungen des betrachteten Systems vernachlassigt werden konnen Die physikalischen Theorien wie Relativitatstheorie und Quantenmechanik mit denen diese Einschrankungen im 20 Jahrhundert uberwunden wurden fussen ihrerseits auf der klassischen Mechanik beruhen aber auch wesentlich auf Konzepten die mit der klassischen Mechanik nicht mehr vereinbar sind Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Formulierungen 2 1 Newtonsche Gesetze 2 2 Lagrange Formalismus 2 3 Hamiltonsche Mechanik 3 Grenzen 3 1 Das Verhaltnis zur Relativitatstheorie 3 2 Das Verhaltnis zur Quantenmechanik 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten Hauptartikel Geschichte der Klassischen Mechanik Die ab dem 17 Jahrhundert entwickelte Klassische Mechanik wurde zur ersten Naturwissenschaft im heutigen Sinn Die von Galileo Galilei begrundete Methode der Naturerkenntnis in der experimentelle Beobachtungen angestellt und die Ergebnisse mit mathematischen Methoden analysiert werden fuhrte hier zum ersten Mal zu einem wissenschaftlichen Durchbruch Als Beginn der Klassischen Mechanik wird Isaac Newtons Buch Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie von 1687 angesehen Darin werden Bewegungen von Korpern insbesondere die beschleunigten Bewegungen mithilfe eines eigens hierfur geschaffenen neuen Kraftbegriffs umfassend analysiert Newton wies nach dass alle Beobachtungen und Messungen an Bewegungen von Korpern sich durch ein Gerust weniger Grundannahmen erklaren lassen Er zeigte das mittels der ebenfalls neuen mathematischen Technik der Infinitesimalrechnung in mathematischer Strenge fur die Beobachtungsergebnisse von Galilei zum freien Fall und die von Johannes Kepler zu den Planetenbewegungen wie auch fur zahlreiche eigene Beobachtungen und Messungen an bewegten Korpern Bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts erbrachten Christiaan Huygens Gottfried Wilhelm Leibniz Johann I Bernoulli Daniel Bernoulli Leonhard Euler Jean Baptiste le Rond d Alembert Joseph Louis de Lagrange Pierre Simon Laplace Augustin Louis Cauchy William Rowan Hamilton und andere die notwendige Klarung einiger der newtonschen Begriffe und die Einfuhrung weiterer Begriffe z B Drehimpuls Arbeit Energie Spannungstensor und Techniken z B d Alembertsche Tragheitskraft Lagrange Formalismus Damit dehnten sie das Anwendungsgebiet der Newtonschen Mechanik erheblich aus Diese Lehre der Mechanik war so erfolgreich in der Deutung unzahliger Vorgange dass sie zur Grundlage eines Mechanistischen Weltbilds gemacht wurde 1 was vonseiten der traditionellen Philosophie jedoch teils auf heftigste Kritik stiess 2 Die Newtonsche Mechanik fand ab dem 19 Jahrhundert allmahlich auch Anwendung im Bauwesen und im Maschinenbau letzteres verstarkt aber erst ab Beginn des 20 Jahrhunderts Wahrend die so entstehende Technische Mechanik vollstandig auf dem Newtonschen Kraftbegriff beruht wurde dieser in der Theoretischen Mechanik durch Ernst Mach Gustav Kirchhoff Heinrich Hertz als nicht wirklich grundlegend kritisiert und trat in seiner Bedeutung in der Folge gegenuber den Begriffen Impuls und Energie zuruck Dass die Gultigkeit der klassischen Mechanik ihre Grenzen hat wurde Anfang des 20 Jahrhunderts entdeckt Erkenntnisse der Elektrodynamik fuhrten zu Problemen die Albert Einstein im Rahmen seiner Speziellen Relativitatstheorie und Allgemeinen Relativitatstheorie mit einer Revision der klassischen Annahmen uber Raum Zeit und Masse loste Danach bleibt die Newtonsche Mechanik naherungsweise gultig fur die Bewegung von Korpern deren Geschwindigkeiten gegenuber der Lichtgeschwindigkeit und deren Gravitationsenergie gegenuber ihrer Ruheenergie vernachlassigt werden konnen Eine andere Gultigkeitsgrenze der klassischen Mechanik ergab sich aus den Erkenntnissen der Atomphysik die nach ersten Erfolgen von Niels Bohr und Arnold Sommerfeld erst in der durch Werner Heisenberg und Erwin Schrodinger entwickelten Quantenmechanik erklart werden konnten Aus der Quantenmechanik ergibt sich dass die klassische Mechanik fur solche Vorgange naherungsweise gultig ist bei denen die De Broglie Wellenlange der Korper vernachlassigbar klein gegenuber den massgebenden raumlichen Abstanden sind Formulierungen BearbeitenIn der klassischen Mechanik existieren verschiedene Prinzipien zur Aufstellung von Bewegungsgleichungen die zur Beschreibung der Bewegung von Korpern genutzt werden Diese stellen jeweils eine Weiterentwicklung oder Verallgemeinerung des zweiten Newtonschen Gesetzes dar Bewegungsgleichungen sind Differentialgleichungen zweiter Ordnung die nach der Beschleunigung aufgelost werden konnen und deren Losung den Ort und die Geschwindigkeit einer Masse zu jeder Zeit festlegt Newtonsche Gesetze Bearbeiten Hauptartikel Newtonsche Gesetze Die Newtonschen Gesetze gelten als die Grundlage der klassischen Mechanik auf der alle weiteren Modelle basieren Zentrales Konzept dieser Formulierung ist die Einfuhrung von Kraften die eine Beschleunigung x displaystyle ddot vec x nbsp einer Masse m displaystyle m nbsp hervorrufen Die Bewegungsgleichung dieser Masse wird bestimmt durch die Uberlagerung der Krafte F i displaystyle vec F i nbsp die auf die Masse wirken m x i 1 N F i displaystyle m ddot vec x sum i 1 N vec F i nbsp Lagrange Formalismus Bearbeiten Hauptartikel Lagrange Formalismus Der Lagrange Formalismus beschreibt die Gesetze der klassischen Mechanik durch die Lagrange Funktion L displaystyle L nbsp die fur Systeme mit einem generalisierten Potential und holonomen Zwangsbedingungen als Differenz aus kinetischer Energie T displaystyle T nbsp und potentieller Energie V displaystyle V nbsp gegeben ist L T V displaystyle L T V nbsp Die Bewegungsgleichungen ergeben sich durch Anwenden der Euler Lagrange Gleichungen die die Ableitungen nach der Zeit t displaystyle t nbsp den Geschwindigkeiten q i displaystyle dot q i nbsp und den generalisierten Koordinaten q i displaystyle q i nbsp miteinander in Verbindung setzt d d t L q i L q i displaystyle frac text d text d t frac partial L partial dot q i frac partial L partial q i nbsp Hamiltonsche Mechanik Bearbeiten Hauptartikel Hamiltonsche Mechanik Die Hamiltonsche Mechanik ist die am starksten verallgemeinerte Formulierung der klassischen Mechanik und Ausgangspunkt der Entwicklung neuerer Theorien und Modelle wie der Quantenmechanik Zentrale Gleichung dieser Formulierung ist die Hamilton Funktion H displaystyle H nbsp Sie ist folgendermassen definiert H i q i p i L q q t displaystyle H sum limits i dot q i p i L vec q dot vec q t nbsp Dabei sind q i displaystyle dot q i nbsp die generalisierten Geschwindigkeiten und p i displaystyle p i nbsp die generalisierten Impulse Ist die potentielle Energie unabhangig von der Geschwindigkeit und hangen die Transformations Gleichungen die die generalisierten Koordinaten definieren nicht von der Zeit ab ist die Hamilton Funktion in der klassischen Mechanik durch die Summe aus kinetischer Energie T displaystyle T nbsp und potentieller Energie V displaystyle V nbsp gegeben 3 H T V displaystyle H T V nbsp Die Bewegungsgleichungen ergeben sich durch Anwenden der kanonischen Gleichungen q i H p i displaystyle dot q i frac partial H partial p i nbsp p i H q i displaystyle dot p i frac partial H partial q i nbsp Mit dem Hamilton Jacobi Formalismus existiert eine modifizierte Form dieser Beschreibung die die Hamilton Funktion mit der Wirkung verknupft Grenzen BearbeitenViele alltagliche Phanomene werden durch die klassische Mechanik ausreichend genau beschrieben Es gibt aber Phanomene die mit der klassischen Mechanik nicht mehr erklart oder nicht mehr in Einklang gebracht werden konnen In diesen Fallen wird die klassische Mechanik durch genauere Theorien ersetzt wie z B durch die spezielle Relativitatstheorie oder die Quantenmechanik Diese Theorien enthalten die klassische Mechanik als Grenzfall Bekannte klassisch nicht erklarbare Effekte sind Photoeffekt Comptonstreuung und Hohlraumstrahler Das Verhaltnis zur Relativitatstheorie Bearbeiten Anders als in der Relativitatstheorie gibt es in der klassischen Mechanik keine Maximalgeschwindigkeit mit der sich Signale ausbreiten konnen So ist es in einem klassischen Universum moglich alle Uhren mit einem unendlich schnellen Signal zu synchronisieren Dadurch ist eine absolute in jedem Inertialsystem gultige Zeit denkbar In der Relativitatstheorie ist die grosste Signalgeschwindigkeit gleich der Vakuum Lichtgeschwindigkeit Unter der Annahme dass zur Messung physikalischer Vorgange benotigte Uhren perfekt synchronisiert werden konnen lasst sich nun der Geltungsbereich der klassischen Mechanik gegenuber der Relativitatstheorie bestimmen Die Annahme uber die Synchronisierbarkeit gilt namlich genau dann wenn die zu messende Geschwindigkeit v displaystyle v nbsp im Vergleich zur maximalen Signalgeschwindigkeit c displaystyle c nbsp mit der die Uhren synchronisiert werden klein ist d h v c displaystyle v ll c nbsp Das Verhaltnis zur Quantenmechanik Bearbeiten Im Gegensatz zu der Quantenmechanik lassen sich Massenpunkte mit identischen Observablen Masse Ort Impuls unterscheiden wahrend man in der Quantenmechanik von ununterscheidbaren Entitaten ausgeht Das bedingt dass klassische Korper in dem Sinne makroskopisch sein mussen dass sie individuelle Eigenschaften besitzen die sie unterscheidbar machen Somit lassen sich z B Elementarteilchen einer Familie nicht als klassische Massenpunkte auffassen Die Unterscheidbarkeit eines klassischen Teilchens ruhrt daher dass es wenn es sich selbst uberlassen wird in seinem vorherigen Inertialsystem verharrt Dies ist fur ein quantenmechanisch beschriebenes Teilchen nicht der Fall da ein sich selbst uberlassenes Teilchen nicht zwangsweise in seinem Inertialsystem verharrt Diese Tatsache kann man in der Quantenmechanik herleiten in dem man das Schrodinger Anfangswertproblem fur die Wellenfunktion eines Teilchens lost dessen Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu einem Zeitpunkt t 0 displaystyle t 0 nbsp genau an einem Ort lokalisiert ist ein so genannter d displaystyle delta nbsp Peak Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit beginnt mit zunehmender Zeit zu zerlaufen Literatur BearbeitenRalph Abraham Jerrold E Marsden Foundations of Mechanics Addison Wesley ISBN 0 201 40840 6 Torsten Fliessbach Mechanik 5 Auflage Spektrum 2007 ISBN 978 3 8274 1683 4 Herbert Goldstein Charles P Poole John Safko Klassische Mechanik Wiley VCH ISBN 3 527 40589 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Klassische Mechanik Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikibooks Formelsammlung Klassische Mechanik Lern und LehrmaterialienEinzelnachweise Bearbeiten Friedrich Hund Geschichte der Physikalischen Begriffe Teil I Die Entstehung des mechanischen Naturbildes 2 Auflage BI Hochschultaschenbucher Mannheim 1978 Vorwort Erhard Scheibe Die Philosophie der Physiker Uberarbeitete Taschenbuchausgabe C H Beck 2007 ISBN 3 406 54788 5 S 22 ff Herbert Goldstein Klassische Mechanik Frankfurt 1963 S 244 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klassische Mechanik amp oldid 238644920