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Michael J Heidelberger 29 April 1888 in New York City 25 Juni 1991 ebenda war ein amerikanischer Chemiker und Immunologe Er wirkte von 1912 bis 1927 am Rockefeller Institute for Medical Research von 1928 bis 1956 als Professor an der Columbia University und als Chemiker am New Yorker Presbyterian Hospital von 1955 bis 1964 als Gastprofessor an der Rutgers University sowie danach bis zu seinem Tod als ausserplanmassiger Professor an der New York University Michael Heidelberger 1954Nachdem Michael Heidelberger sich zu Beginn seiner Laufbahn vorrangig mit Themen der Wirkstoffchemie und der chemischen Analytik beschaftigt hatte wandte er sich spater der immunologischen Forschung zu In diesem Bereich untersuchte er vor allem die chemische Natur von Antikorpern und Antigenen sowie die als Prazipitation bezeichnete Reaktion zwischen bakteriellen Polysacchariden und Antikorpern Er konnte insbesondere nachweisen dass Antikorper Proteine sind und legte ausserdem die Grundlagen fur immunchemische Analyseverfahren wie ELISA und RIA Aufgrund seiner Forschungsergebnisse gilt Michael Heidelberger als Mitbegrunder der modernen Immunbiologie und insbesondere der quantitativen Immunchemie 1 Fur seine grundlegenden Beitrage zur Immunologie erhielt er unter anderem 1953 den Albert Lasker Award for Basic Medical Research 1967 die National Medal of Science 1977 den Louisa Gross Horwitz Preis und 1978 den Albert Lasker Award for Clinical Medical Research Ausserdem gehorte er ab 1942 der National Academy of Sciences und ab 1975 der Royal Society an Er war bis kurz vor seinem Tod wissenschaftlich aktiv und veroffentlichte in uber sieben Jahrzehnten insgesamt 365 wissenschaftliche Abhandlungen 2 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Ausbildung und Tatigkeit am Rockefeller Institute 1 2 Forschung an der Columbia University 1 3 Aktiver Ruhestand 1 4 Privat und Familienleben 2 Wissenschaftliches Wirken 2 1 Arbeiten im Bereich der Chemie 2 2 Biochemische Studien 2 3 Beitrage zur Immunologie 3 Rezeption 3 1 Lebenswerk 3 2 Auszeichnungen 4 Veroffentlichungen Auswahl 5 Einzelnachweise 6 Literatur 7 WeblinksLeben BearbeitenAusbildung und Tatigkeit am Rockefeller Institute Bearbeiten nbsp Beim spateren Nobelpreistrager Richard Willstatter an der ETH in Zurich verbrachte Michael Heidelberger ein Jahr als Post DoktorandMichael Heidelberger wurde 1888 im New Yorker Stadtbezirk Manhattan geboren Sein Vater der als Handelsreisender tatig war und seine Mutter gehorten der Mittelschicht an 3 Die judischstammigen Grosseltern waren rund vier Jahrzehnte vor seiner Geburt aus Deutschland ausgewandert und hatten sich in Idaho niedergelassen 4 Seine Mutter bestand darauf dass er und sein jungerer Bruder Deutsch und Franzosisch lernten 5 Nachdem er sich in der Schule bereits fruh fur Chemie interessiert hatte begann er 1905 ein entsprechendes Studium an der Columbia University in seiner Heimatstadt an der er 1908 einen B S sowie ein Jahr spater einen A M Abschluss erlangte 1911 beendete er sein Studium an der Columbia University mit der Promotion in organischer Chemie zu Chinazolinderivaten 5 Anschliessend entschied er sich auf Anraten des Arztes der Familie der als Physiologe am Rockefeller Institute for Medical Research tatig war fur einen Forschungsaufenthalt im Ausland Er ging fur ein Jahr an die Eidgenossische Technische Hochschule Zurich an der er im Labor des spateren Nobelpreistragers Richard Willstatter mit Arbeiten zu Cyclooctatetraen seine Orientierung auf die organische Chemie vertiefte Die Zeit in Zurich blieb bis zu seinem Tod der langste Abschnitt seines Lebens den er ausserhalb von Manhattan verbrachte 2 Nach seiner Ruckkehr in die Vereinigten Staaten erhielt er im September 1912 eine Anstellung am Rockefeller Institute for Medical Research Gemeinsam mit Walter Abraham Jacobs und Simon Flexner arbeitete er hier an der Synthese von therapeutisch nutzbaren Arsenverbindungen 6 Wahrend des Ersten Weltkrieges bildete Michael Heidelberger ab 1915 als Offizier des Medical Corps der United States Army am Rockefeller Institute Arzte und technische Assistenten in Laborarbeit aus 6 Daruber hinaus setzte er seine Forschungsarbeiten zur Wirkstoffsynthese fort Nach dem Ende des Krieges wandten sich Michael Heidelberger und Walter Jacobs neuen Forschungsthemen zu Wahrend dieser Zeit entwickelte er im Rahmen von Studien zu Blutfarbstoffen mit der Kuhlzentrifuge ein Laborgerat das bis in die Gegenwart von verschiedenen Herstellern produziert wird und weltweit in Laboren im Einsatz ist 1 Von der Firma welche die Vermarktung des Gerats ubernahm erhielt er 50 US Dollar fur das Schreiben der Bedienungsanleitung 7 Kurze Zeit spater begann er mit Karl Landsteiner der im Jahr 1922 an das Rockefeller Institute gewechselt war sowie mit Oswald Avery und Walther F Goebel die am Institut Pneumokokken erforschten bei der Untersuchung der chemischen Eigenschaften von Polysacchariden aus der Kapsel von Bakterien zusammenzuarbeiten Forschung an der Columbia University Bearbeiten nbsp Elvin A Kabat Mitte erster Doktorand und langjahriger Mitarbeiter von Michael HeidelbergerNachdem seine Untersuchungen zu Blutfarbstoffen wie Hamoglobin ihn erstmals in Kontakt mit biochemischen Fragestellungen gebracht hatten beschaftigte sich Michael Heidelberger auf Anregung von Karl Landsteiner mit immunologischen Arbeitstechniken 1927 wechselte er an das New Yorker Mount Sinai Hospital da Simon Flexner der Meinung war dass Michael Heidelberger beim Verbleib am Rockefeller Institute im Schatten von herausragenden Wissenschaftlern wie Karl Landsteiner Oswald Avery und Walter Jacobs stehen wurde 8 Bereits im folgenden Jahr wurde er Associate Professor fur Medizin an der Columbia University von 1929 bis 1945 wirkte er dort als Associate Professor fur biologische Chemie von 1945 bis 1948 als Professor fur Biochemie sowie von 1948 bis 1956 als Professor fur Immunchemie Parallel dazu war er ebenfalls von 1928 bis 1956 als Chemiker am New Yorker Presbyterian Hospital tatig 9 einem Lehrkrankenhaus der Columbia University an dem er ein eigenes Labor etablierte und sich unter anderem Untersuchungen zu Thyreoglobulin sowie zur Aufreinigung der Antigene von hamolytischen Streptokokken widmete 10 Zum Schwerpunkt seiner Forschung wurde jedoch die Aufklarung der Natur der Serumbestandteile die mit den bakteriellen Kapselpolysacchariden zur Prazipitation fuhrten und damit die Klarung der Frage ob es sich bei Antikorpern um Proteine aus der Klasse der Globuline handelt 10 Im Rahmen dieser Untersuchungen entwickelte er zusammen mit seinen Mitarbeitern eine als Prazipitin Reaktion bezeichnete quantitative Methode zur Untersuchung der Antigen Antikorper Reaktion Durch diese Studien wurde der britische Immunologe John Marrack der 1934 unter dem Titel The Chemistry of Antigens and Antibodies ein einflussreiches Werk zur chemischen Natur von Antigenen und Antikorpern veroffentlicht hatte auf die Arbeiten von Michael Heidelberger aufmerksam woraus sich eine zeitweise Zusammenarbeit und eine lebenslange Freundschaft zwischen beiden ergab 10 Zusammen mit Elvin A Kabat der zunachst als Student in Heidelbergers Labor tatig war und spater dessen erster Doktorand wurde arbeitete Michael Heidelberger zudem an der Verbesserung der Prazipitin Reaktion und an der Untersuchung der als Agglutination bezeichneten Verklumpung von Bakterien nach Zugabe von Antiserum Aus der Zusammenarbeit mit Mikrobiologen des Krankenhauses ergaben sich daruber hinaus wichtige Beitrage zur klinischen Anwendung der Immunologie So gelang Michael Heidelberger die Entwicklung eines wirksamen Antiserums zur Behandlung von Meningitis bei Kleinkindern 11 Ausserdem konnte er schliesslich Antikorper aufreinigen und nachweisen dass es sich dabei tatsachlich um Globuline handelte In den Jahren 1934 und 1936 absolvierte er mit einem Guggenheim Stipendium mehrere Aufenthalte von jeweils etwa sechs Wochen Dauer im Labor des spateren Nobelpreistragers The Svedberg an der Universitat Uppsala wo er mit den von Svedberg konstruierten Ultrazentrifugen die Molekulmasse von Antikorpern abschatzen und durch weitere Untersuchungen deren Proteincharakter endgultig belegen konnte 11 Anschliessend wandte er sich der Untersuchung des Komplements zu fur das bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war ob es sich um eine definierte Substanz oder eine Eigenschaft von frischem Blut handelte Aktiver Ruhestand Bearbeiten nbsp Der Mikrobiologe und Nobelpreistrager Selman A Waksman der Michael Heidelberger an die Rutgers University holteWahrend des Zweiten Weltkrieges erhielt Michael Heidelberger den Auftrag sich mit der Pravention und der Behandlung von Milzbrand bei Tieren sowie mit der Aufklarung des Wirkmechanismus von Rizin zu beschaftigen 11 Daruber hinaus untersuchte er zur Vorbeugung gegen Lungenentzundung die Impfung mit bakteriellen Polysacchariden die zu diesem Zweck industriell von der Firma E R Squibb amp Sons hergestellt worden waren sowie die Behandlung von Malaria mit Antiseren die mit den Parasiten der jeweiligen Patienten gewonnen wurden Wahrend die Studien zur Impfung gegen Pneumokokken positiv verliefen ergaben die Arbeiten zur Malariatherapie keine nennenswerten Erfolge 11 In den Jahren 1947 und 1949 wurde er zum Prasidenten der American Association of Immunologists gewahlt 12 Kurz bevor er 1956 an der Columbia University im Alter von 68 Jahren emeritiert wurde ging er auf Einladung von Selman Abraham Waksman dem Entdecker des Antibiotikums Streptomycin als Gastprofessor fur Immunchemie an das Institut fur Mikrobiologie der Rutgers University 13 Als mit steigendem Alter der Weg zwischen seinem Wohnsitz in New York und dem Sitz der Rutgers University in New Brunswick zunehmend beschwerlicher wurde wechselte er 1964 als ausserplanmassiger Professor fur pathologische Immunologie an die medizinische Fakultat der New York University an der er bis kurz vor seinem Tod tatig war 13 Sowohl an der Rutgers University als auch an der New York University widmete er sich weiterhin der Erforschung bakterieller Polysaccharide Privat und Familienleben Bearbeiten Michael Heidelberger war ab Juni 1916 in erster Ehe verheiratet 6 Vier Jahre spater wurde sein einziger Sohn Charles Heidelberger geboren der spater ebenfalls Chemiker wurde Nachdem seine Frau 1946 an Krebs gestorben war heiratete Michael Heidelberger neun Jahre spater eine Violistin und Musiklehrerin die im selben Haus wie er wohnte 14 Im Jahr 1977 musste er sich einer Herzoperation unterziehen von der er sich in kurzer Zeit vollstandig erholte 15 Sechs Jahre spater starb sein Sohn der sich der Krebsforschung gewidmet und unter anderem das Krebsmedikament 5 Fluoruracil entwickelt hatte seine zweite Frau erlag 1988 einer langjahrigen Alzheimer Erkrankung 16 Neben seinem wissenschaftlichen Wirken beteiligte sich Michael Heidelberger in politischer Hinsicht an verschiedenen Friedensinitiativen So zahlte er 1958 zu den Mitunterzeichnern eines vom spateren Friedensnobelpreistrager Linus Pauling initiierten Appells amerikanischer Wissenschaftler an die US Regierung und die Volker der Welt fur die Einstellung von Kernwaffentests 17 Wahrend seiner Zeit an der New York University war er 1970 an Studentenprotesten gegen amerikanische Militaraktionen in Kambodscha beteiligt 18 Im folgenden Jahr unternahm er im Alter von 83 Jahren gemeinsam mit seiner zweiten Frau eine Weltreise neben dem Reisen zahlten das Klarinettespielen das er auf professionellem Niveau beherrschte 1 und das Briefmarkensammeln zu seinen Hobbys 14 Uberliefert sind Kammermusikauftritte von Michael Heidelberger auf verschiedenen wissenschaftlichen Tagungen zusammen mit Kollegen wie Felix Michael Haurowitz der Klavier spielte 19 Zwischen 1977 und 1981 veroffentlichte Michael Heidelberger seine Lebenserinnerungen in einer Serie von drei autobiografischen Artikeln die in verschiedenen Fachzeitschriften erschienen 20 Er starb 1991 im Alter von 103 Jahren in seiner Heimatstadt infolge eines Schlaganfalls 18 und war wenige Wochen zuvor noch im Labor tatig 1 Mit seinem Tod hinterliess er ein unvollendetes Manuskript fur eine wissenschaftliche Publikation an dem er die letzten zwei Jahre seines Lebens gearbeitet hatte 1 Wissenschaftliches Wirken BearbeitenArbeiten im Bereich der Chemie Bearbeiten nbsp Strukturformel der chemotherapeutisch wirksamen Substanz Tryparsamid die Michael Heidelberger wahrend seiner Zeit am Rockefeller Institute mitentwickelteIn der ersten Phase von Michael Heidelbergers Karriere bis etwa zur Mitte der 1920er Jahre war er als Mitarbeiter des Rockefeller Institute in verschiedenen Projekten tatig Ausgehend von seiner Ausbildung in organischer Chemie beschaftigte er sich zunachst vor allem mit der Synthese von Wirkstoffen zur Therapie von Infektionskrankheiten wie Syphilis und Poliomyelitis Im Rahmen dieser Arbeiten trug er zur Entwicklung der Substanz Tryparsamid bei die erfolgreich zur Therapie der in Afrika weitverbreiteten Schlafkrankheit eingesetzt werden konnte und ausserdem in den USA zeitweise gegen die durch Treponema pallidum ausgeloste Neurosyphilis angewendet wurde Gemeinsam mit Walter Jacobs veroffentlichte er wahrend dieser Zeit rund 50 Publikationen unter anderem in Fachzeitschriften wie dem Journal of Biological Chemistry und den Proceedings of the National Academy of Sciences 14 Ausserdem gelang es ihm zusammen mit Walter Jacobs die im Labor von Paul Ehrlich zum Beginn des 20 Jahrhunderts entwickelte Synthese von Arsphenamin zu reproduzieren einer Substanz zur Behandlung von Syphilis 21 Weitere Arbeiten aus dieser Zeit betrafen Studien zu Herzglykosiden und zu Chininderivaten 22 sowie zur chemischen Analytik 1923 erschien ein von ihm verfasstes Laborhandbuch der organischen Chemie Biochemische Studien Bearbeiten nbsp Kristallstruktur von HamoglobinNach dem Ersten Weltkrieg begann Michael Heidelberger sich mit biochemischen Fragestellungen wie der Untersuchung der Eigenschaften von Hamoglobin und dessen Bindungsvermogen fur Sauerstoff zu beschaftigen Dabei widmete er sich insbesondere der Darstellung grosser Mengen der Oxy Form des Hamoglobins in kristallisierter Form fur Untersuchungen zum Sauerstoff Hamoglobin Gleichgewicht 23 Ausserdem ubernahm er serologische Untersuchungen fur seine Kollegen am Rockefeller Institute Im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit Oswald Avery demonstrierte Michael Heidelberger dass eine von Avery und seinen Mitarbeitern aus der Hulle von Pneumococcus Zellen isolierte losliche Substanz die sich als essentiell fur die Virulenz der Bakterien erwiesen hatte nach ihrer Reinigung frei von Stickstoff war 3 Auf diese Weise konnte er nachweisen dass es sich bei der Substanz um ein Kohlenhydrat und nicht wie von den beteiligten Wissenschaftlern erwartet um ein Protein handelte 24 Damit wurde erstmals gezeigt dass Polysaccharide als Antigene fungieren und die Produktion von spezifischen Antikorpern auslosen konnen 25 Mit nachfolgenden Untersuchungen an Gummi arabicum bewies er ausserdem dass vergleichbare immunologisch aktive Kohlenhydrate neben Bakterien auch in hoheren Pflanzen vorkommen 3 Daruber hinaus konnte er gemeinsam mit Oswald Avery demonstrieren dass die bakteriellen Kapselpolysaccharide mit Antiserum das nach der Injektion von Pneumococcus Zellen in Versuchstiere aus deren Blut gewonnen wurde zu einer als Prazipitation bezeichneten Reaktion fuhrten 24 Diese Arbeiten pragten in der Folgezeit sein lebenslanges Interesse an immunchemischen Fragestellungen Beitrage zur Immunologie Bearbeiten nbsp Streptococcus pneumoniae mit Polysaccharidkapsel die aufgrund einer Schwellung nach Zugabe von spezifischen Antiseren sichtbar istNach dem Wechsel an die Columbia University und an das Presbyterian Hospital etablierte Michael Heidelberger eine eigene Arbeitsgruppe die jedoch selten mehr als zwei Mitarbeiter hatte in der Regel einen Post Doktoranden und einen technischen Assistenten 23 Zum zentralen Gegenstand seines wissenschaftlichen Interesses wurde in der Folgezeit zum einen die Untersuchung der chemischen und immunologischen Eigenschaften von Kapselpolysacchariden 26 Diese Arbeiten betrafen insbesondere deren Isolierung und Aufreinigung sowie die Aufklarung ihrer Struktur durch serologische und chemische Studien Durch die Verwendung verschiedener Antiseren wies Michael Heidelberger nach dass in unterschiedlichen Bakterienarten eine Vielzahl von immunologisch spezifischen Polysacchariden existiert 27 Zum anderen beschaftigte er sich beeinflusst durch seine vorherigen Arbeiten mit Karl Landsteiner und Oswald Avery mit der Aufklarung der Natur von Antigenen und Antikorpern wodurch er Methoden der analytischen Chemie mit immunologischer Forschung verband Zwischen 1929 und 1935 beschrieb er in mehreren Veroffentlichungen die methodischen Grundlagen sowie eine quantitative Theorie der Prazipitin Reaktion 28 Ein Jahr spater konnte er zeigen dass der Prazipitation und der Agglutination die gleichen Eigenschaften eines Antiserums zugrunde liegen und nicht wie von anderen Immunologen vermutet zwei verschiedene als Prazipitine und als Agglutinine bezeichnete Antikorperformen 29 Aufbauend auf den Arbeiten zur Prazipitin Reaktion gelang ihm zwischen 1936 und 1938 mit einer Reihe von Studien der Nachweis dass es sich bei Antikorpern um Proteine handelt Zusammen mit seinem Mitarbeiter Elvin Kabat fand er durch Elektrophorese und Ultrazentrifugation auch heraus dass Antikorper der Gamma Fraktion der im Serum vorhandenen Globuline entsprechen 30 Anhand der Bestimmung der Molekulmasse und der Sedimentationsrate war es ihnen daruber hinaus moglich zwei verschiedene Arten von Antikorpern zu unterscheiden die zur damaligen Zeit die Bezeichnungen 7S und 19S erhielten und spater als die Immunglobulin Klassen IgG und IgM bekannt wurden 31 Ausserdem konnten sie durch weitere Studien die Genauigkeit der Prazipitin Reaktion verbessern und zeigen dass die Agglutination von Bakterien mit Antiserum eine Prazipitin Reaktion auf der Oberflache der Bakterienzellen war Rund 20 Publikationen von Michael Heidelberger zum Teil gemeinsam mit Manfred M Mayer betrafen daruber hinaus Untersuchungen zum Komplementsystem und dessen Wirkung auf Bakterien und auf Antigen Antikorper Komplexe Zusammen mit Immunologen aus Deutschland wies er unter anderem nach dass es sich beim Komplement um verschiedene Proteine im Blutplasma handelt und nicht wie von Jules Bordet postuliert um einen vorubergehend bestehenden kolloidalen Zustand des Serums Dies bestatigte unter anderem fruhere Ideen von Paul Ehrlich 11 Rezeption BearbeitenLebenswerk Bearbeiten nbsp Eine Ubersichtsarbeit Ann Rev Biochem 1935 von Michael Heidelberger zur Immunchemie einem Fachgebiet das er durch seine Arbeiten mitbegrundete und grundlegend beeinflussteMichael Heidelberger trug mit den Ergebnissen seiner Forschung entscheidend dazu bei verschiedene bioanalytische Methoden auf der Basis der spezifischen Antigen Antikorper Reaktion in die Forschung und die klinische Diagnostik einzufuhren Damit hatte er wesentlichen Anteil an der Entwicklung der Immunologie von einer uberwiegend beschreibenden zu einer mit prazisen quantitativen Methoden arbeitenden Wissenschaft sowie an der Etablierung der Immunchemie als neue Teildisziplin der Immunologie Die von ihm entwickelten Techniken insbesondere die Prazipitin Reaktion und davon abgeleitete immunchemische Verfahren wie Enzyme linked Immunosorbent Assays und Radioimmunassays ermoglichten die Identifizierung die Strukturaufklarung und die quantitative Messung von Proteinen und Polysacchariden mit einem Mass an Standardisierung Sensitivitat und Spezifitat das zuvor mit keiner anderen Methode annahernd erreichbar war Mit dem Nachweis dass es sich bei Antikorpern um Proteine handelt loste er in den 1930er Jahren eine der wichtigsten Fragen der Immunologie der damaligen Zeit wodurch das Verstandnis von Antikorpern grundlegend verandert wurde Diese Arbeiten fuhrten die Immunologie weg von der Auffassung dass es sich bei den durch Antiseren ausgelosten Reaktionen um rein physikalische Serumeigenschaften handeln wurde die bis zu diesem Zeitpunkt als Antikorperfunktion des Serums bezeichnet wurden Durch die Ergebnisse von Michael Heidelbergers Forschung setzte sich stattdessen die Erkenntnis durch dass Antikorper chemisch definierte Molekule sind deren Eigenschaften und Interaktionen mit Antigenen biochemisch und molekularbiologisch untersucht und gemessen werden konnten 31 Im Bereich der klinischen Immunologie leistete er mit seinen Studien wesentliche Beitrage zur Nutzung von bakteriellen Polysacchariden fur eine Impfung gegen Pneumokokken bedingte Erkrankungen zur Untersuchung der Effektivitat von Immunisierungen sowie zur Aufklarung der Mechanismen allergischer Reaktionen Aufgrund seines aussergewohnlich langen Lebens war Michael Heidelberger seit dem Tod von Jules Bordet der letzte der Wissenschaftler die zwischen 1950 und 1960 mit ihrer Forschung den Beginn der modernen Immunologie markierten 32 Er veroffentlichte insgesamt 365 wissenschaftliche Publikationen davon rund 100 nach seiner Emeritierung im Jahr 1956 Zwischen seiner ersten Publikation im Jahr 1909 und seiner letzten im Jahr 1985 vergingen mehr als sieben Jahrzehnte Damit publizierte er Abhandlungen in jedem Jahrzehnt des 20 Jahrhunderts mit Ausnahme der 1990er Jahre eine Leistung die als einmalig in der Wissenschaftsgeschichte gilt 32 Auszeichnungen Bearbeiten Die wissenschaftlichen Leistungen von Michael Heidelberger wurden sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in anderen Landern durch hochrangige akademische und staatliche Ehrungen gewurdigt So erhielt er zwischen 1947 und 1977 von 15 verschiedenen Universitaten in Europa und den USA einen Ehrendoktortitel 33 Daruber hinaus wurde er in die National Academy of Sciences 1942 die Koniglich Danische Akademie der Wissenschaften 1957 die Accademia Nazionale dei Lincei 1963 die American Philosophical Society 1968 die American Academy of Arts and Sciences 1972 und die Royal Society 1975 sowie als Ehrenmitglied in verschiedene nationale und internationale chemische immunologische und mikrobiologische Fachgesellschaften aufgenommen Michael und Charles Heidelberger gehorten zu den wenigen Vater Sohn Paaren die zu Lebzeiten gemeinsam Mitglieder der National Academy of Sciences waren 13 Zu den Preisen die ihm verliehen wurden 34 gehorten unter anderem der Albert Lasker Award for Basic Medical Research 1953 der Emil von Behring Preis 1954 die National Medal of Science 1967 der Louisa Gross Horwitz Preis 1977 der Claude S Hudson Award 1978 und der Albert Lasker Award for Clinical Medical Research 1978 Damit zahlt er zu den bisher sechs Wissenschaftlern die von der Lasker Foundation zweimal geehrt wurden Er erhielt ausserdem 1953 das Offizierskreuz des belgischen Ordens Leopolds II und wurde 1966 zum Offizier der franzosischen Ehrenlegion ernannt die ihm 1949 bereits das Ritterkreuz verliehen hatte Der Aufnahme in die Ehrenlegion deren Insignien er stets am Revers seiner Jacke trug mass er neben der Mitgliedschaft in der Royal Society besondere Bedeutung bei 14 Nach Michael Heidelberger benannt ist unter anderem die seit 2001 jahrlich vergebene Heidelberger Kabat Distinguished Lectureship in Immunology an der Columbia University 35 Zwischen 1937 und 1962 wurde Michael Heidelberger 23 mal fur einen Nobelpreis nominiert 3 mal fur Chemie 20 mal fur Medizin 36 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenAn Advanced Laboratory Manual of Organic Chemistry New York 1923 Relation of Proteins to Immunity In Carl L A Schmidt Hrsg The Chemistry of the Amino Acids Springfield IL 1938 S 953 974 Recent Chemical Trends in the Study of Immunity In Maurice B Visscher Hrsg Chemistry and Medicine Minneapolis 1940 S 139 156 Immunochemistry In David E Green Hrsg Currents in Biochemical Research New York 1946 S 453 460 Immunochemistry of Antigens and Antibodies In Robert A Cooke Hrsg Allergy in Theory and Practice Philadelphia 1947 S 81 99 Lectures in Immunochemistry New York 1956 Immunochemical Approaches to Problems in Microbiology New Brunswick 1961 als Mitherausgeber Perspectives in the Biochemistry of Large Molecules New York 1962 als Herausgeber Karl Landsteiner June 14 1868 June 26 1943 In Biographical Memoirs Band 40 Washington D C 1969 S 176 210 Immunochemistry of Bacterial Polysaccharides In George Kwapinski Hrsg Eugene D Day Hrsg Research in Immunochemistry and Immunobiology Band 3 Baltimore 1973 S 1 40Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Elvin A Kabat Michael Heidelberger April 29 1888 June 25 1991 In Journal of Immunology 148 1 1992 American Association of Immunologists S 301 307 speziell S 301 ISSN 0022 1767 PMID 1727875 a b Maclyn McCarty in Proceedings of the American Philosophical Society 137 3 1993 S 432 siehe Literatur a b c Julius M Cruse A Centenary Tribute Michael Heidelberger and the Metamorphosis of Immunologic Science In Journal of Immunology 140 9 1988 American Association of Immunologists S 2861 2863 ISSN 0022 1767 PMID 3283240 Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 179 siehe Literatur a b Elvin A Kabat Michael Heidelberger April 29 1888 June 25 1991 In Journal of Immunology 148 1 1992 American Association of Immunologists S 301 307 speziell S 302 ISSN 0022 1767 PMID 1727875 a b c Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 180 siehe Literatur Herman N Eisen in Biographical Memoirs 80 2001 S 125 siehe Literatur Herman N Eisen in Biographical Memoirs 80 2001 S 128 siehe Literatur Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 195 siehe Literatur a b c Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 182 siehe Literatur a b c d e Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 183 siehe Literatur Elvin A Kabat Michael Heidelberger April 29 1888 June 25 1991 In Journal of Immunology 148 1 1992 American Association of Immunologists S 301 307 speziell S 306 ISSN 0022 1767 PMID 1727875 a b c Maclyn McCarty in Proceedings of the American Philosophical Society 137 3 1993 S 436 siehe Literatur a b c d Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 190 siehe Literatur Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 189 siehe Literatur Elvin A Kabat Michael Heidelberger April 29 1888 June 25 1991 In Journal of Immunology 148 1 1992 American Association of Immunologists S 301 307 speziell S 303 ISSN 0022 1767 PMID 1727875 Excerpts from U S Signatures to the Appeal by American Scientists to the Governments and People of the World January 15 1958 abgerufen am 18 April 2011 a b Joan Cook Michael Heidelberger Dies at 103 A Leader in Modern Immunology Nachruf in The New York Times Veroffentlicht am 27 Juni 1991 Herman N Eisen in Biographical Memoirs 80 2001 S 135 siehe Literatur Michael Heidelberger Reminiscences In Annual Review of Microbiology 37 1977 S 1 12 Teil 1 Annual Review of Biochemistry 48 1979 S 1 21 Teil 2 Perspectives in Biology and Medicine 24 1981 S 619 636 Teil 3 Maclyn McCarty in Proceedings of the American Philosophical Society 137 3 1993 S 434 siehe Literatur Elvin A Kabat Michael Heidelberger active at 100 In The FASEB Journal 2 7 1988 Federation of American Societies for Experimental Biology S 2233 2234 ISSN 0892 6638 PMID 3280377 a b Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 191 siehe Literatur a b Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 181 siehe Literatur Maclyn McCarty in Proceedings of the American Philosophical Society 137 3 1993 S 435 siehe Literatur Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 192 siehe Literatur Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 194 siehe Literatur Ross Kessel Obituary Michael Heidelberger 29 April 1888 15 June 1991 In Immunology 74 2 1991 British Society for Immunology S 365 366 ISSN 0019 2805 Herman N Eisen in Biographical Memoirs 80 2001 S 130 siehe Literatur Otto Westphal Michael Heidelberger On the Occasion of his 90th Birthday on April 29 1978 In European Journal of Immunology 8 4 1978 European Federation of Immunological Societies S 225 227 ISSN 0014 2980 PMID 78850 a b Heather L Van Epps Michael Heidelberger and the Demystification of Antibodies In Journal of Experimental Medizin 203 1 2006 Rockefeller University Press S 5 ISSN 0022 1007 PMID 16523537 doi 10 1084 jem 2031fta a b Julius M Cruse Michael Heidelberger 1888 1991 Transition from Life to Legend In Immunologic Research 11 1 1992 Humana Press S 1 2 ISSN 0257 277X PMID 3283240 Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 194 195 siehe Literatur Maurice Stacey in Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 S 196 siehe Literatur Columbia University Department of Microbiology amp Immunology Heidelberger Kabat Distinguished Lecture in Immunology englisch abgerufen am 20 Marz 2010 Nomination Database In nobelprize org 17 April 2015 abgerufen am 17 April 2015 englisch Literatur BearbeitenMaurice Stacey Michael Heidelberger 29 April 1888 25 June 1991 In Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 39 1994 The Royal Society S 179 197 ISSN 0080 4606 PMID 11639904 mit Bild und Bibliographie Maclyn McCarty Michael Heidelberger 29 April 1888 25 June 1991 In Proceedings of the American Philosophical Society 137 3 1993 American Philosophical Society S 432 437 ISSN 0003 049X mit Bild Herman N Eisen Michael Heidelberger April 29 1888 June 25 1991 In Biographical Memoirs Band 80 National Academy of Sciences Washington D C 2001 ISBN 0 309 08281 1 S 122 141 PMID 15202469 mit Bild und ausgewahlter Bibliographie Weblinks BearbeitenNational Library of Medicine Profiles in Science The Michael Heidelberger Papers englisch mit Bildern Informationen zu und akademischer Stammbaum von Michael Heidelberger bei academictree orgNormdaten Person LCCN n87142978 VIAF 163841224 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 30 Marz 2023 nbsp Dieser Artikel wurde am 21 Mai 2011 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen PersonendatenNAME Heidelberger MichaelALTERNATIVNAMEN Heidelberger Michael J KURZBESCHREIBUNG amerikanischer ImmunologeGEBURTSDATUM 29 April 1888GEBURTSORT New York CitySTERBEDATUM 25 Juni 1991STERBEORT New York City Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Michael Heidelberger Immunologe amp oldid 232732657