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Kykladenidole sind Figuren uberwiegend aus Marmor die aus der Jungsteinzeit und der fruhen Bronzezeit stammen Sie wurden vorwiegend auf der griechischen Inselgruppe der Kykladen gefunden und sind charakteristisch fur die Kykladenkultur in der Zeit um 5000 v Chr bis 1600 v Chr Die ausgepragtesten Formen werden dem 3 Jahrtausend v Chr zugerechnet Die Herstellung von Kykladenidolen endet mit dem Umbruch zur Mittelkykladischen Zeit um 2000 v Chr Ein kausaler Zusammenhang mit der damaligen Einwanderung von Indo Europaern in den griechischen Raum wird diskutiert 1 Idol bezeichnet in der Vor und Fruhgeschichte alle abstrahierten Bildwerke bei denen eine kultische Bedeutung anzunehmen ist 2 Kykladenidol fruher Spedos Typ Goulandris Museum AthenRund 230 Objekte werden im Goulandris Museum fur kykladische Kunst in Athen ausgestellt eine umfangreiche Sammlung hat auch das Archaologische Museum in Iraklio auf Kreta In Deutschland besitzt das Badische Landesmuseum in Karlsruhe eine bedeutende Sammlung Kleinere Sammlungen befinden sich im Louvre Paris im Britischen Museum in London dem J Paul Getty Museum in Los Angeles und verschiedenen weiteren Museen und Privatsammlungen Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft Verwendung und Bedeutung 1 1 Funde 1 2 Interpretation 2 Entwicklung 2 1 Vorganger 2 2 Kanonische Idole 2 3 Nachkanonische Figuren 2 4 Sonderformen 3 Rezeption 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft Verwendung und Bedeutung BearbeitenDas Material der Figuren ist weit uberwiegend Marmor aus Paros und Naxos sie wurden aber auf verschiedenen Inseln der Agais mit Schwerpunkt auf den Kykladen auf dem attischen Festland und in Kleinasien gefunden was auf kulturelle Beziehungen gemeinsame Gebrauche und religiose Uberzeugungen im ganzen agaischen Raum hindeutet die weit uber reinen Handel hinausgehen 1 Verschiedene mogliche Nutzungen werden diskutiert Sie konnten Objekte eines zeremoniellen Tauschhandels gewesen sein als kultischer Gegenstand benutzt als Idol verehrt worden sein oder eine Rolle in Begrabnisriten gespielt haben Aufwand der Herstellung Seltenheit und nicht zuletzt der asthetische Wert lassen vermuten dass sie ein wertvoller personlicher Besitz waren und nur vereinzelt ihrem Besitzer ins Grab beigegeben wurden Eine definitive Antwort ist nicht moglich 3 Funde Bearbeiten Kykladenidole wurden in unterschiedlichen Situationen gefunden Da sie meistens aus Raubgrabungen stammen und uber den Kunsthandel verbreitet wurden ist ihr archaologischer Kontext haufig verloren Umso bedeutender sind die ungestorten Funde Lange Zeit galt der so genannte Keros Hort als der bedeutendste Einzelfund an Kykladenidolen In den fruhen 1960er oder moglicherweise auch schon den 1950er Jahren wurde eine grosse Zahl von Bruchstucken und einige vollstandigen Figuren von einem griechischen Kunsthandler mit Sitz in Paris erworben Einige Teile tauchten in den fruhen 1960er Jahren in Privatsammlungen insbesondere der Sammlung Erlenmeyer in der Schweiz auf woraufhin 1963 Christos Doumas eine Rettungsgrabung am vermuteten Fundort durchfuhrte und weitere Bruchstucke von Idolen sowie Keramiken fand Bis 1968 waren die vollstandigen Idole und ein wesentlicher Anteil der Bruchstucke an private Sammler verkauft der Handler hielt jedoch noch eine grosse Zahl der Bruchstucke Zu jenem Zeitpunkt erhielt die damalige Doktorandin der Archaologie Pat Getz Preziosi erstmals ungehinderten Zugang zu dieser Sammlung ihre Angaben uber den Umfang und die Aussagen des Handlers zur Herkunft schwankten jedoch in der Folgezeit 4 Heute gelten ihre Angaben als gefestigt danach stammen alle Figuren die uber den Pariser Handler in Privatsammlungen gelangten aus einer Raubgrabung im so genannten Kavos Feld auf der Sud West Seite der heute unbewohnten Insel Keros 5 Systematische Begehungen im geplunderten Bereich 1966 und 1967 durch ein griechisch britisches Team konnten eine aussergewohnlich grosse Anzahl von Artefakten sichern architektonische Spuren konnten nicht nachgewiesen werden Weitere Ausgrabungen fanden 1987 88 durch Colin Renfrew und Christos Doumas statt und 2006 2008 konnte Renfrew noch einmal eine grosse Grabung in Kavos und auf dem vorgelagerten Eiland Daskalio organisieren Diese Grabung erbrachte den ersten ungestorten Depotfund der Kykladenkultur Neben 25 000 Keramikscherben und knapp tausend Scherben von Marmorgefassen wurden 367 eindeutig identifizierbare Fragmente von Kykladenidolen gefunden Alle Artefakte wurden absichtlich zerbrochen in Einzelfallen sogar zersagt Da die Fragmente der Figuren bis auf zwei zusammenpassende Teile keine gemeinsamen Bruchkanten aufweisen und die Keramik aus dem Ton verschiedener Inseln besteht ist anzunehmen dass die Zerstorung auf den identifizierten Inseln Amorgos Syros Sifnos und Pano Koufonisi sowie moglicherweise weiteren noch unbekannten stattfand und Teile der Scherben fur eine rituelle Deponierung nach Keros gebracht wurden Rund 25 der Fragmente der Kykladenidole konnten einem Typ zugeordnet werden das Depot enthalt demnach Figuren aus der mittleren und spaten Keros Syros Kultur Funde aus der vorhergehenden Grotta Pelos Kultur konnten nicht nachgewiesen werden 6 Die weitaus meisten vollstandig erhaltenen Kykladenidole sind Grabbeigaben Sie wurden meist auf der Insel Naxos in Steinkisten Grabern der Grotta Pelos Kultur gefunden Weitere Funde stammen aus der Keros Syros Kultur und westlichen Kykladeninseln wie Kea sowie dem Grabfeld von Plastiras im Norden der Insel Paros Einzelfunde in anderem Kontext wie in der Siedlung Agia Irini auf Kea Phylakopi auf Melos und insbesondere die Funde verschiedener Typen in der Stadt Akrotiri auf der Insel Santorin lassen jedoch vermuten dass sie nicht speziell fur Bestattungszwecke hergestellt wurden 7 Interpretation Bearbeiten Die uppigen Formen wurden von Jurgen Thimme als Hinweise auf ein Fruchtbarkeitssymbol interpretiert die Haltung auf eine Gebarsituation Die Verwendung als Grabbeigaben und die Hockstellung der Leichname in den damaligen Grabformen lasst demnach auf eine Religion des Kreislaufes schliessen die im Begrabnis eine Ruckkehr in den Schoss einer Erd und Muttergottheit sieht 8 Die verschrankten Arme wurden dann auf eine Warte und Abwehrphase hindeuten in denen die Hochschwangere noch nicht loslassen und gebaren kann Eine Interpretation zieht eine Parallele zur Herakles Sage in der Alkmene den Helden erst gebaren kann als die bei ihr sitzende Eileithyia und die Moiren ihre verschrankten Arme losen 9 Thimmes Deutung wird von Christos Doumas widersprochen Die Haltung mit den vor dem Korper verschrankten Armen wird von ihm vielmehr auf die Grenzen des Materials und der damaligen Bearbeitung zuruckgefuhrt 10 Doumas stellt die Kykladenidole in den Kontext anderer figurlicher Grabbeigaben Als mogliche Zwecke kommen in Frage ein Ersatz fur Menschenopfer die Abbildung geehrter Vorfahren Fuhrer der Seele des Verstorbenen ins Totenreich im Sinne eines Psychopompos als Begleiter und Dienstleister des Verstorbenen in Anlehnung an Uschebti im Alten Agypten sowie als Apotropaion magischer Schutz vor Unheil Im Ergebnis lehnt er einen Zweck speziell fur die Zeit nach dem Tod ab schliesslich wurden in den weitaus meisten Grabern keine Idole gefunden es gibt auch keine einfacheren Ausfuhrungen 10 Aus der Darstellung nahezu ausschliesslich weiblicher Formen und dem haufigen Auftreten schwangerer Figuren schliesst Doumas auf religiose Vorstellungen die eine magische Anrufung der Gottin zum Schutz vor unerklarlichen Bedrohungen beinhalten In Zeiten der Gefahr wird die Figur geschaffen und der Gottin geweiht Frauen und insbesondere Schwangere sind in der archaischen Gesellschaft viel haufiger durch unerklarliche Gefahren bedroht wahrend die Risiken fur Manner offensichtlicher sind in keinem direkten Zusammenhang mit der Reproduktion stehen und daher keinen magischen Schutz benotigen Zu Lebzeiten wird die Figur im Haushalt aufbewahrt und in Ritualen benutzt Gelegentlich zerbricht eine Figur wird repariert oder auch nicht Beim Tod ist die Figur mit magischer Kraft aufgeladen und muss zum Schutz der Lebenden ins Grab unter eine Steinplatte 11 Die wenigen mannlichen Figuren sind fast alle in besonderen Handlungen dargestellt die vom Musizieren uber das Darbieten eines Bechers bis zum Griff zum Dolch reichen Er schlagt vor die mannlichen Idole als Magier zu sehen 12 Colin Renfrew stellte die verschiedenen Interpretationen und die Hinweise in den ursprunglichen Fundsituationen zusammen und kommt zum Schluss dass es sich um Kult Figuren handelt die im Leben verwendet wurden wobei die gelegentliche Beisetzung mit Verstorbenen zu den mit dem Kult verbundenen Ritualen gehorte Die Sonderformen sitzender Figuren interpretiert er als Objekte in einem Schrein Altar oder ahnlichen Situation die ublicheren liegenden Idole als Votivgaben oder personale Reprasentanten eines Kult Anhangers Bei den seltenen grossen Figuren diskutiert er die Verwendung an einem offentlichen Ort schrankt dies aber durch die Fundsituation in Grabern ein woraus er eine trotz der offentlichen Verwendung enge Bindung an einen Besitzer annimmt Bei allen Ausfuhrungen legt er Wert darauf dass alle Interpretationen als spekulativ zu gelten haben 13 Aufgrund der relativen Seltenheit von Marmorfiguren in den Grabern der fruhen Kykladenkultur wurde diskutiert dass Marmor moglicherweise nur wenigen Menschen zuganglich war die Mehrzahl sich mit einfacherem Material begnugen musste und die angenommenen Figuren aus verganglichen Materialien wie Holz nicht erhalten sind Wenn also von einer wesentlich grosseren Zahl an Figuren und der Verwendung durch jedermann ausgegangen werden darf dann konnte es sich um die Uberreste von Schreinen handeln in denen Figuren von Gottinnen und solche von Anbetern aufbewahrt wurden Beschadigungen wurden dann darauf hindeuten dass die Figuren bei Ritualen verwendet wurden Die grosse Uberzahl von weiblichen Figuren wurde fur eine besondere Rolle der Frau in der fruhkykladischen Gesellschaft als Ursprung des Lebens stehen 14 Dem steht entgegen dass das naheliegende Material Terracotta zwar in einem Fall aus dem Endneolithikum bekannt ist aber zur Hochzeit der kykladischen Figuren vollig unbekannt war 15 Entwicklung BearbeitenVorganger Bearbeiten Die kanonischen Idole der fruhen Bronzezeit vom Spedos Typ und dessen Nachbarn haben noch im Neolithikum zwei sehr unterschiedliche Vorganger zur zeitlichen Einordnung siehe Kykladenkultur nbsp Abstraktes neolithisches Idol vom Schultertyp vermutlich anatolischer Herkunft Hohe 7 5 cm Badisches Landesmuseum Karlsruhe nbsp Idol vom Violinentyp aus Akrotiri auf Santorin Neues Archaologisches Museum TheraAls ein Vorbild gelten kleine abstrakte Figuren deren Form nur begrenzt an Menschen erinnert Sie sind zumeist nur zwischen funf und wenig uber zehn Zentimeter gross und werden nach dem Schulter und dem Violinen Typ unterschieden Ersterer besteht aus einer stilisierten Schulterpartie mit einem Halsansatz Letzterer kommt einer weiblichen Figur naher mit Halsansatz und einem durch eine Taille gekennzeichneten Korper In einigen Fallen sind Arme durch Ritzungen angedeutet Sie sind aus Marmor oder aus keramischem Material und wurden sowohl auf den Inseln der Kykladen als auch auf dem griechischen und dem kleinasiatischen Festland gefunden Jurgen Thimme leitet sie von gefundenen Natursteinen ab insbesondere solchen die am Strand gefunden und vom Meer abgeschliffen wurden Er sieht wegen der Fundsituation zusammen mit meeresbezogenen Grabbeigaben in ihnen eine Meeresgottheit die er mit der Grossen Gottin siehe Mutterarchetyp gleichsetzt 16 Funde aus den 1990er Jahren in Akrotiri bestatigen diese These da bearbeitete Idole dieses Typs zusammen mit vollig unbearbeiteten Natursteinen vergleichbarer Form gefunden wurden 17 Das andere Vorbild sind anatolische Figuren hockender oder kauernder Frauen mit uppigen Formen bei denen erstmals die verschrankten Arme auftreten die fur die spateren Kykladenidole typisch sind Neuere Funde von naturalistischen Kopfen aus Terracotta aus dem Endneolithikum von der Siedlung Kephala auf Kea konnten eine weitere Traditionslinie darstellen 14 Kanonische Idole Bearbeiten In der Grotta Pelos Kultur ab 3000 v Chr treten erstmals unmittelbare Vorlaufer der kanonischen Idole auf Sie haben bereits die schematisierten Gesichter in denen nur noch die langliche Nase hervortritt und ihre Beine erscheinen durch eine Kerbe getrennt Die Funde aus dieser Zeit waren haufig schon bei der Herstellung oder kurz danach beschadigt und repariert worden da die Kunstler noch keine ausreichende Erfahrung hatten welche Formen hinreichend stabil sind Sie werden nach dem Plastirastyp und dem Lourostyp unterschieden Der zweite ist starker stilisiert die Korperformen wirken aus dem Material herausgezogen Einige Exemplare die Ubergangsformen zu den nachfolgenden Typen aufweisen werden als Vorkanonische Idole zusammengefasst Mit der Keros Syros Kultur der Periode Fruhkykladisch II etwa 2500 v Chr ist die typische Grundform erreicht Sie wird als kanonisch bezeichnet weil die Proportionen der Figuren innerhalb der verschiedenen Typen konstant sind Aus dieser Zeit liegen die meisten Funde vor Die Grosse der Figuren variiert von nur rund 10 cm bis etwa 50 cm Aussergewohnlich gross sind eine Figur mit 89 cm und eine mit 148 cm Daruber hinaus wurden mehrere Kopfe von beinahe Lebensgrosse gefunden von denen unbekannt ist ob sie je zu vollstandigen Korpern gehorten Typisch sind 20 35 cm Nach den Fundorten und den stilistischen Merkmalen werden vier Hauptformen unterschieden deren Periodisierung von Colin Renfrew in den 1960er Jahren vorgenommen wurde Demnach ist der Kapsalatyp als zeitlich erster der Spedostyp und der Dokathismatatyp als gleichzeitig und der Chalandrianityp als Abschluss anzusehen 18 Signifikant weicht in derselben Zeit der Koumasatyp mit flachen geschlossenen Formen ab der nur auf Kreta gefunden wurde nbsp Idol vom Plastirastyp von der Insel Delos Altes Museum Antikensammlung Berlin nbsp Kanonisches Kykladenidol Kapsalatyp von der Insel Paros 25 2 cm Goulandris Museum Athen nbsp Idol vom fruhen Spedostyp 88 8 cm Archaologisches Nationalmuseum Athen nbsp Kopf eines fast lebensgrossen Idols Spedostyp 27 cm Louvre Paris nbsp Kanonisches Idol Dokathismatatyp von Naxos ca 35 cm Goulandris Museum Athen nbsp Idol vom kretischen Koumasatyp Archaologisches Museum Iraklio nbsp Nachkanonisches Idol gefunden auf Seriphos Altes Museum Antikensammlung Berlin nbsp Nachkanonisches Idol aus schwarzem Stein moglicherweise anatolisch unter kykladischem Einfluss 4 8 cm Badisches Landesmuseum KarlsruheDie Idole vom Kapsalatyp sind an allen Teilen rundplastisch geformt der Kopf ist eher plump die Bruste sind deutlich und stehen weit auseinander Die Schultern sind rund und nur wenig breiter als die Hufte Durch die leicht angezogenen Kniegelenke sind die Figuren eindeutig als liegend gekennzeichnet Kein Idol dieses Typs hat ein eingeritztes Schamdreieck 19 Die haufigsten Funde sind solche vom Spedostyp Er zeichnet sich aus durch rundliche Formen mit einem dicken Kopf Die Wangen sind dessen breitester Teil der Scheitel wirkt meist horizontal abgeschnitten Die geraden Schultern bei einer schmalen Taille ergeben einen trapezformigen Oberkorper Die Schenkel sind wieder breiter als die Taille Nur bei wenigen grossen Figuren diesen Typs ist ein Schamdreieck eingeritzt Relativ haufig kommen schwangere Frauen vor Der gleichzeitige Dokathismatatyp zeichnet sich durch eine elegante Kombination von geometrischen und geschwungenen Formen aus Wahrend der Oberkorper hier wie mit dem Lineal konstruiert wirkt sind Hals und Kopf langgestreckt und die Kopfform lauft nach oben hin auseinander Die Bruste sind klein und stehen weit auseinander fast alle Figuren dieser Form haben ein eingeritztes Schamdreieck Der zeitlich spateste Chalandrianityp ist gekennzeichnet durch harte geometrische Formen Die Brust ist fast quadratisch die Schultern sehr gerade und die breiteste Stelle der Figur Von ihnen bis zu den schmalen Fussen bildet der Umriss des Idols ein Dreieck Ebenfalls dreieckig ist der stark stilisierte Kopf Die kretischen Figuren vom Koumasatyp sind klein und weisen einen geometrischen Umriss und eine flache Oberflache auf Damit wirken sie sehr stilisiert Sie gelten als minoische Nachahmung der kykladischen Idole aufgrund der grossen Ahnlichkeit mit dem Dokathismata und dem Chalandrianityp wird eine eher spate Entstehungszeit angenommen Nachkanonische Figuren Bearbeiten Mit der Kastri Kultur am Ende der Periode Fruhkykladisch II oder dem Anfang von Fruhkykladisch III rund um 2200 v Chr losen sich die strengen Formen der kanonischen Zeit auf Die Armhaltung wird variiert mal greift ein Arm diagonal uber den Oberkorper wahrend der andere horizontal liegt Auch sind die Arme zuweilen nicht mehr verschrankt sondern die Hande beruhren sich wie in einigen vorkanonischen Stilen vor der Brust Auch die verwendeten Materialien werden vielfaltiger Neben Marmor und einem schwarzen Stein sind aus dieser Zeit zudem erstmals zwei Figuren aus einem Metall hier aus Blei bekannt geworden Sonderformen Bearbeiten nbsp Figurengruppe Hohe 19 cm Badisches Landesmuseum Karlsruhe nbsp Harfenspieler 13 5 cm Fundort Santorin Badisches Landesmuseum Karlsruhe nbsp Harfenspieler 15 6 cm Fundort Santorin Badisches Landesmuseum Karlsruhe nbsp Aulos und Harfenspieler Archaologisches Nationalmuseum AthenNur sehr wenige Kykladenfiguren weichen vom typischen Muster der stehenden oder gerade liegenden weiblichen Figur ab Ein paar wenige Figuren sind mannlich Den kunstlerischen Hohepunkt stellen aber die ausnahmsweise vorkommenden Figurengruppen oder Figuren in besonderen Tatigkeiten dar Sie werden alle der kanonischen Zeit und dem Spedostyp zugerechnet Rezeption BearbeitenDie ersten kykladischen Figuren wurden bereits um die Wende vom 18 zum 19 Jahrhundert gefunden Nur wenige genossen die Wertschatzung der damaligen Kunstwelt Die beiden oben abgebildeten Harfenspieler von der Insel Santorin fanden bereits 1853 den Weg in die Sammlung des Grossherzogs von Baden Friedrichs I die traditionellen Figuren galten damals aber noch als unbeholfene Erstlingswerke der Rundplastik in Stein 20 Ein anderes Urteil lautete Wir mogen nicht jene kleinen Scheusale aus Marmorsplittern anfuhren die an verschiedenen Orten namentlich auf den Inseln gefunden worden sind 21 Dies anderte sich erst mit dem Aufkommen der abstrakten Kunst im 20 Jahrhundert Die Kykladenidole wurden wiederentdeckt Technisch und stilistisch uberraschen die kykladischen Werke durch die Wahl des edlen Materials und die Sicherheit seiner Bearbeitung die raffinierte und meisterhafte Gliederung raumlicher Gebilde sowie eminent plastischen Charakter 22 Kunstler die sich der Moderne verpflichtet fuhlten griffen die prahistorische Bildsprache auf und schufen Werke in der Tradition der Kykladenidole Hans Arp reiste nach Griechenland und studierte die Kykladenkultur vor Ort Auch Constantin Brancuși orientierte sich bei seinen Plastiken an den wiederentdeckten Vorbildern Seit den 1960er Jahren war die Wertschatzung der Kykladenidole so weit entwickelt dass auf den internationalen Kunstmarkten Falschungen auftraten 23 Museen und Privatsammler zahlten bis zu 100 000 DM fur eine Figur 24 Ausserdem fanden auf allen Inseln zahlreiche Raubgrabungen statt Der Markt brach nach der Aufdeckung der Falschungen zunachst zusammen und auch die illegalen Grabungen liessen in der Folge nach 1970 ging die UNESCO mit dem UNESCO Ubereinkommen uber Massnahmen zum Verbot und zur Verhutung der unzulassigen Einfuhr Ausfuhr und Ubereignung von Kulturgut gegen die Antikenhehlerei vor Gleichzeitig erreichte die wissenschaftliche Erforschung der Figuren einen Hohepunkt Massgeblich war 1976 die Ausstellung Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3 Jahrtausend vor Christus im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe Zur Vorbereitung der Ausstellung wurden Veroffentlichungen verschiedener Disziplinen von der Archaologie uber die Kunstgeschichte bis hin zur Geologie und zur Geografie zusammengetragen Die Ausstellung war stark durch Objekte aus Raubgrabungen gepragt weshalb die griechischen Sammlungen keine Exponate zur Verfugung stellten Dafur stammten Objekte aus fast alle grossen Museen der westlichen Welt und von vielen Privatsammlern die Stucke auf dem Kunstmarkt aus schwarzen Quellen erworben hatten Der Katalog fuhrt 581 Exponate auf und ist bis heute die beste Zusammenstellung griechischer Kunst der Bronzezeit Die bedeutendste Einzelsammlung von Kykladenidolen wurde von dem griechischen Reeder Nicholas Goulandris und seiner Frau Dolly zusammengetragen Die Kunstsammler hatten es sich insbesondere zur Aufgabe gemacht den schwarzen Markt auszutrocknen daher befinden sich diesem Bestand viele Stucke die dem Keros Hort zugerechnet werden Die Sammlung wurde 1978 erstmals offentlich zuganglich gemacht und von 1979 bis 1984 in Teilen in Washington D C Tokio und London ausgestellt Seit 1986 ist sie der Kern des Goulandris Museums fur kykladische Kunst in Athen 25 In den folgenden Jahrzehnten expandierte der Kunstmarkt weiter 2010 erzielte ein Kykladendiol des Spedos Typs aus einer Schweizer Privatsammlung bei Christie s in New York einen Preis von 16 882 500 Dollar 26 Andererseits wuchs das Verstandnis fur Restitutions Forderungen Als das Badische Landesmuseum fur 2011 eine erneute Kykladen Ausstellung vorbereitete 27 verweigerten die griechischen Museen erneut alle angefragten Leihgaben und Griechenland verlangte die Ruckgabe von Objekten aus Raubgrabungen Im Juni 2014 gab das Badische Landesmuseum ein weibliches Kykladenidol und eine Griffschale aus Chloritschiefer an das Archaologische Nationalmuseum in Athen zuruck 28 Literatur BearbeitenMarie Louise und Hans Erlenmeyer Von der fruhen Bildkunst der Kykladen In Antike Kunst 8 1965 Heft 2 S 59 71 Jurgen Thimme Die religiose Bedeutung der Kykladenidole In Antike Kunst 8 1965 Heft 2 S 72 86 Christos Doumas The N V Goulandris Collection of Early Cycladic Art New York Praeger 1969 Colin Renfrew The Development and Chronology of the Early Cycladic Figurines In American Journal of Archaeology 73 1969 S 1 32 JSTOR 503370 Jurgen Thimme Hrsg Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3 Jahrtausend vor Christus Ausstellung im Karlsruher Schloss vom 25 Juni 10 Oktober 1976 Muller Karlsruhe 1976 ISBN 3 7880 9568 7 Pat Getz Preziosi Early Cycladic Sculpture An Introduction J Paul Getty Museum Malibu 1985 ISBN 0 89236 101 8 Pat Getz Preziosi Sculptors of the Cyclades Individual and tradition in the third millennium B C University of Michigan Press Ann Arbor 1987 ISBN 0 472 10067 X Pat Getz Preziosi Early Cycladic Art in North American Collections Richmond 1987 ISBN 0 295 96553 3 ISBN 0 295 96552 5 J Leslie Fitton Cycladic Art British Museum Press London 1989 ISBN 0 7141 1293 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kykladenidole und verwandte Exponate Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Andrea Vianello Cycladic figurines in funerary rituals PDF 156 kB auf bronzeage org uk 1999 englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Doumas S 81 Bernhard Maier Idole Idolatrie 2 Religionswissenschaftliche Aspekte In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 15 Walter de Gruyter Berlin New York 2000 ISBN 3 11 016649 6 S 329 Vianello mit weiteren Nachweisen Peggy Sotirakopoulou The Keros Hoard Some Further Discussion In American Journal of Archaeology 112 2008 S 279 294 Pat Getz Gentle fruherer Name Pat Getz Preziosi The Keros Hoard Revisited In American Journal of Archaeology 112 2008 S 299 305 Colin Renfrew et al Keros Dhaskelion and Kavos Early Cykladic Stronghold and Ritual Center Preliminary Report of the 2006 and 2007 Excavation Seasons In The Annual of the British School at Athens 102 2007 S 103 136 Jack L Davis A Cycladic figure in Chicago and the non funeral use of Cykladic marble figures In Fitton 1989 S 15 21 Thimme S 74 Thimme S 80 a b Doumas S 88 89 Doumas S 93 Doumas S 94 Colin Renfrew in Fitton 1989 S 24 31 a b R L N Barber Early Cycladic Marble Figures Some Thoughts on Function In Fitton 1989 S 10 14 R L N Barbers Beitrag in der Diskussion in Fitton 1989 S 35 Thimme S 82 Panayiota Sotirakopoulou The Early Bronze Age Stone Figurines From Akrotiri on Thera and Their Significance for the Early Cycladic Settlement In The Annual of the British School of Athens 93 1998 S 107 165 Kunst und Kultur der Kykladeninseln S 452 Alle Beschreibungen nach Kunst und Kultur der Kykladeninseln 1976 Arthur Milchhoefer Die Anfange der Kunst in Griechenland Leipzig 1883 S 142 Johannes Overbeck Geschichte der griechischen Plastik Band 1 Leipzig 1857 S 41 Karl Schefold Meisterwerke griechischer Kunst B Schwabe Basel 1960 S 2 Josef Riederer Falschungen von Marmor Idolen und Gefassen der Kykladenkultur in Kunst und Kultur der Kykladeninseln 1976 S 94 96 Josef Riederer Die Tricks der Falscher in Zeitschrift Bild der Wissenschaft Heft 11 1978 Seite 70 Goulandris Museum fur Kykladenkunst Geschichte englisch Christie s A cycladic marble reclining female figure Sale 2364 9 Dezember 2010 Lot 88 Badisches Landesmuseum Kykladen Lebenswelten einer fruhgriechischen Kultur 17 Dezember 2011 bis 22 April 2012 Pressemitteilung Ruckgabe von Raubgrabkunst an Griechenland Ministerium fur Wissenschaft Forschung und Kunst Baden Wurttemberg 6 Juni 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kykladenidol amp oldid 217425473