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Die Griffschale ehemals Karlsruhe Badisches Landesmuseum Inventarnummer 75 11 ist ein aufwandig verziertes Steingefass der bronzezeitlichen Kykladenkultur Sie wird in fruhkykladische Zeit zwischen dem 27 und dem 24 Jahrhundert v Chr FK II datiert Der Fundort ist unbekannt als Herkunftsort wird die Kykladen Insel Naxos angenommen Das aus einer Raubgrabung stammende Gefass wurde 1975 vom Badischen Landesmuseum in Karlsruhe erworben und am 6 Juni 2014 im Archaologischen Nationalmuseum in Athen an Griechenland zuruckgegeben Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Provenienz 3 Literatur 4 EinzelnachweiseBeschreibung Bearbeiten nbsp Geschmuckte Ruckseite der Griffschale aus Chloritschiefer FK IIDie Griffschale besteht aus einer runden Schale mit einem Durchmesser von 17 5 cm bei einer Tiefe von 2 8 cm Ein Griffstuck mit Kreissegmentform ragt um 2 2 cm hervor Sie ist aus grunlichem Chloritschiefer gearbeitet das Material kommt auf den Kykladen auf Naxos vor 1 Die Vorderseite mit dem flachen Boden und dem zuruckgesetzten schmalen Rand ist schmucklos die Ruckseite des maximal 1 2 cm starken Bodens macht das Objekt aussergewohnlich Der Boden ist einschliesslich des Griffteils mit einem Kerbschnitt Muster umrahmt Die Flache ist mit einem Muster aus ineinander verwobenen Spiralen gefullt Von einer zentralen Spirale gehen sieben Doppelstrange aus die sich zu jeweils einer kleineren Spirale verwinden Diese sind ebenfalls durch Doppelstrange mit ihren beiden Nachbarn und mit jeweils drei von insgesamt vierzehn wiederum kleineren Spiralen am Rand verbunden Dabei werden die Randspiralen aus drei oder vier Doppelstrangen gebildet je nachdem ob sie mit ihren beiden Nachbarn und einer oder zwei der mittleren Spiralen verbunden sind Im Griff bilden Doppel und Dreifachstrange zusammen mit Dreiecksflachen ein Kreuzmuster 2 Die Oberflache der Schale ist etwas verwittert sie ist minimal abgestossen und weist einige Kratzer auf Auf der Innenseite sind Sinter Flecken erhalten auf der geschmuckten Ruckseite wurde in moderner Zeit eine dicke Sinterschicht entfernt und das Muster freigelegt 2 nbsp Deckelpyxis mit vergleichbarem Spiralmuster Antikensammlung BerlinMuster mit verschlungenen Spiralen sind in der Kykladenkultur in Tongefasse geritzt haufig in Stein geschnitten sind sie aber selten und nur von wenigen Gefassen insbesondere Pyxiden bekannt Darunter ist ein Exemplar aus einer Ausgrabung auf der Insel Amorgos das 1889 durch Georg Ferdinand Dummler fur die Antikensammlung Berlin erworben wurde 3 Aufgrund der Qualitat der Arbeit und dem sehr exakt konstruierten Muster ist auf einen erfahrenen und besonders geschickten Kunstler zu schliessen Auch fur den Besitzer muss die Schale ein herausragendes Prestige Objekt gewesen sein 1 In der Keros Syros Phase der bronzezeitlichen Kykladenkultur der auch dieses Stuck zugerechnet wird sind Griffschalen aus Ton weit verbreitet Zudem sind einige wenige aus Marmor bekannt Aus Stein ist nur ein weiteres allerdings unverziertes Exemplar bekannt das von Nikolaos M Kontoleon 1972 erstmals beschrieben wurde 4 Diese Griffschale ist in Material und Ausfuhrung einzigartig und wird als Meisterwerk kykladischer Kunst angesehen 5 Die Verwendung und Bedeutung der kykladischen Griffschalen oft auch als Kykladenpfannen bezeichnet sind ungeklart Sie sind uberwiegend als Grabbeigaben besonders von reichen Bestattungen bekannt Christos Tsountas schlug ursprunglich vor dass es sich um Spiegel handele Die flachen Schalen seien mit Wasser gefullt worden und hatten gegen den dunklen Boden eine spiegelnde Wasserschicht gebildet 4 Praktische Versuche sprechen gegen diese Verwendung Wasser ergibt keine angemessene Spiegel Wirkung Oliven Ol ware geeignet aber in der fruhkykladischen Kultur mutmasslich zu selten und aufwandig fur diesen Zweck 6 Aufgrund mehrerer Funde im Friedhof von Chalandriani auf der Insel Syros zusammen mit kleinen Gefassen aus Ton und Knochen mit Farbresten wurde von Nikolaos M Kontoleon angenommen dass es sich um eine Malerpalette zum Ansetzen von Farben aus zerriebenen Pigmenten handeln konnte 4 Die Dekore der Schalen weisen fast ausnahmslos Motive im Zusammenhang mit Wasser auf Spiralen Schiffe und Sterne sind typisch Aus Ton gefertigte Griffschalen haben oft zwei Griffe dann sind diese aus dem Korper herausgezogen und in dieses dreieckige Feld ist haufig das Muster einer weiblichen Scham eingeritzt Daraus wird die Verwendung als Spendengefass eines Trankopfers im Rahmen eines Fruchtbarkeitskult abgeleitet 1 Meer Sonne und das weibliche Prinzip werden als Symbole fur die Fruchtbarkeit des Bodens und des Meeres angesehen die fur das Leben der Menschen unverzichtbar waren 6 Eine weitere These wurde 1993 von Christos Doumas aufgestellt der annimmt in den Schalen sei Meersalz zu Salzkuchen verdichtet worden Diese seien als Handelsware oder Zahlungseinheit verwendet worden Doumas greift damit die Fragestellungen auf die sich mit Handel und Warenaustausch vor Etablierung des Geldes verbinden Salz wird als Einheit fur moglich gehalten weil keinerlei haltbare Materialien in archaologischen Untersuchungen gefunden werden 6 Provenienz BearbeitenIm Vorfeld der fur 1976 vorbereiteten Ausstellung Kunst der Kykladen erwarb der damalige Kurator des Badischen Landesmuseums Jurgen Thimme 1975 die Griffschale fur 35 000 Mark 7 gemeinsam mit dem Weiblichen Kykladenidol mit verschrankten Armen 75 49 und weiteren Artefakten uber den Kunsthandel Die Schale stammte nicht aus einer offiziellen Ausgrabung der Verkaufer versicherte dass das Objekt vor 1970 erworben worden sei legte dafur aber keine Belege vor und blieb anonym Eine Raubgrabung verletzte in jedem Fall griechisches Recht das Objekt konnte auch nur durch Schmuggel aus dem Land geschafft worden sein Bei ursprunglichem Erwerb vor 1970 ware aber das UNESCO Ubereinkommen uber Massnahmen zum Verbot und zur Verhutung der unzulassigen Einfuhr Ausfuhr und Ubereignung von Kulturgut aus dem Jahr 1970 und damit internationales Recht nicht verletzt worden Zudem unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland das Abkommen erst im Jahr 2007 Die Ausstellung im Karlsruher Schloss 1976 zeigte die bis dahin mit weitem Abstand umfangreichste Zusammenstellung von Objekten der Kykladenkultur Entsprechend der damals in Museumskreisen vorherrschenden Auffassung und mit dem Patronat des International Council of Museums 8 wurden die Leihgaben internationaler Museen und einer Vielzahl Privatsammlungen ohne Rucksicht auf die Herkunft der Stucke ausgestellt Auch die Griffschale wurde ausgestellt und im Katalog ausfuhrlich behandelt 2 Die griechischen Antikenbehorden thematisierten diese Einstellung anlasslich der geplanten Ausstellung erstmals offentlich und stellten deshalb auch fur die Ausstellung keine Exponate staatlicher Sammlungen zu Verfugung Allerdings schrieb der damalige Leiter der Antikenbehorde fur die Kykladen Christos Doumas im Katalog der Ausstellung das Kapitel uber die archaologische Erforschung der Kykladenkultur und sprach dort die Raubgrabungen an 9 Nachdem die Bundesrepublik Deutschland 2007 dem UNESCO Abkommen beigetreten war gingen Museen und insbesondere das Badische Landesmuseum auf die Problematik ein Bei der zweiten grossen internationalen Ausstellung Kykladen Lebenswelten einer fruhgriechischen Kultur thematisierte das Landesmuseum 2011 die Provenienzen der Exponate ausdrucklich und zeigte nur Objekte aus nationalen und internationalen Sammlungen die die Herkunft der Stucke offenlegten Auf Exponate aus Privatsammlungen wurde diesmal verzichtet Auch in dieser Ausstellung wurde die Griffschale gezeigt und im Katalog besonders herausgestellt Die griechischen Behorden waren mit der Behandlung des Problems nicht zufrieden und verweigerten wieder Leihgaben 10 Es folgten umfangreiche Verhandlungen und am 6 Juni 2014 wurde die Griffschale gemeinsam mit dem Weiblichen Kykladenidol 75 49 durch den Staatssekretar im Ministerium fur Wissenschaft Forschung und Kunst Baden Wurttemberg Jurgen Walter und den Museumsdirektor des Badischen Landesmuseums Harald Siebenmorgen an das Archaologische Nationalmuseum in Athen im Beisein des griechischen Kulturministers Panagiotis Panagiotopoulos ubergeben Der heutige Marktwert der Griffschale liegt nach Schatzungen im sechsstelligen Eurobereich 11 Literatur BearbeitenJurgen Thimme Hrsg Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3 Jahrtausend vor Christus C F Muller Karlsruhe 1976 ISBN 3 7880 9568 7 S 338 517 Nr 364 John E Coleman Frying Pans of the Early Bronze Age Aegean In American Journal of Archaeology Band 89 Nr 2 1985 S 191 219 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Claus Hattler Hrsg Kykladen Lebenswelten einer fruhgriechischen Kultur Primus Verlag Darmstadt 2011 ISBN 978 3 86312 016 0 S 307 a b c Jurgen Thimme Hrsg Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3 Jahrtausend vor Christus C F Muller 1976 ISBN 3 7880 9568 7 S 517 Staatliche Museen zu Berlin Antikensammlung Inv Misc 8102 Link zur digitalen Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin mit Bild a b c Pat Getz Preziosi Fruhkykladische Steingefasse In Jurgen Thimme Hrsg Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3 Jahrtausend vor Christus C F Muller Karlsruhe 1976 ISBN 3 7880 9568 7 S 97 110 102 John E Coleman Frying Pans of the Early Bronze Age Aegean In American Journal of Archaeology Band 89 Nr 2 1985 S 211 a b c Bernhard Steinmann Spiegel oder Spendenschale In Claus Hattler Hrsg Kykladen Lebenswelten einer fruhgriechischen Kultur Primus Verlag Darmstadt 2011 ISBN 978 3 86312 016 0 S 100 107 Sudwestrundfunk Kriminelle Archaologie Warum fast der komplette Handel mit antiker Kunst illegal ist SWR2 Kontext Sendung vom 6 Juni 2014 Ernst Petrasch Zur Ausstellung In Thimme 1976 S 6 Christos Doumas Die archaologische Erforschung der fruhen Bronzezeit auf den Kykladen In Jurgen Thimme Hrsg Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3 Jahrtausend vor Christus C F Muller Karlsruhe 1976 ISBN 3 7880 9568 7 S 190 197 Harald Siebenmorgen Vorwort In Claus Hattler Hrsg Kykladen Lebenswelten einer fruhgriechischen Kultur Primus Verlag 2011 ISBN 978 3 86312 016 0 Seiten 6 9 7 Pressemitteilung Ruckgabe von Raubgrabkunst an Griechenland Ministerium fur Wissenschaft Forschung und Kunst Baden Wurttemberg 6 Juni 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kykladische Griffschale Karlsruhe 75 11 amp oldid 214589847