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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Karl Seitz Begriffsklarung aufgefuhrt Karl Josef Seitz 4 September 1869 in Wien 3 Februar 1950 ebenda war osterreichischer Politiker Reichsratsabgeordneter als Vorsitzender der Konstituierenden Nationalversammlung von Deutschosterreich Staatsoberhaupt Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschosterreichs SDAP und Burgermeister von Wien Karl Seitz Ferdinand Schmutzer 1925 Inhaltsverzeichnis 1 Reichsratsabgeordneter 2 Parlamentsvorsitzender Parteichef und Staatsoberhaupt 3 Wiener Burgermeister 4 In zwei Diktaturen 5 Zweite Republik 6 Ehrungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseReichsratsabgeordneter Bearbeiten nbsp Seitz links mit dem Berliner Oberburgermeister BossKarl Seitz wurde aufgrund des fruhen Todes seines Vaters und der finanziellen Not seiner Mutter im stadtischen Waisenhaus erzogen und besuchte anschliessend das Landes Lehrerseminar in St Polten Als politisch sehr engagierter Junglehrer und Mitglied der Jungen war er Mitbegrunder der Freien Lehrerstimme und spater Obmann des Zentralvereins der Wiener Lehrerschaft und Wiener Bezirksschulrat Im Jahr 1900 heiratete er Emilie Heindl 1901 kandidierte er fur die Sozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP und wurde in das Abgeordnetenhaus des Reichsrates als erster sozialdemokratischer Abgeordneter der 4 Kurie sogenannte Funf Gulden Manner gewahlt sein Wahlkreis Floridsdorf war damals Teil Niederosterreichs 1902 erfolgte sein Einzug in den Landtag von Niederosterreich Nach dem Eintritt in die Politik endete sein intensives Engagement fur die Lehrerbewegung aufgrund seiner Verdienste wurde er aber zum Ehrenmitglied des niederosterreichischen Landeslehrervereins ernannt Im Reichsrat war er Mitglied der osterreichischen Delegation zur Verhandlung mit Ungarn gemeinsamer Angelegenheiten und der Staatsschuldenkontrollkommission und in den letzten Jahren der Monarchie Prasident der Kriegswirtschaftlichen Kommission beider Hauser des Reichsrats sowie Vizeprasident des Abgeordnetenhauses Parlamentsvorsitzender Parteichef und Staatsoberhaupt BearbeitenKarl Seitz wurde am 21 Oktober 1918 zu einem der drei gleichberechtigten Prasidenten der Provisorischen Nationalversammlung fur Deutschosterreich gewahlt Jeweils einer der drei Prasidenten fungierte als Prasident im Hause Vorsitzender der Nationalversammlung der andere als Prasident im Rate Vorsitzender des Staatsrates des Vollzugsausschusses der Nationalversammlung und der dritte als Prasident im Kabinett Vorsitzender der Staatsregierung In diesen Funktionen wechselten sich die Prasidenten nach einer vereinbarten Reihenfolge laut Gesetz wochentlich ab 1 Als einer der drei Prasidenten erhielt er am 8 November 1918 ein Grusstelegramm von US Prasident Woodrow Wilson in dem dieser seiner Freude Ausdruck gab dass die souveranen Volker nun das Joch der osterreichisch ungarischen Monarchie abgeworfen hatten 2 Nach dem Tode Victor Adlers am 11 November 1918 wurde Seitz Parteivorsitzender und Leiter des Parlamentklubs der Sozialdemokraten die bei der Wahl der Konstituierenden Nationalversammlung am 16 Februar 1919 die starkste Kraft wurden Vom 5 Marz 1919 dem Tag seiner Wahl zum Prasidenten der Konstituierenden Nationalversammlung bis zum 9 Dezember 1920 Wahl und Angelobung des ersten Bundesprasidenten Michael Hainisch fungierte Seitz verfassungsgemass auch als alleiniges Staatsoberhaupt der Republik Die Nationalversammlung hielt unter seinem Vorsitz ihre letzte Sitzung am 1 Oktober 1920 ab dem Tag an dem sie das Bundes Verfassungsgesetz Hauptbestandteil der aus mehreren Gesetzen bestehenden Bundesverfassung beschloss Nach den ersten Nationalratswahlen am 17 Oktober 1920 bei denen die Konservativen starkste Kraft wurden beendeten die Sozialdemokraten unter Seitz Fuhrung auf Betreiben Otto Bauers am 22 Oktober 1920 die Grosse Koalition und verliessen die Regierung Seitz wurde am 10 November 1920 dem Tag des In Kraft Tretens der Verfassung zum Zweiten Prasidenten des Nationalrates gewahlt Unabhangig davon wirkte er 1920 wesentlich an der Trennung Wiens von Niederosterreich mit Wiener Burgermeister Bearbeiten nbsp Eroffnung des Reismannhofes in der Langenfeldgasse durch Seitz 1926 nbsp Tafel an einem Wiener Gemeindebau mit Hinweis auf die Wohnbausteuer und Nennung von Karl Seitz Hugo Breitner Franz Siegel und Anton Weber nbsp Skulptur vor dem Karl Seitz Hof1923 folgte er Jakob Reumann als Wiener Landeshauptmann und Burgermeister nach siehe Landesregierung und Stadtsenat Seitz I bis Seitz III und blieb bis zu seiner Amtsenthebung und Verhaftung am 12 Februar 1934 in dieser Position Unter seiner Burgermeisterschaft entwickelten vor allem seine Stadtrate Julius Tandler auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und Hugo Breitner auf dem Gebiet der Finanzpolitik sowie Stadtschulratsprasident Otto Glockel auf dem Gebiet der Schulorganisation bedeutende kommunalpolitische Konzepte Deren Umsetzung verhalf Wien zu einer Blutezeit und machte die Stadt zum internationalen Vorzeigeobjekt sozialdemokratischer Kommunalpolitik Das Rote Wien 1929 wurde er zum Ehrenburger der Stadt Wien ernannt 1923 gewahrte Seitz Imre Bekessy das ersehnte Heimatrecht wodurch seine Doppelstaatsburgerschaft in Osterreich und Ungarn moglich wurde 3 Der von Karl Kraus seiner Unseriositat bzw Kriminalitat wegen bekampfte Zeitungsverleger kehrte 1926 von einem Auslandsaufenthalt nicht mehr nach Wien zuruck nachdem der Geschaftsfuhrer seines Verlages wegen Erpressung verhaftet worden war Wahrend Seitz Amtszeit als Wiener Burgermeister fand eine politische Radikalisierung statt Der Justizpalastbrand von 1927 markiert dabei als Wendepunkt den Verfall der demokratischen Republik Im selben Jahr verubte Richard Strebinger ein Attentat auf Seitz 4 In zwei Diktaturen BearbeitenIm Marz 1933 erfolgte die von Engelbert Dollfuss so genannte Selbstausschaltung des Parlaments gegen die der Bundesprasident als Huter der Verfassung nichts unternahm Nach dem Burgerkrieg sozialdemokratische Lesart bzw dem Februaraufstand konservative Lesart 1934 blieb der am 12 Februar verhaftete Seitz fur mehrere Monate inhaftiert Nach seiner Haftentlassung leistete er mit seinen Spaziergangen einen Beitrag zum Widerstand Es erregte Aufsehen dass der in ganz Wien bekannte ehemalige Spitzenpolitiker dem juristisch nichts vorzuwerfen war einfach durch die Strassen schlenderte Er stand wenn auch wegen seiner Uberwachung durch die Polizei nur lose mit den Revolutionaren Sozialisten in Kontakt Im Zuge des Anschlusses Osterreichs folgte 1938 eine kurze Haftzeit 1939 trat Seitz aus der romisch katholischen Kirche aus wobei er jedoch in Kontakt mit der Widerstandsgruppe rund um Kaplan Heinrich Maier stand Im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20 Juli 1944 auf Hitler erfolgte seine Internierung darunter auch im KZ Ravensbruck Nach der Entlassung aus dem KZ kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er in die thuringische Kleinstadt Plaue verbannt Zweite Republik Bearbeiten nbsp Wiener Zentralfriedhof Grabanlage mit den letzten Ruhestatten von Victor Adler Otto Bauer Karl Seitz und Engelbert Pernerstorfer nbsp Detail nbsp Gedenktafel an Seitz letztem Wohnsitz 19 Bezirk Grinzing Himmelstrasse 43Nach Kriegsende kehrte er mit besatzungstechnisch begrundeter Verzogerung nach Wien zuruck Nachdem seine erste Frau 1943 verstorben war heiratete Seitz 1945 Emma Seidel 1895 1978 eine Tochter der Frauenrechtlerin Amalie Seidel Nach der Neugrundung der SPO legte er den Parteivorsitz den er formell als letzter SDAP Vorsitzender noch innehatte zugunsten Adolf Scharfs nieder Er wurde Ehrenvorsitzender der SPO und war weiter als Abgeordneter im Nationalrat tatig Am 19 Dezember 1945 fuhrte er als Altersprasident des ersten Nationalrats der 2 Republik dessen erste Sitzung bis zur Wahl des ersten Nationalratsprasidenten der 2 Republik Leopold Kunschak dessen erste Sitzung Das letzte grosse Aufsehen erregte der von einem leichten Schlaganfall geschwachte Seitz mit seiner Rede vom 20 Marz 1946 in der er sich gegen die Bevormundung des osterreichischen Nationalrates durch die Alliierten aussprach Seitz war von 1946 bis 1950 Prasident des Osterreichischen Roten Kreuzes Am 3 Februar 1950 starb Karl Seitz im 81 Lebensjahr an Herzversagen und wurde am 12 November 1950 in einem eigens errichteten ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof Gruppe 24 Reihe 5 Grab Nr 2 beigesetzt Seine zweite Frau Emma ist im Urnengrab ihrer Mutter Amalie Seidel an der Feuerhalle Simmering bestattet Ehrungen BearbeitenAm 16 Juni 1951 wurde eine grosse in Seitz Amtszeit als Burgermeister errichtete Gemeindebauanlage im 21 Wiener Bezirk Karl Seitz Hof benannt und auf ihrem zentralen Platz dem 1998 so benannten Karl Seitz Platz eine von Gustinus Ambrosi gestaltete Seitz Skulptur aufgestellt Seitz war 1901 als Abgeordneter fur Floridsdorf seit 1905 21 Bezirk in den Reichsrat gewahlt worden 1962 wurde rechts an der Zufahrt vom Burgtheater zum Rathaus eine von Gottfried Buchberger geschaffene Bronzestatue von Karl Seitz errichtet Als Pendant zum Denkmal des letzten demokratischen Burgermeisters der Ersten Republik steht links an der Zufahrt das Denkmal des ersten Burgermeisters der Zweiten Republik Theodor Korner Literatur BearbeitenHarald D Groller Karl Seitz 1869 1950 Ein Leben an Bruchlinien Schmid Wien 2005 ISBN 3 900607 45 1 zugleich Dissertation Universitat Graz 2003 Rudolf Spitzer Karl Seitz Waisenknabe Staatsprasident Burgermeister von Wien Forschungen und Beitrage zur Wiener Stadtgeschichte Bd 25 Wien Kultur Deuticke Wien 1994 ISBN 3 7005 4643 2 Gerda Irene Wondratsch Karl Seitz als Schulpolitiker Die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg Wien 1978 zugleich Dissertation Universitat Wien 1978 Anton Tesarek Hrsg Unser Seitz Zu seinem achtzigsten Geburtstag Beitrag zu einer Biographie Volksbuchhandlung Wien 1949 W Maderthaner Seitz Karl In Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815 1950 OBL Band 12 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2005 ISBN 3 7001 3580 7 S 146 f Direktlinks auf S 146 S 147 Michael Gehler Seitz Karl Borromaus Josef In Neue Deutsche Biographie NDB Band 24 Duncker amp Humblot Berlin 2010 ISBN 978 3 428 11205 0 S 206 f Digitalisat Biographische Daten von Karl Seitz In Niederosterreichische Landtagsdirektion Hrsg Biographisches Handbuch des NO Landtages 1861 1921 NO Landtagsdirektion St Polten 2005 ISBN 3 85006 166 3 Online Version PDF 843 kB Alexander Spritzendorfer Karl Seitz Burgermeister des Roten Wien Falter Verlag 2023 ISBN 978 3 85439 729 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Karl Seitz Album mit Bildern Karl Seitz auf den Webseiten des osterreichischen Parlaments 1920 1934 Karl Seitz als Wiener Burgermeister Karl Seitz In dasrotewien at Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie SPO Wien Hrsg Literatur von und uber Karl Seitz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Karl Seitz in den Historischen Pressearchiven der ZBW Die Stimme von Karl Seitz Originalaufnahme im Onlinearchiv der Osterreichischen MediathekEinzelnachweise Bearbeiten Gesetz vom 19 Dezember 1918 StGBl Nr 139 1918 S 222 Gordon Brook Shepherd Um Krone und Reich Die Tragodie des letzten Habsburgerkaisers Molden Wien 1968 S 249 Armin Thurnher Hinaus aus Wien mit dem Schuft In Falter Wien Nr 16 2008 16 April 2008 S 21 Michael Gehler Seitz Karl Borromaus Josef In Neue Deutsche Biographie NDB Band 24 Duncker amp Humblot Berlin 2010 ISBN 978 3 428 11205 0 S 206 f Digitalisat VorgangerAmtNachfolgerJakob ReumannBurgermeister von Wien 1923 1934Richard SchmitzBundesprasidenten der Republik Osterreich Erste Republik Seitz Hainisch MiklasZweite Republik Renner Korner Scharf Jonas Kirchschlager Waldheim Klestil Fischer Van der BellenZweite Prasidenten des osterreichischen Nationalrates Erste Republik Hauser Eldersch Seitz Eldersch RamekZweite Republik Bohm Olah Hillegeist Waldbrunner Maleta Minkowitsch Hubinek Lichal Neisser Prinzhorn Fischer Prammer Spindelegger Neugebauer Kopf BuresPrasidenten des osterreichischen Nationalrates Erste Republik Prasidenten der Provisorischen Nationalversammlung Dinghofer Fink Seitz HauserPrasident der Konstituierenden Nationalversammlung SeitzPrasidenten des osterreichischen Nationalrates Weiskirchner Miklas Gurtler Eldersch RennerZweite Republik Kunschak Hurdes Figl Maleta Waldbrunner Benya Gratz Poder Fischer Khol Prammer Bures Kostinger Sobotka Normdaten Person GND 119184745 lobid OGND AKS LCCN n96001793 VIAF 57419272 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Seitz KarlALTERNATIVNAMEN Seitz Karl Josef vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG osterreichischer Politiker und Staatsoberhaupt SDAP SPO LandtagsabgeordneterGEBURTSDATUM 4 September 1869GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 3 Februar 1950STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Seitz amp oldid 239247808