www.wikidata.de-de.nina.az
Das Abgeordnetenhaus war von 1861 bis 1918 das Unterhaus des osterreichischen Reichsrates Als Oberhaus fungierte das Herrenhaus Osterreich Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses 1883 1918Ehemaliger Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses der aktuell als Bundesversammlungssaal genutzt wird Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Kurienwahlrecht von 1873 1 2 Allgemeines Mannerwahlrecht 1 3 Parlament und Regierung 1 4 Parlament und Kaiser 2 Legislatur 3 Prasidium 4 Sitz 5 Siehe auch 6 Einzelnachweise 7 WeblinksGeschichte Bearbeiten nbsp Das provisorische Abgeordnetenhaus in der Wahringer Strasse in Wien despektierlich als Schmerlingtheater bezeichnet und 1861 1883 genutzt im Jahre 1861Das Abgeordnetenhaus tagte damals noch fur die Gesamtmonarchie zustandig wie das Herrenhaus zum ersten Mal am 29 April 1861 1 1867 wurde die Zahl der von den Landtagen zu entsendenden Abgeordneten in der Dezemberverfassung die nach dem so genannten Ausgleich das Konigreich Ungarn nicht mehr betraf mit 203 festgelegt davon entfielen 54 auf Bohmen 38 auf Galizien Lodomerien und Krakau 22 auf Mahren und 18 auf Osterreich unter der Enns 2 Die Sitzungen fanden bis 1883 im provisorischen Gebaude in der Wahringer Strasse in Wien statt Der historische Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses im neu erbauten Reichsratsgebaude der zuletzt fur 516 Abgeordnete von der Bukowina bis Dalmatien Platz bot wurde am 4 Dezember 1883 zum ersten Mal fur eine Sitzung genutzt Heute wird dieser Saal des Parlamentsgebaudes normalerweise nur fur die Sitzungen der Bundesversammlung anlasslich der Angelobung des Bundesprasidenten und fur andere Staatsakte bei denen beide Kammern des Parlaments versammelt sind genutzt Kurienwahlrecht von 1873 Bearbeiten 1873 wurde die Zahl der Abgeordneten auf Antrag des liberalen Ministeriums Adolf von Auersperg von 203 auf 353 erhoht Die zuvor jahrlich von den Landtagen gewahlten Mandatare wurden seit der Wahlreform von 1873 durch direkte Wahlen fur eine Wahlperiode von sechs Jahren ermittelt Dabei galt Kurienwahlrecht Es bestanden vier Kurien in die die Wahler nach ihrem Stand und Vermogen eingeordnet wurden Die Kurie der Grossgrundbesitzer umfasste 85 Abgeordnete die der Handels und Gewerbekammern 21 Gross und Mittelbauern Landgemeinden wahlten 128 Alle anderen in Stadten lebenden mannlichen Burger die mindestens 24 Jahre alt waren und jahrlich mindestens 10 Gulden ab 1882 funf Gulden direkte Steuern entrichteten konnten in der vierten Kurie 118 Abgeordnete wahlen Dies entsprach insgesamt 6 der erwachsenen Bevolkerung Am 14 Juni 1896 wurde die Zahl der Abgeordneten auf 425 erhoht und eine funfte allgemeine Wahlerklasse eingefuhrt in der alle Manner wahlberechtigt waren siehe unten Anlasslich der Abschaffung des Kurienwahlrechts wurde die Zahl der Abgeordneten am 21 Janner 1907 auf 516 erhoht Allgemeines Mannerwahlrecht Bearbeiten nbsp Das socialdemokratische Wahlcomite fur den II Wahlkreis Steyr ruft zu einer WahlerversammlungAm 10 Oktober 1893 wurde von der k k Regierung Eduard Taaffe dem Abgeordnetenhaus ein Gesetzentwurf vorgelegt der die Abschaffung der vierten Kurie und die Einfuhrung des allgemeinen Wahlrechtes fur die dritte Kurie bedeutet hatte Dies stiess aber bei den meisten Abgeordneten auf entschiedene Gegenwehr so dass die Wahlrechtsreform nicht zustande kam Erfolgreicher war 1896 Ministerprasident Badeni Die von ihm durchgesetzte Wahlrechtsreform veranderte den Charakter des Abgeordnetenhauses einschneidend Es wurde eine funfte allgemeine Wahlerklasse fur alle uber 24 Jahre alten mannlichen Staatsburger eingefuhrt Die neue Wahlerklasse konnte 72 der 425 Mandatare ins Abgeordnetenhaus entsenden Infolgedessen kam es zu einer tiefgreifenden politischen Umschichtung im Parlament Die alten konservativen und liberalen Honoratiorenparteien verloren an Bedeutung die modernen Massenparteien vor allem Sozialdemokraten und Christlichsoziale profitierten vom neuen Wahlrecht Bei der von Ministerprasident Paul Gautsch nach den sozialdemokratischen Grossdemonstrationen des Jahres 1905 1906 eingebrachten und von seinem am 2 Juni 1906 ernannten Nachfolger Max Wladimir von Beck weiter betriebenen Wahlrechtsreform der letzten der Monarchie wurden nach vorerst heftigem Widerstand im Herrenhaus siehe Parlament und Kaiser die bisherigen funf Wahlerkurien abgeschafft und das allgemeine gleiche geheime und direkte Wahlrecht fur alle Manner eingefuhrt 3 Nach dieser neuen Ordnung wurden 1907 516 Abgeordnete gewahlt siehe Reichsratswahl 1907 Davon entfielen 130 auf Bohmen 106 auf Galizien 64 auf Osterreich unter der Enns und 49 auf Mahren Die Reichsratswahl 1911 war die letzte mit allgemeinem Mannerwahlrecht Beide Wahlen verstarkten den Trend zu den neuen Massenparteien 1907 wurden die Christlichsozialen und 1911 die Sozialdemokraten starkste Fraktion Im Sommer 1917 wurde die Mandatsdauer der 1911 gewahlten Abgeordneten kriegsbedingt bis Ende 1918 verlangert 4 Im Abgeordnetenhaus waren zahlreiche Parteien und Gruppierungen vertreten weil alle politischen Richtungen bei den einzelnen Nationalitaten Cisleithaniens als Parteien jeweils separat organisiert waren Die Verhandlungen des Reichsrats waren vielfach von den Auseinandersetzungen der Nationalitaten gepragt Dabei ging es nicht nur um grundsatzliche Fragen sondern auch um eine Vielzahl lokaler Konflikte die nur zwei Nationalitaten betrafen Unter diesen Bedingungen war eine Mehrheit zur Unterstutzung der nicht vom Vertrauen des Reichsrats abhangigen Regierung nur sehr schwer zu organisieren Immer wieder wurde der Reichsrat vom Kaiser auf Vorschlag der Regierung wegen der ausufernden nationalen Konflikte suspendiert Parlament und Regierung Bearbeiten In den Jahren 1867 bis 1879 hatte die Deutschliberale Partei die Mehrheit im Abgeordnetenhaus des Reichsrats Sie stellte die Regierungen der Ministerprasidenten Karl Wilhelm Philipp von Auersperg und Adolf Carl Daniel von Auersperg Mit ihrem Niedergang endete die deutsche Dominanz im Reichsrat Die Regierung des Grafen Eduard von Taaffe stutzte sich 1879 1893 auf die deutschosterreichischen Klerikalen sowie die tschechischen und polnischen Konservativen Sie setzte 1882 die Zensusgrenze fur die Wahlberechtigung von 10 auf 5 Gulden Steuerleistung pro Jahr herab Von den radikalen Nationalparteien heftig bekampft scheiterte Taaffe am Versuch ein nahezu allgemeines Wahlrecht einzufuhren Nach 1893 konnte keine Regierung mehr die standige Unterstutzung der Mehrheit des Abgeordnetenhauses fur sich gewinnen Parlament und Kaiser Bearbeiten nbsp Bohmischer Zukunfts Parlamentsmusiker 1900 Kaiser Franz Joseph I der anfangs absolut regierte stand dem Parlamentarismus den er dem erstarkenden Burgertum zugestehen musste lange Zeit misstrauisch gegenuber er hielt sich aber strikt an die von ihm sanktionierte Verfassung Die schrittweise Ausweitung des Wahlrechts musste dem skeptischen Kaiser im 19 Jahrhundert von den jeweiligen Regierungen muhsam abgerungen werden Die immer wieder erlassenen kaiserlichen Entschliessungen zur Vertagung des Reichsrates entsprangen nicht absolutistischen Regungen sondern erfolgten auf Vorschlag der k k Regierung wenn der Reichsrat zu Beratungen und Entscheidungen auf Grund von Obstruktion meist durch tschechische Abgeordnete aus dem Konigreich Bohmen nicht in der Lage war Das Parlamentsgebaude besuchte Franz Joseph nur zweimal beim Richtfest und bei der Einweihung Die Thronreden mussten sich die Abgeordneten in der Hofburg anhoren Damit versuchte der Hof die Fiktion aufrechtzuerhalten der Kaiser sei weiterhin der eigentliche Machthaber wie dies auch die stereotype Einleitung der beschlossenen Gesetze suggerierte Mit Zustimmung beider Hauser des Reichsrates finde ich anzuordnen wie folgt Der Kaiser anderte nach der russischen Revolution von 1905 seine Einstellung zum Parlament und betrieb die Einfuhrung des allgemeinen Mannerwahlrechts wie es von der Sozialdemokratie in Grossdemonstrationen verlangt wurde gemeinsam mit seinem Ministerprasidenten Max Wladimir von Beck aktiv Thronfolger Franz Ferdinand trat 1906 mit adeligen Grossgrundbesitzern dagegen auf und wollte die Reform im Herrenhaus zu Fall bringen Der Kaiser liess daraufhin seine beiden Obersthofmeister Rudolf Furst Liechtenstein und Alfred Furst Montenuovo im Herrenhaus in Couloirgesprachen offizielle Wortmeldungen konnten in den Stenographischen Protokollen nicht ermittelt werden fur die Reform das Wort ergreifen 5 Die Wahlrechtsreform trat 1907 in Kraft Der auf Vorschlag von Ministerprasident Karl Graf Sturgkh seit Fruhjahr 1914 vertagte Reichsrat war in die Entscheidung zum Krieg nicht eingebunden Kaiser Karl I der sein Amt am 21 November 1916 antrat berief den Reichsrat fur 30 Mai 1917 wieder ein und vertagte ihn nicht mehr Das Abgeordnetenhaus hielt seine letzte Sitzung am 12 November 1918 ab nachdem der Kaiser am 11 November seinen Verzicht auf jeden Anteil an den Staatsgeschaften erklart hatte Legislatur Bearbeiten nbsp Eroffnungssitzung einer Session des Abgeordnetenhauses 1907Abgeordnetenhaus und Herrenhaus berieten von 1861 bis 1918 in zwolf Legislaturperioden LP die mit den fur das Abgeordnetenhaus durchgefuhrten Reichsratswahlen korrelierten In diesen Gesetzgebungsperioden fanden Sessionen beider Hauser statt die wenn parlamentarisch nicht losbare Probleme anstanden und die k k Regierung nur durch kaiserliche Verordnungen weiterzukommen glaubte durch Vertagungen des Reichsrats beendet wurden zuletzt war dies im Fruhjahr 1914 der Fall Die 22 Sessionen wurden von 1861 bis 1918 durchnummeriert Besonders lang waren mit je einer durchgehenden Session die V LP 1873 1879 die VI LP 1879 1885 die VII LP 1885 1891 die VIII LP 1891 1897 und die X LP 1901 1907 Ihnen stehen sehr kurze Legislaturperioden z B III LP 1870 1871 gegenuber und die IX Legislaturperiode die wegen vier Vertagungen des Reichsrats in den drei Jahren 1897 1900 in funf Sessionen zerfiel Die Dauer der Sessionen hing jeweils vom Abgeordnetenhaus ab War dieses vertagt durfte auch das Herrenhaus nicht zusammentreten Gesetze kamen zu Stande wenn ihnen beide Hauser des Reichsrats zustimmten und der Kaiser seine Sanktion erteilte Wurde in einem Finanzgesetz oder im Rekrutengesetz uber die Hohe des auszuhebenden Contingentes zwischen den beiden Hausern des Reichsrats keine Ubereinstimmung erzielt so galt bis 1917 nach 13 Grundgesetz uber die Reichsvertretung von 1867 die kleinere Ziffer als bewilligt Die Literaturangabe solche Gesetzesbeschlusse hatten auch ohne Zustimmung des Herrenhauses in Kraft treten konnen ist nur richtig wenn das Herrenhaus bei einem solchen Gesetz eine grossere Zahl beschlossen hatte als das Abgeordnetenhaus Als allgemeine Regel ist die Angabe irrig Im Juli 1917 wurde beschlossen dass bei solchen Divergenzen beider Hauser des Reichsrats ein Vermittlungsausschuss tatig zu werden hatte 6 Siehe auch Liste der Abgeordneten zum Osterreichischen Abgeordnetenhaus XII Legislaturperiode 1911 1918Prasidium Bearbeiten nbsp Leopold Hasner Ritter von Artha Prasident des AbgeordnetenhausesPrasidenten des Abgeordnetenhauses waren Franz von Hein 29 April 1861 1863 Leopold Hasner von Artha 17 Juni 1863 September 1865 unbesetzt 1865 1867 Carl Giskra Mai 1867 1868 Moritz Kaiserfeld von Blagatinschegg 1868 1870 Franz Xaver Fragner Freiherr von Hopfen 15 September 1870 1873 Karl Rechbauer 1873 1879 Franz Graf Coronini 1879 1881 Franz Smolka 1881 1893 Johann Freiherr von Chlumecky 20 Marz 1893 22 Januar 1897 Theodor Freiherr von Kathrein 6 April 26 Oktober 1897 David Ritter von Abrahamowitz 26 Oktober 1897 26 September 1898 Viktor von Fuchs 26 September 1898 1901 Moritz Graf Vetter von der Lilie 1901 1907 Richard Weiskirchner 1907 1909 Robert Pattai 1909 1911 Julius Sylvester 1911 1917 Gustav Gross letzter Prasident 30 Mai 1917 12 November 1918Sitz BearbeitenDas Abgeordnetenhaus tagte ursprunglich im sogenannten Schmerlingtheater an der Wahringer Strasse wahrend das Herrenhaus sich die ersten 22 Jahre provisorisch im Niederosterreichischen Landhaus an der Herrengasse befand Fur beide Hauser bestanden Plane an der neuen Wiener Ringstrasse reprasentative Gebaude zu errichten Es gab Uberlegungen wieder getrennte Gebaude fur die beiden Hauser des Reichsrats zu schaffen sie wurden zugunsten eines gemeinsamen Bauwerks verworfen Dem Architekturwettbewerb 1864 folgte 1874 1883 der Bau des k k Reichsratsgebaudes am damaligen Franzensring nach dem Entwurf von Theophil Hansen Eingerichtet wurden der Sitzungssaal und weitere Raumlichkeiten des Abgeordnetenhauses in der nordlichen Halfte des Reichsratsgebaudes Da der Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses der grosste Versammlungssaal des Gebaudes ist wird er heute fur die Bundesversammlung und besondere Anlasse sowie fur kulturelle Veranstaltungen genutzt Als Sitzungssaal einer der zwei Kammern der Republik fungiert der Saal heute nicht mehr der Bundesrat trifft sich im Vorzimmer des Herrenhaus dem heutigen Nationalrat Siehe auch BearbeitenKategorie Abgeordneter zum Abgeordnetenhaus Osterreich Kammer der Abgeordneten Bayern die zweite Kammer der Bayerischen Standeversammlung Preussisches AbgeordnetenhausEinzelnachweise Bearbeiten RGBl Reichsgesetzblatt fur das Kaisertum Osterreich erschienen 1852 bis 1869 bzw fur die im Reichsrat vertretenen Konigreiche und Lander erschienen 1870 bis 1918 Stenographisches Protokoll der Eroffnungs Sitzung des Hauses der Abgeordneten des Reichsrathes RGBl Nr 141 1867 S 389 Gesetz vom 26 Janner 1907 RGBl Nr 15 1907 S 57 RGBl Nr 300 1917 S 729 Friedrich Weissensteiner Franz Ferdinand Der verhinderte Herrscher Osterr Bundesverlag Wien 1983 ISBN 3 215 04828 0 S 164 f RGBl Nr 300 1917Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Abgeordnetenhaus Osterreich Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Legislaturperioden und Sessionen des Reichsrats 1861 1918 Stenographische Protokolle der Sitzungen des AbgeordnetenhausesNormdaten Korperschaft GND 41998 9 lobid OGND AKS LCCN n90613885 VIAF 150224917 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Abgeordnetenhaus Osterreich amp oldid 232599788