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Josef Muller 27 Marz 1898 in Steinwiesen Oberfranken 12 September 1979 in Munchen genannt Ochsensepp war in der Weimarer Republik Abgeordneter der Bayerischen Volkspartei und nach 1945 der erste Vorsitzende der CSU Muller in Koblenz 1948Das Grab von Josef Muller und seiner Ehefrau Maria geborene Lochner im Familiengrab auf dem Waldfriedhof Munchen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Zeit des Nationalsozialismus 1 2 Nach 1945 1 3 Auerbach Affare 2 Auszeichnungen 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJosef Muller war der Sohn eines Bauern Bereits in seiner Schulzeit als er in den Ferien als Fuhrknecht arbeitete erwarb er sich den Beinamen Ochsensepp Er besuchte das Knabenseminar Ottonianum in Bamberg leistete seit 1916 Kriegsdienst bei den Minenwerfern war an der Westfront im Einsatz und wurde 1919 als Vizefeldwebel entlassen Nach dem Krieg holte er das Abitur am Neuen Gymnasium in Bamberg nach studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Munchen promovierte 1925 zum Dr oec publ und war seit 1927 Rechtsanwalt in Munchen Seit seiner Studentenzeit war er Mitglied der Katholischen Studentenverbindungen K St V Ottonia Munchen und Isaria Freising im KV 1 Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten In den Jahren nach der NS Machtubernahme 1933 war Muller Rechtsberater einer grosseren Gruppe von Ariseuren des Konsortiums Eidenschink Diesem Konsortium half er unter anderem sich Teile des Besitztums des Industriellen Ignatz Nacher des Direktors der zweitgrossten Brauerei Deutschlands Engelhardt in Berlin weit unter Wert anzueignen Dabei hatte man Nacher ins Gefangnis werfen lassen um ihn weichzukochen 2 Andere Unternehmen waren das Kalbfutterwerk Feldafing die Schuhfabrik Weihermann Burgkunstadt und viele andere Andererseits verteidigte Josef Muller als Rechtsanwalt NS Gegner vor Gericht Er pflegte Kontakte zu den Widerstandskampfern Canaris von Dohnanyi und Oster Seit 1939 zuletzt im Rang eines Hauptmanns 3 leitete Muller die Aussenstelle Luft der Abwehrabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht im Wehrkreis VII Im Auftrag von Oster versuchte er 1939 40 uber den Vatikan einen Verstandigungsfrieden mit England herbeizufuhren fur den Fall dass Hitler gesturzt wurde Anfang April 1940 scheiterte der praktisch letzte Versuch die Wehrmachtsfuhrung doch noch zu einer Aktion gegen Hitler zu bringen Der von Franz Halder an den Oberbefehlshaber des Heeres Brauchitsch herangetragene Bericht wurde von diesem emport als Aufruf zum Landesverrat abgelehnt Anfang Mai 1940 kurz vor dem Beginn des deutschen Westfeldzugs gab Muller Informationen uber den bevorstehenden Angriff an seine Verbindungsleute in Rom weiter Muller musste seine Tatigkeit weitgehend einstellen nachdem Heydrichs SD begonnen hatte Ermittlungen uber den ihm bekanntgewordenen Verratsfall anzustellen Nach einem Schreiben des deutschen Diplomaten Fritz Menshausen Botschaftsrat beim Heiligen Stuhl an Kardinalstaatssekretar Luigi Maglione wurde Pralat Ludwig Kaas als Drahtzieher einer moglichen Verschworung identifiziert die auch Muller und den Jesuitenpater und papstlichen Vertrauten Robert Leiber einbezog 4 Josef Mullers Geheimkontakte liefen in Rom uber Professor Leiber damals Privatsekretar von Pius XII In den Privatraumen des Professors an der Gregoriana Piazza della Pilotta 4 fanden stets die konspirativen Gesprache statt Dabei gingen Muller und Leiber immer hochst vorsichtig zu Werke Sobald Muller in Rom ankam habe er sich telefonisch ohne Namensnennung mit Ich bin da gemeldet worauf Leiber lediglich die Uhrzeit des Treffens zur Antwort gab Von Pater Leiber aus fuhrte der Kontakt direkt zum Papst und uber diesen zu dem britischen Botschafter beim Heiligen Stuhl Sir Francis d Arcy Osborne 5 Am 5 April 1943 wurde Muller von der Gestapo verhaftet und vor dem Reichskriegsgericht angeklagt 6 Aus dem Berliner Gestapo Gefangnis kam er zunachst in das KZ Buchenwald Am 3 April 1945 wurde er gemeinsam mit anderen Haftlingen mit denen er im Buchenwalder Kellerbunker eingesessen hatte nach Flossenburg verbracht Ludwig Gehre Franz Maria Liedig Alexander von Falkenhausen Friedrich von Rabenau Hermann Punder Fliegeroffizier Wassili Kokorin der Neffe Molotows Hugh M Falconer Squadron Leader Royal Air Force Payne Best und Dietrich Bonhoeffer Gehre und Bonhoeffer wurden gemeinsam mit Wilhelm Canaris Hans Oster Karl Sack und Theodor Strunck am 9 April 1945 im KZ Flossenburg Rabenau am 14 oder 15 April ebenda etliche andere Mitkampfer an anderen Orten hingerichtet Liedig und Muller uberlebten Muller kam dann in das KZ Dachau Seine Sekretarin Anna Haaser bekam Kenntnis davon dass Muller noch lebte Im April 1945 gehorte Muller zu einer Gruppe von 139 Sonder und Sippenhaftlingen die nach Niederdorf im Sudtiroler Pustertal als Geiseln verbracht und am 4 Mai 1945 befreit wurden 7 Nach 1945 Bearbeiten nbsp Josef Muller rechts 1948 auf der Rittersturz Konferenz links Hermann LudemannNach dem Krieg grundete er mit dem Unterfranken Adam Stegerwald die CSU in Bayern Er sprach sich fur die Grundung einer liberalen und christlichen Partei aus die wie die CDU in den anderen deutschen Landern und im Gegensatz zur Zentrumspartei und Bayerischen Volkspartei nicht nur katholische Christen ansprechen sollte Muller war 1946 bis 1949 Vorsitzender der Christlich Sozialen Union CSU Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung Bayern des Landerrates des amerikanischen Besatzungsgebietes und bis 1962 Mitglied des bayerischen Landtags 1947 bis 1952 bayerischer Justizminister und 1947 bis 1950 stellvertretender Ministerprasident in Bayern Es war Mullers Verdienst als CSU Vorsitzender dass er sich in der unubersichtlichen ersten Phase gegen die Traditionalisten durchsetzte die aus der CSU eine Partei im Sinne der alten Bayerischen Volkspartei machen wollten Lange konnte sich Muller allerdings als Vorsitzender nicht halten denn die Flugelkampfe in der neuen Partei waren noch nicht ausgestanden Im Mai 1949 unterlag er bei der Wahl zum CSU Vorsitzenden klar dem Ministerprasidenten Hans Ehard Von 1952 bis 1960 war er Chef der Munchner CSU Muller war zuvor bis 1952 als Justizminister im Kabinett Ehard In seiner Eigenschaft als bayerischer Justizminister setzte er sich in der Wiedergutmachungsdebatte gegen die im Entwurf des alliierten Entschadigungsgesetzes vorgesehene zivilrechtliche Wiedergutmachungspflicht ein nach der nicht nur der Staat sondern auch die individuellen Profiteure von Arisierungen sowie Denunzianten u a zu Entschadigungsleistungen hatten herangezogen werden konnen Muller hatte selbst als Rechtsanwalt an Arisierungen im Dritten Reich mitgewirkt 8 Auerbach Affare Bearbeiten Als Justizminister war Muller massgeblich an der Auerbach Affare beteiligt bei der von nationalkonservativer Seite versucht wurde den Staatskommissar fur rassisch religios und politisch Verfolgte zu Fall zu bringen weil der zu selbstbewusst auf die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg hinwies Bereits 1949 hatte Muller einen Staatsanwalt eigens dafur abgestellt Belastungsmaterial gegen Philipp Auerbach zu sammeln der in der Zeit von 1946 bis zu seiner Verhaftung 1951 amtierte 1951 wurde ein Prozess gegen Auerbach gefuhrt Am Ende war von den schwerwiegenden Vorwurfen kaum etwas ubrig geblieben Trotzdem beging Auerbach in der Nacht nach der Urteilsverkundung Suizid weil er eine Verurteilung nicht ertragen konnte 9 10 Ein Landtagsuntersuchungsausschuss rehabilitierte Auerbach 1954 11 1951 wurde Josef Muller verdachtigt von einer judischen Wiedergutmachungsinstitution Geld erhalten zu haben Er gab daraufhin zu im ersten Halbjahr 1950 vom Landesrabbiner Aaron Ohrenstein 20 000 DM bekommen zu haben Da er in dem im Sommer 1952 zur Auerbach Affare tagenden Landtagsuntersuchungsausschuss 12 unter anderem die Verwendung des Geldes nicht belegen konnte musste er sein Amt als Justizminister aufgeben 13 14 15 Nachdem er 1960 die Wahl des Munchner Oberburgermeisters gegen Hans Jochen Vogel verloren hatte zog er sich aus der aktiven Politik zuruck In den 1960er Jahren gehorte die Apparatebau Gauting GmbH zu zehn Prozent ihrem Direktor Rudolf Hofling zu 90 Prozent Muller und dessen Tochter Christine Marianne 16 Auszeichnungen Bearbeiten1959 Bayerischer Verdienstorden 1966 Grosses Bundesverdienstkreuz mit SternSchriften BearbeitenBis zur letzten Konsequenz Ein Leben fur Frieden und Freiheit Suddeutscher Verlag Munchen 1975 ISBN 3 7991 5813 8 Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Karl Kohler Der Mittwochskreis beim Ochsensepp In Michael Schroder Hrsg Bayern 1945 Demokratischer Neubeginn Interviews mit Augenzeugen Suddeutscher Verlag Munchen 1985 ISBN 3 7991 6274 7 Friedrich Hermann Hettler Josef Muller Mann des Widerstandes und erster CSU Vorsitzender Miscellanea Bavarica Monacensia Band 155 Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs Munchen 1991 zugleich Dissertation 1991 ISBN 3 87821 280 1 Franz Menges Muller Josef In Neue Deutsche Biographie NDB Band 18 Duncker amp Humblot Berlin 1997 ISBN 3 428 00199 0 S 430 432 Digitalisat Renate Hopfinger Red Zum 100 Geburtstag Josef Muller Der erste Vorsitzende der CSU Politik fur eine neue Zeit Hrsg von der Hanns Seidel Stiftung Munchen 1998 ISBN 3 928561 72 3 Karl Hans Kern Die Geheimnisse des Dr Josef Muller Mutmassungen zu den Morden von Flossenburg 1945 und Pocking 1960 Frieling Verlag Berlin 2000 ISBN 3 8280 1230 2 Hans Otto Kleinmann Josef Muller 1898 1979 Erster Vorsitzender der CSU In Gunter Buchstab Brigitte Kaff Hans Otto Kleinmann Hrsg Christliche Demokraten gegen Hitler Aus Verfolgung und Widerstand zur Union Herausgegeben im Auftrag der Konrad Adenauer Stiftung Herder Freiburg im Breisgau 2004 ISBN 3 451 20805 9 S 371 378 Karl Ulrich Gelberg Josef Muller 1898 1979 In Jurgen Aretz Rudolf Morsey Anton Rauscher Hrsg Zeitgeschichte in Lebensbildern Aus dem deutschen Katholizismus des 19 und 20 Jahrhunderts Band 8 Aschendorff Verlag GmbH amp Co KG Munster 1997 ISBN 978 3 402 06112 1 S 155 172 Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Josef Muller Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Josef Muller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Josef Muller in den Historischen Pressearchiven der ZBW Biografie und Online Dokumentation bei der Hanns Seidel Stiftung Nachlass Josef Mullers bei der Hanns Seidel StiftungEinzelnachweise Bearbeiten Siegfried Koss Wolfgang Lohr Hrsg Biographisches Lexikon des KV Band 2 Revocatio historiae Band 3 SH Verlag Schernfeld 1993 ISBN 3 923621 98 1 S 94 f Johannes Ludwig Boykott Enteignung Mord Die Entjudung der deutschen Wirtschaft Facta Oblita Hamburg 1988 erweiterte Neuauflage Piper Munchen 1992 ISBN 3 492 11580 2 S 95 Zuerst ins Kraut schiessen In Der Spiegel Nr 27 1952 online 16 Januar 1952 Petrusgrab Ort einer Verschworung gegen Hitler Radio Vatikan 21 Februar 2012 Wir werden am Galgen enden Bericht in Der Spiegel 20 1969 vom 12 Mai 1969 Josef Muller 27 Marz 1898 12 September 1979 In Gedenkstatte Deutscher Widerstand Gedenkstatte Deutscher Widerstand abgerufen am 1 Februar 2023 Peter Koblank Die Befreiung der Sonder und Sippenhaftlinge in Sudtirol Online Edition Mythos Elser 2006 Goschler Constantin Schuld und Schulden Die Politik der Wiedergutmachung fur NS Verfolgte seit 1945 Seite 90f Wallstein Verlag Gottingen 2005 Karin Sommer Die Auerbach Affare Ein bayerischer Dreyfus Skandal Memento vom 4 Dezember 2014 im Internet Archive Zusammenfassung einer Sendung des Bayerischen Rundfunks 3 November 1990 Wolfgang Kraushaar Die Auerbach Affare In Julius H Schoeps Leben im Land der Tater Juden im Nachkriegsdeutschland 1945 1952 Judische Verlagsanstalt Berlin S 208 218 hier S 213 Hannes Ludyga Philipp Auerbach Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2005 ISBN 3 8305 1096 9 S 130 131 mit Quellen Franz Menges Muller Joseph In Neue Deutsche Biographie 1997 S 432 Lehm in Topfers Hand In Der Spiegel Nr 27 1952 online 2 Juli 1952 Schafkopfen lernen In Der Spiegel Nr 48 1970 online 23 November 1970 Ralf Zerback CSU Solche Drecksgeschichten DIE ZEIT 20 Juni 2002 abgerufen am 15 November 2009 Gladiotoren im Netz In Der Spiegel Nr 25 1966 online 13 Juni 1966 Justizminister des Freistaates Bayern Hans Ehard 1945 Wilhelm Hoegner 1945 1947 Josef Muller 1947 1952 Otto Weinkamm 1952 1954 Fritz Koch 1954 1957 Willi Ankermuller 1957 1958 Albrecht Haas 1958 1962 Hans Ehard 1962 1966 Philipp Held 1966 1974 Karl Hillermeier 1974 1982 August Lang 1982 1986 Mathilde Berghofer Weichner 1986 1993 Hermann Leeb 1993 1998 Alfred Sauter 1998 1999 Manfred Weiss 1999 2003 Beate Merk 2003 2013 Winfried Bausback 2013 2018 Georg Eisenreich seit 2018 Parteivorsitzende der Christlich Sozialen Union in Bayern Josef Muller 1946 1949 Hans Ehard 1949 1955 Hanns Seidel 1955 1961 Franz Josef Strauss 1961 1988 Theo Waigel 1988 1999 Edmund Stoiber 1999 2007 Erwin Huber 2007 2008 Horst Seehofer 2008 2019 Markus Soder seit 2019 Normdaten Person GND 11858507X lobid OGND AKS LCCN nr93012311 VIAF 47554532 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Muller JosefALTERNATIVNAMEN Ochsensepp Muller JosephKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker CSU MdLGEBURTSDATUM 27 Marz 1898GEBURTSORT Steinwiesen Oberfranken STERBEDATUM 12 September 1979STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Muller Politiker 1898 amp oldid 239385780