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Heinrich Dorrenbach 18 Februar 1888 in Neuss 18 Mai 1919 in Berlin war ein deutscher Offizier und sozialistischer Revolutionar Er war einer der Organisatoren der Volksmarinedivision aber zu keinem Zeitpunkt obschon das in der Literatur oft falschlich angenommen wird 1 ihr Kommandeur 2 und spielte wahrend des 1 Reichsratekongresses bei den Berliner Weihnachtskampfen und im Rahmen des Januaraufstands eine bedeutende Rolle Dorrenbach wurde am 17 Mai 1919 von Kriminalwachtmeister Ernst Tamschik der einige Wochen zuvor bereits Leo Jogiches ermordet hatte im Kriminalgericht Moabit niedergeschossen und starb einen Tag spater in der Charite Leben BearbeitenDorrenbach durchlief Volksschule und Gymnasium seiner Geburtsstadt und arbeitete danach als Sekretar fur Kaufleute und Rechtsanwalte Als er sich mit der streikenden Belegschaft einer Farberei solidarisierte wurde er entlassen und trat 1910 der SPD bei Bis 1914 lebte und arbeitete er im Rheinland in Frankreich Belgien und den Niederlanden Nach Kriegsausbruch meldete er sich freiwillig zeichnete sich aus wurde Leutnant und erhielt das Eiserne Kreuz II Klasse Bei Kampfen in der Champagne schwer verwundet trat er zunehmend offen gegen den Krieg auf und wurde 1917 nach einer versuchten Desertion mehrere Monate in Haft gehalten und anschliessend aus dem Militardienst entlassen Er ging nach Berlin und beteiligte sich hier an Vorbereitung und Durchfuhrung des Januarstreiks In Abstimmung mit Karl Liebknecht versuchte Dorrenbach bereits am 9 November 1918 eine im Sinne der Revolution verlassliche bewaffnete Formation aufzustellen Zeitgleich war Hermann Wolff Metternich durch Friedrich Ebert zur Aufstellung einer Sicherheitswehr beauftragt worden 3 Am 11 November wurde er obwohl nie Marineangehoriger in den Volksmarinerat von Gross Berlin und Vororten gewahlt und initiierte am gleichen Tag zusammen mit Paul Wieczorek die Bildung der Volksmarinedivision welche auch die Einheit von Wolff Metternich aufnahm Nach dem Putschversuch vom 6 Dezember 1918 und der Absetzung des in diese Vorgange verwickelten bisherigen Kommandeurs Hermann Wolff Metternich wahlten die Matrosen Dorrenbach in den funfkopfigen Hauptausschuss der Division wo er neben dem neuen Kommandeur Fritz Radtke grossen Einfluss ausubte Am 17 Dezember verlas er vor dem Reichsratekongress die Forderungen der Soldatenrate mehrerer Berliner Regimenter die in abgeschwachter Form am Folgetag als sogenannte Hamburger Punkte angenommen wurden disziplinarische Gewalt und Kommandogewalt in den Garnisonen bei den Soldatenraten Wahl der Kommandeure Abschaffung der Rangabzeichen usw die schwerste Schlappe der SPD Fuhrung auf dem ansonsten ganz in ihrem Sinne verlaufenen Kongress 4 Dorrenbach der auch dafur sorgte dass Liebknecht Ledebour und Eichhorn regelmassig im Berliner Schloss zu den Matrosen sprechen konnten 5 zog sich so die nachdruckliche Feindschaft fuhrender Sozialdemokraten zu noch zehn Jahre spater sah Hermann Muller in Dorrenbach einen wurzellose n Abenteurer der Unheil stiftete wo er auftrat 6 Nach den Verhandlungen zwischen dem Volksmarinerat und den Volksbeauftragten versuchte Dorrenbach am 23 Dezember 1918 die Schlussel des Schlosses in der Reichskanzlei bei Emil Barth abzuliefern Dieser verwies ihn an Ebert der sich aber verleugnen liess daraufhin ordnete der wutende Dorrenbach die vorubergehende Abriegelung der Reichskanzlei und die Besetzung ihrer Telefonzentrale an Dadurch lieferte Dorrenbach unabsichtlich den gewunschten Vorwand fur das gewaltsame Vorgehen gegen die Volksmarinedivision Von den beiden separaten Leitungen uber die Ebert regelmassig mit dem preussischen Kriegsministerium und der OHL in Kassel kommunizierte wussten die Matrosen nichts Ebert konnte so Groener von seiner Festsetzung unterrichten und auffordern die Befreiung militarisch zu erzwingen 7 Da die Blockade der Reichskanzlei allerdings nach kurzer Zeit wieder aufgehoben worden war fand der von Waldemar Pabst geleitete Angriff auf die Matrosen am Folgetag unter dem Vorwand der Befreiung des unterdessen durch diese festgesetzten Stadtkommandanten Otto Wels statt 8 Bei den Kampfen um das Berliner Schloss am 24 Dezember trat Dorrenbach mit Mut und Umsicht auf Er organisierte die nur etwa 30 Verteidiger wirksam und brachte im Schlosshof unter Beschuss ein Maschinengewehr in Stellung wodurch er die Angreifer einige Zeit am Vordringen durch das von ihnen besetzte Portal am Lustgarten hindern konnte 9 Nach Angaben Richard Mullers 10 soll die am Abend des 5 Januar bei einer Beratung von revolutionaren Obleuten Berliner USPD und KPD geausserte Ansicht Dorrenbachs dass sich nicht nur die Volksmarinedivision sondern auch die restlichen Garnisonstruppen aus Emporung uber die am 4 Januar verfugte Absetzung des Polizeiprasidenten Emil Eichhorn fur den Sturz der Regierung Ebert Scheidemann engagieren wurden den Ausschlag fur die Entscheidung gegeben haben den offenen Aufstand zu wagen Hierzu konstituierte sich ein 33 kopfiger Aktionsausschuss dem auch Dorrenbach angehorte Die Einschatzung Dorrenbachs war wie sich schon am nachsten Tag zeigte unzutreffend Die Berliner Regimenter waren zwar nicht bereit sich fur die Regierung zu schlagen unterstutzten aber auch nicht die Aufstandischen und erklarten sich fur neutral Dies galt auch fur die Volksmarinedivision deren im Marstall anwesende Fuhrer Dorrenbach wegen dessen Eigenmachtigkeit vom Vorabend das Misstrauen aussprachen und den Aktionsausschuss zum Umzug ins Polizeiprasidium notigten Nach dem Ende der Januarkampfe wurde gegen Dorrenbach Haftbefehl erlassen er floh zunachst nach Kiel kehrte kurz nach Berlin zuruck und wurde Mitte Februar in Posen festgenommen Ihm gelang allerdings die Flucht die ihn bis nach Braunschweig fuhrte Hier wurde Dorrenbach Anfang Marz erkannt und von der burgerlichen Presse beschuldigt fur die Riesendiebstahle im Berliner Schloss verantwortlich zu sein Der gegen ihn gefuhrte Prozess endete allerdings mit seinem Freispruch Vor Gericht hatte sich Dorrenbach zur KPD bekannt und trat fur diese im April und Mai in Thuringen unter dem Decknamen Heinz Brandt als Redner auf Arbeiterversammlungen auf Am Karfreitag wurde er auf dem Gothaer Bahnhof von dem offenbar auf ihn angesetzten ehemaligen Berliner Kriminalbeamten Martin Kirschbaum im Fruhjahr 1919 Mitglied der fast ausschliesslich mit der Bekampfung der KPD befassten in zahlreiche Morde und andere Straftaten verwickelten Streifkompanie des Oberleutnants Eugen von Kessel uberwaltigt aber anschliessend so Kirschbaum von einer Volksmenge befreit 11 Am 16 Mai nach anderen Angaben am 12 Mai 12 gelang es Kirschbaum und zwei Helfern sich in der Wohnung eines Eisenacher KPD Mitglieds Dorrenbachs zu bemachtigen Er wurde unmittelbar nach Berlin verbracht dort am 17 Mai noch von einem Staatsanwalt vernommen und anschliessend auf der Flucht niedergeschossen er erlag seinen schweren Verletzungen einen Tag spater Kurz vor seinem Tod versicherte er seinem Rechtsanwalt keinen Fluchtversuch unternommen zu haben 13 Dorrenbach wurde auf dem Friedhof Weissensee beigesetzt 14 Nachwirkung und Ehrungen BearbeitenDorrenbach wurde in der DDR lange nicht im gleichen Umfang wie andere Teilnehmer der Novemberrevolution popularisiert und in die Geschichtspadagogik einbezogen Das anderte sich erst im Umfeld des 50 Jahrestages der Revolution 1968 1981 legte Otto Gotsche mit Standort Marstall einen auch in Details grundlich recherchierten biographischen Roman uber das Leben Dorrenbachs vor In der DDR trugen die heutige Grundschule am Arkonaplatz in Berlin Mitte Heinrich Dorrenbach Oberschule das Grenzregiment 33 der Grenztruppen der DDR Berlin Treptow und eine Strasse in Strausberg Dorrenbachs Namen In der Gedenkstatte der Sozialisten ist sein Name auf der grossen Porphyr Gedenktafel verzeichnet Einzelnachweise Bearbeiten Etwa bei Winkler Heinrich August Von der Revolution zur Stabilisierung Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 bis 1924 2 vollig durchgesehene und korrigierte Auflage Berlin Bonn 1985 S 104 eine Abordnung der Volksmarinedivision unter ihrem Kommandanten Heinrich Dorrenbach und S 121 Dorrenbach der Anfuhrer der Volksmarinedivision Dorrenbach fungierte nach seiner Wahl in den Hauptausschuss der Division als Leiter der Aufklarungs Agitations und Pressekommission Siehe Oeckel Heinz Die revolutionare Volkswehr 1918 19 Berlin 1968 S 85 Ernst Heinrich Schmidt Heimatheer und Revolution 1918 Die militarischen Gewalten im Heimatgebiet zwischen Oktoberreform und Novemberrevolution Walter de Gruyter GmbH amp Co KG 2017 ISBN 978 3 486 82640 1 S 403 google de abgerufen am 29 Dezember 2019 Die Hamburger Punkte sind abgedruckt bei Berthold Lothar Neef Helmut Militarismus und Opportunismus gegen die Novemberrevolution Frankfurt am Main 1978 S 317f Siehe Rotheit Rudolf Das Berliner Schloss im Zeichen der Novemberrevolution Berlin 1922 S 68 Muller Hermann Die Novemberrevolution Erinnerungen Berlin 1928 S 227 252 Bernstein Eduard neu hrsgg von Heinrich August Winkler und Teresa Lowe Die deutsche Revolution von 1918 19 Geschichte der Entstehung und ersten Arbeitsperiode der deutschen Republik Bonn 1998 Erstausgabe Berlin 1921 S 157 Siehe auch die von Wilhelm Groener beim Kreuzverhor im Munchner Dolchstossprozess 1925 gemachten Angaben abgedruckt bei Herzfeld Hans Die deutsche Sozialdemokratie und die Auflosung der nationalen Einheitsfront im Weltkriege Leipzig 1928 S 383 391 Siehe Gietinger Klaus Der Konterrevolutionar Waldemar Pabst eine deutsche Karriere Hamburg 2008 S 98 Hortzschansky Gunter u a Illustrierte Geschichte der deutschen Novemberrevolution 1918 1919 Berlin 1978 S 250 252 Siehe Muller Richard Der Burgerkrieg in Deutschland Berlin 1925 S 31ff Siehe dazu und allgemein zur Rolle der Streifkompanie Kessel Sauer Bernhard Zur politischen Haltung der Berliner Sicherheitspolizei in der Weimarer Republik in Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 53 Jahrgang 2005 Heft 1 S 26 45 Auch Dorrenbachs Morder Tamschik soll Angehoriger dieser Kompanie gewesen sein Siehe Dreetz Dieter Gessner Klaus Sperling Heinz Bewaffnete Kampfe in Deutschland 1918 1923 Berlin 1988 S 53 Siehe Gumbel Emil Julius Vier Jahre politischer Mord Berlin 1922 S 27 Siehe Gumbel Vier Jahre S 26 Siehe Lange Annemarie Berlin in der Weimarer Republik Berlin 1987 S 218 Normdaten Person GND 1208225588 lobid OGND AKS VIAF 2761154260776024480004 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dorrenbach HeinrichKURZBESCHREIBUNG deutscher Offizier und sozialistischer RevolutionarGEBURTSDATUM 18 Februar 1888GEBURTSORT NeussSTERBEDATUM 18 Mai 1919STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Dorrenbach amp oldid 226848302