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Martin Friedrich Wilhelm Kirschbaum 19 Juli 1888 in Berlin 1 5 Februar 1958 ebenda 2 war ein deutscher Kriminalbeamter Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Kaiserreich 1 2 Beteiligung an der Bekampfung der Novemberrevolution 1918 bis 1920 1 3 Weimarer Republik 1 4 Zeit des Nationalsozialismus 1 5 Untersuchungsverfahren gegen Kirschbaum und Ausscheiden aus der SA 1934 bis 1935 1 6 Weiteres Schicksal im NS Staat 1 7 Nachkriegszeit 2 Familie 3 Nachlass 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenKaiserreich Bearbeiten Kirschbaum war ein Sohn des Hofoperateurs Heinrich Kirschbaum Von 1907 bis 1910 gehorte Kirschbaum den Kurassieren an Danach wechselte er zu den 3 Garde Ulanen in Potsdam Von dort wurde er zum Oberstallamt des Kaisers versetzt Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 meldete er sich wieder bei den Kurassieren Von 1914 bis 1916 kam er mit den Pasewalker Kurassieren an der Westfront zum Einsatz Zuletzt erreichte er dort den Rang eines Wachtmeisters Nach einer schweren Verletzung wurde er 1916 in die Heimat zuruckgeschickt Anschliessend ubernahm er die Spionageuberwachung bei der Militarpolizei in Stettin Abteilung IIIb des Grossen Generalstabs Im Juli 1918 wurde Kirschbaum zur Politischen Polizei in Berlin versetzt wo er dem Oberregierungsrat Doye zur Verfugung gestellt wurde Beteiligung an der Bekampfung der Novemberrevolution 1918 bis 1920 Bearbeiten Kurz nach dem Ausbruch der Novemberrevolution und dem Zusammenbruch des Kaiserreiches im Herbst 1918 schloss Kirschbaum sich dem Freikorps Regiment Reinhard an dem er bis 1920 angehorte Wahrend der langwierigen Auseinandersetzung von Revolutionaren und staatlichen Ordnungskraften in Berlin im Jahr 1919 leitete er die Nachrichtenabteilung der von Eugen von Kessel gefuhrten Streifkompanie Kessel auch bekannt als Fliegende Kraftwagenstaffel Kessel deren Aufgabe die Sammlung von Beweisen fur staats und regierungsfeindliche Absichten war In diesem Zusammenhang erarbeitete die von Kirschbaum gefuhrte Nachrichtenabteilung Listen der Fuhrer der Spartakusbewegung einschliesslich Verzeichnissen von deren Aufenthaltsorten mit deren Hilfe kurz vor Ausbruch des Marzaufstandes von 1919 uber 120 Fuhrer der Spartakusbewegung von Angehorigen der Streifkompanie verhaftet wurden Ferner war Kirschbaum 1919 an den Verhaftungen der Kommunistenfuhrer Karl Radek und Leo Jogiches beteiligt Die Absicht Kirschbaums und anderer Angehoriger des Regiments Reinhard Radek zu hangen wurde im letzten Augenblick dadurch verhindert dass die Nachricht eintraf dass dieser gegen in Russland kriegsgefangene deutsche Offiziere ausgetauscht werden sollte Dem damaligen Reichsfinanzminister Matthias Erzberger wurde Kirschbaum zum Personenschutz zugeteilt mit dem geheimen Zusatzauftrag von Oberst Reinhard und von Doye ihn zu uberwachen und sie Doye und Reinhard standig uber Erzbergers Aktivitaten zu informieren Kirschbaum selbst wurde kurzzeitig zusammen mit Otto Marloh wegen ihrer Rolle bei der standrechtlichen Erschiessung von einigen Dutzend Angehorigen der Berliner Volksmarinedivision verhaftet Nach seiner Haftentlassung aus Mangel an Beweisen beteiligte er sich an der gewaltsamen Befreiung von Marloh aus der Haft dem er u a zwei Passe beschaffte mit denen dieser ins Ausland fliehen konnte Den Fuhrer der Volksmarinedivision Heinrich Dorrenbach verhaftete Kirschbaum in Eisenach nachdem Dorrenbach nach einer ersten Verhaftung in Gotha von einer Volksmenge befreit worden war und brachte ihn nach Berlin wo er nach seiner Vernehmung bei einem angeblichen Fluchtversuch erschossen wurde In der Linkspresse wurde Kirschbaum daraufhin als Meuchelmorder gebrandmarkt In ahnlicher Weise wirkte Kirschbaum an der Verhaftung des Kommunisten Sylt mit der von ihm und dem Kriminalkommissar Dehnecke verhaftet wurde als er Sylt eine aufwieglerische Rede vor der Belegschaft der Wasser Gas und Elektrizitatswerke hielt und kurz danach von Dehnecke im Beisein Kirschbaums erschossen wurde Nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages fuhrte er zusammen mit dem Oberleutnant Simson einen Uberfall einer Gruppe von Studenten auf das Berliner Zeughaus an bei dem im Krieg von 1870 1871 erbeutete franzosische Kriegsfahnen die dort als Trophaen verwahrt wurden zu deren Ruckgabe an Frankreich sich das Deutsche Reich mit der Unterzeichnung des Versailler Vertrages verpflichtet hatte beschlagnahmt und in einer patriotischen Protestkundgebung gegen den Versailler Vertrag auf der Strasse Unter den Linden vor der Reiterstatue Friedrich II von Preussen verbrannt wurden um die Fahnen so einer Ruckgabe an Frankreich zu entziehen Da Simson anders als Kirschbaum damals alleinstehend war nahm er die Verantwortung fur diese Aktion alleine auf sich und floh nach Sudamerika wahrend Kirschbaum unbehelligt blieb Im Jahr 1920 wurde er bei der Berliner Kriminalpolizei eingestellt Von dort wurde er zur Zollfahndungsstelle versetzt Die Zollfahndungsstelle entsandte ihn zum englischen Oberkommando in Koln um dort zusammen mit den englischen Besatzungsbehorden den Kommunismus in diesem Gebiet gemeinschaftlich zu bekampfen Anschliessend wurde er an der niederlandischen Grenze zur Bekampfung des Schmuggels eingesetzt Nach dem Abschluss seiner dortigen Aufgaben wollte Kirschbaum sich zur Berliner Kriminalpolizei zuruckversetzen lassen wurde aber stattdessen auf Veranlassung von Carl Severing aus dem Staatsdienst entfernt Daraufhin zog er sich noch 1920 als Kriminalsekretar i R ins Privatleben zuruck Weimarer Republik Bearbeiten 1927 nahm Kirschbaum eine Stellung als Ermittlungsbeamter und Geldeintreiber des Unternehmens Deutsche Familienkaufhaus GmbH Defaka an Im Zuge der landesweiten Expansion dieses Konzerns ubernahm er die Organisation der Zentralermittlungsstelle der Defaka Mit dem Aufstieg der NS Bewegung Ende 1920er und Anfang der 1930er Jahre begann Kirschbaum sich dieser anzunahern Ab 1929 wurde er fur die von Walter Stennes gefuhrte Berliner SA nachrichtendienstlich tatig Stennes den Kirschbaum 1919 nachrichtendienstlich ausgebildet hatte wurde von diesem bis 1931 mit wichtigen Informationen versorgt Nach Stennes Ausscheiden aus der Berliner SA Fuhrung im April 1931 setzte Kirschbaum seine inoffizielle informatorische Tatigkeit auf Bitten von Karl Ernst der im Jahr 1931 Stabsfuhrer der Berliner SA wurde fort Insbesondere belieferte er die SA Untergruppe Berlin Ost die ab 1932 von Ernst gefuhrt wurde mit Nachrichten und half ihr bei der Beschaffung von Waffen und Munition Von einem offiziellen Eintritt in die SA und die NSDAP soll er wahrend dieser Zeit abgesehen haben um seine Tatigkeit als Nachrichtenmann nicht zu gefahrden bzw sie besser zu tarnen Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Wenige Wochen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Fruhjahr 1933 trat Kirschbaum zum 1 April 1933 offiziell in die NSDAP Mitgliedsnummer 3 010 824 ein Dabei wurde ihm von der Berliner SA Gruppe bescheinigt dass er bereits vor 1933 fur die SA nachrichtendienstlich tatig gewesen war und auf ausdrucklichen Wunsch der SA Fuhrung um seine getarnte Tatigkeit fur diese nicht zu gefahrden vor 1933 nicht in die Partei eingetreten war In der SA in die er zur selben Zeit eintrat erhielt Kirschbaum 1933 direkt den Rang eines Sturmfuhrers und spater den eines Obersturmfuhrers Freundschaftliche Bande unterhielt Kirschbaum von 1933 bis 1934 insbesondere zum Gruppenfuhrer der Berliner SA Karl Ernst mit dem er seit 1931 zusammengearbeitet hatte fur diesen organisierte er beim Defaka zu erheblich herabgesetzten Preisen die Ausstattung fur dessen Villa in der Podbielskiallee 83 in Berlin Dahlem im Jahr 1933 indem er ihm Waren im Wert von 14 000 RM fur einen Preis von nur 4 000 RM verschaffte Im Herbst 1933 finanzierte Kirschbaum ausserdem die Hochzeit Ernsts Ausserdem organisierte Kirschbaum eine fur Juli 1934 geplante Seereise Ernsts und seiner Frau nach Madeira mit einem Dampfschiff des Norddeutschen Lloyd Am Mittag des 30 Junis 1934 wurde Kirschbaum anlasslich der Rohm Affare in Bremerhaven als Begleiter von Ernst und seiner Ehefrau verhaftet als die drei im Begriff waren das Schiff zu besteigen mit dem sie Ernsts Hochzeitsreise nach Madeira unternehmen wollten Ernst und Kirschbaum wurden einem SS Kommando unter Fuhrung von Kurt Gildisch ubergeben das sie im Flugzeug nach Berlin brachte Wahrend Ernst in der Kadettenanstalt Lichterfelde erschossen wurde wurde Kirschbaum nur in Haft genommen Da ihm eine Beteiligung an der angeblichen Revolte der SA Fuhrung nicht nachgewiesen werden konnte wurde er schliesslich wieder aus der Haft entlassen In der SA wurde Kirschbaum nach seiner Haftentlassung von seiner Stellung als Obersturmfuhrer z b V im Stab der SA Gruppe Berlin Brandenburg zur SA Brigade 28 Horst Wessel in Lichtenberg uberwiesen Untersuchungsverfahren gegen Kirschbaum und Ausscheiden aus der SA 1934 bis 1935 Bearbeiten Seit dem Sommer 1934 lief ein Untersuchungsverfahren gegen Kirschbaum beim Gerichts und Rechtsamt der Obersten SA Fuhrung wegen seiner Beziehungen zu dem in Ungnade gefallen und exekutierten Karl Ernst und seiner raschen SA Karriere unter der Protegierung Ernsts eingeleitet Gleichzeitig wurde auf Anzeige des Reichsschatzmeisters der NSDAP staatsanwaltschaftlich wegen des Verdachtes der Untreue gegen Kirschbaum ermittelt Bereits seit Fruhjahr 1934 wurde wegen Betrug und Beleidigung gegen Kirschbaum ermittelt In den SA Disziplinarakten wurde er als ubler Geschaftemacher und Konjunkturritter der nur in die SA und Partei eingetreten sei um Geschafte zu machen charakterisiert Es wurde dort aber auch konzediert dass sich kein Beweis fur eine Verstrickung Kirschbaums in die angebliche Rohm Revolte habe feststellen lassen Das fragwurdig wirkende Gebaren Kirschbaums in wirtschaftlichen Fragen im Zusammenhang mit der Begunstigung Ernsts und aufgrund anderer Vorgange verdachtigte die SA Gruppe ihn dunkle r Geldgeschafte die stark nach Korruption aussehen fuhrte dazu dass die SA Fuhrung ihn im April 1935 dazu veranlasste sich auf eigenen Wunsch aus der SA entlassen zu lassen Dies geschah in der Form dass er unterm 13 April 1935 einen Brief an die SA Fuhrung richtete in dem er um seine Entlassung aus der SA ersuchte die von dieser mit Wirkung vom 13 April vollzogen wurde zuvor hatte man ihm eine Frist gesetzt einen solchen Brief bis zum 15 April einzureichen oder sonst die ehrruhrigere Massnahme aus der SA ausgeschlossen zu werden uber sich ergehen lassen zu mussen Diese Vorgehensweise wurde auf einen im Marz 1935 vom Berliner SA Gruppengericht an dem der Oberfuhrer Waldemar Geyer der Oberfuhrer Hermann Walch der Obersturmbannfuhrer Fritz Hahn und der Obersturmfuhrer Fiebig mitgewirkt hatten gefassten Vorschlag hin durchgefuhrt Weiteres Schicksal im NS Staat Bearbeiten 1936 versuchte Kirschbaum vergeblich seine Wiederaufnahme in die NSDAP und in die SA zu erreichen Antrage seinerseits ihn wieder in die Partei und die Parteiarmee aufzunehmen die er u a an die Dienststelle des Stellvertreters des Fuhrers richtete wurden abgelehnt Es gelang Kirschbaum jedoch eine Anstellung bei der Gestapo in Koln zu erhalten 1941 leitete er dort das Amt zur Bekampfung des Marxismus Nachkriegszeit Bearbeiten Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Kirschbaum haufig falschlich als Adjutant von Karl Ernst identifiziert und vor allem von der Forschergruppe um Walther Hofer und Edouard Calic als angeblicher Komplize von Ernst mit dem Reichstagsbrand vom Februar 1933 in Verbindung gebracht Forscher wie Fritz Tobias und Uwe Backes sehen eine Involvierung Kirschbaums hingegen als widerlegt an 3 Familie BearbeitenKirschbaum hatte mindestens einen Sohn Gerhard der als Koch im Hotel Kaiserhof und dann bei der Landespolizeigruppe General Goring tatig war sowie eine Tochter Lieselotte Nachlass BearbeitenPersonalunterlagen Kirschbaums haben sich im Bundesarchiv erhalten Namentlich existieren im BDC eine OPG Akte Mikrofilm OPG F 8 Bilder 1197 1222 eine PK Akte Mikrofilm PK F 401 Bilder 335 357 und eine SA P Akte Mikrofilm SA P D 137 Bilder 485 706 Weblinks BearbeitenBernhard Sauer Zur politischen Haltung der Berliner Sicherheitspolizei in der Weimarer Republik pdf 87 kB In ZfG 53 Jahrgang 2005 Heft 1 Einzelnachweise Bearbeiten Geburtsregister StA Berlin II Nr 646 1888 Sterberegister StA Reinickendorf von Berlin Nr 414 1958 Uwe Backes Hrsg Reichstagsbrand Aufklarung einer historischen Legende 1986 PersonendatenNAME Kirschbaum MartinALTERNATIVNAMEN Kirschbaum Martin Friedrich WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher KriminalbeamterGEBURTSDATUM 19 Juli 1888GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 5 Februar 1958STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martin Kirschbaum amp oldid 238614966