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Sigismund Armin Eugen von Kessel 29 Oktober 1890 in Frankfurt am Main 30 Juni 1934 in Berlin 1 war ein deutscher Offizier und Leiter eines privaten Nachrichtenburos Er war einer der Getoteten des sogenannten Rohm Putsches Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Familie 1 2 Jugend Erster Weltkrieg 1890 bis 1918 1 3 Freikorps Aktivitaten und Kapp Putsch 1919 bis 1920 1 4 Spateres Leben und Ermordung 1920 bis 1934 1 5 Theorien uber die Ermordung Kessels 2 Archivalien 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenFamilie Bearbeiten nbsp Geburtsurkunde des Eugen von Kessel Eugen von Kessel wurde als Sohn des Christian Karl August Friedrich Eugen von Kessel 19 Mai 1852 in Saarlouis 5 Juli 1907 in Zurich und seiner Gattin Luise Moeser 14 November 1867 in Paris 13 Juni 1956 in Goslar geboren Sein jungerer Bruder war der Journalist Friedrich Kurt Harald Hans von Kessel 27 Mai 1894 in Wiesbaden 24 Juni 1973 in Hamburg Am 1 Februar 1915 heiratete er in Berlin Schmargendorf die Schweizerin Edda Joachimi 1 Februar 1893 in Meiningen Aus der Ehe die am 23 Januar 1926 in Hamburg geschieden wurde ging eine Tochter Edda Elisabeth 28 Oktober 1915 in Berlin Grunewald hervor die 1939 Heinrich Knoche heiratete Seit dem 22 Marz 1929 war Kessels geschiedene Frau in zweiter Ehe mit dem Offizier und Rechtsanwalt Franz Maria Liedig verheiratet Jugend Erster Weltkrieg 1890 bis 1918 Bearbeiten Nach dem Schulbesuch schlug Kessel die Militarlaufbahn ein 1909 trat er in das 4 Garde Regiment zu Fuss der preussischen Armee in Berlin ein Dort erhielt er 1910 das Leutnantspatent In den Jahren 1914 bis 1918 nahm von Kessel als Angehoriger eines Artillerieregiments am Ersten Weltkrieg teil in dem er bis zum Oberleutnant befordert wurde Freikorps Aktivitaten und Kapp Putsch 1919 bis 1920 Bearbeiten Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs schloss Kessel sich dem von Oberst Reinhard gefuhrten Freiwilligen Regiment an in dem er den Aufbau und die Fuhrung der sogenannten 3 Streifkompanie auch Abteilung fur polizeilichen Streifendienst Streifkompanie von Kessel einer Spezialtruppe fur polizeiliche Aufgaben die in der Westendkaserne in Charlottenburg untergebracht wurde ubernahm Mit dieser Einheit der auch etwa funfzig Beamte der politischen Polizei eingegliedert wurden beteiligte Kessel sich in den Jahren 1919 und 1920 an der Verfolgung von sozialistischen Organisationen im Berliner Raum Uberwachung und Ausschaltung insbesondere von KPD Funktionaren Aufbau von Spitzelnetzen und an den deutsch polnischen Grenzkonflikten dieser Zeit 2 Die Kessel sche Einheit wuchs schliesslich zu einer Abteilung von etwa 300 Mann mit der Bezeichnung Hilfspolizei des Berliner Polizeiprasidenten an zu der auch die so genannte Fliegende Kraftfahrtstaffel K gehorte die mit Autos Panzerwagen Maschinengewehren und Flammenwerfern ausgerustet wurde und ihren Sitz im Kriminalgericht Moabit hatte Hierarchisch unterstand die Einheit der Garde Kavallerie Schutzen Division und arbeitete mit der Staatsanwaltschaft zusammen Anfang Marz 1919 konnte Kessels Kompanie das Erscheinen der Roten Fahne verhindern und etwa 120 linksradikale Funktionare verhaften Auch die Verhaftung von Karl Radek und achtzig Mitgliedern des Roten Soldatenbundes wurde von ihr durchgefuhrt Ferner die Erschiessung von vierundzwanzig Matrosen am 11 Marz in der Franzosischen Strasse auf Befehl des Oberleutnant s Otto Marloh von der 3 Streifkompanie Fur internationale Irritationen sorgte die von Kessel befohlene Verbrennung von im Deutsch Franzosischen Krieg von 1870 erbeuteten franzosischen Kriegstrophaen aus dem Berliner Zeughaus vor dem Denkmal Friedrich des Grossen Unter den Linden um so die von den Alliierten im Vertrag von Versailles geforderte Ruckgabe derselben zu verhindern Noch 1919 wurde Kessel in die preussische Polizei aufgenommen in der er es bis zum Polizeihauptmann brachte Aufgrund seiner Rolle bei der Haftbefreiung des wegen der unmotivierten Erschiessung der Matrosen im Marz 1919 verhafteten Marlohs sowie aufgrund seiner Unterstutzung des Kapp Putsches im Marz 1920 bei dem er an der Besetzung der Reichskanzlei durch die Putschisten beteiligt war und u a die in den Zimmern der Kanzlei verbliebenen Papiere Namensverzeichnisse Geschaftsordnungen militarische Befehle und Verhandlungsnotizen als Belastungsmaterial fur ein angedachtes Verfahren gegen die Regierung sicherstellte wurde er jedoch bereits 1920 wieder aus der Polizei entlassen Der Prozess gegen ihn wegen der ungerechtfertigten Erschiessungen wurde dagegen zu seinen Gunsten entschieden Uwe Backes wertete das entsprechende Urteil als ein Beispiel fur die Einaugigkeit der Weimarer Justiz gegenuber politisch motivierten Vergehen von Rechts In den ersten Jahren der Weimarer Republik soll Kessel ausserdem an einigen Fememorden beteiligt gewesen sein 3 Spateres Leben und Ermordung 1920 bis 1934 Bearbeiten Um 1921 liess Kessel sich in Hamburg nieder wo er als Geschaftsfuhrer fur die Grosshandelsfirma Georg von der Bussche Handels Gesellschaft m b H tatig war Im August 1932 trat er in die Sturmabteilung SA ein Im Marz 1933 wurde er Mitglied der NSDAP Mitgliedsnummer 1 499 331 4 Im Juni 1933 siedelte Kessel nach Berlin uber wo er ein der Gestapo von Rudolf Diels nahestehendes privates Nachrichtenburo betrieb Zu diesem Zweck arbeitete er nachweislich mit dem Gestapo Kommissar Konrad Nussbaum zusammen Spater wurde vielfach behauptet dass das Kessel sche Buro sich in besonderem Masse mit der Untersuchung des Reichstagsbrandes vom Februar 1933 befasst habe wobei Kessel interne Informationen aus NS Fuhrungskreisen durch Nussbaum sowie durch seine Kessels ehemaligen Freikorpskameraden von 1919 1920 Kurt Heller seit 1933 in der Gestapo tatig und Martin Kirschbaum seit 1933 im Stab des Berliner SA Gruppenfuhrers Ernst und einigen anderen Vertrauensleuten zugespielt worden seien Die Historiker Walther Hofer und Edouard Calic schrieben die nach dem Zweiten Weltkrieg von ihnen aufgefundenen anonymen sogenannten K Aufzeichnungen in denen ein Recherchebericht zum Reichstagsbrand vorgelegt wird spater Kessel zu und argumentierten diese stellten das Ergebnis von Kessels Untersuchungen dar das dieser vor seinem Tod in Sicherheit habe bringen konnen Am 30 Juni 1934 wurde von Kessel schliesslich im Zuge der Rohm Affare in seinem Berliner Buro in der Tiergartenstrasse von Angehorigen der Gestapo oder des Sicherheitsdienstes der SS erschossen Der Freikorpsfuhrer Heinz Hauenstein berichtete nach dem Zweiten Weltkrieg dass er Kessel von dessen Sekretarin herbeigeholt am Nachmittag des 30 Juni in dessen Wohnung mit zwei Schussen im Hinterkopf vorgefunden habe 5 Der deutschen Offentlichkeit wurde Kessels Ermordung verschwiegen Sie wurde aber in diversen auslandischen Zeitungen vermeldet 6 Theorien uber die Ermordung Kessels Bearbeiten Hans von Kessel behauptete 1957 in einem Brief an das Nachrichtenmagazin Der Spiegel der Mord an seinem Bruder sei wie folgt abgelaufen Zuerst sei Reinhard Heydrich mit einem Rollkommando der SS in Kessels Wohnung im Tiergartenviertel erschienen Dieses habe sofort bei Betreten der Raumlichkeiten das Feuer eroffnet worauf Eugen von Kessel hinter seinem Schreibtisch zusammengesunken sei Bald darauf so fahrt Hans von Kessel unter Berufung auf angebliche Aussagen seiner Mutter und einer Sekretarin seines Bruders fort sei Hermann Goring erschienen und habe dem Rochelnden den Fangschuss gegeben Kessel raumte selbst ein dass diese Schilderung mit der Vorstellung die man sich gewohnlich von ihm Goring mache nicht ubereinstimme gab jedoch zu bedenken dass sein Bruder Goring durch seine eidesstattlichen Versicherungen im Zusammenhang mit den polizeilichen Untersuchung des Reichstagsbrandes und dem Mord an dem DNVP Politiker Oberfohren schwer belastet habe 7 In der historischen Forschung werden an dieser Darstellung jedoch starke Zweifel gehegt Backes bestatigt in seiner Darstellung der Ereignisse zwar dass drei Agenten der Gestapo in Kessels Wohnung erschienen seien und ihn erschossen hatten charakterisiert Hans von Kessels Schilderungen jedoch als Rauberpistole Insbesondere misstraut er der Behauptung von der Anwesenheit Heydrichs und Gorings da ihm zufolge die Prasenz von so viel Prominenz am Ort eines Mordes des 30 Juni sonst nirgendwo vorgekommen sei und gerade diese beiden NS Fuhrer am 30 Juni die meiste Zeit in ihren jeweiligen Kommandozentralen verbracht hatten 8 Spater prazisierte Kessel seine Darstellung dahingehend dass sein Bruder im Innenministerium verhaftet und unter dem Vorwand einer Haussuchung seiner Wohnung beiwohnen zu sollen in diese gebracht worden sei wo man ihn erschossen und versuchte habe die Tat als Suizid zu tarnen Wahrend Christoph Graf und Walther Hofer davon ausgingen dass mit Kessel ein unbequemer Geheimnistrager im Zusammenhang mit dem Reichstagsbrand vom Februar 1933 beseitigt wurde 9 sieht Backes Kessels Ermordung in der Rivalitat Himmlers und Heydrichs mit dem gesturzten ehemaligen Gestapo Chef Diels begrundet Heinz Hauenstein berichtete in den 1950er Jahren dass Kessel im Auftrag von Franz von Papen der Gestapo vor deren Ubernahme durch die SS im April 1934 Berichte uber Ubergriffe der SS gemeldet habe Die Gruppe von SS Leuten deren Uberschreitungen Kessel angezeigt habe habe ihn erschossen 10 Hans Bernd Gisevius behauptete in seinen Lebenserinnerungen dass Kessels Morder dieselben Manner gewesen seien die am selben Tag den Ministerialdirektor Erich Klausener im Verkehrsministerium und einige andere der NS Fuhrung unliebsame Personen im Regierungsviertel erschossen hatten Ihr Vorgehen sei dabei sehr systematisch gewesen und die Ausfuhrung der Taten immer die gleiche gewesen Checklistenartig waren sie nach und nach in die Buros und Wohnungen ihrer Opfer eingedrungen hatten diese wortlos niedergeschossen und seien dann sogleich zu ihrem nachsten Opfer weitergefahren Motiv fur den Mord an von Kessel sei ganz allgemein gewesen dass er ein der Gestapo unbequemes Nachrichtenburo in der Potsdamer Strasse geleitet habe 11 Da zahlreiche von Gisevius aufgestellte Behauptungen spater von der historischen Forschung widerlegt wurden muss auch dieser Angabe mit Skepsis begegnet werden Archivalien BearbeitenIm Bundesarchiv hat sich die NSDAP Karteikarte zu Eugen von Kessel erhalten Ausserdem der Verwaltungsakt zu seiner Aufnahme in die NSDAP NS 23 157 Literatur BearbeitenHans Friedrich von Ehrenkrook Friedrich Wilhelm Euler Walter von Hueck Genealogisches Handbuch der Adeligen Hauser A Uradel vor 1400 nobilitiert Band IV Band 22 der Gesamtreihe GHdA Hrsg Deutsche Adelsverbande in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv C A Starke Limburg an der Lahn 1960 S 376 377 ISSN 0435 2408 Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Hauser 1941 A Uradel Jg 40 GGT Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft Justus Perthes Gotha 1940 S 214 215 Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Hauser 1900 Jg 1 Justus Perthes Gotha 1900 S 491 492 DigitalisatWeblinks BearbeitenBernhard Sauer Zur politischen Haltung der Berliner Sicherheitspolizei in der Weimarer Republik PDF 87 KB In ZfG 53 Jahrgang 2005 Heft 1Einzelnachweise Bearbeiten Geburtsort und datum sowie Sterbeort und datum nach Matthias Graf von Schmettow Gedenkbuch des deutschen Adels C A Starke Limburg an der Lahn 1967 S 161 Dieter Dreetz Klaus Gessner Heinz Sperling Bewaffnete Kampfe in Deutschland 1918 1923 in Schriften des Militargeschichtlichen Instituts der DDR Kleine Militargeschichte Bewaffnete revolutionare Kampfe Militarverlag der DDR Berlin 1988 S 53 ISBN 3 327 00511 7 Uwe Backes Reichstagsbrand Aufklarung einer historischen Legende Piper Munchen 1986 S 180 ISBN 3 492 03027 0 B Sauer Alte Kampfer und starke Bande Kurt Daluege und Herbert Packebusch In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Band 62 Nr 12 Metropol Verlag 2014 ISSN 0044 2828 S 977 996 bernhard sauer historiker de PDF abgerufen am 16 Juli 2021 Unter Berufung auf seine Verdienste als Freikorpsfuhrer wahrend der Revolutionswirren trat v Kessel im August 1932 in die SA und im Marz 1933 in die NSDAP ein Vgl BArch ehem BDC Zentral Karteikarte der NSDAP Pg Nr 1499331 Eugen v Kessel 29 10 1890 IfZ Zeugenschrifttum Hauenstein Aufzeichnung uber eine Befragung von Hauenstein am 18 Juli 1956 Vgl z B Noch ein Ermordeter in Pariser Tageblatt vom 11 Juli 1934 Digitalisat Dort heisst es dass Kessel der als Beamter der Geheimen Staatspolizei identifiziert wird gegen Mittag als einer der ersten in seiner Wohnung getotet worden sei und dass seine Ermordung grosseres Aufsehen errege Der Spiegel Nr 23 1957 S 6 Uwe Backes Reichstagsbrand Aufklarung einer historischen Legende Vorwort Louis de Jong Piper Munchen Zurich 1986 S 179 ISBN 3 492 03027 0 Christoph Graf Politische Polizei zwischen Demokratie und Diktatur 1983 S 371 beziehungsweise Walther Hofer Der Reichstagsbrand Eine wissenschaftliche Dokumentation 1978 S 462 Hofer spricht kurz davon die Tat sei der Beweis dass hier noch ein Geheimnistrager beseitigt wurde Ein Artikel der Zeitschrift Wissenschaft und Unterricht spricht ganz ahnlich von Kessel als einem unbequemen Informationstrager IfZ Zeugenschrifttum Hauenstein Aufzeichnung uber eine Befragung von Hauenstein am 18 Juli 1956 Hans Bernd Gisevius Bis zum Bitteren Ende Teilband 1 Vom Reichstagsbrand zur Fritsch Krise Fretz und Wasmuth Zurich 1946 S 242 DNB Normdaten Person GND 133514919 lobid OGND AKS VIAF 38109212 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kessel Eugen vonALTERNATIVNAMEN Kessel Sigismund Armin Eugen von vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Offizier und Leiter eines privaten NachrichtenburosGEBURTSDATUM 29 Oktober 1890GEBURTSORT Frankfurt am MainSTERBEDATUM 30 Juni 1934STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eugen von Kessel amp oldid 235547677