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Die Justizvollzugsanstalt Bautzen ist eine Justizvollzugsanstalt JVA im sachsischen Bautzen Sie befindet sich seit 1990 im Gebaude der Haftanstalt Bautzen I dem sogenannten Gelben Elend Bekanntheit erlangte Bautzen I als Speziallager Nr 4 der Sowjetischen Militaradministration und als Synonym fur politische Verfolgung in der DDR Bautzen I ist eines von zwei historischen Gefangnissen in Bautzen Das andere ist Bautzen II dort befindet sich seit 1993 die Gedenkstatte Bautzen zur Erinnerung an die Opfer beider Bautzener Gefangnisse Informationen zur AnstaltName Justizvollzugsanstalt BautzenBezugsjahr 1904Haftplatze 462 1 Mitarbeiter 171 2 Teil der Gebaude der JVA Bautzen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Von der Eroffnung bis zur Nutzung durch die Nationalsozialisten 1 2 Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone 1 3 Zuchthaus in der DDR 1 4 Im wiedervereinigten Deutschland 2 Bautzen in der offentlichen Wahrnehmung 3 Prominente Haftlinge 3 1 Haftanstalt der Weimarer Republik 1918 1933 3 2 Haftanstalt des NS Regimes 1933 1945 3 3 Speziallager der Sowjetischen Militaradministration 1945 1956 3 4 Haftanstalt der DDR 1956 1989 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksGeschichte BearbeitenVon der Eroffnung bis zur Nutzung durch die Nationalsozialisten Bearbeiten nbsp Bautzen I 19101904 wurde am nordlichen Stadtrand von Bautzen die damals modernste Strafvollzugsanstalt im Konigreich Sachsen mit 1100 Haftplatzen errichtet Das Gefangnis orientierte sich in den ersten Jahrzehnten an Planen zur Einfuhrung eines reformerischen menschenwurdigen und nach liberalen Grundsatzen gestalteten Strafvollzugs Seit Beginn des Ersten Weltkrieges diente Bautzen auch zur Unterbringung russischer franzosischer und britischer Kriegsgefangener Bautzen I und das Gerichtsgefangnis Bautzen II wurden 1923 zu den Vereinigten Gefangenenanstalten zusammengeschlossen Die Liberalisierung des Strafvollzugs in der Weimarer Republik ab 1924 fuhrte auch in Bautzen I zur Starkung der Gefangenenrechte und zur Verbesserung der Haftbedingungen Das anderte sich mit der Machtubernahme der Nationalsozialisten Zwischen 1933 und 1945 waren in Bautzen I politische Gegner aus der SPD und der KPD so beispielsweise 1943 44 Ernst Thalmann und Angehorige weiterer von den Nazis verfolgter religioser Gruppen wie Zeugen Jehovas Reformadventisten und kirchliche Oppositionelle inhaftiert Dabei arbeitete die Gefangnisleitung eng mit der Gestapo zusammen Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone Bearbeiten Im Mai 1945 errichtete die Sowjetische Militaradministration SMAD auf dem Gelande der Haftanstalt das Speziallager Nr 4 Aufgabe dieses Internierungslagers war zunachst die Unterbringung von NS und Kriegsverbrechern Ab 1946 inhaftierte man in Bautzen I aber zunehmend von den Sowjetischen Militartribunalen SMT verurteilte Stalinismus Gegner Sie wurden im Zellenbau untergebracht die Internierten im Barackenlager 3 Unter den verurteilten Insassen waren auch sowjetische Militarangehorige In der Haftanstalt Bautzen waren ab 1946 bis zu 7000 Haftlinge unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht damit war das Gefangnis standig uberbelegt In einem als Einzelzelle geplanten Raum lagen normalerweise funf vereinzelt auch sechs Mann Mehr als 27 000 Haftlinge durchliefen bis 1950 das Speziallager Bautzen Bis 1956 starben etwa 3000 Haftlinge in Bautzen die in anonymen Massengrabern auf dem nahen Karnickelberg bestattet wurden 4 1992 wurden bei gezielten Grabungen in fruheren Schutzengraben die sterblichen Uberreste von 180 Menschen gefunden Vor den Zellenfenstern wurden grosse Blechblenden montiert die keinerlei Ausblick mehr zuliessen Solche Blechblenden wurden im Sommer 1946 auch an den Fenstern des Hauptgebaudes angebracht das ab September 1946 als Erweiterung der Strafanstalt diente Die bis dahin dort untergebrachten Speziallagerhaftlinge kamen per Guterzugtransport in andere solche Lager Mit dem offiziellen Abschluss der Entnazifizierung in der Sowjetischen Besatzungszone SBZ 1948 wurde etwa die Halfte der in Bautzen Internierten entlassen wie gleichzeitig auch aus anderen Lagern und einige Lager aufgelost Die restlichen Haftlinge wurden auf die drei verbliebenen neu durchnummerierten Speziallager verteilt Nr 1 Sachsenhausen Nr 2 Buchenwald Nr 3 Bautzen wo sie bis 1950 teilweise sogar bis 1956 in Haft blieben Zuchthaus in der DDR Bearbeiten Im Februar 1950 ubergab die sowjetische Besatzungsmacht Bautzen I der DDR Damit wurde das Speziallager ebenso wie Buchenwald und Sachsenhausen offiziell aufgelost wobei ca 6000 SMT Verurteilte weiterhin in der Haftanstalt blieben Im Marz 1950 kam es in der Anstalt zu zwei Haftlingsaufstanden die von der Deutschen Volkspolizei niedergeschlagen wurden Im Zuge dieses Aufstandes gelangten zwei Briefe der Haftlinge als Hilferuf in die Bundesrepublik wo sie von Herbert Wehner beim Parteitag der SPD vorgelesen wurden Durch diese Briefe wurde die Offentlichkeit auf Bautzen als Ort politischer Verfolgung aufmerksam Ausserdem tauchte in ihnen das erste Mal die Bezeichnung Gelbes Elend in Anspielung auf die gelben Klinkerfassaden und mauern fur die Haftanstalt Bautzen I auf 5 Seit den 1950er Jahren diente Bautzen I in erster Linie zur Inhaftierung von mehrfach Vorbestraften und Langzeithaftlingen Erst 1956 wurden die letzten SMT Verurteilten aus Bautzen entlassen Ab 1975 unterhielt Bautzen I auch einen besonders unmenschlichen Haftbereich die Abteilung fur besserungsunwillige Haftlinge welche vom MfS Dresden fur solche Strafgefangenen eingerichtet worden war die nicht mehr fur die DDR arbeiten wollten da sie schon Ausreiseantrage gestellt hatten Bautzen galt in der DDR als bekanntester Haftort fur politische Gefangene Trotz der Tabuisierung des Strafvollzugs in der Offentlichkeit erlangte das Gefangnis mit Redewendungen wie Ab nach Bautzen sprichwortlichen Rang und in der Wendezeit forderten Demonstranten Fur Erich und Konsorten offne Bautzen seine Pforten 6 Im wiedervereinigten Deutschland Bearbeiten Seit 1990 ist Bautzen I eine Justizvollzugsanstalt des Landes Sachsen und dient dem Vollzug von Freiheitsstrafen von Mannern Rund 380 Menschen sitzen im geschlossenen Vollzug ein Daruber hinaus verfugt die Anstalt uber 42 Haftplatze im offenen Vollzug 40 Haftplatze in der Sicherungsverwahrung sowie eine kleine Abteilung mit jugendlichen Straftatern Im geschlossenen Vollzug werden mehrere Aus und Weiterbildungsprogramme angeboten darunter auch eine Ausbildung zum Tischler mit funf Platzen pro Jahr Als einzige Justizvollzugsanstalt in Sachsen verfugt Bautzen I uber eine Anstaltskirche Diese fasst rund 600 Sitzplatze An die Opfer von Bautzen I erinnert seit 1993 die Gedenkstatte Bautzen Bautzen in der offentlichen Wahrnehmung BearbeitenInsbesondere in den ersten Nachwendejahren wurde Bautzen als ein Inbegriff des DDR Unrechtes auch uber die deutschen Grenzen hinaus bekannt Dazu beigetragen haben die Initiativen ehemaliger Haftlinge wie das Bautzen Komitee e V und eine ausfuhrliche Berichterstattung in der deutschen Presse Da einige bedeutende Schriftsteller in Bautzen gefangen gehalten wurden haben diese ihre Erlebnisse auch literarisch verarbeitet Bautzen war jedoch nicht der einzige Ort der DDR an dem Menschen auch aus politischen Grunden inhaftiert waren In offentlichen Ausserungen wurden die Verbrechen der Sowjetischen Besatzungsmacht falschlicherweise auch der DDR angerechnet Begriffe wie Gelbes Elend Haftanstalt Bautzen I und Stasi Knast Haftanstalt Bautzen II wurden und werden haufig vermengt Bautzen war aber nur eines und auch nicht das grosste von zehn Speziallagern der Sowjetischen Besatzungszone Prominente Haftlinge BearbeitenHaftanstalt der Weimarer Republik 1918 1933 Bearbeiten Bruno Richard Hauptmann 1899 1936 mutmasslicher Morder von Charles Lindberghs SohnHaftanstalt des NS Regimes 1933 1945 Bearbeiten Walter Janka 1914 1994 Dramaturg und Verleger Ludwig Renn 1889 1979 Schriftsteller Ernst Thalmann 1886 1944 Vorsitzender der KPDSpeziallager der Sowjetischen Militaradministration 1945 1956 Bearbeiten Margret Bechler 1914 2002 Ehefrau des NKFD Mitgrunders Bernhard Bechler Mitverantwortung am Tod des Antifaschisten Anton Jakob Rudolf Bernhardt 1904 nach 1970 Burgermeister der Kreisstadt Grossenhain Stephan Dietrich 1898 1969 Heimatdichter des Erzgebirges Georg Dude 1886 1946 Landrat Volker Engelhardt 1910 1983 Kunstler Maler und Graphiker Wieland Forster 1930 Bildhauer Zeichner Maler und Schriftsteller Hans Fridrich 1884 1947 Oberburgermeister der Stadt Breslau Vizechef der Militarverwaltung fur Belgien und Nordfrankreich Otto Gunsche 1917 2003 SS Sturmbannfuhrer und personlicher Adjutant Adolf Hitlers Ernst Hefter 1906 1947 Beteiligter an Euthanasie Verbrechen Benno von Heynitz 1924 2010 Grunder des Bautzen Komitee e V Initiator der Gedenkstatte Bautzen Oskar Hippe 1900 1990 Widerstandskampfer in der Zeit des Nationalsozialismus Trotzkist Rolf Hohne 1908 1947 Geologe und Prahistoriker Walther Hofstaetter 1883 1968 Schulleiter und Germanist Karl Holtz 1899 1978 Grafiker und Karikaturist Werner Ihmels 1926 1949 christlicher Widerstandskampfer im Nationalsozialismus und der Sowjetischen Besatzungszone Wilhelm Jelinek 1889 1952 Anarchosyndikalist Oswald Kaduk 1906 1997 SS Unterscharfuhrer und Rapportfuhrer im Konzentrationslager Auschwitz Walter Kempowski 1929 2007 Schriftsteller Achim Kilian 1926 2002 Autor Erich Kranz 1929 1999 evangelischer Pfarrer der Jakobskirche Weimar Friedrich Emil Krauss 1895 1977 Industrieller und Erfinder NSDAP Funktionar Johannes Kunz 1884 1946 Amtshauptmann Wolfgang Natonek 1919 1994 LDP Studentenpolitiker Werner von Nitzsch 1901 1947 Ackerbauwissenschaftler und Bodenkundler Walter Oehme 1892 1969 Journalist und Politiker Hans Ulrich Rottka 1895 1979 Reichskriegsgerichtsrat Hans Helmut Rosler 1929 Mitglied der LDP und spaterer FDP Politiker Walter Scheler 1923 2008 Buchhalter am Aufstand des 17 Juni 1953 beteiligt Alfred Schmidt 1891 1985 kommunistischer Politiker und Gewerkschafter Heinrich Severit 1888 1977 NSDAP Ortsgruppenleiter und Oberburgermeister der Stadt Radebeul Helmut Stief 1906 1977 Stenograf Erfinder des Stenografiesystems Stiefografie Hans Voelkner 1928 2002 HVA Spion Gunther Wagenlehner 1923 2006 Politikwissenschaftler Gerhard Weck 1913 1974 SPD Politiker Verfolgter des Nationalsozialismus Georg Wrazidlo 1917 1959 christlicher Widerstandskampfer gegen NS Regime und SED Julius Graf von Zech Burkersroda 1885 1946 Diplomat Eduard Zimmermann 1929 2009 Moderator von Aktenzeichen XY ungelostHaftanstalt der DDR 1956 1989 Bearbeiten Adam von Gliga Partner von Bruno Winzer Kurt Heissmeyer 1905 1967 deutscher Arzt im Konzentrationslager Neuengamme Josef Kneifel 1942 2020 Bombenattentater auf Panzerdenkmal in Chemnitz Volker Michalowski 1971 Schauspieler Komiker Armin Raufeisen 1928 1987 ehemaliger Agent der Hauptverwaltung Aufklarung Arno Seifert 1936 1987 Historiker Wolfgang Welsch 1944 FluchthelferLiteratur BearbeitenKarl Wilhelm Fricke Humaner Strafvollzug und politischer Missbrauch Zur Geschichte der Strafvollzugsanstalten in Bautzen 1904 bis 2000 In Sachsisches Staatsministerium der Justiz Hrsg Sachsische Justizgeschichte Band 10 Dresden 1999 Susanne Hattig Silke Klewin Cornelia Liebold Jorg Morre Geschichte des Speziallagers Bautzen 1945 1956 Katalog zur Ausstellung der Gedenkstatte Bautzen Hrsg Stiftung Sachsische Gedenkstatten Schriftenreihe der Stiftung Sachsische Gedenkstatten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft Band 11 Sandstein Verlag Dresden 2004 ISBN 3 937602 29 1 Ronny Heidenreich Aufruhr hinter Gittern Das Gelbe Elend im Herbst 1989 Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2009 ISBN 978 3 86583 361 7 Winfried Kohler Die Hoffnung gab uns Kraft Pro Business Berlin 2003 ISBN 3 937343 00 8 Ruf aus Bautzen Blatter aus der STVE Bautzen ZDB ID 1154320 6Einzelnachweise Bearbeiten http www justiz sachsen de jvabz content 612 htm http www justiz sachsen de jvabz content 612 htm Die SMT Verurteilten gehorten nicht zu den Speziallager Insassen und waren auch vollig isoliert untergebracht nach Sergej Mironenko Lutz Niethammer Alexander v Plato Herausgeber Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950 Band 1 Studien und Berichte Akademie Verlag Berlin 1998 ISBN 3 05 002531 X Susanne Hattig Silke Klewin Cornelia Liebold Jorg Morre Geschichte des Speziallagers Bautzen 1945 1956 Katalog zur Ausstellung der Gedenkstatte Bautzen 2004 S 111 Jorg Muller Strafvollzugspolitik und Haftregime in der SBZ und in der DDR Sachsen in der Ara Ulbricht 2012 S 161 Zitate bei Silke Klewin Bautzen In Martin Sabrow Hrsg Erinnerungsorte der DDR Beck Munchen 2009 ISBN 978 3 406 59045 0 S 51 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Justizvollzugsanstalt Bautzen I Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Justizvollzugsanstalt Bautzen Gedenkstatte Bautzen Online Totenbuch des sowjetischen Speziallagers Nr 4 Bautzen Bautzen Komitee Gerhard Finn Die Speziallager der sowjetischen Besatzungsmacht 1945 bis 1950 S 366 PDF 199 kB 51 190125 14 432813888889 Koordinaten 51 11 24 5 N 14 25 58 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Justizvollzugsanstalt Bautzen amp oldid 237550786