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Karl Wilhelm Fricke 3 September 1929 in Hoym ist ein deutscher Publizist und Herausgeber mehrerer Standardwerke uber Widerstand und staatliche Repressionen in der DDR Er gehort zu mehreren hundert Personen die das Ministerium fur Staatssicherheit MfS gewaltsam in die DDR entfuhrte 1 Beim Deutschlandfunk war Fricke Redakteur fur Ost West Angelegenheiten und pragte massgeblich die politische Sendung Hintergrund Karl Wilhelm Fricke in seinem Arbeitszimmer 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Der Vater 1 2 Entfuhrung 1 3 Geheimprozess 1 4 Journalistische Karriere 2 Auszeichnungen und Ehrungen 3 Karl Wilhelm Fricke Preis 4 Schriften 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDer Vater Bearbeiten Als erst Sechzehnjahriger erlebte er wie das NKWD der sowjetischen Besatzungsmacht im Juni 1946 seinen Vater Karl Oskar Fricke verhaftete Dieser arbeitete als Lehrer Journalist und Fotograf und hatte in der Zeit des Nationalsozialismus in der Kleinstadt Hoym als Presseamtsleiter und stellvertretender Propagandaleiter der NSDAP Ortsgruppe gearbeitet war ausserdem im NS Lehrerbund und schrieb Artikel in dessen Lehrerzeitung Karl Oskar Fricke wurde 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone festgenommen und 1950 im Rahmen der Waldheimer Prozesse zu zwolf Jahren Zuchthaus verurteilt Er verstarb 1952 im Zuchthaus Waldheim an den Folgen einer Ruhr und Grippeepidemie 2 Seinen Sohn Karl Wilhelm Fricke pragte diese Erfahrung Er weigerte sich in die SED gesteuerte Freie Deutsche Jugend einzutreten was die Chancen auf ein Studium verringerte Er arbeitete kurze Zeit an der Schule an der schon sein Vater unterrichtet hatte als Aushilfslehrer fur Russisch Infolge der Denunziation einer Kollegin er habe sich SED kritisch geaussert wurde Karl Wilhelm Fricke am 22 Februar 1949 verhaftet Er konnte jedoch aus dem Polizeigewahrsam entkommen und uber die innerdeutsche Grenze in den Westen fliehen Nach seiner Flucht studierte er bis 1953 in Wilhelmshaven an der Hochschule fur Arbeit Politik und Wirtschaft Politikwissenschaft Dann ging Fricke nach West Berlin um an der Freien Universitat das Studium fortzusetzen und begann journalistisch zu arbeiten Seine Beitrage fur Presse und Rundfunk in denen er unter anderem Informationen der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit und des Untersuchungsausschusses freiheitlicher Juristen verarbeitete widmeten sich vorwiegend der Verfolgung Oppositioneller in der DDR durch deren Justizorgane Entfuhrung Bearbeiten Das MfS beobachtete Frickes Publikationen sehr genau und stufte sie als hochgradig schadlich fur die DDR ein und entschied ihn in einer geheimen Operation nach Ost Berlin zu entfuhren Es liess Fricke im Rahmen seiner journalistischen Recherchen auf den vermeintlichen Journalisten Kurt Maurer stossen der als Kommunist von der Gestapo in ein KZ gebracht und nach dem Krieg vom NKWD im Speziallager Sachsenhausen inhaftiert worden war Fricke interessierte sich fur diese komplexe Biografie und hielt deswegen lose Kontakt mit dem vermeintlichen DDR Kenner und Kritiker Am 1 April 1955 liess er sich von Maurer und dessen Frau in eine Wohnung im Bezirk Schoneberg locken die angeblich ihre war In Wirklichkeit hatte das MfS die Wohnung verdeckt angemietet Maurers Ehefrau bot Fricke ein Glas mit Scharlachberg Meisterbrand an in dem sie zuvor Schlaftabletten aufgelost hatte Fricke fuhlte sich unwohl wollte ein Taxi rufen verlor das Bewusstsein und wurde in Haft genommen Kurt Maurer hatte Fricke zwar nicht uber seine eigene Biografie belogen jedoch den Namen geandert Er hiess in Wirklichkeit Kurt Rittwagen und das MfS fuhrte ihn als Mitarbeiter IM Fritz Fricke damals 25 Jahre alt lief beim MfS unter Student Drei Tage vor der Entfuhrung hatte ein Hptm Buchholz die dafur entscheidende Einschatzung in einer Aktennotiz des MfS festgehalten Betr Fricke Die feindliche Tatigkeit von Fricke besteht darin dass er durch Personen aus der DDR Unterlagen und Material uber fuhrende Funktionare der Partei Wirtschaft und Verwaltung erhalt Des Weiteren schreibt Fricke Artikel fur die westdeutsche Presse Durch die Festnahme Frickes soll erreicht werden die Methoden unserer Feinde erkennen zu lernen mit denen es ihnen teilweise gelungen ist in den Besitz des oben geschilderten Materials zu kommen 3 nbsp Haftbeschluss gegen Fricke 1955 unterschrieben von Erich MielkeGeheimprozess Bearbeiten Es folgten 15 Monate lang Verhore im zentralen Untersuchungsgefangnis des MfS in Berlin Hohenschonhausen Karl Wilhelm Fricke war die meiste Zeit in einer Einzelzelle des U Boots ohne naturliches Licht im Keller des Gebaudes untergebracht Das Oberste Gericht der DDR unter Vorsitz von Walter Ziegler verurteilte ihn in einem Geheimprozess im Juli 1956 wegen Kriegs und Boykotthetze zunachst zu 15 dann zu vier Jahren Zuchthaus die er im Zuchthaus Brandenburg Gorden und in der Sonderhaftanstalt Bautzen II in Einzelhaft verbringen musste Journalistische Karriere Bearbeiten Nach seiner Haftentlassung 1959 ging Fricke nach Hamburg und nahm seine Arbeit als freier Journalist und Publizist wieder auf Mit seinem Wechsel nach Koln wurde er 1970 bis 1994 leitender Redakteur beim Deutschlandfunk Das MfS beobachtete ihn weiter In einem internen Papier von 1985 hiess es Fricke fungiert beim Deutschlandfunk als Leiter der Ost West Redaktion In seinen Beitragen und Kommentaren verleumdet und entstellt er die politischen Verhaltnisse in der DDR Partei und Staatsfuhrung Justiz und Strafvollzug Seine Bucher uber das MfS verfolgen das Ziel das sozialistische Sicherheitsorgan der DDR international zu diskreditieren 4 nbsp Fricke mit seinem Buch Akten Einsicht 2011Frickes Bucher gelten heute als Standardwerke in den Bereichen Opposition und Widerstand in der DDR Strafjustiz und Staatssicherheit 5 Der DDR Forscher Johannes Kuppe Schuler von Peter Christian Ludz und spater Kollege Frickes beim Deutschlandfunk nannte Fricke den Papst fur Widerstand und Opposition und Unterdruckung Fricke hat das Thema Repression in der DDR tatsachlich allein abgedeckt Was zu sagen war hat Fricke publiziert 6 In den 1990er Jahren war Fricke Sachverstandiger in zwei Enquete Kommissionen des Bundestages zunachst zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED Diktatur und anschliessend zur Uberwindung der Folgen der SED Diktatur im Prozess der deutschen Einheit Fricke war langjahriger Vorsitzender des Beirats der Stiftung Gedenkstatte Berlin Hohenschonhausen sowie des Fachbeirates Gesellschaftliche Aufarbeitung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur 7 Auszeichnungen und Ehrungen BearbeitenFur seine Beitrage zur Geschichte des Widerstandes in der DDR verlieh ihm die Freie Universitat Berlin 1996 die Ehrendoktorwurde 2001 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1 Klasse 2010 wurde er vom Forderverein der Gedenkstatte Berlin Hohenschonhausen mit dem Hohenschonhausen Preis geehrt 8 Karl Wilhelm Fricke Preis BearbeitenIm Juni 2017 erhielt Karl Wilhelm Fricke den von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur in Berlin erstmals vergebenen Karl Wilhelm Fricke Preis er ist mit 20 000 Euro dotiert und wurde von seiner Tochter entgegengenommen Gestiftet wurde der Preis von Burkhart Veigel langjahriger Fluchthelfer fur DDR Burger 9 Schriften BearbeitenDer fruhe Widerstand in der SBZ DDR Memento vom 5 Marz 2016 im Internet Archive Vortrag am 5 Juni 2011 in Halle auf der Tagung ehemaliger Workuta Haftlinge Desinformation und selektive Wahrheit Stasi Geschichtsrevisionismus in der Offensive und mit Roger Engelmann Der Tag X und die Staatssicherheit 17 Juni 1953 Reaktionen und Konsequenzen im DDR Machtapparat In Aufsatze im Jahrbuch fur Historische Kommunismusforschung 2008 Berlin Aufbau Verlag S 248 260 bundesstiftung aufarbeitung de Geschichtsrevisionismus aus MfS Perspektive Ehemalige Stasi Kader wollen ihre Geschichte umdeuten In Deutschland Archiv Jg 39 2006 Nr 3 S 490 496 Online Memento vom 27 Juni 2013 im Internet Archive im Internet Archiv Die nationale Dimension des 17 Juni 1953 Bonn 2003 mit Peter Steinbach Johannes Tuchel Opposition und Widerstand in der DDR Munchen 2002 mit Silke Klewin Bautzen II Sonderhaftanstalt unter MfS Kontrolle 1956 bis 1989 Bericht und Dokumentation Kiepenheuer Leipzig 2001 ISBN 3 378 01056 8 mit Ilko Sascha Kowalczuk Der Wahrheit verpflichtet Texte aus funf Jahrzehnten zur Geschichte der DDR Berlin 2000 mit einer Bibliographie der wichtigsten Schriften von Fricke sowie einer Audio CD mit einigen seiner Beitrage aus dem Deutschlandfunk sowie einem hundertseitigen Interview zu seinem Leben und Werk mit Roger Engelmann Konzentrierte Schlage Berlin 1998 Akten Einsicht Rekonstruktion einer politischen Verfolgung Berlin 1996 Die DDR Staatssicherheit Entwicklung Strukturen Aktionsfelder Koln 1989 Opposition und Widerstand in der DDR Ein politischer Report Koln 1984 mit Gerhard Finn Politischer Strafvollzug Koln 1981 Politik und Justiz in der DDR Zur Geschichte der politischen Verfolgung 1945 1968 Koln 1979 10 broschiert Wissenschaft und Politik 1992 ISBN 978 3 80468568 0 Warten auf Gerechtigkeit Kommunistische Sauberungen und Rehabilitierungen Koln 1971 Zur Botschaft des Widerstands im Deutschland der Diktaturen in europaische ideen Heft 100 S 37 41 Andreas W Mytze Hrsg mylet druck Dransfeld 1996 Sendungen von Karl Wilhelm Fricke in Deutschlandfunk HintergrundVor 50 Jahren Stasi Aktion Enten Der Schauprozess gegen so genannte RIAS Agenten in Ostberlin vom 24 Juni 2005 Anklage Staatsverrat Vor 50 Jahren Der Harich Prozess in Ostberlin vom 9 Marz 2007Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Karl Wilhelm Fricke Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Karl Wilhelm Fricke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Peter Steinbach Streiter fur Freiheit und Klarheit Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Auszug aus der Dankesrede nach Erhalt der Ehrendoktorwurde Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Der Deutschlandfunk war Rundfunk im Kalten Krieg Interview mit Karl Wilhelm Fricke in der Reihe Zeitzeugen im Gesprach des Deutschlandfunks am 25 Juli 2013 Vorlass von Dr h c Karl Wilhelm FrickeEinzelnachweise Bearbeiten Uber 700 Menschen wurden vom Westteil Berlins in den Ostteil verschleppt siehe Falco Werkentin Recht und Justiz im SED Staat 2 Auflage 1998 ISBN 3 89331 344 3 Vgl Karl Wilhelm Fricke im Interview mit Ilko Sascha Kowalczuk In Karl Wilhelm Fricke Der Wahrheit verpflichtet Ch Links Berlin 2000 S 13 115 Online auszugsweise verfugbar in Geschichte betrifft uns 1 2006 PDF 267 kB BStU Akte ZA AOP 22 67 Bd V Blatt 207 vom 28 Marz 1955 BStU MfS ZA HA II 13 322 Bl 30 Vergleiche z B Eckhard Jesse Demokratie in Deutschland Diagnosen und Analysen Herausgegeben und eingeleitet von Uwe Backes und Alexander Gallus 2008 ISBN 978 3 412 20157 9 S 156 oder Torsten Diedrich Hans Ehlert Rudiger Wenzke Hg Im Dienste der Partei Handbuch der bewaffneten Organe der DDR Ch Links Berlin 1998 ISBN 3 86153 160 7 S 412 Interviewausserung von Johannes Kuppe zitiert bei Jens Huttmann DDR Geschichte und ihre Forscher Akteure und Konjunkturen der bundesdeutschen DDR Forschung Metropol Berlin 2008 S 257 ISBN 3 938690 83 6 Kuppe bezieht sich insbesondere auf Publikation Frickes bis 1990 Peter Sturm Beharrlich In Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30 Mai 2017 S 8 Gedenkstatte Archiviert vom Original am 13 Februar 2015 abgerufen am 19 Oktober 2013 Karl Wilhelm Fricke Preis Information der Bundesstiftung Aufarbeitung zum Preis und zum Preistrager abgerufen am 20 August 2018 Entstehungsgeschichte und Rezension siehe Der Spiegel 12 1980 online Normdaten Person GND 118693360 lobid OGND AKS LCCN n82108186 VIAF 41848424 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fricke Karl WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher Autor und Opfer der SED DiktaturGEBURTSDATUM 3 September 1929GEBURTSORT Hoym Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Wilhelm Fricke amp oldid 235700375