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Peter Christian Ludz 22 Mai 1931 in Stettin 2 September 1979 in Traubing war ein deutscher Politologe und Soziologe Er galt als einer der wichtigsten Akteure der DDR Forschung und der vergleichenden Deutschlandforschung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Schulbildung Studium 1 2 Forschung Lehre Politikberatung und Standort 1 3 Gastvorlesungen 1 4 Mitgliedschaften in publizistischen Gremien 1 5 Ende 2 Werk 2 1 Industriegesellschaftlicher Wandel der DDR 2 2 Weitere Arbeitsfelder 2 3 Ausgewahlte Editionen und Schriften 3 Gedenken 4 Anhang 4 1 Literatur 4 2 Weblinks 4 3 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Schulbildung Studium Bearbeiten Ludz war Sohn eines evangelischen Pastors Von 1937 bis 1941 besuchte er in Berlin die Volksschule von 1941 bis 1949 das Gymnasium in Berlin und Ingolstadt Sein Abitur erwarb er 1949 am Humanistischen Gymnasium in Berlin Zehlendorf Anschliessend studierte Ludz bis 1956 Volkswirtschaftslehre Soziologie Philosophie Politikwissenschaft und Geschichte an der Johannes Gutenberg Universitat Mainz der Ludwig Maximilians Universitat Munchen der Freien Universitat Berlin der Sorbonne und am College de France Sein Examen als Diplom Volkswirt bestand er 1953 in Munchen 1955 erfolgte in Berlin seine Promotion bei Hans Joachim Lieber 1 Forschung Lehre Politikberatung und Standort Bearbeiten 1957 trat Ludz eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent am Institut fur politische Wissenschaft IfpW der Freien Universitat Berlin an das von Otto Stammer geleitet wurde Dort befasste er sich erstmals mit Studien zur DDR 1958 wurde er Nachfolger von Ernst Richert als Leiter der Institutsabteilung Sowjetische Besatzungszone 1967 habilitierte er sich in Berlin mit der Studie Parteielite im Wandel in der Bundesrepublik Deutschland das erste Habilitationsverfahren zu einem DDR Thema 2 Noch im selben Jahr berief ihn die Freie Universitat Berlin zum ordentlichen Professor fur die Wissenschaft von der Politik mit besonderer Berucksichtigung der Theorie der Politik 1970 folgte Ludz einem Ruf an die neu gegrundete Universitat Bielefeld und war dort als Professor fur Politische Wissenschaft und Soziologie tatig 1973 wechselte er nach Munchen an das Geschwister Scholl Institut Dort ubernahm er den Lehrstuhl fur Politische Wissenschaft I den fruheren Lehrstuhl Eric Voegelins 1967 68 war Ludz Mitglied einer Kommission des Senats von Berlin die ein Gutachten zur Lage der Ausbildung Politik und Wirtschaft der Stadt verfasste Fur die Regierung der Bundesrepublik Deutschland konzipierte Ludz 1971 1972 und 1974 die Materialien zur Lage der Nation Ab 1975 war er Mitglied des Vorstands und der Forschungsleitung in der Stiftung Wissenschaft und Politik Fur das von Egon Franke gefuhrte Bundesministerium fur innerdeutsche Beziehungen leitete er von 1975 bis 1978 den Arbeitskreis fur vergleichende Deutschlandforschung der ein vierbandiges Gutachten zum Stand der DDR und vergleichenden Deutschlandforschung anfertigte 1975 brachte Ludz zudem das DDR Handbuch heraus Dieses Nachschlagewerk fand weite Verbreitung und wurde 1979 kurz nach dem Tod von Ludz in zweiter Auflage publiziert 3 Ludz selbst ausserte sich zu der Mitte Ende der 1970er Jahre erst langsam herauskristallisierenden Institutionalisierung einer Disziplin fur Politische Wissenschaften in der DDR Nachdem dort Ende 1974 ein Nationalkomitee fur politische Wissenschaften der DDR gegrundet worden war nahm Ludz den XI Weltkongress fur Politische Wissenschaft den die International Political Science Assoziation in Moskau im August 1979 veranstaltete zum Anlass personelle und inhaltliche Unterschiede zwischen dem sowjetischen und dem ostdeutschen Politologenverband darzustellen 4 Ludz forderte von der DDR Forschung eine deutliche Orientierung am Postulat der Werturteilsfreiheit von Wissenschaft Seine eigene normative Ausrichtung wird als eine Mischung aus sozial liberaler und konservativ technokratischer Standpunkte beschrieben 5 Gastvorlesungen Bearbeiten Von 1967 bis 1975 hielt Ludz viele Gastvorlesungen an Universitaten in den Vereinigten Staaten unter anderem an der Harvard University der Yale University Princeton University der Stanford University der University of Michigan der University of California Berkeley der University of Texas at Austin der Washington University in St Louis der Georgetown University der University of Connecticut der University of New Hampshire der Columbia University der New School for Social Research der City University of New York und am Macalester College Gastvorlesungen fuhrten Ludz zudem nach Grossbritannien Danemark Jugoslawien Japan Kanada und Chile 6 nbsp Grabstatte auf dem Friedhof ZehlendorfMitgliedschaften in publizistischen Gremien Bearbeiten Von 1971 bis 1978 gehorte er dem Herausgebergremium der Politischen Vierteljahresschrift an Ab 1970 zahlte er zu den Herausgebern der Schriftenreihe Gesellschaft und Wissenschaft im Mohr Siebeck Verlag ab 1971 war Ludz einer der Editoren des International Journal of Contemporary Sociology Ab 1973 zahlte er zu den Herausgebern des International Journal of Sociology der Studies in Comparative Communism und des Canadian Review of Studies in Nationalism 1979 wurde er schliesslich in den Herausgeberkreis der Kolner Zeitschrift fur Soziologie und Sozialpsychologie berufen 7 Ende Bearbeiten Ludz galt als rastloser seine Gesundheit nicht schonender Mensch der als Wissenschaftler an sich selbst seine Fachkollegen und seine Studenten die hochsten Anspruche stellte Diese rigide wissenschaftliche Arbeitsmoral fuhrte mitunter zu scharfen Konflikten 8 1975 erlitt er einen Herzinfarkt Am 2 September 1979 nahm er sich offenbar infolge eines schweren Erschopfungszustandes das Leben 9 Seine letzte Ruhestatte fand er auf dem Berliner Friedhof Zehlendorf Grablage 006 14 Werk BearbeitenIndustriegesellschaftlicher Wandel der DDR Bearbeiten nbsp Cover der dritten Auflage von Parteielite im WandelLudz Werk umfasst Beitrage fur Zeitungen nicht eingerechnet nahezu 200 Titel 10 Dabei ist er vor allem als DDR Forscher bekannt geworden In seiner Habilitationsschrift unterstellte Ludz einen entscheidenden organisatorischen sozialstrukturellen und ideologischen Wandel in der politischen Fuhrung der DDR Dieser durch die industriegesellschaftliche Dynamik erzeugte Wandel sei mit der tradierten Totalitarismustheorie die Ludz bereits in der ersten Halfte der 1960er Jahre scharf kritisierte 11 nicht angemessen zu erfassen Nach Ludz drangten in der DDR Fachleute und akademische ausgebildete Kader in politische und wirtschaftliche Fuhrungspositionen und bildeten dort eine institutionalisierte Gegenelite Diese konkurriere mit dem althergebrachten harten Fuhrungskern um Walter Ulbricht den Ludz als strategische Clique bezeichnete Terror und Zwang als gesellschaftliches Herrschaftsmittel werden nach Ludz zunehmend von einem kooperativeren Herrschaftsstil abgelost den Ludz konsultativer Autoritarismus nennt Obgleich diese Arbeit die vier Auflagen erlebte eine davon in Englisch und weitere Schriften von Ludz die DDR Forschung in neue Bahnen lenkten und dort empirisch orientierte sowie sozialwissenschaftliche Studien anregten gilt Ludz These die strategische Clique erleide durch das Aufkommen fachorientierter Kader Einflussverluste als durch die historische Entwicklung der DDR widerlegt 12 Weitere Arbeitsfelder Bearbeiten Das Œuvre von Ludz enthalt neben den Forschungen zur DDR vielfaltige philosophische soziologische wissenschaftstheoretische ideologiegeschichtliche und ideologiekritische Studien Immer wieder verfasste Ludz Untersuchungen zu den Themenkreisen Intelligenz Asthetik Entfremdung Macht Konflikt und sozialer Wandel sowie zum Zusammenhang von Asthetik und Politik Ihn interessierten unter anderem die Sozialgeschichte von Freimaurerlogen und Geheimbunden die Literatursoziologie die politischen und asthetischen Schriften von Georg Lukacs oder geistesgeschichtliche Fragen der franzosischen Spatrenaissance und des franzosischen Materialismus Mit Werken von Georg Wilhelm Friedrich Hegel Ludwig Feuerbach und Karl Marx setzte er sich genauso auseinander wie mit aktuellen Positionen des Eurokommunismus 13 Ausgewahlte Editionen und Schriften Bearbeiten HerausgeberschaftenSpengler heute 6 Essays Mit einem Vorwort von Hermann Lubbe Beck Munchen 1980 ISBN 3 406 07600 9 Geheime Gesellschaften Wolfenbutteler Studien zur Aufklarung Schneider Heidelberg 1979 ISBN 3 7953 0720 1 DDR Handbuch herausgegeben vom Bundesministerium fur Innerdeutsche Beziehungen Wissenschaftliche Leitung Peter Christian Ludz Unter Mitwirkung von Johannes Kuppe 2 vollig uberarbeitete und erweiterte Auflage Koln Verlag Wissenschaft u Politik 1979 ISBN 3 8046 8515 3 Soziologie und Marxismus in der Deutschen Demokratischen Republik 2 Bande Luchterhand Neuwied 1972 MonographienDie DDR zwischen Ost und West Politische Analysen 1961 1976 Beck Munchen 1977 ISBN 3 406 06754 9 Ideologiebegriff und marxistische Theorie Ansatze zu einer immanenten Kritik Opladen Westdeutscher Verlag 1976 ISBN 3 531 11296 1 Deutschlands doppelte Zukunft Bundesrepublik und DDR in der Welt von morgen Ein politischer Essay Hanser Munchen 1974 ISBN 3 446 11862 4 Parteielite im Wandel Funktionsaufbau Sozialstruktur und Ideologie der SED Fuhrung Eine empirisch systematische Untersuchung Schriften des Instituts fur Politische Wissenschaft 21 Westdeutscher Verlag Koln u a 1968 Gedenken BearbeitenDie Witwe von Peter Christian Ludz gab 1979 eine Sammlung von Nachrufen auf den Verstorbenen heraus 14 Am 21 Januar 1981 fand eine wissenschaftliche Gedachtnissitzung an der Sozialwissenschaftlichen Fakultat der Ludwig Maximilians Universitat Munchen statt die an Person und Werk von Ludz erinnerte Auf dieser Veranstaltung referierten Kurt Sontheimer Nikolaus Lobkowicz Hermann Lubbe und M Rainer Lepsius 15 Anhang BearbeitenLiteratur Bearbeiten Hubertus Buchstein Ideologie und Empirie Der Versuch einer Rekonstruktion des intellektuellen Profils von Peter C Ludz in Ralf Rytlewski Hrsg Politik und Gesellschaft in sozialistischen Landern Ergebnisse und Probleme der Sozialistische Lander Forschung Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 20 Westdeutscher Verlag Opladen 1989 S 121 147 ISBN 3 531 12104 9 Johannes L Kuppe Peter Christian Ludz Zur Funktion von Ideologien in Geschichte und Gegenwart in Hans Karl Rupp Thomas Noetzel Hrsg Macht Freiheit Demokratie Biographische Annaherungen Bd 2 Die zweite Generation der westdeutschen Politikwissenschaft Schuren Marburg 1994 S 111 127 ISBN 3 89472 100 6 Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 Selbstverlag Feldafing 1981 Weblinks Bearbeiten Literatur von und uber Peter Christian Ludz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur von Peter Christian Ludz erfasst in der Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung Der Nachlass von Peter Ludz befindet sich im Institut fur Zeitgeschichte und ist dort uber die Archivdatenbank recherchierbar Signatur ED 369 Peter Christian Ludz im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Einzelnachweise Bearbeiten Angaben zur Herkunft Schulbildung und universitaren Ausbildung gemass Munzinger Archiv und Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 S 81 Peter Christian Ludz Parteielite im Wandel Funktionsaufbau Sozialstruktur und Ideologie der SED Fuhrung Eine empirisch systematische Untersuchung Westdeutscher Verlag Koln u a 1968 Angaben zur Berufskarriere gemass dem von Ilse Spittmann verfassten Nachruf in Deutschland Archiv Jg 12 Heft 10 Oktober 1979 Wiederabdruck in Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 S 50 56 Peter Christian Ludz Die DDR auf dem XI Weltkongress fur Politische Wissenschaft Deutschland Archiv 10 79 S 1077 ff Jens Huttmann DDR Geschichte und ihre Forscher Akteure und Konjunkturen der bundesdeutschen DDR Forschung Metropol Berlin 2008 ISBN 3 938690 83 6 S 244 Siehe Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 S 82 86 Siehe Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 S 82 Vgl hierzu Kurt Sontheimers Nachruf in Politische Vierteljahresschrift Jg 20 Heft 4 Dezember 1979 S 401 f Wiederabdruck in Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 Selbstverlag Feldafing 1981 S 45 49 Siehe auch Johannes L Kuppe Peter Christian Ludz Zur Funktion von Ideologien in Geschichte und Gegenwart S 115 f Angabe zum Infarkt nach Johannes L Kuppe Peter Christian Ludz Zur Funktion von Ideologien in Geschichte und Gegenwart S 116 Zur Erschopfung am Lebensende siehe zum Beispiel Ilse Spittmanns Nachruf in Deutschland Archiv Jg 12 Heft 10 Oktober 1979 Wiederabdruck in Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 S 50 56 Johannes L Kuppe Peter Christian Ludz Zur Funktion von Ideologien in Geschichte und Gegenwart S 111 Peter Christian Ludz Totalitarismus oder Totalitat Zur Erforschung bolschewistischer Gesellschafts und Herrschaftssysteme In Soziale Welt 12 1961 S 129 145 Peter Christian Ludz Offene Fragen der Totalitarismusforschung In PVS 2 1961 H 4 S 319 348 Wiederabdruck in Bruno Seidel Siegfried Jenkner Hrsg Wege der Totalitarismus Forschung Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1968 S 466 512 Peter Christian Ludz Entwurf einer soziologischen Theorie totalitar verfasster Gesellschaften In Derselbe Hrsg Studien und Materialien zur Soziologie der DDR Kolner Zeitschrift fur Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 8 Westdeutscher Verlag Koln u a 1964 S 11 58 Wiederabdruck in Bruno Seidel Siegfried Jenkner Hrsg Wege der Totalitarismus Forschung Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1968 S 466 512 Siehe hierzu im Uberblick Kampf der Eliten In Der Spiegel Nr 1 1968 online sowie Jens Gieseke Die SED Parteielite zwischen Wandel und Verharren Peter Christian Ludz Modernisierungstheorie In Jurgen Danyel Jan Holger Kirsch Martin Sabrow Hrsg 50 Klassiker der Zeitgeschichte Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 ISBN 3 525 36024 X S 110 113 Zur Spannweite des Werks siehe Johannes L Kuppe Peter Christian Ludz Zur Funktion von Ideologien in Geschichte und Gegenwart S 111 und Hubertus Buchstein Ideologie und Empirie S 121 f Ursula Ludz Peter Christian Ludz 1931 1979 Selbstverlag Feldafing 1981 Dazu Jens Huttmann DDR Geschichte und ihre Forscher Akteure und Konjunkturen der bundesdeutschen DDR Forschung Metropol Berlin 2008 ISBN 3 938690 83 6 S 195 198 Normdaten Person GND 115844430 lobid OGND AKS LCCN n50047315 VIAF 80858 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ludz Peter ChristianKURZBESCHREIBUNG deutscher Politikwissenschaftler und SoziologeGEBURTSDATUM 22 Mai 1931GEBURTSORT StettinSTERBEDATUM 2 September 1979STERBEORT Traubing Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Peter Christian Ludz amp oldid 237521886