www.wikidata.de-de.nina.az
Josef Kneifel 15 November 1942 in Weissig Niederschlesien 27 Oktober 2020 in Radebeul 1 war ein Dissident und politischer Haftling in der DDR 2 Am 9 Marz 1980 verubte er einen Bombenanschlag auf das Panzerdenkmal eines sowjetischen T 34 Panzers in Karl Marx Stadt um gegen die andauernde sowjetische Besatzung zu protestieren 3 Anlass war die sowjetische Militarintervention in Afghanistan 4 Fur diesen Anschlag auf das Denkmal wurde Kneifel zu lebenslanger Haft verurteilt Durch Schikanen und Misshandlungen wahrend der Haftzeit erlitt er schwere gesundheitliche Schaden 5 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Anschlag in Karl Marx Stadt 1 2 Verurteilung und Haft 1 3 Leben nach der Haftentlassung 1 4 Kontakte zur rechtsextremen Szene 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKneifel wuchs bei Pflegeeltern in Sachsen auf absolvierte eine Lehre als Fleischer spater als Dreher und arbeitete im VEB Erste Maschinenfabrik Karl Marx Stadt Er wurde Mitglied der FDJ und der Freiwilligen Helfer der Volkspolizei Spater bewarb er sich nach einer Fleischerlehre 1960 beim Wachregiment Feliks Dzierzynski des Ministeriums fur Staatssicherheit wurde wegen einer Nierenschwache jedoch abgelehnt 6 Nach der Niederschlagung des Prager Fruhlings durch die Armeen des Warschauer Pakts 1968 klebte Kneifel Protestplakate 1972 stellte Kneifel mehrere Ausreiseantrage Nach systemkritischen Ausserungen uber die SED die Blockparteien die DDR Gewerkschaften und die Sowjetunion mit ihren Gulags im Rahmen einer Brigadediskussion seines Betriebes wurde er nach sechs Monaten Untersuchungshaft am 28 August 1975 wegen Staatsverleumdung zu zehn Monaten Gefangnis verurteilt Die verbrachte er in Haldensleben sechs Monate davon auf einer 7 5 m kleinen Zelle mit drei Schwerkriminellen Nach der Haft erlaubte man ihm nicht in seinen Betrieb zuruckzukehren er fand in einer kleinen Metallfirma eine neue Anstellung Anschlag in Karl Marx Stadt Bearbeiten Im Dezember 1977 6 hatten Josef Kneifel und sein Freund Horst K ein ehemaliger Panzerkommandant bei der NVA 7 mit der Vorbereitung begonnen Die Bombe mit einer Ladung von 11 5 kg 7 war aus frei verfugbaren Komponenten selbst gebaut im Herbst 1979 fertiggestellt und in der Erdbeersiedlung im nahegelegenen Niederlichtenau versteckt worden 7 8 Auch zwei selbstgefertigte Revolver samt Munition 7 und acht selbstgebaute Stielhandgranaten 7 fuhrten sie mit sich Lebend sollten die uns nicht kriegen sagte Kneifel in einem Interview im Jahre 2005 Kneifel und Horst K erwogen vor der Ausfuhrung der Tat dass es bei der Sprengung zu Personenschaden kommen konnte 9 Sie wahlten als Tatzeitpunkt einen Sonntagabend mit Schneeregen und Fernsehkrimi an dem weniger Autofahrer oder Spazierganger auf der Strasse zu erwarten waren 7 8 Am 9 Marz 1980 gegen 21 Uhr fuhr Kneifel in einem Trabant mit falschen Kennzeichen 7 8 zum Panzerdenkmal das offiziell Denkmal fur die Befreiungstaten der Roten Armee und deren Verdienste bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus hiess 10 bei dem ein sowjetischer T 34 Panzer auf einem ubermannshohen Sockel stand Das Denkmal befand sich in an der Ecke Frankenberger Strasse Dresdner Strasse 11 Gegen 21 30 Uhr brachte er die Bombe mit einem Zeitzunder unter dem Panzer an Gegen 22 Uhr explodierte die Bombe beschadigte die linke Umlaufkette 6 und schleuderte eine 250 Kilogramm schwere Laufrolle des Panzers 50 Meter weit auf ein nahegelegenes Gelande der Volkspolizei 6 Fensterscheiben in der Umgebung gingen zu Bruch Verletzte gab es keine 12 9 Anlass fur die Tat war der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan 8 13 14 Kneifel erklarte spater seine Tat als Zeichen gegen ein Symbol des Stalin Imperialismus Die Widerstandsaktion verstand er als befreiende Tat mit der er die Last der Mitschuld durch Schweigen und Dulden von den Schultern warf 15 Nach langeren und ausserst umfangreichen aber erfolglosen Ermittlungen von Polizei und Staatssicherheit wurde der Tater durch eine Abhoraktion bei einem Pfarrer der jungen Gemeinde des Sohnes von Josef Kneifel ermittelt und am 18 August 1980 verhaftet Moglich wurde dies weil der Pfarrer seinen Vorgesetzten vertraulich gemeldet hatte dass er uber den Tater Bescheid wisse aber an das Beichtgeheimnis gebunden sei und deshalb um Rat bat Das Gesprach zwischen dem Pfarrer und seinem Superintendenten wurde von der Staatssicherheit abgehort 6 Verurteilung und Haft Bearbeiten Am 9 Marz 1981 wurde Kneifel vom Bezirksgericht Karl Marx Stadt zu lebenslanger Haft verurteilt Kneifel reagierte darauf mit dem Ausruf Genug den Namen des Volkes missbraucht ihr Lakaien Sein Komplize Horst K wurde zu zwolf Jahren Gefangnis verurteilt Seine Frau Irmgard die der Panzersprengung zugestimmt hatte 16 erhielt zwei Jahre Gefangnis wegen Nichtanzeigen einer Straftat 6 der Sohn eine Bewahrungsstrafe Kneifel sass nach eigenen Angaben bis 1987 in Isolationshaft 17 ab 1984 im Arrestkeller der Strafvollzugseinrichtung Bautzen I in einer vier Quadratmeter grossen Zelle ohne Fenster und Tageslicht 7 8 In der Haft begann Kneifel umgehend einen Hungerstreik und wurde 14 Monate zwangsernahrt und ins Haftkrankenhaus Meusdorf eingewiesen 12 Weil er sich nicht als Strafgefangener sondern als politischer Gefangener der Honecker Bande meldete wurde er mehrfach misshandelt Er wollte sich als politischer Gefangener verstanden wissen und fuhlte sich durch das Tragen der Anstaltskleidung als Krimineller gebrandmarkt 9 Er riss die gelben Streifen von der Anstaltskleidung schrieb hohnische Parolen an die Zellenwande bespritzte die Aufseher mit Blut oder Urin und wurde dafur wiederholt mit weiteren strafverscharfenden Massnahmen bestraft Seine Frau protestierte jahrelang bei Behorden und offentlichen Stellen gegen die Haftbedingungen ihres Mannes 1985 schloss sich Amnesty International den Forderungen nach Beendigung der Einzelhaft an 6 Leben nach der Haftentlassung Bearbeiten Am 6 August 1987 18 wurde Kneifel im Rahmen eines Agenten und Dissidentenaustausches zwischen der Bundesrepublik und DDR abgeschoben Die vorausgegangenen Verhandlungen hatten Klaus Gysi der damalige DDR Staatssekretar fur Kirchenfragen und Johannes Hempel der sachsische Landesbischof von 1971 bis 1994 gefuhrt Da er bei seinem Anschlag Menschenleben gefahrdet hatte wurde er nach der Wende nicht gemass dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz rehabilitiert 12 Er erhielt eine Entschadigung als politischer Gefangener 7 8 1990 stellte er Strafanzeigen gegen Mitarbeiter der Haftanstalt die Verfahren wurden jedoch samtlich eingestellt 12 Im Juli 1991 wurde das Panzerdenkmal auf Beschluss des Chemnitzer Stadtrates entfernt der Panzer befindet sich heute im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt 19 Am 9 Marz 2005 referierte Kneifel auf einer Veranstaltung der TU Chemnitz der Sachsischen Landeszentrale fur politische Bildung und des Bundesbeauftragten fur die Stasi Unterlagen unter dem Motto Als der Panzer bebte uber seinen Anschlag 11 Organisiert wurde die Veranstaltung von dem Historiker Eckhard Jesse Kontakte zur rechtsextremen Szene Bearbeiten Josef Kneifel pflegte enge Kontakte zur deutschen Neonaziszene 20 Am 18 Marz 2006 nahm er als Mitglied an der Jahreshauptversammlung der rechtsextremen Hilfsorganisation fur nationale politische Gefangene und deren Angehorige HNG in Dillstadt teil Am 7 April 2007 referierte Kneifel auf einer Veranstaltung der rechtsextremen IG Chemnitzer Stadtgeschichte im Ratskeller Chemnitz Am 13 August 2011 referierte Kneifel auf einer Veranstaltung der NPD im Nationalen Zentrum Leipzig zum Thema Russenpanzer vom Sockel geholt 20 21 In einem Interview mit der Sachsischen Zeitung im Jahre 2006 12 gab er an sich nicht als Neonazi zu sehen sondern als Gerechtigkeitsfanatiker Literatur BearbeitenSiegmar Faust Josef Kneifel In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Eckhard Jesse Ich bin politischer Gefangener in Gerbergasse 18 Geschichtswerkstatt Jena Heft 37 Ausgabe II 2005 ISSN 1431 1607 Josef Kneifel Josef Kneifel In Rudiger Knechtel Jurgen Fiedler Hrsg Stalins DDR Berichte politisch Verfolgter Forum Verlag Leipzig 1991 ISBN 3 86151 010 3 S 94 125 John O Koehler Stasi The Untold Story of the East German Secret Police Westview Press Boulder Oxford 1999 ISBN 0 8133 3409 8 S 116 123 Johannes Schuller Erik Latz Der Anschlag Josef Kneifel Der Weg eines totalitaren Helden BN Anstoss 3 Verein Journalismus und Jugendkultur Chemnitz 2013 ISBN 978 3 944901 02 2 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Josef Kneifel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Frank Harreck Haase Das Panzerdenkmal In Historisches Chemnitz de 2003 archiviert vom Original am 7 Februar 2020 abgerufen am 17 Juni 2021 Einzelnachweise Bearbeiten Traueranzeigen von Josef Kneifel In trauer nordbayern de 14 November 2020 abgerufen am 15 November 2020 Panzersprenger Kneifel gestorben In Freie Presse 17 November 2020 archiviert vom Original am 17 November 2020 abgerufen am 17 Juni 2021 Karl Wilhelm Fricke Zur Menschen und Grundrechtssituation politischer Gefangener in der DDR Verlag Wissenschaft und Politik Koln 1986 ISBN 3 8046 8692 3 S 28 Ilko Sascha Kowalczuk Geschichte der Opposition in der DDR pdf 490 kB In Biografisches Lexikon Widerstand und Opposition im Kommunismus 1945 91 Bundesstiftung Aufarbeitung September 2016 S 16 abgerufen am 2 Mai 2019 Christian Booss Panzeranschlag von Chemnitz Pressemitteilung In bstu bund de 2 Mai 2002 archiviert vom Original am 3 Februar 2014 abgerufen am 17 Juni 2021 Chronik des Jahres 1980 In jugendopposition de Abgerufen am 17 Juni 2021 Siegmar Faust Josef Kneifel In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 a b c d e f g Ein Exitus konnte uns nur recht sein In Der Spiegel 40 1992 27 September 1992 abgerufen am 17 Juni 2021 a b c d e f g h i Bernhard Honnigfort Der Panzersprenger In Frankfurter Rundschau 15 April 2005 a b c d e f Bernhard Honnigfort Der sich nicht fugen wollte In Kolner Stadt Anzeiger 17 April 2005 abgerufen am 17 Juni 2021 a b c Josef Kneifel Josef Kneifel In Rudiger Knechtel Jurgen Fiedler Hrsg Stalins DDR Berichte politisch Verfolgter Forum Verlag Leipzig 1991 ISBN 3 86151 010 3 S 95 Neue Zeit 15 Juli 1991 S 19 a b Als der Panzer bebte In TU Chemnitz de 8 Marz 2005 abgerufen am 17 Juni 2021 a b c d e Thomas Schade Lieber sterben als nachgeben In Sachsische Zeitung 9 Marz 2006 archiviert vom Original am 26 Mai 2006 abgerufen am 17 Juni 2021 Ehrhart Neubert Geschichte der Opposition in der DDR 1949 1989 Ch Links Verlag Berlin 2 Auflage 1998 ISBN 3 86153 163 1 S 337 338 Leonore Ansorg Politische Haftlinge im Strafvollzug der DDR die Strafvollzugsanstalt Brandenburg Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstatten 15 Metropol Berlin 2005 ISBN 3 938690 21 6 S 286 Jens Gieseke Der Mielke Konzern die Geschichte der Stasi 1945 1990 Deutsche Verlags Anstalt Munchen 2006 ISBN 3 421 05952 7 S 167 Torsten Diedrich Ilko Sascha Kowalczuk Staatsgrundung auf Raten Auswirkungen des Volksaufstandes 1953 und des Mauerbaus 1961 auf Staat Militar und Gesellschaft der DDR Militargeschichte der DDR 11 Ch Links Verlag Berlin 2005 ISBN 3 86153 380 4 S 292 Irmgard Kneifel Irmgard Kneifel In Rudiger Knechtel Jurgen Fiedler Hrsg Stalins DDR Berichte politisch Verfolgter Forum Verlag Leipzig 1991 ISBN 3 86151 010 3 S 126f DDR Deutschland Berichtszeitraum 1 Januar bis 31 Dezember 1987 In Amnesty International Jahresbericht 1988 Fischer Taschenbuch 1988 archiviert vom Original am 11 November 2013 abgerufen am 17 Juni 2021 Agentenaustausch Gunst der Stunde In Der Spiegel 34 1987 17 August 1987 abgerufen am 17 Juni 2021 Der Panzer In Sachsische Zeitung 9 Marz 2006 archiviert vom Original am 6 Marz 2016 abgerufen am 17 Juni 2021 a b Die braune Verschworung In Frankfurter Rundschau 22 November 2011 Patrick Limbach Leipziger Stadtverwaltung lasst Nazitreffen gewahren Politiker sind emport In Zeit Online 25 November 2011 archiviert vom Original am 18 Dezember 2012 abgerufen am 17 Juni 2021 Christian Fuchs Wehrsportgruppe Hoffmann NPD ladt rechtsextremen Redner aus In Spiegel Online 27 November 2011 abgerufen am 17 Juni 2021 Normdaten Person GND 1044670037 lobid OGND AKS VIAF 305427391 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kneifel JosefKURZBESCHREIBUNG deutscher DDR Oppositioneller und politischer Gefangener der DDRGEBURTSDATUM 15 November 1942GEBURTSORT Weissig NiederschlesienSTERBEDATUM 27 Oktober 2020STERBEORT Radebeul Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Kneifel amp oldid 239508084