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Der Grune Knollenblatterpilz Amanita phalloides ist eine Pilzart aus der Familie Amanitaceae und der Gattung der Wulstlinge Er ist ein mit Laubbaumen vergesellschafteter Mykorrhizapilz Gruner KnollenblatterpilzGruner Knollenblatterpilz Amanita phalloides SystematikKlasse AgaricomycetesUnterklasse AgaricomycetidaeOrdnung Champignonartige Agaricales Familie Wulstlingsverwandte Amanitaceae Gattung Wulstlinge Amanita Art Gruner KnollenblatterpilzWissenschaftlicher NameAmanita phalloides Vaill ex Fr LinkEr gilt als einer der gefahrlichsten Giftpilze Schon der teilweise Verzehr eines Fruchtkorpers kann eine todliche Pilzvergiftung auslosen Die enthaltenen Amatoxine und Phallotoxine fuhren zu Leberversagen Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Varietaten 3 Okologie 4 Verbreitung 5 Toxikologische Eigenschaften 6 Einzelne Vergiftungsfalle 6 1 Beruhmtheiten 7 Verwendung in der Kunst 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseMerkmale Bearbeiten nbsp Fruchtkorper des Grunen Knollenblatterpilzes Amanita phalloides in verschiedenen WachstumsstadienDer Grune Knollenblatterpilz bildet in Hut und Stiel gegliederte Fruchtkorper mit dem typischen Habitus eines Wulstlings Der Hut wird etwa 5 bis 15 Zentimeter breit und glatt und tragt nur selten festgeklebte Reste des oberen Teils der ehemaligen Gesamthulle Seine Oberflache ist in feuchtem Zustand etwas klebrig in trockenem Zustand ist er seidig glanzend die Huthaut des Pilzes ist abziehbar Die Farbe des Hutes reicht von blass gelbgrun uber verschiedenste Schattierungen bis zu olivgrun oder braunoliv der Hutrand ist meist heller als die Hutmitte im Alter kann der Hut weisslich verblassen Der Fruchtkorper ist in jungem Zustand von einem vollstandigen Velum eingehullt In Gegensatz zu anderen Arten der Wulstlinge bleiben beim Grunen Knollenblatterpilz in der Regel keine Reste des Velum universale auf der Hutoberflache zuruck Am Stielgrund bleibt das Velum als hautig lappig hochstehende Volva zuruck Das Velum partiale bleibt als deutlich geriefter weisslicher hangender Ring Manschette am Stiel zuruck Der Stiel wird 5 bis 15 lt 18 Zentimeter hoch er ist auf weissem Grund blass olivgrun genattert seine Basis ist knollig verdickt und steckt in einer aufrecht abstehenden hautigen Scheide Der Stiel wird bis 2 Zentimeter stark er ist jung voll im Alter markig bis hohl Die eng stehenden Lamellen sind weiss das Sporenpulver ist ebenfalls weiss Das Fleisch des Fruchtkorpers ist weiss der Geruch susslich nach Kunsthonig der Geschmack wird als mild und nussartig beschrieben aufgrund der starken Giftigkeit des Pilzes sollten Geschmacksproben jedoch unbedingt unterlassen werden Varietaten BearbeitenDie Varietat alba ist reinweiss gleicht aber in allen sonstigen Merkmalen der Varietat phalloides Eine kleinere mediterrane nahe verwandte Art die auch in sudlichen Gebieten Deutschlands vorkommen kann ist der Fruhlings Knollenblatterpilz Amanita verna Er wird nur 4 bis 8 Zentimeter breit und 7 bis 10 Zentimeter hoch der Hut ist von Anfang an flach teilweise in der Mitte vertieft Der Stiel ist gedrungen und unterhalb der bruchigen Manschette weder genattert noch schuppig sondern seidig glatt bis fein flockig bereift Die Volva ist weiss innen manchmal etwas oliv Das Fleisch ist geruchlos Okologie BearbeitenDer Grune Knollenblatterpilz ist ein Mykorrhizapilz der mit Laubbaumen in Mitteleuropa vor allem mit Buchengewachsen wie Eichen Rotbuchen und Esskastanien mykorrhitisch verbundene Fruchtkorper ausbildet Daneben kommen angeblich Symbiosen mit Birken Hasel und anderen Laubbaumen wohl nur ausserst selten mit Nadelgeholzen vor Der Grune Knollenblatterpilz wachst in Mitteleuropa in lichten Rotbuchenwaldern mit vielen Eichen in Eichenmischwaldern seltener in anderen Waldtypen Gern wachst die Art auch an Waldrandern bei Eichen in Arboreten Park und Friedhofsanlagen und ahnlichen Biotopen Der Grune Knollenblatterpilz stellt keine hohen Anforderungen an den pH Wert des Bodens bevorzugt aber gut mit Nahrstoffen und Basen versorgte Boden die frisch bis massig feucht sind Trockene und stark saure basenarme Boden werden gemieden In Mitteleuropa erscheinen die Fruchtkorper hauptsachlich von Ende Juli bis Oktober Verbreitung BearbeitenDas naturliche Verbreitungsgebiet in Europa und Nordafrika reicht von der Mittelmeerregion bis nach Sudskandinavien und ins Baltikum sowie von den Britischen Inseln bis nach Russland und auf den Balkan Durch Verschleppung kommt der Grune Knollenblatterpilz inzwischen aber auch in Teilen Asiens Kleinasien und Naher Osten ggf sogar in China und Japan Sudafrika Nord und Sudamerika etwa an der Kustenregion von Kalifornien sowie Australien und Neuseeland vor Seine nordliche Verbreitungsgrenze fallt mit jener der Eichen zusammen Toxikologische Eigenschaften BearbeitenBei den Giften des Grunen Knollenblatterpilzes handelt es sich hauptsachlich um verschiedene zyklische Oligopeptide Die Amatoxine a Amanitin b Amanitin g Amanitin und Phallotoxine Phalloin Phalloidin Phallicin Phallacidin Neueren Erkenntnissen zufolge sind Phallotoxine beim Verzehr von Knollenblatterpilzen allerdings ungefahrlich da diese im Darm nicht resorbiert werden 1 Das extrem toxische Amanitin des Grunen Knollenblatterpilzes wird durch Kochen nicht unschadlich gemacht sondern bleibt vollstandig erhalten Die Amanitine sind hitzestabil Die todliche Dosis von Amanitin liegt beim Menschen bei 0 1 Milligramm pro Kilogramm Korpergewicht fur eine 70 Kilogramm schwere Person also bei etwa 7 Milligramm Diese Substanzmenge ist bereits in weniger als 35 Gramm Frischpilz enthalten Da ein ausgewachsener Fruchtkorper durchaus 50 Gramm oder mehr wiegen kann fuhrt daher schon ein einzelner verspeister Pilz moglicherweise zum Tod Die ersten Symptome des durch das Amanitin ausgelosten Amatoxin Syndroms choleraartige 6 bis 9 Stunden anhaltende Brechdurchfalle mit unter Umstanden bedrohlichem Flussigkeits und Salzverlust treten in der Regel erst 8 bis 12 Stunden nach dem Verzehr auf zu spat um noch durch Magenauspumpen wirksam eingreifen zu konnen Seltener erscheinen Symptome schon nach 6 oder erst nach 12 bis 24 Stunden Nach einer kurzzeitigen Verbesserung des Allgemeinzustands beginnt etwa 24 bis 48 Stunden nach dem Verzehr die Phase der Leberschadigung mit einem Anstieg der Leberwerte mit Hochstwerten am zweiten bis vierten Tag bei starkerer Vergiftung einhergehend mit einer Blutgerinnungsstorung Bei schweren Vergiftungen beginnt am dritten bis vierten Tag nach dem Verzehr der Leberzerfall mit schwersten Blutgerinnungsstorungen und Verwirrtheit Der Tod im Leberkoma tritt meist zwischen etwa sechs bis zehn Tagen nach dem Verzehr ein Die einzige mogliche Rettung ist im spaten Stadium und bei schwerer Vergiftung eine Lebertransplantation 2 Der Grune Knollenblatterpilz enthalt auch ein Gegengift Antamanid allerdings in zu geringen Mengen um die Giftwirkung auszugleichen Anfang des 20 Jahrhunderts fuhrte noch fast jede Vergiftung mit dem Pilz zum Tod Bis zu Beginn des 21 Jahrhunderts konnte der Anteil der todlich verlaufenden Vergiftungen dank Fruherkennung und Intensivtherapie auf etwa 10 bis 15 Prozent gesenkt werden 3 Vergiftungen werden mit Silymarin aus den Samen der Mariendistel behandelt 4 Im englischsprachigen Raum wird der Pilz Death Cap Todeskappe genannt Im Mai 2023 wurde in Nature Communications die Entdeckung eines chinesischen und australischen Forscherteams veroffentlicht dass der Farbstoff Indocyaningrun die Aufnahme von Amatoxinen in menschliche Korperzellen verhindern kann 5 6 Einzelne Vergiftungsfalle BearbeitenDer Grune Knollenblatterpilz verursacht rund 90 Prozent aller todlichen Pilzvergiftungen 7 Aus der Vergangenheit sind mehrere Massenvergiftungen dokumentiert Am 8 September 1918 erlitten 33 Jungen auf einem Landverschickungsaufenthalt bei Posen eine Vergiftung mit selbstgesammelten Pilzen nur zwei der Kinder uberlebten Dieser Fall erregte so viel Aufmerksamkeit dass sogar der Kaiser den Hinterbliebenen sein Beileid aussprach 8 1946 kam es in Berlin zu einer Massenvergiftung an der 50 Menschen starben Im August 2023 starben drei Menschen in Australien nach dem Verzehr eines mit diesem Pilz zubereiteten Gerichtes die Behorden untersuchten auch die Moglichkeit eines Verbrechens 9 nbsp Kaiser Karl VI Beruhmtheiten Bearbeiten Von verschiedenen historisch bedeutsamen Personen wird oder wurde vermutet dass sie an einer Knollenblatterpilzvergiftung gestorben seien entweder durch ein Ungluck oder bewusst geplanten Mord Dazu gehoren der romische Kaiser Claudius Papst Clemens VII Zarin Natalja Kirillowna Naryschkina und Kaiser Karl VI 10 Der Mykologe R Gordon Wasson untersuchte die Details dieser Todesfalle bezuglich der Wahrscheinlichkeit einer Vergiftung durch Amanita Clemens VII litt unter der Krankheit die zu seinem Tod fuhrte ungefahr funf Monate lang Diese Krankheitsdauer steht dem ublichen morbiden Verlauf einer solchen Pilzvergiftung klar entgegen 11 Natalja Naryschkina soll vor ihrem Tod eine grosse Menge eingelegter Pilze gegessen haben Es ist jedoch unklar ob die Pilze selbst fur den Tod verantwortlich waren oder ob sie einer Lebensmittelvergiftung zum Opfer gefallen ist 10 Karl VI klagte uber Verdauungsstorungen nachdem er einen Teller sautierte Pilze gegessen hatte An der folgenden Krankheit starb er zehn Tage spater symptomatisch fur diese Art von Vergiftungen Sein Tod fuhrte zum Osterreichischen Erbfolgekrieg Voltaire schrieb daruber 10 12 13 Ce plat de champignons a change la destinee de l Europe Dieses Pilzgericht hat das Schicksal Europas verandert Voltaire Kaiser Claudius Fall ist komplexer Es ist bekannt dass Claudius den Kaiserling sehr gerne ass Nach seinem Tod vermuteten viele er habe stattdessen giftige Knollenblatterpilze gegessen Die historischen Geschichtsschreiber Tacitus und Suetonius sind sich allerdings nicht einig ob Claudius Giftpilze oder vergiftete Speisepilze gegessen hatte Wasson nimmt an dass das todliche Gift aus Knollenblatterpilzen gewonnen und dem erkrankten Kaiser zusatzlich eine todliche Dosis Koloquinte verabreicht wurde 10 14 Verwendung in der Kunst BearbeitenDie Punkband Die Toten Hosen widmete 2002 auf dem Album Auswartsspiel der Amanita phalloides ein gleichnamiges Lied Literatur BearbeitenGerman Josef Krieglsteiner Hrsg Andreas Gminder Die Grosspilze Baden Wurttembergs Band 4 Standerpilze Blatterpilze II Ulmer Stuttgart 2003 ISBN 3 8001 3281 8 Denis R Benjamin Mushrooms poisons and panaceas a handbook for naturalists mycologists and physicians WH Freeman and Company New York 1995 ISBN 0 7167 2600 9 Steinbachs Naturfuhrer Pilze Mosaik Verlag GmbH Munchen 1984 ISBN 3 576 01162 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Gruner Knollenblatterpilz Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Gruner Knollenblatterpilz Amanita phalloides Album mit Bildern Videos und Audiodateien Gruner Knollenblatterpilz Amanita phalloides Toxikologische Abteilung Klinikum Rechts der Isar MunchenEinzelnachweise Bearbeiten Max Frimmer What we have learned from phalloidin In Toxicology Letters Band 35 Nr 2 3 1987 S 169 182 doi 10 1016 0378 4274 87 90204 9 AMATOXINSYNDROM Zilker Th Kleber JJ Haberl B 2000 Toxikologische Abteilung Klinikum Rechts der Isar Munchen Abruf 3 Juni 2018 Interessantes aus der Welt der Pilze Speisepilze und Giftpilze Auf www pilzepilze de Christof Janicke Jorg Grunwald Thomas Brendler Handbuch Phytotherapie Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2003 ISBN 3 8047 1950 3 Seiten 351 f Bei Wang et al Identification of indocyanine green as a STT3B inhibitor against mushroom a amanitin cytotoxicity In Nature Communications Band 14 Nr 2241 2023 16 Mai 2023 doi 10 1038 s41467 023 37714 3 Donna Lu Potential antidote found for toxin in world s most poisonous mushroom In The Guardian 17 Mai 2023 theguardian com Deutsches Arzteblatt Vergiftungen durch Pilze aus Ausgabe 42 2020 abgerufen am 16 Oktober 2023 Die Grabstatte der pilzvergifteten Kinder in einem Beitrag uber Sternenkinder veroffentlicht 2013 abgerufen am 16 Oktober 2023 Hilary Whiteman Four relatives came to lunch Three died with symptoms of death cap mushroom poisoning In CNN 9 August 2022 abgerufen am 10 August 2023 englisch a b c d Robert Gordon Wasson The death of Claudius or mushrooms for murderers In Botanical Museum Leaflets Harvard University 23 Jahrgang Nr 3 1972 ISSN 0006 8098 S 101 128 Harvard University Harvard University Botanical Museum leaflets Harvard University Band 23 Botanical Museum Harvard University Cambridge Mass 1971 S 110 biodiversitylibrary org abgerufen am 5 November 2022 Benjamin Seite 35 Voltaire Memoires pour servir a la vie de M de Voltaire 1759 abgerufen am 1 Januar 2011 Benjamin Seiten 33 34 Pilz des Jahres in Deutschland Laubwald Rotkappe 1994 Zunderschwamm 1995 Habichtspilz 1996 Frauen Taubling 1997 Schweinsohr 1998 Satans Rohrling 1999 Konigs Fliegenpilz 2000 Stachelsporige Maandertruffel 2001 Orangefuchsiger Raukopf 2002 Papageigruner Saftling 2003 Echter Hausschwamm 2004 Gemeiner Wetterstern 2005 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