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Gerhard Bokel 30 Juni 1946 in Sontra Hornel ist ein deutscher freier Autor und ehemaliger Politiker Journalist und Rechtsanwalt Er war von 1978 bis 1985 sowie erneut von 1999 bis 2008 Abgeordneter fur die SPD im Hessischen Landtag Im Jahr 2003 war er Spitzenkandidat seiner Partei bei der hessischen Landtagswahl Seit 2014 ist er wieder publizistisch tatig insbesondere mit Veroffentlichungen uber die deutsche Besatzung Frankreichs wahrend des Zweiten Weltkriegs Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Politische Amter 3 Publizistische Tatigkeit 4 Publikationen 5 Sportliche Aktivitaten 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach dem Abitur an der Lichtenbergschule in Darmstadt 1966 begann Bokel an der Universitat Giessen ein Jurastudium 1971 legte er das erste Staatsexamen ab und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter 1974 folgte das zweite Staatsexamen Parallel arbeitete er von 1966 bis 1974 als freier Journalist u a fur die Frankfurter Rundschau 1975 grundete er in Atzbach eine Rechtsanwaltskanzlei in der er bis 1985 tatig war 2003 nahm er die Anwaltstatigkeit bei KKP einem Zusammenschluss der ehemaligen Kanzlei in Atzbach mit Kleymann und Partner in Wetzlar wieder auf Mit Vollendung des 70 Lebensjahres gab er seine Anwaltszulassung im Juni 2016 zuruck Seitdem befasst er sich schwerpunktmassig mit dem Frankreich wahrend des Zweiten Weltkriegs nachdem er bereits parallel zur Anwaltstatigkeit seit 2011 zu mehreren Studienaufenthalten in Avignon mit einigen Semestern an der dortigen Universitat war Bokel ist evangelisch Er wohnt in Frankfurt am Main und in der Nahe von Avignon Politische Amter BearbeitenIm Jahr 1966 trat Bokel in die SPD ein Politische Erfahrungen sammelte er 1972 bis 1974 als Erster Beigeordneter der Gemeinde Atzbach und 1977 bis 1979 als Stadtverordneter in der Stadt Lahn 1978 zog er als Abgeordneter in den hessischen Landtag ein wo er 1979 mittelstandspolitischer Sprecher der SPD Fraktion und 1983 Vorsitzender des Kulturpolitischen Ausschusses wurde Seit 1981 auch Vorsitzender der SPD Kreistagsfraktion im Lahn Dill Kreis wurde Bokel 1985 zum Landrat des Lahn Dill Kreises gewahlt Dieses Amt ubte er bis 1994 aus In dieser Zeit war er Mitglied des Aufsichtsrats des Energieversorgers EAM mit Sitz in Kassel zuletzt als Aufsichtsratsvorsitzender Von 1991 bis 1994 war er auch Prasident des Hessischen und Vizeprasident des Deutschen Landkreistages Unter Ministerprasident Hans Eichel war Bokel von 1994 bis 1999 zunachst hessischer Innenminister und dann Minister des Inneren und fur Landwirtschaft Forsten und Naturschutz Zur gleichen Zeit war er Mitglied des Bundesrates sowie des Vermittlungsausschusses Nach dem Regierungswechsel 1999 wurde er stellvertretender Vorsitzender der SPD Landtagsfraktion und Vorsitzender des SPD Bezirks Hessen Sud von 2001 bis 2003 war er Fraktionsvorsitzender und Landesvorsitzender der hessischen SPD Der damalige amerikanische Generalkonsul in Frankfurt am Main Peter W Bodde schrieb 2002 in einem vertraulichen Bericht Bokel wird bewundert fur seine Integritat sein gutes Management und seine Team Building Fahigkeiten 1 Bei der hessischen Landtagswahl 2003 trat Bokel als Spitzenkandidat der SPD an unterlag aber Ministerprasident Roland Koch CDU mit dem damals schlechtesten Ergebnis fur die SPD in Hessen Danach gehorte er bis 2008 dem hessischen Landtag als einfacher Abgeordneter an Seine Arbeitsschwerpunkte lagen in der Europa und der Medienpolitik Er kritisierte seine Nachfolgerin Andrea Ypsilanti als diese im November 2008 entgegen ihrer Wahlaussage eine von der Linken tolerierte rot grune Regierung bilden wollte Fur die vier Abweichler die ihre Zustimmung zur Bildung dieses geplanten Bundnisses verweigerten veranlasste er durch einen Anruf bei seinem Amtsnachfolger als Innenminister Volker Bouffier den Polizeischutz fur deren Pressekonferenz am Tag vor der geplanten Wahl von Ypsilanti zur Ministerprasidentin Publizistische Tatigkeit BearbeitenNach dem Ausscheiden aus der Politik begann Bokel mit Studien und Recherchen zu Frankreich wahrend des Zweiten Weltkriegs Vor allem befasste er sich mit der Resistance gegen die deutschen Besatzer und ihre franzosischen Kollaborateure sowie den Widerstandskampfern die nicht aus rassistischen Grunden sondern aufgrund ihrer politischen Aktivitaten in die Konzentrationslager verschleppt wurden Uberlebende des letzten Transports aus dem Internierungslager Le Vernet d Ariege schilderten ihm die sechswochige Odyssee des wie sie ihn nannten Geisterzugs ins Konzentrationslager Dachau Bokel veroffentlichte eine zweisprachige Publikation uber dieses Drama Es folgte eine Schrift uber Ange Alvarez einen spanischen Widerstandskampfer der auf dem Weg ins KZ aus einem Viehwaggon fluchten konnte und Bokel seine Geschichte im Widerstand und den seiner Familie von der drei in KZs landeten erzahlte Fur das Gedachtnisbuch fur Haftlinge des KZ Dachau schrieb Bokel 2017 eine Biographie uber den Imam Abdelkader Mesli der zunachst nach Dachau dann in das KZ Mauthausen verbracht wurde Mesli war von der Grossen Moschee in Paris zur Betreuung der muslimischen Haftlinge in den Arbeitslagern nach Bordeaux geschickt worden wo er ein Doppelleben als Imam und Widerstandskampfer fuhrte und schliesslich von der Gestapo verhaftet wurde Das gleiche Schicksal ereilte den jungen Widerstandskampfer Roger Valroff der ebenfalls auf Veranlassung des Moschee nach Bordeaux beordert wurde und mit seinen Deutsch und Arabischkenntnissen als Verbindungsmann zur Organisation Todt eingesetzt wurde im Untergrund aber mit dem Imam zusammenarbeite Auch uber ihn schrieb Bokel gemeinsam mit der Pariser Wissenschaftlerin Benedicte Penn ein Portrat fur das Gedachtnisbuch in Dachau Sein Buch Der Geisterzug die Nazis und die Resistance erschien in aktualisierter Fassung in franzosischer Ubersetzung im Januar 2019 unter dem Titel Le train fantome les nazis et la Resistance In seinem im Mai 2022 erschienenen Buch Bordeaux und die Aquitaine im Zweiten Weltkrieg schildert Bokel auch die Nachkriegskarrieren von Akteuren und Tatern nach dem Zweiten Weltkrieg Darunter die des fur den Kriegseinsatz freigestellten Frankfurter Richters Hans Luther der als Polizeikommandant von Bordeaux fur die Deportation von Juden und die Massenhinrichtung von Geiseln verantwortlich war und nach dem Krieg wieder in den hessischen Justizdienst zuruckkehrte Parallel zu seiner Richtertatigkeit in Limburg an der Lahn schrieb Luther eine Doktorarbeit an der Universitat Marburg unter dem Titel Der franzosische Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht und seine Bekampfung Darin rechtfertigt er sowohl die Deportation von Juden und Widerstandskampfern als auch die Massenerschiessung von Geiseln Fur den Historiker Steffen Prauser ist die Dissertation Luthers die einzige wissenschaftliche deutsche Arbeit zu dieser Thematik geblieben geschrieben von einem Experten dem Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes von Bordeaux kurz der Gestapo 2 Doktorvater Luthers war Erich Schwinge der schon fruh der fuhrende Experte fur Militarstrafrecht im Nationalsozialismus geworden war Fur Bokel S 225 ist es an der Zeit dass die von Luther und Schwinge bisher vertretene These dass die Geiselerschiessungen rechtlich zulassig waren wissenschaftlich hinterfragt wird Der Marburger Oberburgermeister Thomas Spies der Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Marburger Philipps Universitat Constantin Willems und die Direktorin des Internationale Forschungs und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse ICWC Stefanie Bock luden im Februar 2023 zu einer Vorstellung des Buches von Bokel ein Kristin Braband schreibt zu dem Buch in der Zeitung des Deutschen Kulturrates Ein ausserst detailreiches Buch welches unter anderem aufgrund des Zeitzeugengesprachs mit der Widerstandskampferin Renee Lacoude sehr lesenswert ist Politik amp Kultur 6 22 S 14 Neben Lesungen u a wahrend der Frankfurter Buchmesse im Rahmen von Leseland Hessen und bei Geschichtsvereinen in Sudfrankreich liest und diskutiert Bokel mit Schulern in deren Schulen so in Wiesbaden Waldbrol Dillenburg und Orange In Sudfrankreich begleitete er deutsche Schulergruppen die auf den Spuren seines Buches unterwegs waren Publikationen BearbeitenMit dem Geisterzug in den Tod En train fantome vers le camp de concentration de Dachau Deutsche Nationalbibliothek 2016 A 34385 Frankfurt 23828 Leipzig Ange Alvarez Une vie en Resistance Ein Leben fur den Widerstand Deutsche Nationalbibliothek 2016 A 42746 Frankfurt 23829 Leipzig Der Geisterzug die Nazis und die Resistance Brandes amp Apsel 2017 ISBN 978 3 95558 190 9 Le train fantome les nazis et la Resistance Temoignages et documents historiques a l epoque de l occupation et collaboration dans le sud de la France Brandes amp Apsel 2019 ISBN 978 3 95558 218 0 Bordeaux und die Aquitaine im Zweiten Weltkrieg Nazibesatzung und Kollaboration Widerstand der Resistance und bundesdeutsche Nachkriegskarrieren Brandes amp Apsel 2022 ISBN 978 3 95558 328 6 Sportliche Aktivitaten BearbeitenGerhard Bokel war aktiver Leichtathlet In der Jugend und der Seniorenklasse war er als Hammerwerfer und Rasenkraftsportler mehrfacher Hessenmeister Seit 2000 nahm er an Strassenlaufen teil so zuletzt am Frankfurt Marathon 2015 und den Halbmarathons in Eschborn 2017 und Villeneuve les Avignon 2018 Literatur BearbeitenGerhard Beier Arbeiterbewegung in Hessen Zur Geschichte der hessischen Arbeiterbewegung durch einhundertfunfzig Jahre 1834 1984 Insel Frankfurt am Main 1984 ISBN 3 458 14213 4 S 379 Jochen Lengemann Das Hessen Parlament 1946 1986 Biographisches Handbuch des Beratenden Landesausschusses der Verfassungsberatenden Landesversammlung und des Hessischen Landtags 1 11 Wahlperiode Hrsg Prasident des Hessischen Landtags Insel Verlag Frankfurt am Main 1986 ISBN 3 458 14330 0 S 215 216 hessen de PDF 12 4 MB Jochen Lengemann MdL Hessen 1808 1996 Biographischer Index Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen Bd 14 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen Bd 48 7 Elwert Marburg 1996 ISBN 3 7708 1071 6 S 81 Luther Hans Der franzosische Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht und seine Bekampfung Institut fur Besatzungsfragen Tubingen 1957Weblinks BearbeitenGerhard Bokel Der unterschatzte Unbekannte In Spiegel Online 20 Januar 2003 abgerufen am 20 Dezember 2019 Portrat Gerhard Bokel Volksnaher Provinzfurst In Financial Times 16 Juni 2001 archiviert vom Original am 11 Februar 2013 abgerufen am 20 Dezember 2019 Horfunkbericht France Bleu Vaucluse https www francebleu fr Le train fantome les nazis et la resistance un nouveau livre retracant l histoire du train fantome a Sorgues en 1944 Gerhard Bokel In parlamente hessen de Hessische Parlamentarismusgeschichte Online abgerufen am 6 April 2023 Einzelnachweise Bearbeiten MINISTER PRESIDENT KOCH FOR FEBRUARY 2003 STATE ELECTIONS auf wikileaks org La resistance francaise et sa repression par l occupant dans l historiographie allemande auf books openedition org online gestellt im 11 2020Innenminister des Landes Hessen Hans Venedey 1945 1946 Heinrich Zinnkann 1946 1954 Heinrich Schneider 1955 1969 Johannes Strelitz 1969 1970 Hanns Heinz Bielefeld 1970 1976 Ekkehard Gries 1976 1982 Horst Winterstein 1984 1987 Gottfried Milde 1987 1990 Hartmut Nassauer 1990 1991 Herbert Gunther 1991 1994 Gerhard Bokel 1994 1999 Volker Bouffier 1999 2010 Boris Rhein 2010 2014 Peter Beuth seit 2014 Landwirtschaftsminister des Landes Hessen Georg Haring 1945 1947 Karl Lorberg 1947 1949 Albert Wagner 1949 1951 Heinrich Fischer 1951 1953 Ludwig Bodenbender 1953 1955 Gustav Hacker 1955 1967 Tassilo Troscher 1967 1970 Werner Best 1970 1973 Hans Krollmann 1973 1974 Willi Gorlach 1974 1980 Karl Schneider 1980 1984 Willi Gorlach 1984 1987 Irmgard Reichhardt 1987 1991 Jorg Jordan 1991 1995 Gerhard Bokel 1995 1999 Wilhelm Dietzel 1999 2009 Silke Lautenschlager 2009 2010 Lucia Puttrich 2010 2014 Priska Hinz seit 2014 Landesvorsitzende der SPD Hessen Wilhelm Knothe 1945 1947 Georg August Zinn 1947 1969 Albert Osswald 1969 1977 Holger Borner 1977 1987 Hans Krollmann 1987 1989 Hans Eichel 1989 2001 Gerhard Bokel 2001 2003 Andrea Ypsilanti 2003 2009 Thorsten Schafer Gumbel 2009 2019 Nancy Faeser seit 2019 Bezirksvorsitzende der SPD Hessen Sud Wilhelm Knothe 1945 1951 Heinrich Fischer 1951 1954 Willi Birkelbach 1954 1963 Heinrich Hemsath 1963 1967 Albert Osswald 1967 1975 Rudi Arndt 1975 1980 Willi Gorlach 1980 1988 Heidemarie Wieczorek Zeul 1988 1999 Gerhard Bokel 1999 2001 Gernot Grumbach 2001 2019 Kaweh Mansoori seit 2019 Vorsitzende der SPD Fraktion im Hessischen Landtag Rudolf Freidhof 1946 1947 Albert Wagner 1947 1949 Ludwig Bodenbender 1949 1953 Heinrich Schneider 1953 1955 Ludwig Bodenbender 1955 1958 Georg Buch 1958 1960 Willi Zinnkann 1960 1961 Rudi Arndt 1961 1964 Johannes Strelitz 1964 1967 Erwin Lang 1967 1969 Werner Best 1969 1970 Heribert Reitz 1970 1972 Hans Krollmann 1972 1973 Willi Gorlach 1973 1974 Armin Clauss 1974 1976 Karl Schneider 1976 1980 Horst Winterstein 1980 1984 Ernst Welteke 1984 1987 Hans Krollmann 1987 1988 Ernst Welteke 1988 1991 Lothar Klemm 1991 1994 Armin Clauss 1994 2001 Gerhard Bokel 2001 2003 Jurgen Walter 2003 2007 Andrea Ypsilanti 2007 2009 Thorsten Schafer Gumbel 2009 2019 Nancy Faeser 2019 2021 Gunter Rudolph seit 2021 Landrate des Lahn Dill Kreises Ernst Turk Karl Rehrmann Franz Demmer Gerhard Bokel Karl Ihmels Wolfgang Schuster Normdaten Person GND 1082093130 lobid OGND AKS LCCN n2017056079 VIAF 158145542639896641713 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bokel GerhardKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker SPD MdL Hessischer StaatsministerGEBURTSDATUM 30 Juni 1946GEBURTSORT Sontra Hornel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gerhard Bokel amp oldid 232709485