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Die Erdmessung auch Erdvermessung ist eine Teildisziplin der Geodasie im Speziellen der hoheren Geodasie und eine Form der Vermessung Sie umfasst jene Messungen Modelle und Berechnungen die zur genauen Bestimmung der Erdfigur und des Erdschwerefeldes notwendig sind Ins Englische lasst sich der Begriff Erdmessung gut mit geodesy ubersetzen im Gegensatz zur Landes und Ingenieurvermessung die dort unter surveying zusammengefasst wird Inhaltsverzeichnis 1 Die Erdmessung und ihre Methoden 1 1 Terrestrische Methoden der Erdmessung 1 2 Satellitengeodasie ab etwa 1970 1 3 Teilgebiete der Erdmessung 2 Geschichte der Erdmessung 2 1 Griechische Antike und Araber 2 2 Erdmessung im Europa der Neuzeit 3 Wichtigste Ergebnisse der Erdmessung seit 1800 3 1 Grosse und Form der Erdfigur 3 1 1 Bessel Ellipsoid 3 1 2 Schwerkrafteinflusse 3 1 3 Satellitengeodasie 3 1 4 GRS 80 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 NachweiseDie Erdmessung und ihre Methoden BearbeitenBis etwa 1960 beruhte die Erdmessung fast ausschliesslich auf terrestrischen Messungen auf und zwischen Punkten der Erdoberflache Vermessungspunkte Pegel Nivellement Gravimetrie und Lotabweichungs Punkte die wichtigsten dieser Methoden sind unten angefuhrt Mit dem Start der ersten kunstlichen Erdsatelliten anderte sich die geodatische Arbeitsweise Schon die Bahnstorungen die wahrend der wenigen Betriebstage des Explorer 1 1958 festgestellt wurden steigerten die Genauigkeit zweier Grossen des Schwerefeldes um das 10fache Der Nachfolger Vanguard I bot dank seines erstmals verwendeten Solarzellen Betriebs eine mehrjahrige Betriebszeit wahrend der die Messungen noch deutlich verfeinert werden konnten Bis in die 1960er Jahre konnte die globale Erdfigur nur auf einige Zehnermeter genau bestimmt werden weil die Ozeane 71 der Erdoberflache ausmachen Danach liessen sich durch geometrische Verfahren der Satellitengeodasie einige Meter erreichen ab den 1990ern sogar einige Zentimeter Gleichzeitig entwickelte sich die Dynamische Satellitengeodasie mit der heute das Erdschwerefeld genauer als 1 10 Millionen zu bestimmen ist Terrestrische Methoden der Erdmessung Bearbeiten Triangulation genaue Winkelmessung Basismessung elektronische Distanzmessung und ab 1950 70 auch Trilateration mit Licht und Mikrowellen Azimut und Zeitmessung Astronomische Ortsbestimmung Breiten und Langenbestimmung und Gradmessung obiges genau in Nord Sud oder Ost West Richtung Nivellement insbesondere als Prazisionsnivellement trigonometrische Hohenmessung Altimetrie und Niveaumessung mit Schlauchwaagen Sonnenfinsternisse und Parallaxen zum Mond Gravimetrie Messung der Schwerkraft und Gradiometrie ab ca 1920 mit der Drehwaage Satellitengeodasie ab etwa 1970 Bearbeiten Satelliten Triangulation mit Satellitenkameras und anderen Sensoren Trilateration zu Satelliten insbesondere zu Laserreflektoren auf Satelliten wie GEOS LAGEOS Starlette sowie zum Mond Doppler Messungen von Radiosignalen NNSS Transit usw Radio Interferometrie zu Satelliten und VLBI zu Quasaren Pseudoranging zu GPS und GLONASS Satelliten Satellite to Satellite Tracking SST z B GRACE Sonden Gradiometrie in Satellitenbahnen in Entwicklung Moderne Rechenverfahren wie Kollokation FFT usw Teilgebiete der Erdmessung Bearbeiten Astronomische Geodasie Inertial bzw Bezugssystem globaler und lokaler Koordinaten Bestimmung des mittleren Erdellipsoids Modellierung der Lotabweichung usw Mathematische Geodasie Definition verschiedener Koordinatensysteme und Abbildungen oft etwas unscharf Projektionen genannt Differentialgeometrie Berechnungsverfahren auf dem Ellipsoid und auf Flachen hoherer Ordnung usw Physikalische Geodasie Modellierung des Schwerefeldes der Erde Geoidbestimmung Schwerereduktionen und Anomalien Ubergang zur Geophysik und zur Geodynamik sowie zur Satellitengeodasie und teilweise zur Navigation Geschichte der Erdmessung BearbeitenGriechische Antike und Araber Bearbeiten Eine wichtige Erkenntnis fur die Erdmessung ist dass die Erde eine runde Form hat Schon Pythagoras von Samos erklarte um 600 vor Christi Geburt dass die Erde eine Kugelform hatte Zweihundert Jahre spater diskutierte Aristoteles in seinem Werk Perὶ oὐranoῦ Uber den Himmel Band 2 Kapitel 13 und 14 die Oberflachenform der Erde und kam zu dem Schluss dass diese aus drei verschiedenen Grunden kugelformig sein musse 1 Als Argumente nannte er dass Schiffe am Horizont zuerst mit der Mastspitze zu sehen sind dass in sudlichen Landern die Sternbilder hoher uber dem Horizont stehen als im Norden und dass er den Erdschatten bei einer Mondfinsternis als rund beobachtet hat Gemeinhin wird der alexandrinische Gelehrte Eratosthenes als Ahnherr der Erdmessung angesehen doch hatte er vermutlich einige Vorfahren aus Ionien oder gar Babylonien Er mass die unterschiedliche Zenitdistanz der Sonne in Alexandria und Syene und bestimmte den Erdumfang auf 252 000 Stadien was vermutlich einer Genauigkeit von 7 7 entspricht Details siehe Eratosthenes Bestimmung des Erdumfangs Posidonius verwendete um 100 v Chr eine ahnliche Methode bei der er nicht die Vertikalwinkel der Sonne sondern die des Sterns Canopus uber der Insel Rhodos und in Alexandria bestimmte wobei er mit 240 000 Stadien auf ein ahnliches Ergebnis wie Eratosthenes kam Aus der Antike stammen auch einige Weltkarten die naturlich nur die Alte Welt umfassen konnten Ihre Darstellungen sind aus heutiger Sicht stark verzerrt etwa 20 bis 40 was auf das weitgehende Fehlen astrogeodatischer Messungen zuruckzufuhren ist Der Grossteil der zugrundeliegenden Daten durfte aus der kustennahen Seefahrt stammen Technisch hoherstehende Vermessungen wurden einige Jahrhunderte spater von den Arabern entwickelt durch die auch die wichtigsten schriftlichen Zeugnisse aus der griechischen Naturphilosophie uberliefert wurden Die Seekarten dieser Zeit sogenannte Portolane und Seehandbucher sind entlang vielbefahrener Kusten ausserst genau sie haben kaum Fehler die uber 10 liegen Dies scheint zu bedeuten dass die Grosse der Erde schon auf etwa 20 Prozent genau bekannt war 2 Erdmessung im Europa der Neuzeit Bearbeiten Zu Beginn des Zeitalters der Entdeckungen waren sich die Gelehrten uber die Grosse der Erde und die Ausdehnung von Asien und Afrika noch keineswegs einig So konnte Kolumbus nach zahlreichen Diskussionen seine geplante Westroute nach Indien nur deshalb plausibel machen weil er den Erdradius unter und Asiens Grosse uberschatzte Die bis dahin von arabischen Astronomen auf besser als 10 abgeleitete Grosse der Erde wurde erst genauer bestimmbar als Snellius 1615 die Methode der Triangulation entwickelte Aus seinem in Holland gemessenen Gradbogen erhielt er den Erdradius noch um 3 zu klein wahrend die von Jean Picard 1669 70 durchgefuhrte Gradmessung im wesentlich langeren Pariser Meridian bereits auf 0 1 genau war Nachmessungen von Jacques Cassini zur Klarung der Frage ob das Erdellipsoid abgeplattet oder an den Polen verlangert sei fuhrten allerdings zu Widerspruchen die Isaac Newton durch eine theoretische Uberlegung zugunsten der Abplattung entschied Die erste wirklich genaue Erdmessung geht auf die 1666 gegrundete Pariser Akademie zuruck die um 1730 entschied zwei geodatische Expeditionen nach Peru heutiges Ecuador 1735 1744 und nach Lappland 1736 1737 zu entsenden Die beiden Meridianbogen von 3 1 und 1 0 Lange ergaben eine deutliche Krummungsabnahme nach Norden was eine Erdabplattung von 1 215 ergab Ihr zu grosser Wert teilweise wegen Rostansatz an den Klaftermassstaben in Lappland wurde spater durch Kombination mit dem franzosischen Meridian auf 1 304 korrigiert Der wahre Wert siehe GRS80 Ellipsoid ist 1 298 25 oder 21 385 km Unterschied zwischen aquatorialem und polarem Erdradius Die gemessenen Streckenlangen dieser 3 Meridiane dienten nicht zuletzt zur Meterdefinition indem der Abstand Aquator Pol genau 10 Millionen Meter sein sollte tatsachlich sind es 10 002 248 9 m Weitere bedeutende Arbeiten zur Erdmessung sind u a das Clairaut sche Theorem von 1743 welches eine Beziehung zwischen der Ellipsoidform und der Schwereabplattung des Erdschwerefeldes herstellt und Delambres Verlangerung des Pariser Medidians von Barcelona bis Dunkirchen 1792 1798 Die Ergebnisse dieses uber 1000 km langen Gradbogens gingen in die endgultige Meterdefinition ein Von den zahlreichen im 19 und 20 Jahrhundert ausgefuhrten Gradmessungen sei noch der von Gauss Gottingen Altona 1821 1825 und der fast 3000 km lange skandinavisch russische Struve Bogen 1816 1852 genannt sowie der schief zum Meridian verlaufende Ostpreussen Bogen von Bessel und Baeyer 1831 1838 Wesentlich ist auch bis heute die Einbeziehung der von Gauss entwickelten Ausgleichungsrechnung welche die unvermeidlichen kleinen Messfehler in ihrer Wirkung minimiert Wichtigste Ergebnisse der Erdmessung seit 1800 BearbeitenGrosse und Form der Erdfigur Bearbeiten Als mathematische Erdfigur wird in der Mathematik und Geodasie seit Carl Friedrich Gauss jene bezeichnet die im Mittel der Jahreszeiten und Jahre dem Meeresspiegel entspricht Fur diese Niveauflache mit konstantem Potential gemeint ist die potentielle Energie im Erdschwerefeld wurde um 1870 der Name Geoid gepragt Bessel Ellipsoid Bearbeiten Bereits vor den franzosischen Gradmessungen Ende des 18 Jahrhunderts zur Definition des Meters war nicht nur der Erdradius auf besser als 1 bekannt sondern auch die Tatsache der Erdabplattung Um 1900 wurden den meisten Landesvermessungen die von Friedrich Wilhelm Bessel bestimmten Erddimensionen zugrunde gelegt das oft bis heute verwendete Bessel Ellipsoid Aquatorradius a 6 377 397 155 m Abplattung f 1 299 1528Die Lange der zweiten Halbachse b ergibt sich aus b a 1 f zu 6 356 078 962 m Es ist zwar gegenuber den heute weltweit angenommenen Werten s u um fast 800 Meter zu klein was aber auf keine Fehler bei Messung oder Berechnung zuruckzufuhren ist sondern auf die starkere Erdkrummung des Kontinentblocks Eurasien das Besselellipsoid ist deshalb fur terrestrische Vermessungssysteme besser als ein Weltellipsoid Der bekannte deutsche Geodat Friedrich Robert Helmert wies um 1900 darauf hin dass das globale Erdellipsoid um 700 800 Meter grosser sein musse und eine Abplattung von etwa 1 298 bis 298 5 habe Schwerkrafteinflusse Bearbeiten Um 1910 versuchten amerikanische Geodaten die Einflusse der Schwerkraft und insbesondere der Isostasie genauer zu modellieren Aus den Arbeiten von Hayford resultierten jene Werte die 1924 von der internationalen Erdmessung als Standardellipsoid empfohlen wurden a 6 378 388 m f 1 297 0Satellitengeodasie Bearbeiten Nach ersten verlasslichen Ergebnissen der Satellitengeodasie wurde 1967 von der IUGG Generalversammlung in Luzern das internationale Ellipsoid 1967 beschlossen welches vor allem auf geometrischen Messungen beruhte Die Abplattung war durch die Analyse von Satellitenbahnen jedoch schon auf 5 Stellen 20 cm abgesichert a 6 378 160 m f 1 298 25Doch traten mit den ersten genauen dynamischen Methoden der Dopplersatelliten Diskrepanzen von 20 bis 40 Metern zutage 6 378 120 140 m teilweise auch mit der gleichzeitig beschlossenen Schwereformel Obwohl bald darauf die erste Welttriangulation mit dem 4000 km hohen Ballonsatellit PAGEOS die Werte von a 6 378 130 m f 1 298 37 Hellmut Schmid ETH Zurich ergab entschloss man sich mit weiteren Festlegungen des Bezugssystems noch etwa 10 Jahre zu warten GRS 80 Bearbeiten Im Jahr 1981 definierte die IAG General Assembly in Abstimmung mit der IAU das Geodatische Bezugssystem 1980 GRS 80 mit etwa 10 die Erde charakterisierenden Parametern von denen jene des Erdellipsoids sind a 6 378 137 0 m f 1 298 2572 b 6 356 752 314 m Genauigkeit 1 m bzw 0 001 Dieses derzeit noch verbindliche Erdellipsoid wurde samt seinen geophysikalischen Parametern als WGS84 in die GPS Datenbasis ubernommen Der genaue Wert der Aquatorachse a ware nur noch um wenige Dezimeter zu andern was freilich angesichts der Geoidundulationen von 50 Meter entlang des Aquators keine praktischen Auswirkungen mehr hat Siehe auch BearbeitenErdschwerefeld Gravimetrie Dynamische Satellitengeodasie Seismologie Geodynamik Erdinneres Erdmodelle Vermessungswesen Astrogeodasie Geowissenschaften Geometrie Angewandte Geophysik Institut fur Erdmessung Bamberg Meridianbogen Struve Bogen Erdmessung in der Antike mit dem Gnomon Internationale Assoziation fur GeodasieWeblinks BearbeitenInstituten fur Erdmessung Forschung am Institut fur Erdmessung Univ Hannover Satelliten Astrogeodasie VLBI System Erde TU Wien Forschung Erdmessung Geodynamik ETH ZurichSonstiges Bayerische Kommission fur die Internationale Erdmessung Osterreichische Geodatische Kommission OGK Organ der Internationalen Erdmessung fur Osterreich Geo Basisdaten Bundesamt fur Eich und Vermessungswesen Wien Webseite zu den Methoden von Eratosthenes Wie Eratosthenes um 200 v Chr die Erde vermessen hatNachweise Bearbeiten Franz Ossing Welches sind die vier stichhaltigsten Beweise dafur dass die Erde eine Kugel ist In Naturwissenschaften und Mathematik Wissenschaft im Dialog de 29 April 2008 abgerufen am 13 Oktober 2021 Volker Bialas Erdgestalt Kosmologie und Weltanschauung Die Geschichte der Geodasie als Teil der Kulturgeschichte der Menschheit Konrad Wittwer Stuttgart 1982 ISBN 978 3 8791 9135 2 Rezension des Buches von Karl Eugen Kurrer in Das Argument Nr 154 1985 S 885 887 Normdaten Sachbegriff GND 4255915 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erdmessung amp oldid 231680054