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Das Geoid ist eine Bezugsflache im Schwerefeld der Erde an der alle Punkte das gleiche Schwerepotential erfahren Aquipotentialflache Es handelt sich also um einen theoretischen Korper der in guter Naherung durch den mittleren Meeresspiegel der Weltmeere reprasentiert und damit ausserhalb der Landmassen direkt in seiner Form sichtbar ist Das Geoid dient zur Definition von Hohen sowie zur Vermessung und Beschreibung der Erdfigur 1 Erdschwerefeld Lotlinie durch Oberflachenpunkt P Aquipotentialflachen Vi und das Geoid Potential V Vo als Fortsetzung des mittleren Meeresniveaus Im Gegensatz zum Schwerepotential ist dessen Gradient die Schwerebeschleunigung g auf dem Geoid nicht konstant Sie sinkt aufgrund der vom Pol zum Aquator ansteigenden Zentrifugalbeschleunigung vom Pol zum Aquator von 9 83 auf 9 78 m s 2 Zudem variiert sie lokal aufgrund der inhomogenen Masseverteilung der Erde Aufgrund des gleichen Schwerepotentials stehen die naturliche Lotrichtung und die Geoidoberflachen in jedem Punkt senkrecht zueinander alle Punkte der Aquipotentialflache haben die gleiche dynamische Hohe und das Geoid kann durch Messung der Erdbeschleunigung bestimmt werden Das Geoid ist ein physikalisches Modell der Erdfigur das 1828 von Carl Friedrich Gauss beschrieben wurde im Gegensatz zum geometrischen Modell des Erdellipsoids Die Bezeichnung Geoid geht auf Johann Benedict Listing zuruck der es 1871 als Flache gleichen Schwerepotentials beschrieb Das Geoid ist die Aquipotentialflache des Schwerefelds der Erde auf dem Niveau des mittleren Meeresspiegels also aller Punkte die dasselbe Geopotential besitzen zusammengesetzt aus dem Gravitationspotential sowie dem Zentrifugalpotential an dem betreffenden Ort Inhaltsverzeichnis 1 Erdfigur und Geoid 2 Geoid Naherungen mit Kugelfunktionen 3 Geoidbestimmung 4 Ursachen der Geoidundulationen 5 Moderne Geoidlosungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseErdfigur und Geoid BearbeitenDer Meeresspiegel ist abgesehen von Stromungen und Gezeiten eine sogenannte Niveauflache auf der das Schwerepotential konstant ist weil sie uberall senkrecht auf der Lotrichtung steht Zwar gibt es unendlich viele solcher Aquipotentialflachen die wie Zwiebelschalen um den Erdmittelpunkt verlaufen Der Meeresspiegel hat jedoch die Besonderheit dass er erdumspannend durch Pegelbeobachtung zu beobachten ist und sich daher als weltweite Bezugsflache fur Hohenmessungen und Schweremessungen eignet Zu diesem Zweck haben einige europaische Lander schon vor etwa 200 Jahren Pegel an verschiedenen Kustenorten eingerichtet und vermessen beispielsweise den Amsterdamer Pegel oder die Pegelstationen in Triest Genua Marseille und St Petersburg Ihre durch Hohennetze mogliche Verbindung uber Land hatte sich zur Bestimmung des kontinentalen Geoids geeignet was aber aus politischen Grunden erst mit den Europanetzen des 20 Jahrhunderts erfolgte Die regionale Bestimmung der Geoidflache erfolgte anfangs durch astrogeodatische Bestimmung der Lotrichtung auf einzelnen Vermessungspunkten und ab den 1930er Jahren durch profil oder rasterartig angelegte Schweremessungen mit Gravimetern Von den Amtern der Landesvermessung wurden die Astrogeoide und die gravimetrische Geoidbestimmung seit etwa 1970 durch starke Verdichtung der Lotabweichungs bzw Schwerenetze merklich verbessert wahrend die globale Genauigkeit durch jahrelange Satellitenaltimetrie der Meeresoberflache gesteigert wurde Es dominieren die automatisierten Verfahren der Satellitengeodasie die Bestimmung des Erdschwerefeldes Sie zeigen das Geoid als eine unregelmassige Flache mit vielen Beulen und Dellen die aber nur etwa 0 001 Prozent des Erdradius ausmachen Diese wellenartigen Geoidformen werden durch Schwereanomalien der Gebirge und ungleichmassige Massenverteilung im Erdinnern verursacht Wegen seiner unregelmassigen Form ist das Geoid mathematisch sehr schwer zu beschreiben wogegen die praktische Landesvermessung die Kartografie und die GPS Ortsbestimmung eine einfacher definierte Erdfigur benotigen Solche Bezugsflachen fur Berechnungen und Kartenabbildungen sind meist Rotationsellipsoide die das Geoid auf etwa 50 m genau approximieren Diese streng mathematischen Flachen konnen aber nicht direkt durch Messen physikalischer Grossen bestimmt werden Deshalb muss fur die praktische Handhabung die Abweichung zwischen der physikalischen Erdfigur Geoid und ihrem mathematischen fur Berechnungen geeigneten Pendant Rotationsellipsoid durch systematische Messungen bestimmt werden Die Abweichungen des Geoids von einem Referenzellipsoid z B WGS84 GRS 80 Internationales Ellipsoid 1924 werden als Geoidundulation bzw Geoidhohe bezeichnet und konnen bis 100 m ausmachen und variieren auf 1000 km um etwa 30 m Geoidundulation N h H N h H mit ellipsoidischer geometrischer Hohe h h und orthometrischer physikalischer Hohe H H Geoid Naherungen mit Kugelfunktionen Bearbeiten Birnenform als Naherung der Erdfigur im Vergleich zum elliptischen Querschnitt schwarze Linie Veranschaulichung der Schwerevariation entlang des Aquators bezogen auf eine kreisformige Referenzflache schwarz In nullter Naherung ist das Geoid unter Vernachlassigung des Potentials der Zentrifugalkraft Uz eine Aquipotentialflache im Gravitationsfeld eines Massepunktes U r G M r Uz G Gravitationskonstante M Masse der Erde r Abstand vom Mittelpunkt der Erde Fur viele Rechnungen in Himmelsmechanik und Raumfahrt liefert diese Vereinfachung brauchbare Ergebnisse Das Geoid ist eine Kugel mit einem Parameter R 6373 km fur den Radius Abweichungen von der Kugelform lassen sich durch Legendre Polynome Pn cos 8 beschreiben 8 Breitenwinkel R mittlerer Erdradius Jn Entwicklungskoeffizienten U r 8 G M r n 0 1 R r n J n P n cos 8 U z U r theta frac GM r sum n 0 1 dots left left frac R r right n J n cdot P n left cos theta right right U mathrm z mit den Koeffizienten J0 1 Kugelnaherung J1 0 kein Dipolmoment Nord und Sudhalbkugel gleich schwer J2 1082 6 10 6 genaherte Erdfigur als Rotationsellipsoid mit gleich grossen Aquator Halbachsen a b 6378 km und c 6357 km als Polarachse J2 berucksichtigt die sogenannte Massefunktion zweiter Ordnung die von der Erdabplattung herruhrt J3 2 51 10 6 Aufsetzen einer birnenahnlichen Struktur auf das Ellipsoid siehe Zeichnung J4 1 60 10 6Die Massefunktionen J3 und J4 bewirken geometrische Abweichungen vom mittleren Erdellipsoid die weniger als 20 m betragen Die starke Uberhohung in der Zeichnung rechts veranschaulicht warum die Erde manchmal als birnenformig beschrieben wird Eine verbesserte Naherung fuhrt weitere Kugelfunktions Koeffizienten ein die einige Abhangigkeiten des Geoids von der geografischen Lange berucksichtigen Die Schemazeichnung rechts macht deutlich dass Schwereabweichungen im Langengrad vorliegen die einem Hohenunterschied von 170 m entsprechen Sie sind die Ursache dafur dass es fur geostationare Satelliten nur zwei stabile und zwei labile Bahnpositionen gibt Geoidbestimmung Bearbeiten Gemessene Abweichungen des Schwerefelds der Erde vom Rotationsellipsoid Dreidimensionales Modell der Potsdamer Kartoffel 2017 mit einer 15000 fach verstarkten Darstellung der Hohenabweichung Deutsches GeoForschungsZentrum Hauptartikel Geoidbestimmung Die bisher genaueste Bestimmung des gesamten Geoids erfolgte durch das Projekt GRACE Es besteht aus zwei Satelliten die mit etwa 200 km Abstand in gleicher Hohe die Erde umkreisen Der Abstand der beiden Satelliten wird standig mit hoher Genauigkeit vermessen Aus der Anderung dieses Abstands schliesst man dann auf die Form des Geoids Die Geoidbestimmung kann ausserdem mit Methoden der Astrogeodasie oder gravimetrisch erfolgen beide liefern die Detailformen des Geoids genauer als die Satelliten sind aber aufwendiger Die Bestimmung des Astrogeoids Messung der Lotabweichung wurde schon vor 100 Jahren erprobt und ist das genaueste Verfahren erfordert aber ein Vermessungsnetz und klare Nachte zur Sternbeobachtung Das dafur optimale Instrument der Astrogeodasie ist die Zenitkamera mit ihrer Hilfe kann durch CCD Aufnahmen des zenitalen Sternfeldes die Lotrichtung in einem Messpunkt hochgenau und teilweise automatisiert bestimmt werden Diese Lotrichtungen beziehen sich auf das Schwerefeld und damit auf das Geoid Um aus Lotabweichungen die Neigung des Geoids gegenuber dem Referenzellipsoid zu bestimmen ist die Kenntnis der ellipsoidischen Koordinaten des Messpunktes erforderlich Diese konnen aus der Landesvermessung oder mit GNSS Navigationssatelliten bestimmt werden Bei der Gravimetrie wird das Geoid durch rasterformige Messung der Erdbeschleunigung bestimmt Fur eine globale Geoidbestimmung durch hinreichend dichte Verteilung der Messpunkte ist das Verfahren allerdings zu aufwandig Zur Geoid Interpolation zwischen den Messpunkten ist im Gebirge ebenso wie beim Astrogeoid ein digitales Gelandemodell vorteilhaft Im Juni 2011 veroffentlichte das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam das als Potsdamer Kartoffel bekanntgewordene Schweremodell EIGEN 6C 3 4 5 Dieses globale Modell wurde aus den kombinierten Daten verschiedener Sat Messungen von LAGEOS GRACE GOCE und anderen Messmethoden erstellt und hat eine raumliche Auflosung von ca 12 km Ursachen der Geoidundulationen BearbeitenDichte anomalien im Erdmantel aufgrund von Mantelkonvektion und mit ihnen verbundenen Topografie variationen sind die Ursache fur den Hauptteil der beobachteten Geoid Undulationen Die Ursachen fur die langwelligen Geoidschwankungen Geoidundulationen liegen in grossraumigen Dichtevariationen im Erdmantel und zu geringerem Masse auch in der Erdkruste Eine anomal hohere Gesteinsdichte erzeugt eine zusatzliche Gravitationsbeschleunigung und beult somit das Geoid aus geringere Dichten fuhren zu Dellen im Geoid Aber auch die Topografie selbst stellt eine lateral variable Massen variation dar Hebung Geologie und fuhrt zu Undulationen Die Ursache fur Dichtevariationen im Erdmantel liegt in der Mantelkonvektion Heisse Mantelregionen sind weniger dicht und steigen auf Plume Geologie kalte dichte Regionen sinken ab Man wurde nun also uber aufsteigenden Konvektionsstromen Dellen im Geoid erwarten uber abtauchenden Konvektionsstromen z B uber Subduktionszonen Beulen was fur den Westpazifik im Grossen und Ganzen tatsachlich mit den Beobachtungen ubereinstimmt Die Sache wird jedoch dadurch komplizierter dass aufsteigende Konvektionsstrome die Erdoberflache selbst anheben konnen Bsp Island Hawaii Die so erzeugte Topografie bezeichnet man als dynamische Topografie Hierdurch wird die eigentliche negative Geoid Undulation abgeschwacht und teils sogar in den positiven Bereich umgekehrt wofur Island ein Beispiel zu sein scheint Des Weiteren hangt der Effekt der dynamischen Topografie auch von der Viskositat des Erdmantels ab und ist schwierig zu quantifizieren Es wird auf Erkenntnisse insbesondere aus der Seismologie zuruckgegriffen um Dichten im Mantel abzuschatzen und das Geoid sowie die dynamische Topographie zu berechnen Aus dem Vergleich mit dem beobachteten Geoid lassen sich so Ruckschlusse auf die Mantelviskositat ziehen Moderne Geoidlosungen BearbeitenBis etwa 1970 konnten genaue Geoidbestimmungen fast ausschliesslich auf dem Festland durchgefuhrt werden weshalb sie bisweilen Regionales Geoid genannt werden als Astrogeoid auf Basis von Lotabweichungen gewonnen aus einer Kombination astronomischer und geodatischer Methoden andererseits als gravimetrisches Geoid mittels rasterformigen Schweremessungen wie sie fur geodatische Prazisionsnivellements und in der Geophysik erforderlich sind oder seit den 1970er Jahren vereinzelt als kombiniert astro gravimetrisches Geoid Bei Methode 1 betrugen die Abstande der Messpunkte je nach angestrebter Genauigkeit 5 cm bis 50 cm zwischen etwa 10 km und 50 km bei 2 3 etwa 3 bis 15 km Seit etwa 1995 strebt man das sogenannte Zentimeter Geoid an und hat in einigen Landern Mitteleuropas bereits 2 bis 3 cm Genauigkeit erreicht Mit zunehmenden Erfolgen der Satellitengeodasie trugen Modelle des Geopotentials Schwerefeld im Aussenraum der Erde zur Geoidbestimmung bei Aus den von Geoid und Erdinnerem verursachten Bahnstorungen wurden hochgradige Potentialentwicklungen mit Kugelflachenfunktionen berechnet die anfanglich etwa 20 Breiten und Langengrad Auflosung hatten etwa 1000 km 1000 km aber nun bereits bis herab zu 0 5 rund 50 km reichen Die ersten Kugelfunktionsentwicklungen hatten globale Genauigkeiten von etwa 10 m die sich auf weit unter 1 m verbessert haben das sind etwa 0 00001 des Erdradius Im Gegensatz zu obengenannten Methoden konnen sie zwar keine Details auflosen wohl jedoch ein regionales Geoid nach aussen hin stutzen und den Zusammenschluss zu kontinentalen Losungen ermoglichen Als neueste Methode dient das Satellite to Satellite Tracking STS Literatur BearbeitenChristoph Reigber Peter Schwintzer Das Schwerefeld der Erde In Physik in unserer Zeit 34 5 2003 ISSN 0031 9252 S 206 212 Erwin Groten Geodesy and the Earth s Gravity Field Band I Principles and Conventional methods Bonn 1979 Karl Ledersteger Astronomische und physikalische Geodasie Handbuch der Vermessungskunde Band 5 10 Auflage Metzler Stuttgart 1969 Gottfried Gerstbach How to get an European centimeter geoid astro geological geoid In Physics and Chemistry of the Earth Volume 21 4 Elsevier 1996 S 343 346 Heiner Denker Jurgen Muller et al A new Combined Height Reference Surface for Germany GCG05 EUREF Conference Riga 2006 Poster PDF 414 kB Hans Sunkel I Marson Hrsg Gravity and Geoid Joint Symposium of the International Gravity Commission and the International Geoid Commission Tagungsband September 1995 Graz Osterreich Springer 1996 Intergovernmental Committee On Surveying amp Mapping Geocentric Datum of Australia Technical Manual Version 2 2 PDF Datei Stand 2005 Wolfgang Torge Geodasie 2 Auflage Walter de Gruyter Berlin u a 2003 ISBN 3 11 017545 2 Lieselotte Zenner Analyse und Vergleich verschiedener Schwerefeldlosungen In Zeitschrift fur Geodasie Geoinformation und Landmanagement 132 Jahrgang Heft 3 Wissner Augsburg 2007 Weblinks Bearbeiten Commons Geoid Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Norbert Kuhtreiber High Precision Geoid Determination of Austria Using Heterogeneous Data Memento vom 21 August 2010 im Internet Archive Theorie PDF 1 6 MB Stefan A Voser Geometrische Anforderungen beim Datenaustausch Umrechnung zwischen WGS84 Referenz Ellipsoid und EGM96 GeoidEinzelnachweise Bearbeiten Axel Bojanowski Die Erde ist eine Kartoffel Die Welt vom 1 August 2004 Erwin Voellmy Mathematische Tafeln und Formeln 17 Auflage Orell Fussli Zurich 1973 ISBN 3 280 00682 1 S 159 Die jahreszeitliche Kartoffel gfz potsdam de Jahreszeitliche Schwankungen der planetaren Kartoffel messbar derstandard at Die Erde ist eine Kartoffel welt deNormdaten Sachbegriff GND 4156687 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geoid amp oldid 235992005