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Die Dizi auch Diizi veraltet Magi Maji sind eine kleine Ethnie die in einem abgelegenen Berggebiet in der Region der sudlichen Nationen Nationalitaten und Volker YeDebub im Sudwesten von Athiopien lebt und deren Sprache Dizi zu den omotischen Sprachen gehort Vor der gewaltsamen Einverleibung der Region ins athiopische Kaiserreich im Jahr 1898 betrug ihre Zahl zwischen 50 000 und 100 000 Durch Zwangsarbeit im amharischen feudalen Ausbeutungssystem gabbar System Sklaverei Hungersnote und Krankheiten in den ersten Jahrzehnten des 20 Jahrhunderts wurden die Dizi stark dezimiert und ihre vormalige Gesellschaftsordnung und Kultur ging weitgehend verloren Ende der 1930er Jahre lebten schatzungsweise noch etwa 10 000 Dizi Bei der Volkszahlung 2007 wurden 36 380 Menschen den Dizi zugerechnet 1 Der Hauptort der Dizi ist Maji mit rund 3000 Einwohnern 2005 Die traditionelle Kultur der Ackerbau und in geringerem Umfang Viehzucht betreibenden Dizi enthalt Einflusse aus dem athiopischen Hochland die in mythischen Erzahlungen mit Einwanderungen aus dem Norden verbunden werden und von den in der Umgebung lebenden Niloten Streusiedlung im Dizi GebietInhaltsverzeichnis 1 Lebensraum 2 Forschungsgeschichte 3 Kulturgeschichte 3 1 Ethnische Einordnung 3 2 Mythische Uberlieferung 3 3 Zeit vor der amharischen Eroberung 3 4 Geschichte seit der amharischen Eroberung 3 4 1 Kaiserreich 3 4 2 Militarregierung und Volksrepublik 3 4 3 Ethnische Konflikte 4 Gesellschaft 4 1 Kastenordnung 4 2 Erbfolge und Meidungsgebote 5 Materielle Kultur 5 1 Haus und Gebrauchsgegenstande 5 2 Musikinstrumente und Sakralgegenstande 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLebensraum Bearbeiten nbsp Wolkenverhangene Berge morgensDie Bergregion des am Dreilandereck Ilemi Dreieck zum Sudsudan und zu Kenia gelegenen Sudwesten Athiopiens gehort entweder nicht mehr zum athiopischen Hochland weil sie durch einschneidende Grabenbruche von jenem getrennt ist oder zu dessen aussersten sudwestlichen Auslaufern Die in der fruheren Provinz Kaffa gelegenen Berge des Dizi Siedlungsgebietes bilden kein zusammenhangendes Massiv sondern bestehen aus einer Reihe zerklufteter Grate und einzelner Schollen die sich aus den umgebenden Ebenen erheben Im Osten wird das Berggebiet durch das Tal des Omo begrenzt der im Hochland im Norden entspringt nach Suden fliesst und in den kenianischen Turkanasee mundet Jenseits des Omo siedeln die Dime und ostlich von diesen weitere Omotisch sprechende Ethnien wie die Ari Gofa Zala Gamu Konso und Koore Koorete Amarro Im Norden reicht das Gebiet bis zum Tal des Akobo an dessen Nordufer die mit den Dizi verwandten Sheko Cako leben Beide Gruppen siedeln in den mittleren und oberen Lagen der Berge getrennt durch das dunn besiedelte und schwer zu durchquerende Tiefland des Akobo Der Akobo fliesst in nordwestlicher Richtung und speist im Sudsudan den Sobat einen Nebenfluss des Weissen Nil Im Westen und Sudwesten fallen die Berge zunachst in eine Reihe von Hugeln ab wahrend sie im Suden direkt in die weite Savanne des Sudsudan und Nordkenias ubergehen Das von den Dizi bewohnte Berggebiet misst in Ost West Ausdehnung etwa 80 Kilometer und in Nord Sud Richtung etwa 50 Kilometer Die zentralen Berge steigen von 1500 Metern im Gebiet Kolu im Suden uber Adi kyaz in der Mitte mit durchschnittlich 1900 Metern Hohe bis zum Siski Berg im Norden der etwa 2700 Meter Hohe erreicht Im Gebiet Maji Magi im Nordosten das am dichtesten besiedelt ist lebt das gleichnamige grosste Hauptlingstum Der Hauptort Maji befindet sich auf einer Hohe von 2360 Metern Die Bergkamme verbreitern sich mancherorts zu einer Art Plateau Weiter nordlich fallt in der Gegend Wor das Gebirge teilweise uber Felsklippen mehrere 100 Meter bis in die Ebene ab Die ostliche und westliche Halfte der Bergregion ist durch einen etwa 2000 Meter hohen und teilweise nur wenige Meter breiten Felskamm verbunden Im Nordwesten besteht die Landschaft dagegen aus einem sanfthugeligen Plateau von etwa 1600 bis 1700 Metern Hohe das durch einige tiefe Bachtaler unterbrochen wird Dieses Gebiet das fruher funf Hauptlingstumern Raum bot ist kaum felsig und besitzt sehr fruchtbare Boden die fur den Kaffeeanbau genutzt werden Die Hauptsiedlungsgebiete der Dizi liegen ansonsten zwischen 1800 und 2400 Meter hoch 2 Zu jeder Jahreszeit ist mit teilweise starken Niederschlagen zu rechnen der auch ausserhalb der ublichen Regenzeit fallt Die Dizi unterscheiden im Jahresverlauf eine regenreiche Zeit von Juni bis September garu kyel Feucht Zeit und eine eher trockene Zeit von September bis Mai kay kyel Sonnen Zeit Fur den Anbau von Kaffee in den tieferen Lagen herrschen ideale Bedingungen bei haufigen langeren Nieselregen und Jahresniederschlagen die nach einer groben Schatzung von 1963 um 1300 Millimeter liegen Fur das gesamte Omo Gibe Becken ergeben die Wetterdaten von 1981 bis 2016 ein Jahresmittel von knapp unter 1400 Millimetern Niederschlag 3 Nur wenige Gipfelregionen konnen der kalten Hohenstufe amharisch dega uber 2300 Meter zugeordnet werden Die Quellen und Wasserlaufe in den gemassigten Zonen woina dega zwischen 1500 und 2300 Metern fuhren ublicherweise ganzjahrig Wasser wahrend Flusse Zuflusse des Omo oder Akobo in Hohen um 1200 Meter in der Trockenzeit haufig vollig versiegen In tieferen Lagen als 1000 Hohenmeter breitet sich die ostafrikanische Dornstrauchsavanne mit Niederschlagen unter 500 Millimeter aus Mikroklimatische Besonderheiten uberlagern die fur das athiopische Hochland eingefuhrten Hohenstufen und verschieben die Vegetationszonen ausserdem ist die ursprungliche Vegetation in dichtbesiedelten Gebieten weitgehend verschwunden Dies betrifft vor allem die einst hohen Walder an deren Stelle Erythrina brucei Gattung Korallenbaume Euphorbia candelabrum und ansonsten uberwiegend niedriger Sekundarbusch getreten sind 4 Sudwest Athiopien war bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts nur in wochenlangen Marschen auf beschwerlichen Pfaden zu erreichen die in der Regenzeit haufig unpassierbar waren oder wegen der Gefahr von Uberfallen nicht begangen werden konnten Als einzige Transportmittel dienten Maultiere In den 1970er Jahren gab es eine wochentliche Flugverbindung von Addis Abeba bis zu einer Landepiste in der Savanne die anderthalb Tagesreisen vom Hauptort Maji entfernt lag 5 Ein durch die Savanne nach Westen in den heutigen Sudsudan fuhrender Weg wurde vor 1970 wegen der Gefahr von Uberfallen aufgegeben und stattdessen ein schwieriger aber sicherer Pfad uber die Berge begangen 6 Die Dizi und die benachbarten Ethnien die omotische fruher westkuschitische Sprachen sprechen bilden eine eigenstandige Sprachfamilie die nur im Sudwesten Athiopiens vorkommt Eine Untergruppe der omotischen Sprachen bilden drei Dizoid Sprachen neben Dizi die Sprachen Sheko und weiter ostlich Nayi Na o Die sprachliche Nahe ist bei der geographischen Entfernung zwischen diesen drei ethnischen Gruppen ungewohnlich 7 Die Dizi sind im Norden Osten und Sudosten von der grossen Gruppe der Oromo umgeben die mit Oromo eine ostkuschitische Sprache sprechen Die unmittelbar im Westen Baale oder Zilmamo Osten Me en oder Mekan und Suden Tirma und Tid angrenzenden Volksgruppen sprechen nilotische Sprachen Der altere Name Maji Magi fur die Dizi ist von ihrem fruher grossten Hauptlingstum im Gebiet der gleichnamigen Stadt abgeleitet Forschungsgeschichte Bearbeiten nbsp Schematische Sprachenkarte von Sudwest Athiopien Dizi Sheko und Nayi sind dunkelrot Die ubrigen Farbflecken der omotischen Sprachen sind umgeben von nilotischen Sprachen im Westen und Suden sowie von afroasiatischen Sprachen im Norden und Osten Die wissenschaftliche Erforschung der Dizi die Mitte des 20 Jahrhunderts begann war fur die zuruckliegende Zeit auf gelegentliche Erwahnungen in Reiseberichten seit dem Ende des 19 Jahrhunderts angewiesen Durch die Entvolkerung des Gebiets in den Jahren nach der Eroberung durch das athiopische Kaiserreich wurden die sozialen Strukturen zerstort und die alte Kultur verschwand in der Folge Damit ging auch ein grosser Teil der mundlichen Uberlieferung verloren die ansonsten bevorzugt von Wurdentragern erfragt werden kann Der fruheste Reisebericht stammt vom italienischen Afrikaforscher Vittorio Bottego 1860 1897 der von zwei seiner Begleiter aufgezeichnet wurde Lamberto Vanutelli und Carlo Citerni L Omo viaggio d esplorazione nell Africa Orientale Mailand 1899 Die Expedition startete von der Kuste des Indischen Ozeans in Somalia und hatte die Region Wollega im Hochland zum Ziel Die wenigen Mitglieder von Bottegos Expedition zogen 1895 bis 1897 durch unbekanntes auf keiner Karte verzeichnetes Gebiet vom Turkanasee am Omo flussaufwarts durch das Gebiet der Dizi bis zum Abajasee zu einer Zeit als sich Athiopien mit Italien im Krieg befand Bottego der bei einem Angriff von Oromo Kriegern den Tod fand beschreibt ein dicht besiedeltes Gebiet und nennt die Namen der Hauptlingstumer der Dizi die er durchquerte Der russische Offizier Aleksandr Ksaver evic Bulatovic 1870 1919 versuchte an der Wende zum 20 Jahrhundert die kolonialen Interessen des Russischen Kaiserreichs gegenuber dem verfeindeten Grossbritannien zu vertreten indem er in den Dienst der athiopischen Armee trat und unter anderem 1898 an einem Feldzug zur Eroberung des Sudwestens teilnahm der durch die Gebiete Gimirra in der ehemaligen Provinz Kaffa und Dizi bis zum Turkanasee fuhrte Hieruber hielt er im Januar 1899 einen Vortrag vor der Russischen Geographischen Gesellschaft den diese mit einer Silbermedaille auszeichnete 8 Nachfolgend wurde der Vortrag veroffentlicht und 1900 erschien er auch in italienischer Ubersetzung 9 Neben einigen ethnografischen Angaben beinhaltet der Bericht zahlreiche sachliche Fehler und beschonigt die Grausamkeiten bei der Unterwerfung der militarisch unterlegenen Dizi die keine Feuerwaffen kannten Die nachfolgenden britischen Forschungsreisenden und Verwaltungsbeamten trafen auf die bereits stark dezimierten Dizi die sie in ihren Berichten meist nur mit wenigen Worten streifen Zu ihnen gehorte der britische Offizier John Weston Brooke 1880 1908 der sich 1903 in einer Gruppe von vier Mannern vom Mount Elgon nach Norden zum Turkanasee begab Die knappen Aufzeichnungen enthalten Karten einige Fotos und eine Bemerkung zu den Lippentellern der Mursi und Surma Frauen 10 Mursi sind eine sudostlich der Dizi lebende und Surma eine sudlich angrenzende nilotische Ethnie Eine vom britischen Offizier Charles William Gwynn 1870 1962 angefuhrte Expedition startete im Sommer 1908 mitten in der Regenzeit in Dire Dawa um Details fur die Grenzfestlegung im sudwestlichen Athiopien zu erkunden Die sechs Briten zogen auf Maultieren reitend mit einer Karawane von etwa 90 Somali und 100 Kamelen zunachst am Awash flussaufwarts durch die Provinzen Arsi und Bale bis zum Handelsposten Ginir der damals bereits seine Bedeutung verloren hatte Im November zogen sie von Ginir weiter zum kenianischen Grenzort Moyale ostlich vom Turkanasee und entlang der Grenze nach Westen Nunmehr ohne Kamele fand die verkleinerte Gruppe im Marz 1909 in einem Gebiet westlich des Omo das 1901 noch verlassen war einige athiopische Posten und spater Menschen darunter Mursi mit denen die Verstandigung schwierig war da diese weder Amharisch Oromo noch Somali sprachen Die ethnographischen Informationen aus dem Umland der Dizi sind ansonsten gering 11 Im Januar 1919 brachen der britische Major Laurence F I Athill und der Major Henry Darley mit 25 einheimischen Begleitern in der sogenannten Maji Mission zu den Dizi Maji auf um ein Scharmutzel mit einigen Toten aufzuklaren das sich durch einen Fehler des Gouverneurs des Dizi Gebiets zuvor an der dortigen athiopisch sudanesischen Grenze ereignet hatte Durch die Ebene des Awasch ins Tal des Omo und uber Kaffa erreichte die Gruppe Maji geographisch und administrativ ein Aussenposten des athiopischen Reichs dessen Umgebung durch die athiopische Besatzung entwaldet worden sei Unter den athiopischen Einflussen erkennt er im Ort Maji eine orthodoxe Rundkirche und einen typisch athiopischen Marktplatz mit herumschlendernden Soldaten und zahlreichen Bordellen Bis hierher reichten die staatlich organisierte Leibeigenschaft und Sklaverei bemerkt der genau beobachtende Athill ebenso wie das aufgegebene Ackerland das von der dezimierten Bevolkerung nicht mehr bestellt werden konnte 12 Der britische Kolonialbeamte Arnold Hodson 1881 1944 war von 1923 bis 1926 Konsul in Maji und verfasste einige Aufsatze uber seinen Aufenthalt und seine Ausfluge in Sudwest Athiopien die sich auf die Schilderung des eigenen Vorwartskommens konzentrieren 13 Wahrend Hodson seine Erlebnisse bei der Lowenjagd meinte uberliefern zu mussen 14 berichtet der Major Henry Darley 1935 uber seine jahrelangen Streifzuge als Elefantenjager in der Grenzregion der drei Lander Neben mancherlei Ubertreibungen enthalt sein Werk eine grundliche Beschreibung der alltaglichen Probleme der Dizi 15 Vor und wahrend der von 1935 bis 1941 dauernden italienischen Besetzung Athiopiens missionierte der Padre Giovanni Chiomio IMC knapp zehn Jahre als katholischer Priester bei den Dizi und verfasste den ersten monografischen Aufsatz uber sie 16 Die Arbeit gilt als vorurteilsbehaftet und wenig zuverlassig Eine Zusammenfassung der bisherigen Kenntnisse liefert Elisabeth Pauli 1950 17 die zunachst als Malerin an Expeditionen des Frobenius Instituts teilnahm und wahrend des Zweiten Weltkriegs die Literatur sichtete spater war sie als Assistentin und Ehefrau von Adolf Ellegard Jensen in Athiopien 18 James Barber 1968 19 beschreibt die politische und okonomische Geschichte um das Ilemi Dreieck an der sudanesisch kenianisch athiopischen Grenze ebenso Peter Garretson 1986 20 der sich auf das Gebiet der Dizi konzentriert und den Handel mit Waffen Elfenbein und Sklaven untersucht 21 Die umfangreichsten Arbeiten zu den Dizi stammen von Eike Haberland 1924 1992 der in den 1950er Jahren im Rahmen des Frobenius Instituts bei anderen Ethnien in Sudwest Athiopien Feldforschungen durchfuhrte und sich 1970 und 1974 fur insgesamt drei Monate bei den Dizi aufhielt Weitere Aufenthalte waren wegen der politischen Situation einem Militarputsch der 1974 zur Abdankung des Kaisers Haile Selassie fuhrte danach nicht mehr moglich Sein Standardwerk zu den Dizi erschien postum 1993 22 Haberland vertritt eine ethnohistorische Perspektive die sich auf die Rekonstruktion spezifischer historischer Kulturphanomene die Formation der Hauptlingstumer und im Bereich der Religion auf die ursprunglichen Rituale konzentriert wie sie in den 1890er Jahren existierten Dass er dabei die gegenwartigen gesellschaftlichen Gegebenheiten und die Aktivitaten der christlichen Missionare seit Anfang des 20 Jahrhunderts ubergeht kritisiert Akira Deguchi 1996 der sich zwischen August 1989 und Februar 1990 rund drei Monate bei den Dizi aufhielt Der niederlandische Anthropologe Jon Abbink forscht an der Universitat Leiden zur Kulturgeschichte Athiopiens und veroffentlichte 1993 und 2000 Aufsatze zum ethnischen Konflikt zwischen Dizi und Suri Kulturgeschichte BearbeitenEthnische Einordnung Bearbeiten Fur die omotische Sprachen sprechenden Ethnien im Sudwesten Athiopiens pragte Adolf Ellegard Jensen 1959 in der Einfuhrung zu einem von ihm herausgegebenen Sammelband der die Ergebnisse zweier Forschungsexpeditionen nach Sud Athiopien in den 1950er Jahren zusammenfasst den Begriff Altvolker 23 Dieser Begriff basiert auf der Kulturkreislehre von Pater Wilhelm Schmidt 1868 1954 der wahrend einer Annaherung der Fachrichtungen Urgeschichte und Volkerkunde eine allgemeine Urkultur aus Jagern und Sammlern postulierte die er Ur oder Altvolker nannte 24 In der Nachfolge der alteren und von Jensen als uberholt betrachteten Kulturkreislehre seines Lehrers Leo Frobenius basiert der Begriff bei Jensen auf dem Modell einer regionalen historisch gewachsenen Schichtung der Kulturen bei dem er die Altvolker mit den Praniloten darunter Gumuz Mabaan und Berta 25 auf eine Stufe stellt in der Kulturelemente einer sehr alten Bevolkerung tradiert werden Die beiden anderen Kulturschichten bei Jensen neben der pranilotischen der Schicht der Altvolker sind die nilotische und die kuschitische Schicht Die bauerlichen Altvolker Knollenzuchter seien vor langer Zeit von zuwandernden nilotischen Viehzuchtern uberlagert worden Obwohl Jensens Schuler Eike Haberland dessen Kulturschichten Theorie ablehnt ubernimmt er dennoch den Terminus Altvolker fur die auch nach seiner Ansicht kulturell viele Gemeinsamkeiten aufweisenden Ethnien die in den hoheren Lagen der Berge im Sudwesten Athiopiens leben 26 Die Altvolker bilden demnach eine Gruppe von Volkern die sich in ihrem ganzen Kulturbild deutlich von ihren Nachbarn unterscheiden und ohne Zweifel die Reste einer alten Bevolkerung darstellen die einst grossere Raume Athiopiens bewohnte 27 Die Betrachtung physiognomischer Merkmale war fruher mit einer rassischen Terminologie verbunden und fuhrte zur Klassifizierung der eher dunkelhautigen und gedrungenen Altvolker als Negride die sich klar von den als Athiopide bezeichneten hoch gewachsenen Bewohnern des zentralen Hochlandes mit hellerer Hautfarbe hauptsachlich Amharen Tigray und Oromo unterscheiden lassen Die Amharen nehmen diese Unterscheidung ebenfalls vor und bezeichnen pauschal alle schwarzafrikanischen Ethnien also die omotischen und nilotischen Sprachgruppen als Schankilla amharisch ሻንቅላ sanḳilla gemeint Schwarze als Menschen zweiter Klasse Historisch meinen sie mit dem abwertenden Begriff die Sklaven 28 Dies fuhrte dazu dass die in Nachbarschaft zu den Amharen lebenden nilotischen Gumuz Schankilla als wertneutrale Eigenbezeichnung fur sich annahmen 29 Bis zur ersten Halfte des 20 Jahrhunderts bildeten die 40 bis 50 Sprachen der sudwestathiopischen Altvolker den kleineren westkuschitischen Zweig gegenuber den weiter verbreiteten ostkuschitischen Sprachen wobei in einigen Fallen die Zuordnung zu den nilotischen oder kuschitischen Sprachen strittig war Harold C Fleming schlug 1969 vor diese Sprachen als eigenstandige Gruppe der omotischen Sprachen innerhalb der afroasiatischen Sprachen zu klassifizieren woruber heute weitgehend Konsens besteht 30 Die starke Differenzierung der Altvolker Sprachen ist ein Grund fur die schwierige Zuordnung und steht im Gegensatz zur weitraumigen Verbreitung von Sprachen in anderen Regionen Athiopiens Die sprachlich verwandten Dizi Sheko und Nayi standen auch uber gemeinsame mythische Vorstellungen in einer Verbindungen obwohl sie durch ein breites Tieflandtal getrennt waren Gesellschaftliche Strukturen und materieller Kulturbesitz der drei Ethnien unterschieden sich jedoch deutlich 31 Mythische Uberlieferung Bearbeiten Bei einigen ostkuschitischen Ethnien wie den Oromo Sidama und Konso existiert die Vorstellung von einem Schopferpaar ein zeugender Himmelsgott Oromo waka und eine gebarende Erdgottin lafa die bei Opferungen gemeinsam als Himmel und Erde wakaf lafa angerufen wurden 32 Wesentlicher als die Erschaffung der Erde ist in afrikanischen Kosmogonien allgemein der in der Urzeit in das heutige Siedlungsgebiet gekommene erste Mensch des eigenen Stammes Wo eine solche Vorstellung zur Legitimation des gegenwartigen Herrschers dient werden um den Bestand der Ordnung zu sichern Rituale abgehalten die symbolisch die Vorgange in der Urzeit wiederholen Die oft lange Reihe der fruheren Herrscher und die von ihnen erinnerten Taten bilden den zentralen Bestandteil der mundlichen Uberlieferungen Im Gegensatz dazu liegt bei den Dizi und den anderen Altvolkern die Urzeit nur wenige Generationen zuruck und mit den Namen der Herrscher sind kaum geschichtliche Ereignisse verbunden Uber die Zahl der Herrschergenerationen bei den Dizi gibt es widerspruchliche Aussagen und uber die Dauer der jeweiligen Regierungen keine Angaben Nach gleichlautenden Erzahlungen stammen die bedeutendsten Hauptlinge der Dizi unter ihnen der Adi kyaz vom Urvater Gaz burji ab der aus der im Hochland gelegenen Region Tigray einwanderte jedenfalls von irgendwo aus dem Norden auch von jenseits des Omo von gemeint uber Gamu Gofa oder von Amhara Dazwischen sollten wie Eike Haberland 1974 erfuhr entweder 40 Generationen oder ebenso viele Regierungszeiten liegen wahrend von den Vorgangern des mit dem damaligen Adi kyaz verwandten Jabba burji nur sechs Namen bekannt waren Vergleichsweise umfasste bei den benachbarten Baka die Herrscherliste 1950 nur zehn Namen sodass sich rechnerisch die mythische Urzeit Mitte des 19 Jahrhunderts ereignet haben musste 33 Die einzige schriftlich uberlieferte geschichtsmythologische Darstellung der Dizi ist die Chronik des Adi kyaz So lautet der Herrschertitel den der jeweils regierende Hauptling als Eigennamen annimmt der in der gleichnamigen Region dem gleichnamigen einen der 20 Hauptlingstumer vorsteht Eike Haberland wurde 1974 auf die Existenz dieser Chronik im Familienbesitz des Adi kyaz aufmerksam und konnte den auf Amharisch verfassten Text fotografieren Die Chronik wurde vermutlich 1956 einem amharischen Priester diktiert der sie sprachlich holprig mit zahlreichen Rechtschreibfehlern und inhaltlichen Unstimmigkeiten aufschrieb 34 Die Erzahlung beginnt mit Gaz burji dem Vater des ersten Adi kyaz der aus dem Amhara Land kommend den Omo uberquerte das Land urbar machte ein Gehoft aufbaute und die Tochter eines Hauptlings aus dem sudlichen Athiopien heiratete Im weiteren Verlauf der Geschehnisse wird der erste Adi kyaz eingefuhrt von dem sich sein Zwillingsbruder trennte und nordwestlich von Dizi das Geschlecht der Jabba burji grundete Der Mythos begrundet damit die verwandtschaftliche Zusammengehorigkeit zwischen Adi kyaz und Jabba burji des Weiteren die Verbindung mit den von den Adi kyaz abstammenden Maji gaz die bis ins 20 Jahrhundert zeremoniell gepflegt wurde Der Jabba burji galt als der hochste der Dizi Hauptlinge und war stets bei der Inthronisation eines Adi kyaz anwesend Auch die Sheko glauben dass sie aus dem athiopischen Hochland stammen und ihr Hauptling ein Nachfahre des Gaz burji ist So erklaren sich die Beziehungen zwischen den im Nordwesten ihres Gebietes am Akobo siedelnden Dizi und den angrenzenden Sheko die bis Ende des 19 Jahrhunderts haufig untereinander geheiratet haben sollen Zur Uberlieferung gehort auch dass der Nachfahre des Gaz burji bei den Dizi und bei den Sheko Bruder gewesen seien die sich in Frieden getrennt hatten Vor dieser Trennung fallte der Dizi Ahnherr einen Baum und fertigte aus seinem Stamm sieben Trommeln tarbu Zylindertrommeln die zum zeremoniellen Instrumentarium der Hauptlinge gehoren Die erste Trommel nahm er fur sich die zweite gab er dem Sheko Ahnherrn und die ubrigen den sonstigen Hauptlingen der Dizi und der Sheko Die Wanderungsbewegungen der einzelnen Gruppen die mit diesen Erzahlungen der Dizi angedeutet werden finden sich ahnlich in der Uberlieferung der Sheko Weitere Herkunftserzahlungen blieben wegen der Zerstorung der Dizi Kultur bei der amharischen Eroberung bis auf eine Erzahlung uber die Hauptlingsfamilie der Say kyaz nicht erhalten Ansonsten sind noch einige kurze Schilderungen uber die zahllosen Kleinkriege der Dizi mit ihren Nachbarn uberliefert 35 Zeit vor der amharischen Eroberung Bearbeiten In den Mythen der Dizi schlagt sich eine Einwanderung und Landnahme der herrschenden Gruppen aus dem Hochland im Norden nieder die zwar erst vor wenigen hundert Jahren stattfand aber dennoch nicht mit historisch fassbaren Ereignissen erinnert wird sondern in einen zeitlosen Mythos abgehoben erscheint Dies steht im Gegensatz zu anderen Ethnien etwa zu den nordwestlich der Dizi lebenden Gofa in der ehemaligen Provinz Gemu Gofa die in ihren mundlichen Uberlieferungen detailliert die Kampfe schildern mit denen sie ihr Herrschaftsgebiet ab der Mitte des 17 Jahrhunderts nach Suden ausdehnten 36 Die Expansion der Gofa ging auf Kosten der Aari die nur in Ruckzugsgebieten steiler Berge uberlebten In der zweiten Halfte dehnten sich die unter der Minjo Dynastie zusammengeschlossenen Kaffa nach Suden und Sudwesten aus und unterwarfen viele kleine Ethnien die teilweise vollig verschwanden oder zumindest durch den Verkauf in die Sklaverei stark dezimiert wurden Fur andere kleine Gruppen boten die schwer zuganglichen Berge ausreichend Schutz um diesem Schicksal zu entgehen und bis ins 19 Jahrhundert isolierte lokale Kulturen zu erhalten 37 In der Chronik des Adi kyaz werden 20 Hauptlinge in einer Reihe namentlich erwahnt wobei vier Namen mehrfach vorkommen und praktisch keine historischen Ereignisse mit den Namen verbunden sind Aus der Erinnerung der Dizi war die fruhere Zeit durch eine ununterbrochene Abfolge von Kampfen und Uberfallen zwischen den einzelnen Hauptlingstumern gepragt die sich gegenseitig zu verdrangen suchten oder voneinander abspalteten Dies fuhrte zu sich standig verandernden Grenzen der Hauptlingstumer und innerhalb von diesen zu wechselnden Herrscherfamilien In den Uberlieferungen werden auch Abspaltungen in den Herrscherfamilien erwahnt wenn etwa ein Sohn die Tributzahlungen einstellte und sich in einer anderen Region selbstandig machte Die Kampfe dauerten haufig nur einen Tag und fanden zwischen den mannlichen Kriegern der rivalisierenden Gruppen statt ohne die Dorfer oder Anbauflachen zu zerstoren Ein genugendes Ergebnis war wenn es gelang einige Manner der benachbarten Gruppe zu toten und etwas Vieh zu rauben das oberste Ziel war erreicht wenn die Sakralobjekte des befeindeten Hauptlings darunter Trommeln und Elfenbeintrompeten geraubt oder zerstort werden konnten wodurch der besiegte Hauptling zu einem guten Teil seinen Status verlor Die Kampfe fanden erst nach einem festgelegten Zeremoniell und mit Ankundigung auf einem vereinbarten Kampfplatz statt Kriege beendete man oft feierlich mit einem Friedensschluss und legte dabei die zukunftigen Landgrenzen oder Abgaben in Form von Rindern fest 38 Eine mythische Erzahlung berichtet wie die Say kyaz einst aus dem Dime Gebiet nach Dizi einwanderten und die an ihrem Ort bis dahin herrschende Familie absetzten Die Erzahlung enthalt neben fur Grundungsmythen allgemein ublichen Elementen auch die fur das Dizi Gebiet typische Vorgehensweise Anstatt den alten Hauptling zu toten abzusetzen oder wenigstens seine sakralen Musikinstrumente Trommel und Trompete zu zerstoren beliess man ihm diese verbunden mit der Auflage sie nicht mehr in der Offentlichkeit spielen zu lassen Dadurch verlor der Hauptling seine politische Macht Bei einem anderen Machtwechsel Ende des 19 Jahrhunderts liess der Maji kuri den Hauptling der Kartsi kyapn absetzen indem ihm seine Musikinstrumente und sonstigen Insignien abgenommen wurden Daruber hinaus erhielt er keine Tributzahlungen und Arbeitsleistungen von seinen Untertanen mehr und musste den Brautpreis der ihm fur seine Tochter zustand an den neuen Hauptling abgeben Hier verlor der fruhere Hauptling neben der politischen Macht seine wirtschaftliche Basis und sein gesellschaftliches Ansehen 39 Den Amtstitel kuri kennen nur die Dizi von Maji Der kuri hatte fruher nicht die Macht eines Hauptlings sondern ubte eine priesterliche Funktion aus war aber mit den Insignien eines Hauptlings darunter Trommeln und Elfenbeintrompete ausgestattet Der Maji kuri namens Dirmu bedrohte im 19 Jahrhundert haufig gegen den Willen seines Vaters Aykab in zahlreichen Kriegszugen seine Nachbarn im Osten des Dizi Gebietes Er galt als gefurchteter Kampfer der mit wenigen Getreuen ganze Hauptlingstumer angriff und wenn er sie besiegt hatte die Ubergabe von Rinder verlangte oder schlimmer den Hauptlingen ihre Insignien raubte So dehnte Dirmu seinen Machtbereich auf weite Gebiete der Dizi aus und war auch noch nach der athiopischen Eroberung einflussreich Bis Ende des 19 Jahrhunderts war das Dizi Gebiet vermutlich mit 50 000 bis 100 000 Menschen dicht besiedelt und landwirtschaftlich intensiv bebaut wie Eike Haberland aus den vielen bei seinem Aufenthalt langst aufgegebenen Terrassen schloss Das einzige literarische Zeugnis aus der Zeit vor der athiopischen Eroberung ist die Expedition unter Vittorio Bottego die 1896 mehrere Hauptlingstumer der Dizi durchquerte und die zahlreichen Bewohner mit ihren uppigen Pflanzungen in Gebieten hervorhob die in den 1970er Jahren menschenleer waren 40 Geschichte seit der amharischen Eroberung Bearbeiten Kaiserreich Bearbeiten Das christliche Kaiserreich Athiopiens fuhrte im Ende des 13 Jahrhunderts entstandenen Reichsmythos Kebra Negest seine Herkunftsgeschichte bis in biblische Zeiten zuruck und begrundete darauf seinen Anspruch als das auserwahlte Volk einen grossen Teil des Horns von Afrika zu beherrschen und kulturell zu pragen Im 14 und 15 Jahrhundert war das christliche Reich des athiopischen Hochlandes auf dem Hohepunkt seiner Macht Anfang des 14 Jahrhunderts kamen in Sudost Athiopien muslimische Sultanate als Machtfaktoren hinzu die nach der Ausdehnung der Oromo in den Sudosten in der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts jedoch weitgehend wieder verschwunden waren 41 Das athiopische Reich musste Anfang des 16 Jahrhunderts in mehreren Kriegen gegen das muslimische Sultanat Adal im ostlichen Tiefland seine Existenz behaupten und wurde nachfolgend durch Invasionen der Oromo bedroht Dennoch unternahm der athiopische Kaiser Claudius reg 1540 1559 von seinem Machtzentrum ostlich des Langanosees Feldzuge nach Sudwest Athiopien Selbst in der durch Burgerkriege gepragten Schwachephase von der Mitte des 17 bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts gab es einzelne Feldzuge von Mitgliedern der athiopischen Herrscherfamilien in den Suden die jedoch kaum den aussersten Sudwesten erreichten 42 Erst Ende des 19 Jahrhunderts mundeten die mit dem Kebra Negest legitimierten hegemonialen Anspruche der athiopischen Kaiser in einer massiven Expansion nach Suden Die amharischen Eroberungen unter Kaiser Menelik II der kleinen sudwestathiopischen Volksgruppen begannen um 1880 und waren um die Wende zum 20 Jahrhundert abgeschlossen Die Dizi wurden als eines der letzten Gebiete 1898 dem athiopischen Kaiserreich einverleibt sie konnten wie ihre Nachbarn ohne Feuerwaffen den Eroberern nichts entgegensetzen und viele starben bei den Kampfen Als die Dizi einmal bei einem Lager der Amharen einige Feuerwaffen erbeuteten zerstorten sie diese weil sie sie nicht gebrauchen konnten so wird es uberliefert Ausserdem fanden die Gefechte vollig anders statt als die Dizi gewohnt waren Die Eroberung erfolgte unter der Fuhrung von Ras Walda Giyorgis einem engen Vertrauten und Verwandten von Menelik der 1897 aufgebrochen war und die gesamte Region Kaffa unterwarf in der er dann als Gouverneur regierte In der mythischen Uberlieferung der Dizi wurde diese Eroberung in eine Vorgeschichte mit einem unheilvollen Omen eingebunden Kurz vor dem Einmarsch der Amharen habe demnach eine grosse Durre geherrscht verursacht von dem fur das gesamte Dizi Gebiet zustandigen Regenmacher Man habe ihm nicht genug Rinder gebracht worauf er das Land verfluchte und es deshalb mehrere Jahre nicht mehr regnete Viele Menschen seien gestorben und als es wieder regnete war niemand mehr da um den gereiften Sorghum zu ernten Die Erzahlung nimmt die mit der amharischen Herrschaft begonnene Entvolkerung vorweg 43 Die Amharen grundeten die Stadt Maji im Hauptlingstum Maji kuri als Verwaltungszentrum des Dizi Gebietes und siedelten amharische Soldaten unter den Dizi und anderen Ethnien an Diese erhielten die direkte Kontrolle uber die landwirtschaftlichen Flachen und die Arbeitsleistung der Einheimischen Der Amhara Dajac Damte wurde als Statthalter von Walda Giyorgis der erste Gouverneur von Dizi In gewissen Abstanden errichtete man umzaunte Heerlager die als Verwaltungszentren dienten und in denen die amharischen Soldaten mit ihren Familien zu ihrer Sicherheit untergebracht waren Den Dizi wurde ein System der Fronarbeit auferlegt bei dem sie als gabbar Staatshorige den Soldaten zu dienen hatten von denen Anfang des 20 Jahrhunderts vermutlich mehrere tausend im Dizi Gebiet stationiert waren Je nach Rang der Soldaten und Offiziere wurden ihnen nach unterschiedlichen Angaben zwischen drei und zehn Dizi Familien zugeteilt 44 Gabbar ist vom altathiopischen Wort gabr abgeleitet das im 16 Jahrhundert Sklave bedeutete Zunachst waren mit gabr Diener gemeint woraus sich das im Hochland Jahrhunderte zuvor bereits verbreitete Klassensystem der gabbar als tributpflichtigen Bauern entwickelte Es wurden sprachliche Unterschiede zwischen Kriegsgefangenen Sklaven an den Herrscherhofen und zu Frondiensten verpflichteten Bauern gabbar gemacht Nach Meneliks Eroberungen wurde das bislang auf das Hochland beschrankte gabbar System auf das sudliche Athiopien ausgeweitet Dieses zentralathiopische Ausbeutungssystem stand in enger Verbindung mit Sklavenhandel weil als Steuerzahlung haufig Kinder in die Sklaverei ubergeben wurden Die Herausgabe von Kindern wurde kleinen Landbesitzern und einfachen Bauern auferlegt die ihre Steuerlast nicht anderweitig ablosen konnten Diese Form zunehmender Ausbeutung zerstorte die Wirtschaft und ist fur den weitgehenden Kulturverlust verantwortlich Trotz internationalen Drucks und einigen Edikten der athiopischen Kaiser zuerst 1884 und dann in den 1920er Jahren wurde die Sklaverei in Athiopien erst 1936 tatsachlich abgeschafft 45 Konnten die Bauern ihren Steuerverpflichtungen nicht nachkommen wurden sie zur Fronarbeit im Gehoft ihrer amharischen Herren gezwungen ansonsten wurde sie oder ihre Familie als Sklaven verkauft Da die Bevolkerung im arbeitsfahigen Alter somit stetig abnahm wuchs die Abgabenlast fur die verbleibenden gabbar Die Phase der grossten Ausbeutung als die Dizi am starksten dezimiert wurden war zwischen 1910 und 1935 Wenn in dieser Zeit eine Garnison ausgewechselt wurde nahmen die meist aus der Provinz Shewa stammenden Soldaten ihre personlichen gabbar Familien als Sklaven mit 46 Ungeachtet dieser massiven Eingriffe in das Sozialsystem liess die athiopische Regierung die traditionellen Herrschaftsstrukturen der Hauptlinge beim Alten die jedoch von den mittellosen Bauern keine Abgaben mehr erwarten konnten und selbst zu armen Bauern degradiert wurden Die Hauptlinge waren aber nicht vollig rechtlos geworden sondern fungierten als ausfuhrende Organe der athiopischen Verwaltung Ein besonderes Ansehen bei den zentralathiopischen Behorden genoss der Hauptling Maji kuri der nach seiner Taufe den Namen Gabra Krestos annahm Er wurde als treuer Diener der Amharen mit der Verwaltung eines grossen Teils des Dizi Gebietes betraut und betatigte sich in den 1920er Jahren sogar selbst bei der burokratischen Abwicklung des Sklavenhandels indem er als eine der Stationen des Binnenzolls fungierte und die Papiere der Sklavenhandler abstempelte 47 Die Missionierung der Dizi erfolgte langsam und war kein dringendes Ziel der athiopisch orthodoxen Priester die sich in erster Linie zur Betreuung der Amharen in der Region aufhielten und nicht um die als zweitklassig eingeschatzten Schwarzen Schankilla durch die Taufe womoglich auf die eigene Stufe zu heben Jeder Priester und jeder dabtara erhielt drei bis funf Dizi Familien zugeteilt die Zwangsarbeit beim Bau von Kirchen leisten und die Kosten fur die Ausgestaltung ubernehmen mussten Ansonsten liessen manche Hauptlinge die vor der ubrigen Bevolkerung als erste zum Christentum ubergetreten waren auf eigene Kosten eine Kirche erbauen Im Jahr 1935 standen vermutlich neun oder zehn Kirchen im Gebiet von Dizi davon zwei in der Stadt Maji Danach ging die Zahl der Amharen stark zuruck weshalb zwei Kirchen in deren Umgebung keine Amharen mehr lebten aufgegeben wurden 48 Maji war bis 1935 ausschliesslich der Verwaltungshauptsitz des Dizi Gebiets und ein Marktort der nur von Amharen und ihren Sklaven bewohnt wurde Damals und bis in die 1970er Jahre bestand Maji wegen der Armut der Bevolkerung aus einer Ansammlung von schlecht gebauten einfachen Lehmhausern wahrend es ansonsten bei den Dizi nicht einmal grossere zusammenhangende Dorfer gab Britische Kolonialbeamte die bis 1935 die Region bereisten berichten zum einen von der elenden Lebenssituation der Dizi und erwahnen zum anderen eine im Hauptort Maji niedergelassene Gruppe von Viehraubern Sklavenhandlern und gesetzlosen Elefantenjagern aus Kenia Swahili und aus dem Iran stammende Belutschen auf Swahili Wabulishi 49 die haufig im Verein mit athiopischen Offizieren Streifzuge jenseits der Grenze in Uganda Sudsudan und Kenia unternahmen Die Dizi hatten mit diesen Zustanden wenig zu tun es sei denn sie mussten als Trager ihrer amharischen Herren mitmarschieren Die anarchischen Zustande begunstigten seit den 1920er Jahren Uberfalle von in der Umgebung lebenden nilotischen Gruppen wie etwa den Mekan Me en auf die Dizi obwohl die Niloten nach alter Tradition durch gewisse gemeinsame Rituale mit den Dizi verbunden waren 50 Einige britische Quellen aus dieser Zeit machen quantitative Angaben zur Zahl der Dizi In einem Bericht des britischen Verwaltungsfachmanns Frank de Halpert von 1935 heisst es die Bevolkerungszahl im nicht definierten Gebiet Maji sei von 10 000 im Jahr 1922 auf 2 000 im Jahr 1932 zuruckgegangen Vergleichbare Zahlenverhaltnisse machen auch andere Augenzeugen Eike Haberland 1993 fasst diese Zahlen zu einer groben Schatzung zusammen Demnach konnten vor 1898 bis zu 100 000 oder mehr Dizi gelebt haben und 1941 vielleicht noch 10 000 bis 15 000 Im Jahr 1974 lebten aus den Statistiken der Steuerzahler hochgerechnet ungefahr 30 000 Dizi 51 nbsp Kamele transportieren Nachschub fur die athiopische Armee 1941Sklaverei Ausbeutung Misswirtschaft mangelhafte Verwaltung und die allgemeine mittelalterliche Ruckstandigkeit der Region wurden ab den 1930er Jahren von der athiopischen Regierung zunehmend als ein Problem fur die internationale Reputation des Landes wahrgenommen Frank de Halpert war Berater des athiopischen Innenministers und sollte die Massnahmen zur Abschaffung der Sklaverei koordinieren Die von ihm angegebenen Zahlen zum Bevolkerungsverlust bei den Dizi in einem Jahrzehnt halt er fur den schlimmsten Ausdruck von Sklaverei in ganz Athiopien De Halpert aussert sich entsetzt uber die Entscheidung des Kaisers Haile Selassie ausgerechnet Ras Getatcho den korrupten Innenminister der mit seinen Soldaten einige Jahre zuvor an den Versklavungen beteiligt war Anfang der 1930er Jahre zum Gouverneur von Kaffa und Dizi zu ernennen Da sich die Situation nicht gebessert hatte und der Sklavenhandel weitergegangen war setzte der Kaiser im Juli 1935 Ras Getatcho ab und deklarierte Dizi zur kaiserlichen Hausprovinz mit einem neuen athiopischen Gouverneur der vom britischen Offizier Daniel Sandford 1882 1972 beraten wurde Dies hatte keine positiven Auswirkungen mehr fur die Dizi denn Ende 1935 begann die Armee des faschistischen Konigreichs Italien im Abessinienkrieg mit dem Angriff auf den Suden Athiopiens In der Zeit bis zum Zusammenbruch des athiopischen Kaiserreichs im Mai 1936 organisierten die versklavten Dizi gabbar einen Aufstand bei dem viele Amharen umgekommen sein sollen Fur die Dizi brachte die italienische Militarherrschaft einige Erleichterungen Die italienischen Militars beendeten das gabbar System und zwangen die meisten Amharen in ihre Herkunftsregion zuruckzukehren Sie konnten jedoch nicht die im Suden stationieren eritreischen Kolonialtruppen und die irregularen sudathiopischen Soldner kontrollieren unter deren Plunderungen die Dizi litten 52 Nach der Niederlage der italienischen Kolonie am Horn von Afrika im von den Briten gefuhrten Ostafrikafeldzug 1941 wurde wieder die amharische Verwaltung eingefuhrt zwar ohne das gabbar System aber erneut mit Zwangsmethoden und Ubergriffen Dagegen kam es 1946 1947 um das Dorf Jabba im Westen des Dizi Gebiets zu einem Aufstand bei dem zu einem Steuerstreik ausgerufen wurde und an dem sich auch die Mekan beteiligten Ein vom Kaiser entsandter amharischer Gouverneur fuhrte eine zweimonatige Strafexpedition durch bei der viele Dizi starben und die Radelsfuhrer des Aufstands offentlich gehangt oder ausgepeitscht wurden Bis mindestens in die 1970er Jahre ging das System der Unterdruckung durch eine korrupte Verwaltung weiter und das Dizi Gebiet blieb eines der wirtschaftlich ruckstandigsten von Athiopien Maji und der kleine Marktort Jabba waren in den 1970er Jahren die einzigen Siedlungen im Dizi Gebiet die Einwohner beider Orte lebten verarmt in einfachsten Lehmhausern Maji besass den einzigen Wochenmarkt im Umkreis von 200 Kilometern mit einem bescheidenen Warenangebot 53 Bis 1974 lag die Macht auf lokaler Ebene in den Handen der von der Verwaltung eingesetzten einheimischen Hauptlinge Clan Altesten oder traditionellen Heilern allgemein balabbat einer der einen Vater hat das heisst von respektabler Abstammung ist Die Hauptaufgabe des einheimischen oder manchmal amharischen balabbat war die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Umsetzung der vom Kaiser erlassenen Verordnungen in einem fortgefuhrten System der Unterdruckung mit geringen sozialen Veranderungen 54 Militarregierung und Volksrepublik Bearbeiten Mit der durch einen Militarputsch gegen den Kaiser Haile Selassie 1974 an die Macht gekommenen kommunistischen Militarregierung Derg anderte sich die Situation fur die Dizi und die anderen kleinen Ethnien grundlegend Fur den Derg standen diese Gruppen auf der untersten Stufe der evolutionaren Entwicklungsleiter deren primitive feudale Strukturen zu uberwinden seien Wo es noch traditionelle Hauptlinge oder Heiler mit einem gewissen Einfluss gab mussten deren Insignien zerstort werden um sie ihrer Macht zu berauben manche wurden umgebracht andere verschwanden im Untergrund und konnten ihre gesellschaftlichen Aktivitaten teilweise fortsetzen Der Derg enthob die traditionellen Hauptlinge ihrer politischen Amter und legte sie auf eine rein kulturelle Rolle fest Die Hauptlingstumer existieren seitdem nur dem Namen nach weiter Aber ab 1990 bedrohten die nunmehr mit modernen Gewehren ausgerusteten Surma die in der Tiefebene sudlich und sudwestlich der Dizi in Hohen unter 1000 Metern leben die von der Demokratischen Volksrepublik Athiopien im Maji Gebiet stationierten Soldaten sodass diese ihre Posten verliessen 55 1991 ubernahm in Addis Abeba die EPRDF die Macht Ethnische Konflikte Bearbeiten Die nilotischen Surma die nach der mundlichen Uberlieferung im 18 Jahrhundert vermutlich aus dem Sudsudan kamen liessen sich in jungerer Zeit in ihrem heutigen Siedlungsgebiet am Fuss der Dizi Berge nieder saisonal drangen sie in ein Gebiet ein das von Dizi als Weideland zur Jagd und fur die Bienenzucht genutzt wird Anfang der 1990er Jahre wurden die Surma auf 28 000 und die Dizi auf 23 000 geschatzt Zwischen beiden Ethnien galt eine rituelle Abmachung fur das gemeinsam beanspruchte Land Deren Zustandekommen ist unklar moglicherweise diente die Einfuhrung eines die Abmachung rechtfertigenden Mythos von einer gemeinsamen Abstammung der Festigung eines vorausgegangenen Waffenstillstandes 56 Wahrend den Surma Ritualexperten in der Tiefebene die magische Fahigkeit zum Regenmachen zugesprochen wurde so galt dennoch auch fur die das Land der Dizi nutzenden Surma der Adi kyaz der Dizi als die oberste Autoritat als Regenmacher Jedes Jahr brachten die Surma deshalb dem Adi kyaz im Mai vor dem Beginn der grossen Regenzeit einen schwarzen Ochsen und eine schwarze Ziege damit sie in Durrezeiten mit ihrem Vieh auf das Dizi Land konnten 57 Daruber hinaus gab es einen Warenaustausch und gewisse kulturelle Ubernahmen zwischen beiden Gruppen Plunderungen Diebstahl und Totungen konnte der gemeinsame Mythos nicht verhindern Ab Mitte der 1980er Jahre kam es vor dem Hintergrund von knappem Weideland und Durreperioden verstarkt zu Spannungen zwischen Surma und Dizi Mit Militargewehren ausgerustete Surma uberfielen und toteten in einem besonderen Vorfall im Juni 1992 anscheinend anlasslos drei Dizi Madchen ausserhalb ihres Dorfes Die Dizi die keine Waffen besitzen durften weil sie in der Nahe von athiopischen Armeeposten lebten erhielten von den Verwaltern wenig Schutz oder Unterstutzung Das Machtgefuge zwischen mehreren Gruppen in der Grenzregion hatte sich durch die weite Verbreitung automatischer Maschinengewehre vom Typ Kalaschnikow verschoben Die Surma gingen gegen die Dizi vor weil sie von den stark bewaffneten Nyangatom aus dem umstrittenen Ilemi Dreieck bedrangt wurden letztere wiederum wurden von Turkana mit Unterstutzung der kenianischen Armee nach Norden getrieben Dagegen standen die in Maji stationierten athiopischen Soldaten 58 Im instabilen und von Gewalt gepragten Umfeld der Surma in der sudwestlichen Grenzregion starben bei ethnischen Konflikten und Bestrafungsaktionen des athiopischen Militars in den 1990er Jahren mehrere hundert Menschen 59 An die Stelle ritualisierter Konfliktlosungsstrategien ist die gewaltsame Durchsetzung eigener Vorteile der militarisch uberlegenen Gruppe getreten Auf der athiopischen Seite hat seit den 1990er Jahren der Einfluss der Armee zugenommen wahrend in Kenia und Sudsudan die Macht ethnischer Gruppen starker geworden ist Abgesehen vom Einsatz moderner Waffen war die Region um die Jahrtausendwende technologisch etwa im Bereich der Subsistenzlandwirtschaft kaum anders ausgerustet als einhundert Jahre zuvor 60 Bei den Surma gelangte vor allem die Altersklasse der jungen Manner in den Besitz von Waffen die sie gegen die weiter nordlich siedelnden Anuak einsetzten weil die Anuak ihnen untersagten am Fluss Akobo nach Gold zu schurfen Dieser Konflikt zwang die Surma sich von dort zuruckzuziehen und brachte sie wiederum naher an die Auslaufer der von den Dizi bewohnten Berge Die jungen Surma agierten unabhangig von den Alteren und betrieben die gewaltsame Abgrenzung ihres Weidelandes zugleich zur Selbstdarstellung innerhalb ihrer Altersklasse worunter hauptsachlich die Dizi zu leiden hatten Die gewalttatig agierenden jungen Surma Viehzuchter betonten also ihre Eigenstandigkeit gegenuber der staatlichen Verwaltung in deren geographischer Nahe und Abhangigkeit sie die Dizi sahen 61 Gesellschaft Bearbeiten nbsp Dizi Familienangehorige nbsp Vater und Sohn nbsp Dizi MadchenKastenordnung Bearbeiten Abgesehen von den Dizi bestanden in Athiopien die Gesellschaften aus uber 90 Prozent gemeinfreien Bauern von denen sich nur die Adligen durch einige Privilegien abgrenzten Dieser grossen wenig differenzierten Mehrheit standen und stehen allgemein kleine Gruppen von schlecht angesehenen Randexistenzen gegenuber Eine Besonderheit bildeten die kleinen Hauptlingstumer in Sudwest Athiopien zu denen eine teilweise grossere Zahl von Sklaven gehorten Die traditionelle Gesellschaftsstruktur der Dizi bestand aus einem rigiden System von hierarchischen Kasten das in Athiopien und im gesamten Nordosten Afrikas einzigartig war Die Kasten der Dizi haben gewisse Ahnlichkeiten mit der bis ins 18 Jahrhundert in Europa ublichen Standeordnung die von uberwiegend endogamen Heiraten innerhalb der die Bevolkerungsmehrheit bildenden Stande Adel Burger Bauern und weitere Untergruppen gepragt waren Anders als in Europa war es bei den Dizi aber nicht moglich die gesellschaftlichen Grenzen zu ubertreten und die mit der Geburt erworbene Sozialgruppe zu verlassen Der Begriff Stand ist daher nur bedingt verwendbar und ebenso ungenau wie Kaste da es sich nicht um Berufskasten handelt die mit Ausnahme der Schmiede bei den Dizi unbekannt waren Ungeachtet dieser Begriffskritik gliedert Eike Haberland die Gesellschaft der Dizi hierarchisch in Kasten und betrachtet die Dizi hierbei als Ausnahme wahrend Alula Pankhurst 1999 den Begriff Kaste fur Sudwest Athiopien generell ablehnt ohne jedoch gesondert auf die Dizi einzugehen Die Minimaldefinition fur Kasten in der Afrikanistik edogame Handwerkergruppen fuhrte zu einer grosszugigen Verwendung des Begriffs 62 Die von Pankhurst fur die begriffliche Zuordnung einer Gesellschaft als Kastensystem herangezogenen sechs Kriterien erscheinen fur Sudwest Athiopien als zu einem grossen Teil erfullt Endogamie Ausschlussregeln bei Tischgemeinschaften hierarchische Abstufungen Reinheitsgebote Berufszugehorigkeit und Sozialstatus Pankhurst kritisiert aber unter anderem dass sich Reinheitsgebote nur auf Nahrungstabus beschranken und religios mythische Begrundungen anders als in Indien zur Legitimierung der gesellschaftlichen Strukturen wenig ausgepragt sind 63 Die Gesellschaftsstruktur der Dizi setzte sich den Untersuchungen Eike Haberlands zufolge aus sechs Kasten in einem ausgewogenen Grossenverhaltnis zueinander zusammen 64 Die oberen drei Kasten umfassten die angesehenen Burger der Gesellschaft karyab Adlige nang Kleinadel wenige Prozent und zaku Horige uber die Halfte der Bevolkerung Ihre Mitglieder heirateten bevorzugt in der eigenen Kaste und auch untereinander Zusammen verstanden sie sich als eine gesellschaftliche Einheit yab dad wortlich Menschen Kind gemeint anstandige Menschen analog bei den Amhara yasaw lej gegenuber den verachteten drei unteren Gruppen geymi besondere Kaste wohl knapp ein Viertel ri gwond Schmiede wenige und kwoygi Jager wenige Prozent 65 Schmiede die manchmal auch mit Holz umgehen wahrend ihre Frauen Topferwaren produzieren und Jager die teilweise nebenher Handwerke wie Lederverarbeitung ausuben leben in vielen afrikanischen Gesellschaften am ausseren Rand ohne jedoch eigene Kasten zu bilden Vor allem den Schmieden werden magische Fahigkeiten zugesprochen weshalb sie als Heiler und Ritualexperten gefragt sind Einer mythischen Uberlieferung zufolge soll der urzeitliche erste Hauptling der Dizi das Kastensystem eingefuhrt haben indem er seine Kinder in karyab nang zaku und geymi einteilte Nach einer anderen Erzahlung hatte ein Hauptling Sohne die Kleinadlige nang und Horige zaku waren die aber durch die haufig in sudathiopischen Mythen die Aufspaltung von Reichen erklarende Ubertretung von Nahrungstabus verstossen wurden und neue Kasten grundeten Des Weiteren sagen Uberlieferungen aus dass die aus dem Norden dem athiopischen Hochland eingewanderten Gruppen bereits verschiedene Kasten im Land der Dizi antrafen 66 In der Hierarchie standen an oberster Stelle die Adligen karyab die Familien der Hauptlinge die fast alle nach der Tradition wie haufig in Afrika ursprunglich von anderswo eingewandert waren Wenn moglich heirateten die Adligen untereinander es waren auch Heiraten zwischen einfachen Adligen Kleinadligen nang und Horigen zaku erlaubt Die Hauptlinge der unterschiedlichen Rangstufen waren die politisch Machtigen und waren zugleich die religiosen Fuhrer die ubrigen Mitglieder der Adelsfamilien besassen keine besondere Macht und lebten mehrheitlich wie einfache Bauern Die nang wegen ihrer Stellung zwischen Adel und Horigen mit Kleinadligen ubersetzt bildeten in der Hierarchie die zweite Kaste die nur aus wenigen Mitgliedern bestand Anders als die Horigen durften sie ihren Grundbesitz frei vererben besassen aber nicht die Privilegien der Adligen Mannliche nang mit einer bestimmten sozialen Stellung die beispielsweise von den zaku und geymi Steuern eintrieben durften kein rohes Getreide beruhren Weil sie dies in mythischer Vorzeit einmal taten sollen die nang ihre Zugehorigkeit zum Adel verloren haben Dieses Nahrungstabu ist fur die Adligen verpflichtend ebenso das Verbot Schafe Ziegen und die Vorderbeine von Kuhen zu verzehren Die Horigen zaku bildeten die grosse Gruppe der Bauern mit nur wenigen Besitz und sonstigen Rechten die aber noch zu den anstandigen Menschen gehorten Einem Mythos zufolge habe ein Hauptling seine Kinder in Adlige Kleinadlige und Horige eingeteilt oder es wird die Nichtbeachtung eines Nahrungstabus angefuhrt Die zaku hatten demnach aus Versehen rohe Gerste oder rohen Teff beruhrt und seien so von ihrem adligen Status abgefallen In der hierarchischen Gliederung innerhalb der zaku gab es die Manner die als die altesten Sohne von altesten Sohnen den Ehrentitel zaku trugen und in dieser Position wie die Adligen kein Getreide beruhrten Sie konnten einfache politische Amter innehaben und genossen ein gewisses Ansehen Unter ihnen standen in weit grosserer Zahl die zaku dadu zaku Kinder und die noch rangniedrigeren horn amharisch yasedeb sem Innerhalb der Dizi Gesellschaft gab es keine Sklaven aber eine Form von Abhangigen oder Schuldsklaven die tsak genannt wurden und aus den Reihen der zaku stammten Die tsak waren einem Herren babes zugeteilt fur den sie arbeiten mussten Sie waren kein Eigentum ihres Herren und durften nicht verkauft werden ihr Sklavenstatus war unveranderlich und wurde an die nachste Generation weitervererbt Ausser durch Geburt konnte ein zaku in die Schuldsklaverei geraten wenn er ein Gewaltverbrechen begangen hatte und den Blutpreis an die Familie des Opfers nicht bezahlen konnte Ein Adliger konnte den Blutpreis an seiner Stelle entrichten und den Schuldigen vor dem Tod retten der nun zum Abhangigen des Adligen geworden war Auch aus anderen Notsituationen konnte ein Adliger einen zaku befreien und ihn damit auf Dauer an sich binden Die tsak waren in allen wesentlichen Entscheidungen von der Erlaubnis ihrer Herren abhangig die im Gegenzug fur die tsak eine gewisse Verantwortung trugen 67 Die vierte Kaste der geymi umfasste etwa ein Viertel der Bevolkerung die zur verachteten Schicht gehorte und kein Amt ausuben durfte Die geymi wurden zwar wegen ihrer Unreinheit von der ubrigen Bevolkerung gemieden sie hatten aber eine magische Bedeutung und waren an Ritualen der Hauptlinge beteiligt Bei der Inthronisation eines Hauptlings brachten sie die heiligen Insignien sie waren die Totengraber auch fur die Hauptlinge und Henker Fur ihre Dienste bei sakralen Opferungen erhielten sie Teile der Opfertiere einschliesslich der Haute die sie gerbten Abgesehen von solchen offiziellen Aufgaben der Ranginhaber ubten die einfachen geymi keine spezielle Tatigkeit aus sondern lebten als landlose Bauern Die Tatigkeit des Ritualexperten war erblich und brachte die geymi in eine konkurrenzlose bedeutende Position in der sie etwa auch Vorkoster beim Essen und Biertrinken der Hauptlinge waren Insofern wurden sie sowohl geachtet als auch fur ihre Verfluchungen mit denen sie jemanden zu Tode bringen konnten gefurchtet Als Bedienstete des Hauptlings trugen sie den Titel babu Plural babes ehrwurdiger Alter und spielten auch dessen Zeremonialinstrumente Trommeln und Elfenbeintrompete Die Schmiede waren die einzige Berufskaste Sie heirateten endogam und spielten wie die gyemi eine besondere Rolle Die erstgeborenen Manner die Gerate fur die Hauptlinge schmiedeten waren auf einer Rangstufe auf der sie kein rohes Getreide beruhrten Nach ihrer Tatigkeit wurden zwei Gruppen unterschieden Die uri lebten nur in Gegenden in denen sie Eisenerz schurfen konnten das sie zu Eisen schmolzen und daraus Armringe herstellten Die gond oder als Berufsbezeichnung nagen kati Eisen Schmieder lebten uberall und fertigten Werkzeuge und Waffen an Auf der sechsten und untersten Stufe oder vielleicht ausserhalb der Dizi Gesellschaft standen die wenigen Jager kwoygi die verstreut in den Waldern zwischen dem Hochland und der Savanne und zwischen den ethnischen Gruppen umherzogen Uber ihre Alltagskultur ist wenig bekannt ausser dass sie nicht die strengen Nahrungstabus der Dizi befolgten 68 Im Hinblick auf diese von Eike Haberland erarbeitete und rekonstruierte Gesellschaftsgliederung die so in ihrer Gesamtheit zur Zeit der Feldforschung des Autors in den 1970er Jahren nicht mehr existierte befragte Akira Deguchi 1996 bei seinem Aufenthalt 1989 1990 die Dizi im Hauptlingstum Sai nach ihrer gegenwartigen gesellschaftlichen Gliederung und fand eine hierarchische Einteilung in folgende Gruppen An oberster Stelle stehen demnach der Hauptling sikiyasu der Dorfvorsteher koichiezi und ihre Verwandten kaariyab sowie der Ritualexperte baabaishi und seine Verwandten Der baabaishi kann zu den Sai Dizi oder zu den uruki gehoren An zweiter Stelle folgt der uruki der ursprunglich kein Sai ist mit seinen mannlichen Nachkommen Auf der untersten Stufe stehen die Bediensteten geima bei Haberland geymi Jager kwoygi fand Deguchi nicht und uber die niedrigen Adligen nang erhielt er keine eindeutigen Aussagen Das Sai Land sei prinzipiell Eigentum des Hauptlings doch konne jeder Dizi eigenes Land besitzen und bewirtschaften Die Informanten unternahmen demnach keine Einteilung in Freie und Abhangige 69 Von Haberland erwahnte Endogamieregeln und Meidungsgebote die er im Adikas Gebiet fand waren 1989 in den Sai Bergen offenbar nicht bekannt aufgeweicht oder betrafen nur die Amtstrager selbst und nicht deren gesamte Sozialgruppe Haberland erhielt seine Informationen hauptsachlich von den Hauptlingen Deguchi befragte die Allgemeinbevolkerung Als Ergebnis seiner Feldforschung halt Deguchi Haberlands striktes hierarchisches Modell der Kasten fur ungeeignet und bemuht stattdessen das Bild des Regenbogens mit Farbstreifen in definierten Positionen aber mit fliessenden Ubergangen 70 Erbfolge und Meidungsgebote Bearbeiten Ebenso streng wie das Kastensystem waren die ubrigen gesellschaftlichen Normen geregelt Bei der Erbfolge herrschte wie in ganz Athiopien Primogenitur jedoch starker ausgepragt als anderswo Der alteste Sohn war nicht nur der Haupterbe und trat in den Rang seines Vaters bei den Dizi wurde ausschliesslich der alteste Sohn zum Erben des Familienbesitzes und er ubernahm als einziger die Kastenebene und rituellen Befugnisse des Vaters Nur er musste die Nahrungstabus und Meidungsgebote einhalten und trug den Namen der Kaste nang oder zaku als Ehrentitel Die Bruder des Erstgeborenen waren schlicht Sohne der Kaste nang dadu oder zaku dadu Die Erstgeborenen hatten eine Rangstufe weit uber den gemeinen Kastenmitgliedern so konnten etwa ein erstgeborener zaku oder seine Tochter Adlige heiraten 71 In den traditionellen Religionen Nordostafrikas auch bei den Dizi waren Fische Vogel Eier und etliche Wildtiere mit einem Verzehrverbot belegt Als essbar galten die gezuchteten Tiere Rinder Schafe und Ziegen mit ihren Wildformen Buffel und Antilopenarten Bei den oberen Kasten vieler Ethnien war die Auswahl noch geringer und beschrankte sich auf Rinder und Schafe Die Adligen und die hohen Range der Dizi verzehrten keine Schafe keine Ziegen und keine Vorderbeine von Rindern Adlige Dizi assen auch keine fermentierte Ensete also einen kocho genannten Brei der in Sudathiopien haufig das Hauptnahrungsmittel ist Einzigartig fur die oberen Dizi Gruppen war das Beruhrungsverbot von roher Gerste und rohem Teff die jedoch gekocht oder zu Bier gebraut genossen werden durften Das Verbot galt aus unklaren Grunden nicht fur rohen Sorghum Weitere komplexe Beruhrungsverbote zwischen Adligen und unreinen Kastenangehorigen pragten und beschrankten das Alltagsleben 72 Materielle Kultur Bearbeiten nbsp Von Ensete umgebenes Haus der Dizi mit Strohdach Im Vordergrund SorghumHaus und Gebrauchsgegenstande Bearbeiten Fur die Dizi sind wie fruher fur ganz Athiopien zwischen den landwirtschaftlichen Anbauflachen verstreute kleine Gehofte typisch die nur selten zusammenhangende Siedlungen bilden Hatte ein Ehemann fruher mehrere Ehefrauen so wohnte jede Frau in einem eigenen Haus Der Mann besass kein eigenes Haus sondern wohnte und ass abwechselnd bei einer der Frauen seinen personlichen Besitz bewahrte er ublicherweise im Haus der ersten Frau auf Die Hauser sind wie in der gesamten Region von Ensete Pflanzungen umgeben Die nach der Mitte des 20 Jahrhunderts nur noch selten anzutreffende traditionelle Unterkunft der Dizi war eine drei bis vier Meter hohe ungefahr elliptische Gras und Strohhutte mit einem Durchmesser von mindestens funf Metern und einem bis zum Boden reichenden Dach Die Konstruktion hielt an langen elastischen Stangen die im Kreis in den Boden gesteckt und an der Spitze zusammengebunden wurden An der Innenseite wurden die Dach Wandflachen mit einer Mischung aus Lehm und Kuhdung verputzt um eine Winddichtigkeit zu erreichen Der oft nur ein Meter hohe Eingang wurde nachts mit einer Holzplatte oder Flechtmatte verschlossen Man kochte auf einer Feuerstelle in der Mitte um die sich nachts die Familie zum Schlafen legte An die Stelle dieser Bauform ist das in weiten Teilen Athiopiens auf dem Land ubliche Kegeldachhaus tukul mit Strohdach und senkrechten Wanden aus Holzstangen mit Lehmbewurf getreten falls nicht gleich zu einem rechteckigen Lehmhaus mit flachem Satteldach aus Wellblech ubergegangen wurde 73 In der Umgebung von Jabba im Nordwesten und am Sud und Sudostrand des Dizi Gebietes wurde fruher aus Laterit und Holzkohle Roheisen geschmolzen und dieses vor Ort zu einfachen Eisenwerkzeugen geschmiedet Nach der Mitte des 20 Jahrhunderts verwendeten die Schmiede wie allgemein hierfur als Rohmaterial Autoschrott Typisch fur die Dizi Eisenwerkzeuge Messer Axte Grabstocke ist die Verbindung mit den Holzgriffen oder stielen durch Dornschaftung das Eisen wird in ein Loch im Holz gesteckt Zu den wenigen selbst hergestellten Eisengegenstanden gehoren Kuhglocken mit Kloppeln in einer flachen geschlossenen Form und einer offenen Form aus zwei Halbschalen 74 Ohne spezialisierte Topferkaste beschrankt sich die Topferei bei den Dizi auf eine Form eines grobschlachtigen rundbauchigen Topfes der oben in einen Zylinder ubergeht und in verschiedenen Grossen mit ungefahr 15 bis 30 Zentimeter Durchmesser hergestellt wird Diesen henkellosen Topf verwenden die Dizi universell in der Kuche er ist ausser bei den benachbarten Sheko in Athiopien unbekannt Daneben stellen die Dizi rundbauchige Amphoren mit zwei seitlichen Henkeln am Hals her in denen Bier gebraut und aufbewahrt wird Dieser iyaru genannte Topf kommt in ganz Athiopien vor amharisch gan Eine kleinere Variante mit langem Hals wird zum Kaffeekochen verwendet 75 Die Dizi kannten fruher das Verbot Milch in Tongefasse zu fullen und verwendeten stattdessen beim Melken und zur Aufbewahrung von Milch Kalebassen In diesem Verbot sieht Eike Haberland 1993 einen entfernten Bezug zu dem die gesamte Kultur pragenden Kult um Rinder bei den nilotischen Viehhirten Ostafrikas den Melville J Herskovits 1926 als cattle complex bezeichnete 76 Fur diese Verwendung sollen die Dizi in fruherer Zeit auch Holzgefasse hergestellt haben Bei Festen wurde Bier in flache Holztroge gefullt und von dort herausgeschopft 77 Musikinstrumente und Sakralgegenstande Bearbeiten nbsp Achtsaitige Schalenleier endongo aus Uganda Tropenmuseum Amsterdam vor 1955Die zahlreichen Musikkulturen Sudathiopiens stehen im Schatten der wesentlich mit den Amharen verbundenen Musik des Hochlandes und wurden im Unterschied zu dieser kaum erforscht Wahrend im Hochland eine relativ grosse Zahl von Musikinstrumenten aufgeteilt nach ihrer Verwendung in der religiosen Musik oder in der von Berufsmusikern gespielten Unterhaltungsmusik vorkommen sind der Suden und die ostlichen Ebenen Athiopiens Oromo Afar und am gesamten Horn von Afrika mit Ausnahme der von Arabien beeinflussten Musik der Somali arm an Musikinstrumenten Die Oromo verwendeten lediglich Trommeln und Klangholzer bei Tanzen erzeugten die Frauen der zu den Oromo gehorenden Borana den Rhythmus indem sie mit den Fussen auf am Boden ausgebreitete Haute stampften 78 Ebenso wenig traditionelle Musikinstrumente besitzen die sudlichen und westlich nilotischen Nachbarn der Dizi Eine den Balladensangern azmari oder Kirchensangern dabtara vergleichbare Gruppe von Berufsmusikern fehlt ebenfalls im Suden Dagegen besassen die Dizi und andere omotische Sprachgruppen ein deutlich umfangreicheres Inventar an Musikinstrumenten Die Wolaytta kannten etwa mehrere Rohrfloten drei Langs und Quertrompeten vgl die Langstrompete waza der Berta ein Xylophon eine Leier und drei Trommeln Traditionelle Musikinstrumente der Dizi und anderer omotischer Sprachgruppen deren Typus auch bei den Amharen im Hochland vorkommt sind mehrere Arten von Leiern Langsfloten Trommeln aus Ton und Holz sowie langs und quer geblasene Trompeten Andere Instrumente die im Hochland nicht vorkommen haben die Dizi und ihre Nachbarn mit den Niloten im Suden gemeinsam Eintonfloten unterschiedlicher Tonhohen die zu mehreren vereint Melodien spielen Panfloten fruher bei Hirten Xylophone in der einfachsten Form mehrere halftig gespaltene Aste auf zwei parallel am Boden liegenden Ensete Blattrippen angeordnet Kalebassenrasseln Schellen aus Eisen Glocken und Lamellophone tantang regional erst im 20 Jahrhundert eingefuhrt Ein weiteres Instrument das im Hochland nicht vorkommt ist eine kugelformige Gefassflote in Maji wuter und auf Dime boka genannt aus einer Fruchtschale deren Typus uberwiegend weiter westlich in Uganda und am Kongo lofolongo 79 verbreitet ist Es ist unklar ob die Dize fruher eine Gefassflote mit zwei Fingerlochern wie bei den Dime oder mit vier Fingerlochern wie bei den Sheko besassen Bei beiden Gruppen waren Gefassfloten in den 1950er Jahren haufig in den 1970er Jahren nur noch selten anzutreffen Einzigartig fur ganz Afrika waren fruher in Sudathiopien zumindest bei Gawwada Sprechern durch die Nase geblasene kleine Kugelfloten Die Schalenleier ist das bis heute beliebteste traditionelle Musikinstrument der Dizi Leiern gelangten vom Alten Agypten den Nil aufwarts und sind heute im Nordosten Afrikas und in den Kustenregionen der Arabischen Halbinsel verbreitet Schalenleier tanbura Das aksumitische Reich gilt als Ausgangspunkt fur die Verbreitung der Kastenleiern in Athiopien Die amharische Kastenleier beganna wird im Hochland in der sakralen Musik gespielt und die amharische krar hat einen schalen oder kastenformigen Korpus ansonsten sind die heutigen afrikanischen Leiern mutmasslich vom athiopischen Hochland aus verbreitete Schalenleiern 80 Im Umkreis der Dizi gehoren hierzu die tom der Schilluk im Sudsudan und die endongo in Uganda Die Dizi unterscheiden nach der Grosse namentlich funf Leiern deren Ansehen mit zunehmender Grosse wachst Die grosste Leier gaz mit sechs Saiten durfte fruher nur von Adligen gespielt werden und wurde in ihrer Wertschatzung mit Kirchenleier beganna verglichen Sie kam bei Hochzeiten und Begrabnissen von Hauptlingen zum Einsatz Die Verbindung zur beganna geht auch aus der Chronik des Adi kyaz hervor in der es heisst dass der Konig von Gescha ein Distrikt im Sudwesten eine Leier wie die beganna besass zu deren Begleitung seine Tochter sang oder tanzte 81 Die ubrigen Leiern besitzen nur funf Saiten die zweitgrosste Leier coyngi oder congi die mittelgrosse kuncʿa die kleine kib a und die kleinste Leier bar Alle Leiern der Dizi besitzen symmetrisch schrag vom Korpus nach aussen verlaufende Jocharme Der Korpus besteht aus einer runden leicht ovalen Holzschale deren grosste Ausdehnung parallel zur Jochstange verlauft und die mit Ziegen oder Antilopenhaut bespannt ist Die Saiten traditionell aus Pflanzenfasern verlaufen von einem zentralen Befestigungspunkt am unteren Rand der Korpusdecke uber einen ungefahr mittig aufgesetzten Steg spitzwinklig auseinander bis zur Jochstange an der sie mit dicken Wicklungen festgebunden sind Bei den Amharen ist die krar ein Instrument der berufsmassigen Barden Zwar kennen die Dizi keine Berufsmusiker sie bildeten aber als eine Besonderheit in ganz Athiopien nach einem Bericht von 1960 grosse Orchester mit mindestens 14 Leierspielern 82 Die genannten Musikinstrumente dienten oder dienen der eigenen und kollektiven Unterhaltung Fur die zeremonielle Musik und als Insignien des Hauptlings waren grosse Rohrentrommeln tarbu unentbehrlich Die Trommeln sind ungefahr zylindrisch und nach beiden Seiten etwas verjungt fassformig aus einem Holzstamm geschnitzt haufig aus dem weichen Holz von Cordia africana amharisch wanza Beide Enden sind mit Hauten bespannt die fast uber den gesamten Korpus gezogen und in der Mitte gegeneinander verschnurt wurden Die Klange der mit den Handen geschlagenen Trommel symbolisierten die Macht des Hauptlings Deshalb war es das erste Ziel des Feindes bei den zahlreichen Kleinkriegen bis zum 19 Jahrhundert die Zeremonialtrommel des Hauptlings zu entwenden oder sie zu zerstoren Fur die Unterhaltungsmusik gab es kleinere Trommeln kul e nbsp Elfenbeintrompete vom unteren Kongo vor 1885Ebenso bedeutungsvoll fur den Hauptling waren Quertrompeten vor allem Elfenbeintrompeten die in der zeremoniellen Musik des Herrschers und als seine Insignien in einem grossen Gebiet von Westafrika uber das Kongobecken bis Ostafrika verbreitet waren Elfenbeintrompeten werden durch ein seitliches Loch nahe an der Spitze angeblasen Sie wurden bei Zeremonien des Herrschers etwa bei seiner Inthronisierung und Bestattung und zur Verkundigung besonderer Ereignisse eingesetzt Ihre Verwendung bei den Dize den benachbarten Dime und den Anuak im Sudsudan bildete in Ostafrika den nordlichen Auslaufer der Verbreitungsregion Wegen ihrer Grosse und kunstvollen Verzierung aussergewohnliche Elfenbeintrompeten waren die siwa der Swahili Herrscher die Vasco da Gama 1498 bei seiner Ankunft an der ostafrikanischen Kuste zu horen bekam und als erster Europaer erwahnte Die Elfenbeintrompeten der Dizi waren an der Oberflache unbearbeitet dafur mit Hautstreifen uberzogen und besassen einen Trageriemen Ebenso zeremoniell oder fur Ankundigungen verwendet wurden die langen schlanken Bambustrompeten malakat mit Schallbechern aus Metall oder Kalebassen im athiopischen Hochland die jedoch typologisch den westafrikanischen kakaki naherstehen Kurzere Quertrompeten aus Tierhornern Buffel oder Antilopenhorner oder aus mit Leder uberzogenem Holz gehorten ebenso zum Instrumentarium der Hauptlinge Dunne holzerne Quertrompeten von bis zu 70 Zentimetern Lange wurden vom einfachen Volk bei Hochzeiten Beerdigungen und zur Ankundigung von Versammlungen geblasen 83 Diese zweitrangigen Trompeten sind funktionell mit den Rinderhornern mbiu der Swahili vergleichbar Ferner werden in der Region eine Vielzahl von quer geblasenen Antilopenhornern als Signalinstrumente verwendet 84 Ausser den in schwarzafrikanischen Kulturen verbreiteten Insignien des Herrschers Trommel und Trompete gehorten Halsketten und Armringe bei den Dizi zu den Symbolen seiner Macht Des Weiteren beschreibt Eike Haberland 1993 in diesem Zusammenhang einen phallischen Stirnschmuck den manche Hauptlinge trugen und der wohl aus dem athiopischen Hochland zu den Dizi kam Diese heilige Insignie besteht aus einer runden Scheibe und einer darauf stehenden etwa acht Zentimeter langen konische Hulse aus Messingblech mit einem kugel oder kegelformigen Aufsatz an der Spitze Ein solcher Stirnschmuck heisst auf Oromo und in anderen athiopischen Sprachen kallacca kallachcha er wird oder wurde mit einem Band mittig auf der Stirn befestigt und so in einigen Regionen Athiopiens von Wurdentragern getragen Haberland interpretiert ihn als stilisierte Darstellung des abgeschnittenen Penis eines Feindes und ordnet ihn dem Toterwesen zu 85 das ein Aspekt des von der deutschsprachigen kulturhistorisch ausgerichteten Ethnologie erforschten Verdienstkomplexes ist und als Phanomen vor allem im Nordosten Afrikas gefunden wurde Beim Toterwesen erhalt ein Mann einen gehobenen Status wenn er einen mannlichen Feind oder ein gefahrliches Wildtier getotet hat 86 Wie Hermann Amborn 2009 herausfand galt der kallacca fruher als sakrales Kultobjekt und erhielt seine phallische Bedeutung erst durch die Interpretation der Ethnologen Heute hat sich diese Symbolik fur athiopische Handler als hilfreich fur den Verkauf von kallacca an Touristen erwiesen 87 Literatur BearbeitenJon Abbink Violence and the Crisis of Conciliation Suri Dizi and the State in South West Ethiopia In Africa Journal of the International African Institute Band 70 Nr 4 2000 S 527 550 Akira Deguchi Rainbow Like Hierarchy Dizi Social Organization In Shun Sato Eisei Kurimoto Hrsg Essays in Northeast African Studies National Museum of Ethnology Osaka Senri Ethnological Studies Band 43 1996 S 121 143 Eike Haberland Die materielle Kultur der Dizi Sudwest Athiopien und ihr kulturhistorischer 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Eike Haberland 1993 S 105 115 ders 1981 S 138 140 Eike Haberland 1993 S 106 Vgl Timkehet Teffera Aerophone im Instrumentarium der Volker Ostafrikas Habilitationsschrift Trafo Wissenschaftsverlag Berlin 2009 S 331 347 Eike Haberland 1993 S 171 Ulrich Braukamper Der Verdienst Komplex Ruckblick auf einen Forschungsschwerpunkt der deutschen Ethnologie In Zeitschrift fur Ethnologie Band 126 Heft 2 2001 S 209 236 hier S 220 Hermann Amborn The Phallsification of the Kallacca or Why sometimes a Cigar is a Cigar In Svein Ege Harald Aspen u a Hrsg Proceedings of the 16th International Conference of Ethiopian Studies Trondheim 2009 S 395 407 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dizi Ethnie amp oldid 212624648