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Kakaki Plural kakakai ist eine lange endgeblasene Naturtrompete aus Metall der Haussa und benachbarter Volksgruppen deren Siedlungsgebiet im Norden Nigerias und im Suden von Niger liegt Seit ungefahr dem 15 Jahrhundert wird die vermutlich mit der Einrichtung islamischer Sultanate eingefuhrte kakaki bei Zeremonien in Reprasentationsorchestern an den Herrscherhofen und als Signalinstrument eingesetzt Kakaki Spieler im Palast des Konigs Ooni von Ile Ife im nigerianischen Bundesstaat Osun Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform und Spielweise 3 Kulturelle Bedeutung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenBis zum Ende des 7 Jahrhunderts durchquerten die muslimischen Araber auf ihrem Eroberungszug ganz Nordafrika bis zum heutigen Marokko und im 14 Jahrhundert waren die meisten Reiche am Sudrand der Sahara zumindest nominell zum Islam ubergetreten Die afrikanischen Herrscher ubernahmen bei der Grundung eigener islamischer Sultanate von den Arabern unter anderem Trommeln lange Trompeten und Doppelrohrblattinstrumente in ihre Reprasentationsorchester und als Insignien ihrer Macht Die Instrumentierung und Funktion dieser Ensembles ist mit denen der arabisch persischen Militar und Palastorchester naqqara khana verwandt Zu diesem in der arabischen Welt seit spatestens dem 10 Jahrhundert bekannten und in Indien bis Anfang des 20 Jahrhunderts eingesetzten Orchestertyp gehorten neben dem namensgebenden Kesseltrommelpaar naqqara Zylindertrommeln die Kegeloboe surnay die gerade schrill klingende Trompete nafir und die lange Trompete karna in Zentralasien karnai Die engmensurierte kakaki ist der zentralasiatischen karnai ahnlich Das haufig zusammen mit der kakaki gespielte Doppelrohrblattinstrument ist die algaita Plural algaitu Die alteste Erwahnung von Langtrompeten in Westafrika findet sich Veit Erlmann 1973 zufolge in der Kano Chronik die von einem Arabisch sprechenden Autor verfasst wurde der mutmasslich aus dem Norden kam und sich in Kano niedergelassen hatte Demnach wurden in Kano erstmals unter dem Herrscher Sarki Tsamia reg 1307 1343 Langtrompeten eingesetzt Da um diese Zeit sich auch der Islam in Kano verbreitete wurde dies bedeuten dass die Langtrompete aus dem Norden durch die Sahara zu den Hausa gelangte Die Langtrompete scheint Anfang des 15 Jahrhunderts auch in Bornu bekannt gewesen zu sein denn in der Kano Chronik heisst es uber die Regierungszeit des Sarki Dauda 1421 1438 ein Prinz aus Sud Bornu sei mit grossem Gefolge darunter vielen mallam Islamgelehrten von Musikern auf Pferden gespielten Trommeln und Trompeten nach Kano gekommen Ahnliche Berichte uber die Signalfunktion von Kesseltrommeln und Trompeten sind aus dem 16 und 17 Jahrhundert uberliefert Als am 16 Marz 1584 El Hadi seinen Bruder den Songhai Herrscher Askia El Hadj reg 1583 1586 Sohn des Askia Daoud reg 1549 1583 besuchte war er von einer Trommler und Trompetergruppe begleitet Der Nachfolger aus der Askia Dynastie Askia Mohammed Bani reg 1586 1588 kundigte den Besuch bei seinem Bruder Sadiq erst unmittelbar vor dessen Haus mit kakakai an Uber den Konig sarki Kutumbi der 1623 bis 1648 in Kano regierte erzahlt die Kano Chronik er sei auf allen seinen Reisen von 100 Reitern begleitet worden und seiner Truppe seien 50 Kesseltrommler 40 Trommler und 25 Trompeter vorausmarschiert 1 Nach Ansicht von K A Gourlay 1982 der dieser Lesart der Chronik widerspricht erreichte die Langtrompete erst in der Mitte des 14 Jahrhunderts Tunis ohne bis dahin die Sahara nach Suden durchquert zu haben Allgemein akzeptiert ist die orientalische Herkunft der kakaki deren lange schlanke Form sich nicht von schwarzafrikanischen Naturtrompeten herleiten lasst Die afrikanischen Trompeteninstrumente sudlich der Sahara sind uberwiegend quer geblasene Horner wie das Kuduhorn der Bantu das sudafrikanische Antilopenhorn phalaphala Zur Swahili Kultur an der ostafrikanischen Kuste gehorte fruher das aus Elfenbein Bronze oder Holz gefertigte lange Querhorn siwa 2 Die altagyptische langsgeblasene Metalltrompete scheneb scheidet als Vorlaufer ebenso aus weil sie nur rund 50 Zentimeter lang war Der kakaki ahnlicher sind die romische tuba mit einer langen konischen Rohre und die buq die zu den Militarorchestern der agyptischen Fatimiden im 10 Jahrhundert gehorte Name und Funktion der buq haben sich unter anderem bis zur georgischen buki verbreitet Im 14 Jahrhundert wurde unter buq auf Arabisch ein gebogenes Tierhorn verstanden Arabisch persische Namen von Militartrompeten die mit der Ausbreitung des Islams nach Westen und Osten gelangten waren nun karna und nafir Der muslimische Reisende Ibn Battuta 1304 1368 oder 1377 der Anfang des 14 Jahrhunderts Mogadischu an der Ostkuste Afrikas besuchte berichtet von einer Prozession des Sultans die von einer Militarkapelle mit Trommeln tabl Hornern buq und langen Trompeten nafir angefuhrt wurde Am Sultanspalast spielte diese Militarkapelle tabl chana mit denselben Instrumenten jedoch erganzt um Kegeloboen surnay nach agyptischem Vorbild Als sich Ibn Battuta einige Jahre spater 1352 53 in Timbuktu beim Herrscher von Mali und an anderen Orten in der westlichen Sudanregion aufhielt sah er Militarorchester des Sultans und der Armeefuhrer die aus Trommeln und Elfenbeintrompeten anyab bestanden 3 K A Gourlay schliesst daraus dass im 14 Jahrhundert in Mali noch keine Metalltrompeten vorhanden waren In dem vom Ende des 13 bis Anfang des 15 Jahrhunderts existierenden Sultanat Ifat am Horn von Afrika uber das der in der ersten Halfte des 14 Jahrhunderts lebende arabische Historiker al Umari berichtet wurden im Reprasentationsorchester des Herrschers Bambustrompeten mit als Schallbecher aufgesetzten Kuhhornern geblasen Die Leitung des Orchesters kam dem besonders laut klingenden Antilopenhorn janba zu Trompeten unterschiedlicher Bauart als Zeremonialinstrumente in der Reprasentationsmusik afrikanischer Herrscher gab es demnach bereits vor der Einfuhrung der orientalischen Metalltrompeten weshalb Gourlay die in der Kano Chronik erwahnten Blasinstrumente der Herrscher Tsamia und Dauda nicht fur lange Metalltrompeten sondern fur Trompeten aus Rohr oder Holz halt Nach seiner Ansicht erreichten die kakaki genannten langen Metalltrompeten das Gebiet der Hausa wahrscheinlich erst Ende des 15 oder Anfang des 16 Jahrhunderts 4 Jedenfalls konnten die Metalltrompeten auf drei Wegen zu den Haussa gekommen sein direkt aus dem Norden durch die Sahara mit und ohne Vermittlung der Songhai von der ostafrikanischen Kuste oder den Nil aufwarts und dann durch Kanem Bornu nach Westen Wurde letzteres zutreffen mussten die ostlich gelegenen Herrschaftszentren bereits vor den Haussa Metalltrompeten besessen haben Aus dem Mittelalter liegen jedoch keine konkreten Hinweise dazu vor Da europaische Reisende Anfang des 19 Jahrhunderts in Kanem Bornu noch Holztrompeten antrafen ist es unwahrscheinlich dass es dort zuvor Trompeten aus Metall gab Damit verbleibt gemass Gourlay fur die Haussa nur der Bezug der Trompeten direkt aus dem Norden 5 nbsp Die Tiv im Osten Nigerias verwenden das Doppelrohrblattinstrument algaita ausser in den zeremoniellen kakaki Ensembles auch in der sakularen Tanzmusik swange Alfons M Dauer 1985 folgt Veit Erlmanns fruher Datierung wenn er das gesamte Reprasentationsorchester das die Fulbe ganyal nennen in den Blick nimmt Dieser Ensembletyp um die Langtrompeten karna durfte demnach mit der Ausbreitung des Islams im 11 bis 13 Jahrhundert Schwarzafrika erreicht haben also zur selben Zeit wie Europa 6 Bei den afrikanischen Ensembles fehlen die in den arabischen Orchestern gebrauchlichen metallenen Schlagidiophone Ein typisches Orchester der Hausa in Nigeria in welchem die alte Tradition bewahrt wird setzt sich aus drei kakakai zwei algaitu zwei Querhornern farai und zwei Trommeln gangan mit Schnarrsaiten zusammen Mit diesem Ensemble wurde am Freitag der Sultan vor seinem Palast gepriesen daren dschuma Freitags Musik 7 Als Zeremonialinstrument kommt dieser Trompetentyp in Afrika nur in der Sudanregion im Osten und Suden des Niger im Norden und der Mitte Nigerias um den Tschadsee und in Teilen der Zentralafrikanischen Republik vor Anthony King 2001 zufolge wird die Trompete kakaki erstmals in einem Bericht von Mahmoud Kati uber die Eroberung von Air im zentralen Niger durch die Armee des Songhai Herrschers Askia Mohammad I um 1443 1538 erwahnt Uber die Hausa Staaten und Borno breitete sich die kakaki im 15 und 16 Jahrhundert nach Osten uber den Tschadsee hinaus und sudostlich entlang des Nigertals durch das Reich Nupe bis zur Einmundung des Niger mit dem Benue aus In einem Dschihad eroberte der Fulbe Anfuhrer Usman dan Fodio ab 1804 die meisten Fulbe Staaten in Nordnigeria Die herrschenden Fulbe ubernahmen von den Hausa derer Verwaltungsorganisation und hofisches Zeremoniell einschliesslich der kakaki Die Metalltrompete ersetzte andere Trompeten aus Pflanzenmaterial oder wurde zusammen mit diesen verwendet Nachfolgend verbreitete sich die kakaki in weiteren Staaten in der Sudanregion 8 Der Name kakaki durfte lautmalerisch von der kraftigen abgehackten Spielweise abgeleitet sein 9 In Nigeria benutzen Nupe das Wort kakati die Edo sagen kaki ahnliche Wortbildungen bei den Kanuri am Tschadsee und den Fulani im Norden Kameruns lauten kaschi gaschi gachi und gatschi Eine in Form und Funktion vergleichbare zwei Meter lange Trompete in Benin heisst kankangui oder kankanki Bauform und Spielweise BearbeitenDie kakaki besteht aus einem dunnen 1 5 bis 3 Meter langen geraden Rohr aus Messing Kupfer oder in jungerer Zeit meist aus dem Blech von Petroleumkanistern Das Ende des in zwei Teile zerlegbaren zylindrischen Rohrs erweitert sich zu einem Schalltrichter Das Mundstuck ist trichterformig mit schmalem Rand und ist direkt mit dem Rohr verbunden Die kakaki kann zwei tiefe Tone etwa im Quintabstand produzieren der untere der beiden Tone liegt etwa bei C Ein dritter Ton liegt einen Halbton tiefer er wird aber selten gebraucht Kakakai werden im Palastorchester ublicherweise paarweise zusammen mit der zweifelligen Zylindertrommel gangan und der algaita einem mit der asiatischen surnai verwandten Doppelrohrblattinstrument gespielt Anstelle der gangan kam europaischen Reiseberichten zufolge bis Anfang des 20 Jahrhunderts die Kesseltrommel tambari verwandt mit der arabischen naqqara zum Einsatz Solo Spiel ist selten haufiger treten vier oder mehr Trompeten zugleich auf In diesem Fall ubernimmt eine um einen Halbton tiefer gestimmte Trompete die Leitung wahrend die anderen im Chor antworten Farai ist eine seitlich geblasene Holztrompete Querhorn der Hausa die meist mit Trommeln oder im Ensemble mit der kakaki gespielt wird Hinzu kommen noch die quer geblasene Trompete kaho und die kloppellose mit einem Holzschlagel angeschlagene Eisenglocke kuge Kulturelle Bedeutung BearbeitenAllgemein sind Trompeten im nordlichen islamisierten Afrika ein Symbol der Herrscherwurde und stehen mit dem Konigtum in Beziehung Sie werden ausschliesslich von Mannern und nur zu rituellen Anlassen wie der Ankundigung des Herrschers gespielt Sie sind an die Person eines Oberhauptes gebunden der uber das Orchester mit Trompeten und Trommeln verfugt Die kakaki und andere afrikanische Trompeten sind von den in Westafrika gespielten Blechblasinstrumenten zu unterscheiden die mit der europaischen Kolonialisierung eingefuhrt worden sind und die seither in grossen Blechblasorchestern an lokalen Herrscherhausern ahnliche reprasentative Funktionen erfullen Zu Ehren des Sultans und als Versicherung seiner politischen Autoritat wurden die kakakai zu bestimmten hofischen Zeremonien von berittenen Musikern geblasen Diese Ehre kann auch dem Emir Dorfoberhauptern und sonstigen Wurdentragern zukommen In Tschad heisst die auf ahnliche Weise zeremoniell eingesetzte Trompete derselben Bauart waza auch mit der holzernen ein Meter langen Trompete malakat in Athiopien wurde fruher die Ankunft des Konigs gemeldet Die aus mehreren Kalebassen zusammengesetzte waza der Berta an der Grenze zwischen Sudan und Athiopien war ebenfalls ein herrschaftliches Statussymbol An islamischen Herrscherhausern gab es neben den kakaki Musikern weitere Hofensembles mit anderen Instrumenten die den Tagesablauf strukturierten angefangen von morgendlichen Trommel Weckern fur den Herrscher fur Zeremonien gebraucht wurden und zur Unterhaltung beschaftigt waren Mit den beiden Tonen der kakaki wird in Nigeria eine musikalische Tonsprache gebildet die sich in Worte ubersetzen lasst Es handelt sich um Lobgesange fur das Oberhaupt in einfachster Form ergibt sich durch die Tonfolge tief tief hoch der Ausruf ga sirki Hier ist der Konig der von der kakaki mehrfach wiederholt wird Die Worte ga schi seht ihn bei der Ankunft eines hohen Besuchs geblasen waren moglicherweise fur die Trompete gaschi namensgebend Dieser musikalische Ruf wurde erstmals 1857 von Heinrich Barth beschrieben 10 Um ebenso standesgemass die Ankunft mitteilen zu konnen liess ein moderner Emir die Hupe seines Fahrzeugs auf die entsprechenden Tone stimmen 11 Eine andere Form von Lobgesangen bei den Hausa wird mit der einsaitigen Schalenspiesslaute goge begleitet Literatur BearbeitenAnthony Baines Brass Instruments Their History and Development Faber amp Faber London 1976 S 76f 80 Anthony Baines The Oxford Companion to Musical Instruments Oxford University Press Oxford 1992 S 129 219 Alfons Michael Dauer Tradition afrikanischer Blasorchester und Entstehung des Jazz Beitrage zur Jazzforschung Bd 7 Akademische Druck und Verlagsanstalt Graz 1985 K A Gourlay Long Trumpets of Northern Nigeria In History and Today In African Music Bd 6 Nr 2 1982 S 48 72 Anthony King Kakaki In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians Bd 13 Macmillan Publishers London 2001 S 317f Anthony King Kakaki In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 3 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 98 100Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kakaki Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nairaland com Fotos von Hausa Musikinstrumenten darunter eine kakaki Patrick Effiboley The Kankangui or trumpet Memento vom 18 Juni 2011 im Internet Archive Alexandre Senou Andande Ethnographic Museum Benin ahnliche Trompete in Benin Einzelnachweise Bearbeiten Veit Erlmann Some Sources on Music in Western Sudan from 1300 1700 In African Music Bd 5 Nr 3 1973 1974 S 34 39 hier S 35f Timkehet Teffera Aerophone im Instrumentarium der Volker Ostafrikas Habilitationsschrift Trafo Wissenschaftsverlag Berlin 2009 S 346 Henry George Farmer Early References to Music in the Western Sudan In The Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland Nr 4 Oktober 1939 S 569 579 hier S 571f K A Gourlay 1982 S 50f K A Gourlay 1982 S 53 Jeremy Montagu Choosing Brass Instruments In Early Music Bd 4 Nr 1 Januar 1976 S 35 38 hier S 35 Alfons Michael Dauer 1985 S 56 60f Anthony King 2001 S 317 Anthony Baines Brass Instruments 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