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Doppelrohrblattinstrumente kurz Doppelblattinstrumente sind Blasinstrumente deren Ton von einem doppelten Rohrblatt erzeugt wird Beim Anblasen wird ein Paar gleichartiger gegenuberstehender Blatter zum Schwingen angeregt Entsprechend seiner Funktionsweise wird dieses Rohrblatt auch als Gegenschlagzunge bezeichnet Bretonische BombardeDurch die Vibration des Rohrblatts wird der Luftstrom in einer bestimmten Frequenz unterbrochen und wieder freigegeben Dadurch gerat die Luftsaule im Instrumentenkorpus ins Schwingen und der Ton erklingt Die Tonhohe wird durch die Lange den Durchmesser und die Form des Korpus bestimmt konisch zylindrisch Durch Offnen oder Schliessen von Grifflochern konnen Tonskalen erzeugt werden Im westlichen Orchester sind die Doppelblattinstrumente Oboe mit Englischhorn und Fagott mit Kontrafagott vertreten Daneben gibt es weltweit viele traditionelle Instrumente unter anderem die Bombarde die Zurna der Duduk und die Suona 1 In Europa wurden in der Zeit der Renaissance neben den Schalmeien zahlreiche weitere Doppelrohrblattinstrumente verwendet zum Beispiel Krummhorn oder Rauschpfeife 2 Gemeinsam mit den Einfachrohrblattinstrumenten bilden die Doppelrohrblattinstrumente die Kategorie der Rohrblattinstrumente die zu den Holzblasinstrumenten gehoren Die Melodierohre vieler Sackpfeifen entsprechen im Aufbau den Doppelrohrblattinstrumenten Inhaltsverzeichnis 1 Terminologie 2 Klang und Spielweise 3 Formen 4 Geschichte und Verbreitung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseTerminologie BearbeitenUm Doppelblattinstrumente zusammenzufassen wird auch von Oboen traditionellen Oboen Kegeloboen Volksoboen gesprochen Naher wird unterschieden zwischen konischen Kegeloboen und zylindrischen Kurzoboen Historische und moderne Instrumente sind dabei nicht berucksichtigt Ein anderer Sammelbegriff ist Schalmeien oder Schalmeiinstrumente Er kann aber in einem weiteren Sinn auch fur alle traditionellen Rohrblattinstrumente gebraucht werden siehe dazu Schalmei Die Terminologie fur die einzelnen Instrumente ist oft schwankend Derselbe Name kann fur sehr unterschiedliche Instrumente stehen So wird Katalanisch Xeremia regional unterschiedlich fur ein Doppel oder Einfachrohrblattinstrument oder fur eine Sackpfeife verwendet Schon das zugrundeliegende altfranzosische Wort Chalemie konnte Doppel wie Einfachblattinstrumente bezeichnen Entsprechend ist davon Schalmei fur einen Typus von Doppelblattinstrumenten abgeleitet aber auch Chalumeau fur ein Einfachblattinstrument Umgekehrt konnen gleiche oder sehr ahnliche Instrumente unterschiedliche Namen haben Zum Beispiel bezeichnen Dulzaina Gralla und Xirimita im katalanischen Sprachgebiet denselben Instrumententyp in verschiedenen Regionen Klang und Spielweise Bearbeiten nbsp Mundstuck eines norditalienischen Piffero mit Rohrblatt und Pirouette Lippenstutze Der Ton der Doppelblattinstrumente ist meist offener als der von Einfachblattinstrumenten und besonders bei kleineren Instrumenten mit konischer Rohre oft durchdringend Instrumente mit grossen Blattern oder zylindrischen Rohren konnen auch weicher klingen Windkapselinstrumente mit zylindrischer Rohre haben oft einen schnarrenden Ton Bei den traditionellen und einigen historischen Instrumenten wird das Rohrblatt ganz in die Mundhohle genommen Bei diesem Ansatz Windkapselansatz Ansatz mit aufgeblasenen Backen umschliessen die Lippen das Blatt unterhalb der frei schwingenden Blattzungen So bildet die Mundhohle ein Luftreservoir aus dem die Luft gleichmassig in das Instrument stromt Zur Unterstutzung des Lippenabschlusses haben einige Instrumente eine runde oder ovale Lippenstutze die auch Pirouette genannt wird Anders als bei den direkt angeblasenen Instrumenten hat der Musiker bei Windkapselinstrumenten keinen direkten Kontakt zum Rohrblatt Die Windkapsel bildet eine Kammer in der das Rohrblatt frei schwingt In der traditionellen Spielweise werden die Instrumente mit konischer Rohre meist nur einmal die Instrumente mit zylindrischer Rohre gar nicht uberblasen Im Nahen Osten und in Asien werden sie haufig mit Zirkularatmung gespielt 3 Die modernen Instrumente und einige historische Instrumente werden dagegen lippendirigiert gespielt das heisst Ober und Unterlippe werden uber den Zahndamm gelegt und schliessen die beiden Blattzungen ein Dieser Ansatz wird auch als Oboenansatz bezeichnet Durch Anderung von Druck und Stellung der Lippen kann der Ton moduliert und das Instrument mehrfach uberblasen werden Der Oboenansatz wird heute gelegentlich auch bei traditionellen Instrumenten ohne Windkapsel verwendet um deren musikalische Moglichkeiten zu erweitern Formen Bearbeiten nbsp Japanische Hichiriki mit zylindrischem Korpus und Spange und Schutzkappe uber dem RohrblattRohrblattBei europaischen Instrumenten ist das Rohrblatt meist aus Schilfrohr oder Pfahlrohr in Asien werden traditionell Bambus Duduk Pi Or eine Zuckerrohrart saccharum spontaneum Shehnai Schilfgras Taepyeongso oder Palmblatter Pi Chanai Hne verwendet Heute ist auch Kunststoff fur die Rohrblatter anzutreffen In manchen Fallen reguliert eine Spange die Spannung des Rohrblatts Duduk Pi Or Hichiriki 4 Die Befestigung des Rohrblatts am Instrument geschieht oft mit Hilfe einer Metallhulse auf die das Blatt gebunden wird Unterhalb des Rohrblatts kann die Pirouette angebracht sein Pommer Piffero Zurna Shehnai Suona 3 WindkapselIn der Renaissancezeit waren die Mundstucke der Doppelrohrinstrumente haufig mit Windkapseln versehen Krummhorn Cornamuse Schryari Rauschpfeife Kortholt 2 KorpusAls Material fur den Korpus dienen verschiedene Holzer oft Obst oder Hartholz 3 Der Korpus kann je nach kunsthandwerklicher Tradition verziert sein Eine Besonderheit sind gebogene Formen Oboe da caccia ein Mvahli genanntes Instrument der nepalesischen Newar Das Sarrusophon hat einen Korpus aus Metall Die kleinsten Doppelblattinstrumente sind zwischen 10 und 20 cm lang die grossten haben eine Rohrlange von mehreren Metern die jedoch einmal oder mehrfach gefaltet sind das Kontrafagott hat eine Luftsaule von fast sechs Metern Diese Verbindung paralleler Rohre zu einem Schallrohr findet sich beim Sordun dem Dulzian und dem Fagott Am konsequentesten ist das Prinzip beim Rankett durchgefuhrt bei dem durch die neunfache Knickung des Schallrohrs selbst die Grossbassinstrumente nur kleine Aussenmasse haben nbsp Oboe da caccia Jagdoboe Korpus mit Leder uberzogen MessingsturzeDie Mehrzahl der Doppelblattinstrumente hat eine konische Innenbohrung Doch Instrumente mit zylindrischem Schallrohr sind keine Ausnahme Krummhorn Cornamuse Sordun Rankett Duduk Mey Hujia Guan Piri und Hichiriki 3 Sie entsprechen in der Tonerzeugung den gedackten Pfeifen und klingen daher eine Oktave tiefer als konische Instrumente oder Floten gleicher Lange Wegen der gegenkonischen Aussenform kann fur die Schryari eine gegenkonische Innenbohrung vermutet werden Neben den Grifflochern haufig 6 9 finden sich an vielen Instrumenten Bohrungen die als Schalllocher dienen oder mit Wachs verschlossen werden konnen um andere Tonskalen zu erzeugen SturzeDie zylindrischen Doppelblattinstrumente haben meist keinen Schalltrichter Dagegen ist er bei vielen Instrumenten mit konischem Schallrohr stark ausgepragt vgl die Bezeichnung Kegeloboen Korpus und Schalltrichter konnen aus einem Stuck gearbeitet sein Schalmei Zurna Oft wird die Sturze aber auch aufgesetzt Neben Holzsturzen gibt es solche aus Metall haufig Messing Oboe da caccia Tenora Suona Gyaling Bei der Hne hangt ein Metalltrichter lose uber dem Ende des Schallrohrs 3 Neben den trichterformigen Sturzen gibt es auch eiformige Musette Oboe d amore Englischhorn Heckelphon Geschichte und Verbreitung BearbeitenAntike und SpatantikeSchon in vorgeschichtlicher Zeit durften Doppelrohrblatter zur Erzeugung von Musik verwendet worden sein Zu den altesten Zeugnissen und zur Entwicklung in der Antike siehe den Artikel Aulos Die meist paarweise gespielten Instrumente hiessen bei den Griechen Aulos bei den Etruskern Subulo und bei den Romern Tibia Diese Namen bezeichneten sowohl Doppel als auch Einzelrohrblattinstrumente 5 Da die Musik der antiken Rohrblattinstrumente ein wichtiger Teil religioser Zeremonien und der Mysterienkulte war wurden sie von den christlichen Kirchenvatern scharf abgelehnt Die Kirchenmusik blieb lange auf den Gesang beschrankt Die Auleten sanken zu Spielleuten und Gauklern herab Dass sich Doppelblattinstrumente in der Volkskultur des Abendlandes bis ins Mittelalter erhalten haben kann nur vermutet werden 6 Naher Osten Zentral und Ostasien Nordafrika nbsp Chinesische Suonas nbsp Turkische ZurnasIm islamischen Kulturkreis wurde das Erbe der Antike unbefangener ubernommen Aus Vorlaufern der arabischen Kegeloboe Mizmar entwickelten sich in Persien die Instrumente die bis heute als Sornay erhalten sind In der Turkei und auf dem Balkan heisst das entsprechende Instrument Zurna Oft spielen zwei dieser Instrumente gemeinsam wobei eines vielleicht in der Tradition des antiken Doppelaulos einen Bordunton zur Melodie liefert Rhythmisch erganzt werden sie um eine Trommel 3 In Nordafrika heissen entsprechende Instrumente Ghaita bzw Algaita 3 und an der ostafrikanischen Kuste Nzumari Uber die Handelswege verbreitete sich in islamischer Zeit der Instrumententyp unter abgeleiteten Bezeichnungen uber Zentral und Sudasien bis nach China 7 wahrend die indische Mohori ihrem Namen nach auf einen vorislamischen Ursprung der Doppelrohrblattinstrumente in Indien verweist In Pakistan heisst die Kegeloboe Turi in Indien Shehnai in Sri Lanka Horonava in Nepal Mvahli in China Suona 3 Zwischen dem 10 und 14 Jahrhundert gelangte sie nach Korea und erhielt dort den Namen Taepyeongso auch Soaenap In Myanmar entwickelte sich die Kegeloboe zur Hne in Kambodscha zur Sralai ohne Schalltrichter Islamische Einwanderer brachten sie nach Malaysia und Indonesien wo sie auf Sumatra Sarune sarunei serune auf Java Tarompet selompret auf der Insel Lombok Preret und im Suden von Sulawesi Puik puik genannt wird Auf ahnliche Weise durfte die Verbreitung der Kurzoboen mit zylindrischer Bohrung verlaufen sein Das Instrument das in der Turkei Mey genannt wird ist als Duduk armenisches Nationalinstrument Ahnliche Formen heissen in Nordwestchina Hujia in China Guan in Korea Piri und in Japan Hichiriki Europa im hohen Mittelalter und in der RenaissanceAuch im Abendland wurden die Doppelblattinstrumente durch den Kontakt mit der islamischen Welt wieder verbreitet Seit der Zeit der Kreuzzuge und des venezianischen Mittelmeerhandels waren die Schalmeien bei Spielleuten auch im westlichen Mittelmeerraum und in Mitteleuropa sehr beliebt 8 In der Renaissance wurden unterschiedliche Formen in Instrumentenfamilien gebaut Zu den Schalmeien trat der Pommer sowie der Dulzian Mit zylindrischem Rohr gab es Rankette und Sordune in allen Stimmlagen Als Windkapselinstrumente gab es unter anderem Rauschpfeife Krummhorn und Cornamuse Von Spanien aus verbreitet sich ein Doppelrohrblattinstrument mit zylindrischer Spielrohre unter dem Namen Chirimia in einigen Gegenden von Lateinamerika und Zentralamerika 9 Barock und 19 Jahrhundert nbsp Renaissanceschalmei Barockoboe moderne OboeIm Barock traten die Windkapselinstrumente zuruck Aus der hohen Schalmei entwickelte Jean de Hotteterre gestorben 1691 die Barockoboe mit engerem Konus und zwei Klappen fur die tiefsten Tone Von Frankreich aus verbreitete sich das Instrument in ganz Europa Als Bassinstrument loste das Barockfagott allmahlich den Dulzian ab Schon bei den Renaissanceinstrumenten wurden bei grossen Instrumenten Klappen angesetzt wo die Griffspanne der Hand nicht ausreichte Diese Klappen waren noch durch eine Fontanelle genannte Holzabdeckung geschutzt In der Barockzeit kamen einige wenige Klappen hinzu Erst seit dem 19 Jahrhundert wurden zahlreiche Klappen zur Grifferleichterung bei Halbtonen und Verzierungen sowie zum leichteren Uberblasen und zur Verbesserung der Intonation hinzugefugt So hat die moderne Oboen bis zu 21 Klappen das Fagott hat bis zu 25 Neben den Instrumenten fur den hofischen bzw burgerlichen Musikbetrieb sowie fur die Kirchenmusik bestehen vor allem im Mittelmeerraum die aus der Schalmei entwickelten Volksinstrumente fort 10 Hier sind die Bombarde aus der Bretagne der Hautbois Languedocien die Gralla Tarota Tible und Tenora aus Katalonien die Ciaramella und der Piffero aus Italien sowie die Sopila aus Istrien zu nennen Sie werden oft gemeinsam mit Sackpfeifen gespielt In vielen Gegenden waren die Instrumente um die Wende zum 20 Jahrhundert stark zuruckgegangen oder ausgestorben Mit der Pflege des regionalen Bewusstseins wurde vielerorts ihre Bedeutung fur die eigene kulturelle Identitat entdeckt und die Wiederbelebung und Weiterentwicklung vorangetrieben 11 So werden heute auch einige traditionelle Instrumente mit Klappen versehen Tenora Tible Bombarde um die Spielmoglichkeiten zu erweitern Literatur BearbeitenGisa Jahnichen Terada Yoshitaka Hrsg Double Reeds along the Great Silk Road Shanghai Conservatory of Music und Logos Verlag Berlin 2019Einzelnachweise Bearbeiten Heinz Stefan Herzka Schalmeien der Welt Volksoboen und Volksklarinetten Verbreitung und Geschichte der Musikinstrumente mit dem magischen Klang Schwabe Basel 2003 ISBN 3 7965 1969 5 a b David Munrow Musikinstrumente des Mittelalters und der Renaissance Moeck 1980 englisch Instruments of the Middle Ages and Renaissance 1976 a b c d e f g h Hans Jurgen Schaal Zurna Shenai Argol Der magische Klang des Rohrblatts 2006 Abgerufen am 7 Oktober 2009 Herzka Schalmeien S 74 Heinz Becker Zur Entwicklungsgeschichte der antiken und mittelalterlichen Rohrblattinstrumente Hamburg 1966 Becker Entwicklungsgeschichte S 154f Herzka Schalmeien S 75 Herzka Schalmeien S 155 Charles McNett The Chirimia A Latin American Shawm In The Galpin Society Journal Bd 13 Juli 1960 S 44 51 Herzka Schalmeien S 170 Herzka Schalmeien S 188Normdaten Sachbegriff GND 4150450 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Doppelrohrblattinstrument amp oldid 224305073