Holztrompete bezeichnet allgemein Naturtrompeten, deren konische oder zylindrische Blasröhre aus Holz besteht und die von einem halben Meter bis fünf Meter lang sein können. Die bekannteste Holztrompete ist das Schweizer Alphorn. In ihrer Bauart und traditionellen Funktion als Signal- und Warninstrument der Hirten und teilweise für rituelle Anlässe sind neben vielen anderen mit dem Alphorn verwandt: der Schweizer Büchel, das in Teilen von Norddeutschland und den Niederlanden vorkommende Middewinterhorn, die bucium in Rumänien, die trembita in der Ukraine, die fakürt in Ungarn, die lur in Schweden und die bazuna in Polen.
Verbreitung Bearbeiten
Verwandte Signalinstrumente in der Tradition der Hirten sind Rindentrompeten (in Norwegen neverlur, bei den Walachen in Serbien rikalo und in Sibirien und Nordostchina die „Saugtrompete“ byrgy) und Schneckenhörner. Die musikalischen Möglichkeiten dieser Naturtrompeten hatten einen Einfluss auf die tonalen Rufe und Jodler in den Bergen, so ahmt etwa der rumänische hăulit (Jodler, Jauchzer) die Melodien der Holztrompeten stimmlich nach.
Eine Gattung von Hirtenliedern, mit denen in den Schweizer Alpen früher die Kühe zum Melken angelockt wurden, sind die Kuhreihen. Im badenwürttembergischen Villingen am Rand des Schwarzwaldes wird nach einem jahrhundertealten Brauch jedes Jahr am 24. Dezember der Kuhreihen auf der Holztrompete Herterhorn geblasen, zum Dank dafür, dass in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Stadt eine Viehseuche überstand. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Herterhorn durch eine metallene Trompete ersetzt. Mittlerweile wird wieder ein hölzernes Herterhorn verwendet. Wegen der Viehwirtschaft wurden im 19. Jahrhundert Holztrompeten auch in einigen Dörfern im Schwarzwald geblasen. An Weihnachten wurden dort Holztrompeten an Weihnachten im Wechsel mit der Orgel gespielt, wie aus mehreren Belegen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hervorgeht. Holztrompeten gehörten auch seit mindestens dem 17. Jahrhundert zur Tradition der Wallfahrtskirche in Engelswies.
Besondere Formen Bearbeiten
Das ausgestorbene sächsische Pechhorn wurde aus Brettern rechteckig zusammengefügt.
Eine andere Blastechnik wird beim australischen Didgeridoo angewandt. In Sibirien kamen regional den Holztrompeten baugleiche sucked trumpets vor, die eine eigene Instrumentenkategorie bilden, weil die Töne durch Ansaugen von Luft produziert werden.
Eine besondere Holztrompete entwickelte Johann Adam Heckel eigens für Richard Wagners Fröhliche Hirtenweise im 3. Akt von Tristan und Isolde. Bis 1897 wurde dieses Instrument genutzt. Wagners Holztrompete wird mit einem Trompetenmundstück gespielt und besteht aus einer geraden, zylindrischen oder konischen Holzröhre mit dem Schallstück des Englischhorns und einem Ventil. Hierdurch konnten zusätzlich zur Skala vom 2. bis zum 6. Oberton der C-Stimmung auch ein D und ein F erzeugt werden. Laut Wagner sollte ein kraftvoller natürlicher Klang erzeugt werden, für den ein hölzernes Instrument als Ersatz für das Englischhorn von Vorteil sei. Heute wird die Holztrompete häufig durch Heckel-Clarina oder Tárogató ersetzt.
Literatur Bearbeiten
- Max Peter Baumann: Holztrompete (i). In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
- Holztrompete (ii). In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
- Holztrompete. In: Curt Sachs: Reallexikon der Musikinstrumente. Julius Bard, Berlin 1913, S. 189; Textarchiv – Internet Archive.
- K. S.: Holztrompete. In: Encyclopædia Britannica. 11. Auflage. Band 13: Harmony – Hurstmonceaux. London 1910, S. 624 (englisch, Volltext [Wikisource]).
Einzelnachweise Bearbeiten
- Wolfgang Suppan: Hirtenmusik. II. Zum Material / Beispiele. 4. Instrumental- und Vokalstile. In: MGG Online, November 2016
- Wo der Kuhreihen stattfindet bleibt ein Geheimnis – Bürger können über das Internet dabei sein und die Herterhorn-Melodie hören. Südkurier, 18. Dezember 2020
- Manfred Stingel, Petra Hauschke: Baden-Württemberg: Hirtenhornblasen gegen die Viehseuche. Haus der Volkskunst, Balingen