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Chrysotil auch als Faserserpentinit Pikrosmin oder Weissasbest bezeichnet ist ein haufig vorkommendes Mineral aus der Gruppe der Serpentine innerhalb der Mineralklasse der Silikate und Germanate Strukturell gehort Chrysotil zu den Schichtsilikaten mit der chemischen Zusammensetzung Mg3Si2O5 OH 4 5 wobei zwischen zwei kristallographischen Orientierungen bzw Kristallsystemen der einzelnen Schichten unterschieden werden kann Polytypie Klinochrysotil ist monoklin ausgerichtet Orthochrysotil und Parachrysotil sind orthorhombisch ausgerichtet unterscheiden sich jedoch in ihren Gitterparametern ChrysotilChrysotil aus BrasilienAllgemeines und KlassifikationIMA Nummer 2007 s p 1 IMA Symbol Ctl 2 Andere Namen Chrysotilasbest 3 Faserserpentinit 3 Pikrosmin 3 Serpentinasbest 3 Weisser Asbest bzw Weissasbest 4 Chemische Formel Mg3Si2O5 OH 4 5 Mg6 OH 8 Si4O10 6 Mineralklasse und ggf Abteilung Schichtsilikate Phyllosilikate SerpentingruppeSystem Nummer nach Strunz 8 Aufl Lapis Systematik nach Strunz und Weiss Strunz 9 Aufl Dana VIII E 10b VIII H 27 030 9 ED 15 71 01 02d 00Kristallographische DatenKristallsystem monoklin oder orthorhombisch 7 Kristallklasse Symbol siehe KristallstrukturRaumgruppe siehe KristallstrukturGitterparameter siehe KristallstrukturFormeleinheiten Z 2 7 Physikalische EigenschaftenMohsharte 2 bis 3Dichte g cm3 2 53 bis 2 65Spaltbarkeit gut 6 bis vollkommen 8 fasert in feinsten Faden ab 9 Bruch Tenazitat muschelig splittrig zah 8 Farbe weiss verschiedene Gruntone oder graugelb bis graubraunStrichfarbe weissTransparenz durchscheinend bis undurchsichtigGlanz Harzglanz SeidenglanzKristalloptikBrechungsindizes na 1 569ng 1 570 10 Doppelbrechung d 0 001 10 Optischer Charakter zweiachsig Die komplexe Kristallstruktur fuhrt beim Chrysotil dazu dass sich die Schichten zylindrisch einrollen und lange feine und innen hohle Fasern bilden Diese verwachsen zu filz oder mattenartigen Aggregaten und sind allgemein unter der Sammelbezeichnung Asbest bekannt Die Farbe von Chrysotil variiert meist zwischen Hell und Dunkelgrun kommt aber auch in hellgelben bis grau oder braungelben Farbtonen vor Chrysotil ist neben Lizardit und Antigorit Bestandteil des Gesteins Serpentinit Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie und Geschichte 2 Klassifikation 3 Bildung und Fundorte 3 1 Bekannte Fordergebiete 3 2 Synthetische Herstellung 4 Kristallstruktur 5 Verwendung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEtymologie und Geschichte Bearbeiten nbsp Goldglanzender ChrysotilErstmals entdeckt wurde Chrysotil nahe Zloty Stok Reichenstein in der preussischen Provinz Schlesien heute polnische Woiwodschaft Niederschlesien und beschrieben 1834 durch Franz von Kobell der das Mineral in Anlehnung an den goldenen Glanz mancher Proben nach den griechischen Worten xrysos chrysos deutsch Gold und tilos tilos deutsch Faser zusammengesetzt also Goldfaser benannte 11 Die Asbeste altgriechisch ἄsbestos asbestos deutsch unverganglich bzw unverbrennlich zu denen auch der Chrysotil gehort und ihre Eigenschaft auch bei grosser Hitze im Feuer nicht zu verbrennen waren allerdings bereits im antiken Griechenland bekannt Klassifikation BearbeitenIn der veralteten 8 Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehorte Chrysotil zur Abteilung der Schichtsilikate Phyllosilikate wo er zusammen mit Amesit Antigorit Berthierin Cronstedtit Greenalith Grovesit diskreditiert als Varietat von Pennantit Karyopilit Lizardit Nepouit die Serpentin Reihe trioktaedrisch mit der System Nr VIII E 10b innerhalb der Kaolinit Antigorit Gruppe VIII E 10 bildete Im zuletzt 2018 uberarbeiteten und aktualisierten Lapis Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiss das sich aus Rucksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet erhielt das Mineral die System und Mineral Nr VIII H 27 30 In der Lapis Systematik entspricht dies ebenfalls der Abteilung Schichtsilikate wo Chrysotil zusammen mit Amesit Antigorit Berthierin Brindleyit Carlosturanit Cronstedtit Dozyit Fraipontit Greenalith Guidottiit Karpinskit Karyopilit Kellyit Lizardit Nepouit und Pecorait die Serpentingruppe VIII H 27 bildet 6 Die seit 2001 gultige und von der International Mineralogical Association IMA zuletzt 2009 aktualisierte 12 9 Auflage der Strunz schen Mineralsystematik ordnet den Chrysotil ebenfalls in die Abteilung der Schichtsilikate ein Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der Schichtbildung so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung Schichtsilikate Phyllosilikate mit Kaolinitschichten zusammengesetzt aus tetraedrischen oder oktaedrischen Netzen zu finden ist wo er ebenfalls in der Serpentingruppe mit der System Nr 9 ED 15 und den weiteren Mitgliedern Amesit Antigorit Berthierin Brindleyit Cronstedtit Fraipontit Greenalith Karyopilit Kellyit Lizardit Manandonit Nepouit und Pecorait zu finden ist Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebrauchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Chrysotil in die Abteilung der Schichtsilikatminerale ein Hier ist die Serpentingruppe allerdings in mehrere Untergruppen aufgeteilt und Chrysotil ist Namensgeber der Chrysotil Untergruppe mit der System Nr 71 01 02d innerhalb der Unterabteilung Schichtsilikate Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 1 1 Lagen Bildung und Fundorte Bearbeiten nbsp Goldbrauner Chrysotil aus dem Tagebau Callenberg Nord Nr 2 Sachsen Deutschland Sichtfeld 4 cm Wie alle Serpentine entsteht auch Chrysotil sekundar bei der Umwandlung magnesiumreicher Orthopyroxene oder Olivine in Peridotiten Als Begleitminerale treten unter anderem Lizardit und Korund auf Weltweit gelten bisher Stand 2012 rund 900 Fundorte als bekannt 10 Neben seiner Typlokalitat Zloty Stok konnte Chrysotil in Polen noch bei Naslawice Sobotka Redziny und an mehreren Stellen nahe Zabkowice Slaskie Frankenstein in Niederschlesien sowie in der Umgebung von Debnik und Dubie nahe Krzeszowice im Powiat Krakowski Woiwodschaft Kleinpolen gefunden werden In Deutschland ist Chrysotil bisher vor allem in Bayern gefunden worden so unter anderem in der sogenannten Munchberger Masse aber auch am Grossen Teichelberg am Zeilberg Des Weiteren trat Chrysotil noch an einigen Stellen im Schwarzwald Baden Wurttemberg Odenwald Hessen am Backenberg und bei Bad Harzburg in Niedersachsen in der Grube Kuhlenberg Nordrhein Westfalen sowie an einigen Stellen in Sachsen z B Breitenbrunn und Freiberg im Erzgebirge auf Auch in Gesteinsproben vom Mittelatlantischen Rucken Hydrothermalfeld Logatchev 1 und Markov Tiefe Sierra Leone Bruchzone und aus dem Marianengraben im westlichen Pazifischen Ozean konnte Chrysotil nachgewiesen werden 13 Bekannte Fordergebiete Bearbeiten nbsp Blaulichgruner Chrysotil aus der Bell Mine Thetford Mines Les Appalaches Quebec Kanada Grosse 4 2 2 entspricht 10 16 5 06 5 06 cm Eine sehr bedeutende Lagerstatte in Russland liegt bei Ak Dowurak in Sibirien wo eine der grossten Asbestminen der Welt im Tagebau betrieben wurde Auch im Ural liegen viele wichtige Chrysotilasbestlagerstatten wie die Stadt Asbest die nach ihrer gleichnamigen Industrie benannt wurde Ein weiteres wichtiges Abbaugebiet war die kanadische Provinz Quebec Da Asbest in Kanada selbst nicht mehr eingesetzt werden durfte wurden jahrlich 200 000 Tonnen in Entwicklungslander wie Indien Indonesien oder Thailand exportiert Diese Praxis wurde von Lobbyisten der Asbestindustrie wie Clement Godbout Leiter des Weissasbest Instituts in Montreal unterstutzt Der Abgeordnete Pat Martin von der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion kampfte gegen einen generellen Forderstopp in Kanada Kritiker der Exportpraxis stellten fest dass in den Landern in die exportiert wurde die Voraussetzungen fur einen sicheren Umgang mit der Substanz nicht gegeben sind 14 Im Jahr 2012 legte Kanada dann seine Asbestminen endgultig still 15 Im sudlichen Afrika waren unter anderem Baberton in Sudafrika die Havelock Asbest Mine im Distrikt Hhohho in Eswatini und Zvishavane ehemals Shabani in Simbabwe bedeutende Produzenten von Chrysotilasbest 16 Synthetische Herstellung Bearbeiten Chrysotil lasst sich aus einem Gemisch von Poly Kieselsaure und Magnesiumoxid in Wasser bei 300 C und 90 160 bar Druck herstellen Kristallstruktur Bearbeiten nbsp Struktur und chemischer Aufbau von ChrysotilChrysotil besteht aus Siliciumdioxid Tetraedern welche eckenverknupft eine Ebene aufspannen Die Sechsecklucken werden in der ersten Schicht mit Hydroxidionen rot besetzt gefolgt von einer zweiten Schicht Hydroxidionen grun welche einen oktaedrischen Raum aufspannen In diesen oktaedrischen Raum konnen verschiedene Kationen eingelagert werden was zu der Vielzahl der Serpentinasbeste fuhrt Im Fall von Chrysotil ist es Magnesium Kristallographische Daten der Chrysotil Polytype 7 Name Klinochrysotil Orthochrysotil ParachrysotilKristallsystem monoklin orthorhombisch orthorhombischKristallklasse 2 m mm2 nicht definiertRaumgruppe C2 m Nr 12 Vorlage Raumgruppe 12 Ccm21 Nr 36 Stellung 2 Vorlage Raumgruppe 36 2 nicht definiertGitterkonstanten derElementarzelle a 5 34 Ab 9 25 Ac 14 65 Ab 93 3 a 5 34 Ab 9 20 Ac 14 63 A a 5 30 Ab 9 24 Ac 14 70 AZahl der Formeleinheitenin der Elementarzelle 2 2 2Verwendung Bearbeiten nbsp Bei Raumluftanalyse identifiziertes Buschel Weissasbestfaser 5000 fach vergrossert mit RasterelektronenmikroskopChrysotil wurde fur hitzebestandige Materialien wie hitzebestandige Kleidung Elektroisolierungen Dichtungen und Seile verwendet Weiterhin wurde es fur Dachplatten Eternit Platten benutzt Auf Grund der Gefahren durch Asbest Asbestose durch Einatmen von Asbest Stauben wird es heute selten verwendet Als Asbestmineral gehort Chrysotil CAS Nummern 12001 29 5 und 132207 32 0 zu den gefahrlichen Stoffen deren Herstellung Inverkehrbringen oder Verwendung in der EU nach Anhang XVII der REACH Verordnung beschrankt beziehungsweise verboten ist 17 18 Siehe auch BearbeitenListe der MineraleLiteratur BearbeitenHans Jurgen Rosler Lehrbuch der Mineralogie 4 durchgesehene und erweiterte Auflage Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie VEB Leipzig 1987 ISBN 3 342 00288 3 S 573 576 Helmut Schrocke Karl Ludwig Weiner Mineralogie Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage de Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 006823 0 S 845 Chrysotilasbest Clinochrysotile In John W Anthony Richard A Bideaux Kenneth W Bladh Monte C Nichols Hrsg Handbook of Mineralogy Mineralogical Society of America 2001 englisch handbookofmineralogy org PDF 70 kB Orthochrysotile In John W Anthony Richard A Bideaux Kenneth W Bladh Monte C Nichols Hrsg Handbook of Mineralogy Mineralogical Society of America 2001 englisch handbookofmineralogy org PDF 62 kB Parachrysotile In John W Anthony Richard A Bideaux Kenneth W Bladh Monte C Nichols Hrsg Handbook of Mineralogy Mineralogical Society of America 2001 englisch handbookofmineralogy org PDF 61 kB Martin Okrusch Siegfried Matthes Mineralogie Eine Einfuhrung in die spezielle Mineralogie Petrologie und Lagerstattenkunde 7 vollstandig uberarbeitete und aktualisierte Auflage Springer Berlin u a 2005 ISBN 3 540 23812 3 S 105 106 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Chrysotil Sammlung von Bildern Chrysotil In Mineralienatlas Lexikon Geolitho Stiftung abgerufen am 26 September 2021 Chrysotile In mindat org Hudson Institute of Mineralogy abgerufen am 26 September 2021 englisch David Barthelmy Chrysotile Mineral Data In webmineral com Abgerufen am 26 September 2021 englisch Chrysotile search results In rruff info Database of Raman spectroscopy X ray diffraction and chemistry of minerals RRUFF abgerufen am 26 September 2021 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Malcolm Back Cristian Biagioni William D Birch Michel Blondieau Hans Peter Boja und andere The New IMA List of Minerals A Work in Progress Updated January 2023 PDF 3 7 MB In cnmnc main jp IMA CNMNC Marco Pasero Januar 2023 abgerufen am 26 Januar 2023 englisch Laurence N Warr IMA CNMNC approved mineral symbols In Mineralogical Magazine Band 85 2021 S 291 320 doi 10 1180 mgm 2021 43 englisch cambridge org PDF 320 kB abgerufen am 5 Januar 2023 a b c d Chrysotil In geo archiv de 12 Mai 2013 abgerufen am 26 September 2021 Thomas Nowak Chrysotilasbest Weissasbest Serpentinasbest Abgerufen am 26 September 2021 a b Malcolm Back William D Birch Michel Blondieau und andere The New IMA List of Minerals A Work in Progress Updated September 2021 PDF 3 6 MB In cnmnc main jp IMA CNMNC Marco Pasero Juli 2020 abgerufen am 26 September 2021 englisch a b c Stefan Weiss Das grosse Lapis Mineralienverzeichnis Alle Mineralien von A Z und ihre Eigenschaften Stand 03 2018 7 vollkommen neu bearbeitete und erganzte Auflage Weise Munchen 2018 ISBN 978 3 921656 83 9 a b c Hugo Strunz Ernest H Nickel Strunz Mineralogical Tables Chemical structural Mineral Classification System 9 Auflage E Schweizerbart sche Verlagsbuchhandlung Nagele u Obermiller Stuttgart 2001 ISBN 3 510 65188 X S 677 englisch a b Walter Schumann Edelsteine und Schmucksteine Alle Arten und Varietaten 1900 Einzelstucke 16 uberarbeitete Auflage BLV Verlag Munchen 2014 ISBN 978 3 8354 1171 5 S 218 Hellmuth Bogel Knaurs Mineralienbuch Das Haus und Handbuch fur Freunde und Sammler von Mineralien Droemer Knaur Munchen 1972 ISBN 3 426 00292 2 S 214 a b c Chrysotile In mindat org Hudson Institute of Mineralogy abgerufen am 26 September 2021 englisch Hans Luschen Die Namen der Steine Das Mineralreich im Spiegel der Sprache 2 Auflage Ott Verlag Thun 1979 ISBN 3 7225 6265 1 S 318 Ernest H Nickel Monte C Nichols IMA CNMNC List of Minerals 2009 PDF 1 82 MB In cnmnc main jp IMA CNMNC Januar 2009 abgerufen am 26 September 2021 englisch Fundortliste fur Chrysotil beim Mineralienatlas deutsch und bei Mindat englisch abgerufen am 26 September 2021 Florens Herbst Krebserregender Weissasbest Deutschlandfunk 14 August 2011 abgerufen am 26 September 2021 Asbestos mining stops for first time in 130 years In CBC news CBC 24 November 2011 abgerufen am 26 September 2021 Friedrich Klockmann Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie Hrsg Paul Ramdohr Hugo Strunz 16 Auflage Enke Stuttgart 1978 ISBN 3 432 82986 8 S 761 763 Erstausgabe 1891 Liste der beschrankten Stoffe Anhang XVII der REACH Verordnung Asbestos chrysotile In echa europa eu Europaische Chemikalienagentur ECHA abgerufen am 12 August 2020 Verordnung EG Nr 1907 2006 des Europaischen Parlaments und des Rates vom 18 Dezember 2006 zur Registrierung Bewertung Zulassung und Beschrankung chemischer Stoffe REACH zur Schaffung einer Europaischen Agentur fur chemische Stoffe zur Anderung der Richtlinie 1999 45 EG und zur Aufhebung der Verordnung EWG Nr 793 93 des Rates der Verordnung EG Nr 1488 94 der Kommission der Richtlinie 76 769 EWG des Rates sowie der Richtlinien 91 155 EWG 93 67 EWG 93 105 EG und 2000 21 EG der Kommission PDF 1970 kB abgerufen am 12 August 2020 In Amtsblatt der Europaischen Union L Nr 396 30 Dezember 2006 S 401 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chrysotil amp oldid 239000767