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Die Anuschteginiden DMG Anusteginiden waren eine muslimische Dynastie die Anfang des 13 Jahrhunderts sowohl Choresmien und dessen Umgebung als auch ganz Iran Transoxanien und das heutige Afghanistan beherrschte Sie fuhrte als 4 Dynastie den alten Titel Choresm Schah und residierte wie schon die Mamuniden im bluhenden Gurgandsch Oft sind die Anuschteginiden gemeint wenn von den grossen Choresm Schahs die Rede ist Inhaltsverzeichnis 1 Aufstieg bis zum Tode Tekischs 2 Imperiale Expansion unter Muhammad II 3 Eroberung des Reiches durch die Mongolen 4 Quellen und Literatur 5 BelegeAufstieg bis zum Tode Tekischs BearbeitenBegrundet wurde die Dynastie der Anuschteginiden von Anusch Tegin einem aus dem gebirgigen Nordwesten des heutigen Afghanistans stammenden turkischen Militarsklaven Ġulam oder Mamluk welcher um 1077 von dem Seldschukensultan Malik Schah I Malik Sah zum wohl nur nominellen Prafekten siḥna von Choresmien ernannt wurde nachdem er zuvor schon das hohe Amt des Bewahrers der koniglichen Waschschussel ṭast dar bekleidet hatte Den traditionellen Titel eines Choresm Schahs fuhrte allerdings erst Anusch Tegins Nachfolger im Amt des seldschukischen Statthalters von Choresm der turkische Militarsklave Ekintschi ibn Qotschqar bevor sich schliesslich Anusch Tegins Sohn Qutb ad Din Muhammad als neuer Choresm Schah durchsetzen konnte Wahrend seiner rund 30 jahrigen Regierung schaffte es Qutb ad Din Muhammad als stets treuer Vasall der Seldschuken seine Macht so weit zu festigen dass sein Sohn Ala ad Din Atsiz 1127 oder 1128 ohne Probleme Amt und Titel des Vaters erben konnte Ab ungefahr 1138 lehnte sich Ala ad Din Atsiz immer wieder offen gegen die Seldschuken auf Zwar scheiterten letztlich alle drei seiner Versuche die Oberherrschaft des letzten grossen Seldschukensultans Sandschar abzuschutteln doch gelang es ihm im Rahmen einer konsequent vorangetriebenen Expansionspolitik das Ustjurt Plateau mit der Halbinsel Mangyschlak sowie die Region am Unterlauf des Syrdarjas mit der wichtigen Stadt Dschand zu erobern 1 und so die Macht der Choresm Schahs bis zu seinem Tod am 30 Juli 1156 kontinuierlich auszubauen nbsp Il Arslan wird zum Herrscher gekront Abbildung aus dem Dschami at tawarich des Raschid ad Din Atsiz Sohn und Nachfolger Il Arslan konnte dann nach dem Tod Sultan Sandschars im Jahr 1157 unabhangig von den im Niedergang begriffenen Seldschuken regieren musste aber wie zuletzt schon sein Vater die Oberhoheit der aus China vertriebenen und anschliessend nach Westen gezogenen Qara Chitai anerkennen nachdem diese Sandschar in der Schlacht von Qatwan Qaṭwan September 1141 eine schwere Niederlage zugefugt und somit fast ganz Turkestan einschliesslich Choresm unterworfen hatten Die bis 1210 bestehende Oberhoheit des unglaubigen Gur Chans Gur Ḫan war jedoch relativ locker und beschrankte sich auf jahrliche Tributzahlungen sodass Il Arslan trotz seines Vasallenstatus zu einem der machtigsten Herrscher des islamischen Ostens aufstieg er nannte sich nun Sultan und sowohl im qarachanidisch beherrschten Transoxanien als auch im nordlichen Chorasan intervenieren konnte Il Arslans altester Sohn Ala ad Dunya wa d Din Abu l Muzaffar Tekisch vermochte sich 1172 zwar nur mit Hilfe der machtigen Qara Chitai gegen seinen Bruder Dschalal ad Dunya wa d Din Sultan Schah Abu l Qasim Mahmud Ǧalal ad Dunya wa ʼd Din Sulṭan Sah Abu ʼl Qasim Maḥmud als neuer Choresm Schah durchsetzen doch hinderte ihn dies nicht daran wenig spater wie schon sein Vater 1172 einen Versuch zu unternehmen sich der Oberhoheit des Gur Chans zu entledigen woraufhin die Qara Chitai zeitweilig den Thronanspruch von Tekischs Bruder Sultan Schah unterstutzten welchem es nach seiner Flucht aus Choresm gelungen war einen Teil Chorasans in seine Gewalt zu bringen Nach mehreren Kampfen konnte Tekisch jedoch 1187 zunachst Nischapur Nisapur erobern und nach dem Tod Sultan Schahs 1193 dessen gesamtes chorasanisches Territorium v a die Stadte Merw Sarachs Saraḫs und Tus Ṭus ubernehmen wodurch die Besitzungen der Anuschteginiden wieder vereint waren nbsp Sultan Tekischs Mausoleum in KoneurgencNeben einigen Strafexpeditionen gegen aufsassige Qiptschaqenfursten im heutigen Kasachstan unternahm der Choresm Schah ab 1192 ausserdem wiederholt Feldzuge nach Westiran wo er 1194 Toghril III Toġril den letzten Sultan aus der irakischen Linie der Grossseldschuken besiegte und totete ganz Dschibal Ǧibal mit Rayy und Hamadan Hamadan eroberte und daraufhin mit dem zu dieser Zeit wiedererstarkenden Abbasidenkalifen ʿAbbasiden seit 1180 an Nasir li Dini llah an Naṣir li Dini ʼllah in Konflikt geriet Selbst zu schwach um gegen den machtigen Anuschteginidensultan und dessen Herrschaftsanspruche vorgehen zu konnen verbundete sich der machthungrige Kalif mit den im heutigen Afghanistan Pakistan und Nordindien herrschenden Ghuriden Ġuriden welche sich zu den gefahrlichsten Rivalen der Choresm Schahs um die Vorherrschaft im Osten der islamischen Welt entwickelt hatten und stachelte diese wiederholt dazu an gegen Tekisch zu Felde zu ziehen Trotz erster militarischer Erfolge welche der Ghuridensultan Ghiyath ad Din Muhammad Ġiyaṯ ad Din Muḥammad im 1198 beginnenden Krieg gegen die Choresm Schahs und deren Oberherrn die Qara Chitai verzeichnen konnte sah sich an Nasir 1199 jedoch vorerst gezwungen Tekisch den Begrunder des choresmischen Grossreiches als Sultan des persischen Iraks Chorasans und Turkistans anzuerkennen Imperiale Expansion unter Muhammad II Bearbeiten nbsp Eine in Taloqan unter der Herrschaft Ala ad Din Muhammads gepragte Munze nbsp Das Anuschteginidenreich zu Beginn des 13 JahrhundertsAls Tekisch im Jahre 1200 verstarb und sein Sohn Ala ad Dunya wa d Din Abu l Fath Muhammad ʿAlaʾ ad Dunya wa ʼd Din Abu l Fatḥ Muḥammad den Thron der Choresm Schahs bestieg ging die Herrschaft uber Westiran in einer blutigen Volkserhebung wieder verloren und auch Chorasan fiel vorubergehend an die von an Nasir zu einem militarischen Vorgehen gedrangten Ghuriden Zwar schaffte es Muhammad II Chorasan bis 1203 zuruckzuerobern doch stiess der Ghuridensultan Muizz ad Din Muhammad Muʿizz ad Din Muḥammad 1204 sogar bis nach Gurgandsch vor ehe er mit Hilfe der Qara Chitai und Qarachaniden geschlagen werden konnte Da Muizz ad Din Muhammad der letzte ebenburtige Gegner der Anuschteginiden im Osten der islamischen Welt 1206 ermordet wurde und seine schwachen Nachfolger nicht im Stande waren ihr Reich zusammenzuhalten gelang es Muhammad II schliesslich bis 1215 alle nichtindischen Gebiete des zerfallenen Ghuridenreiches im Wesentlichen das heutige Afghanistan mit den wichtigen Stadten Balch Balḫ Tirmidh Tirmiḏ Herat Herat und Ghazna Ġazna zu erobern und auch die letzten Linien der Ghuriden in Firuzkuh Firuzkuh und Bamiyan Bamiyan zu sturzen Zudem mussten die nasridischen Herrscher von Sistan Naṣriden von Sistan die Oberhoheit der Anuschteginiden anerkennen Dabei waren die Ghuriden bereits 1206 so geschwacht dass der Choresm Schah als nunmehr machtigster Herrscher des islamischen Ostens dazu ubergehen konnte sich gemeinsam mit Uthman Chan ʿUṯman Ḫan dem qarachanidischen Herrscher von Samarkand Samarqand gegen die Oberhoheit der unglaubigen Qara Chitai zu erheben In der Schlacht bei Taras Taras wohl 1210 konnten die muslimischen Verbundeten begunstigt durch die gleichzeitige Rebellion der Vasallen des Gur Chans in Ostturkistan und die Machtergreifung des Naimanenprinzen Kutchlug Kuclug schliesslich ein Heer der Qara Chitai besiegen was dem Ansehen und Ruhm des seitdem auch formal vollig souveranen Choresm Schahs ausgesprochen zutraglich war und zur Folge hatte dass sich fortan fast ganz Transoxanien unter der Oberherrschaft der Anuschteginiden befand Buchara war bereits von Tekisch erobert worden Muhammad II scheint jedoch nicht wirklich in der Lage gewesen zu sein die Muslime der Region gegen Kutschlug welcher 1211 die Macht im Reich der Qara Chitai ubernahm und somit zum neuen Hauptrivalen des Choresm Schahs wurde zu verteidigen Uberhaupt schien die Oberhoheit der sunnitischen Anuschteginiden keineswegs gunstiger zu sein als die des nichtmuslimischen Gur Chans weshalb die Qarachaniden recht bald gegen Muhammad II rebellierten und sich erneut den Qara Chitai unterstellten Als 1212 in Samarkand ein blutiger Aufstand gegen die Choresmier ausbrach nahm Muhammad II die Stadt ein und liess seinen ehemaligen Verbundeten Uthman Chan so wie fast alle Qarachaniden hinrichten Sultan Muhammads Siege uber die Ghuriden Qara Chitai Qiptschaqen und Qarachaniden erlaubten es ihm nach Zentral und Westiran vorzustossen 1205 6 konnte die uber Mazandaran Mazandaran herrschende Regionaldynastie der Bawandiden Bavandiden erst unterworfen und 1210 komplett beseitigt werden wenig spater wurden dem Anuschteginidenreich ausserdem Kirman Kirman Makran und Hormuz einverleibt sodass die Oberhoheit des Choresm Schahs sogar in einigen Kustengebieten Omans anerkannt wurde da diese dem Herrscher von Hormuz unterstellt waren 1217 eroberte Muhammad II den gesamten persischen Irak zuruck wobei auch die Atabegs von Fars die Salghuriden Salġuriden und die Atabegs von Aserbaidschan die Eldiguziden unterworfen wurden Der seit Tekischs Regierung bestehende machtpolitische Interessenkonflikt zwischen den nach Westen vorstossenden Anuschteginiden und dem Kalifen an Nasir war mittlerweile zu einem umfassenden Rechtsstreit ausgewachsen und der intrigante Kalif liess keine Gelegenheit ungenutzt seinen Gegner zu provozieren Muhammad II auf dem Hohepunkt seiner Macht versuchte noch im Herbst 1217 Bagdad zu erobern um der Herrschaft seines von ihm zu Gunsten eines schiitischen Gegenkalifen bereits fur abgesetzt erklarten Erzfeindes an Nasir ein Ende zu bereiten Der Abbaside entsandte damals den bekannten Sufi Scheich Umar as Suhrawardi welcher vergeblich versuchte den Choresm Schah von seinem Unternehmen abzubringen 2 Der Grossteil von Muhammads Armee wurde aber bei dem Versuch das Zagrosgebirge zu uberqueren in einem heftigen Schneesturm vernichtet Da es zu dieser Zeit auch zu ersten Kontakten mit den Mongolen kam sah sich der Choresm Schah schliesslich gezwungen sein Vorhaben im Irak aufzugeben und uber Chorasan nach Transoxanien zuruckzukehren Eroberung des Reiches durch die Mongolen Bearbeiten nbsp Dschalal ad Din links flieht vor der Armee Dschingis Khans uber den Indus Miniatur vom Ende des 16 Jahrhunderts Die Blutezeit des Reichs war nur kurz Provoziert durch den Uberfall auf eine Handelskarawane in Utrar Uṭrar 1218 eroberten die von Dschingis Chan geeinten Mongolen ab 1219 auch das westliche Mittelasien wobei bluhende Metropolen wie Samarkand Buchara Merw und Nischapur zerstort und sehr viele Menschen grausam ermordet wurden Auch die choresmische Hauptstadt wurde dem Erdboden gleichgemacht und Muhammad II unfahig sein riesiges Reich gegen die Invasoren aus dem Osten effektiv zu verteidigen blieb nichts anderes ubrig als sich auf eine kleine Insel im Kaspischen Meer zu fluchten wo er im Winter 1220 1221 verstarb Sein beruhmter Sohn Dschalal ad Din setzte zwar nach einem dreijahrigen Aufenthalt in Indien von Aserbaidschan aus den Widerstand gegen die immer weiter nach Westen vorruckenden Mongolen fort wurde aber im August 1230 zunachst von den verbundeten Rum Seldschuken und Aiyubiden in der Schlacht von Yasi Tschemen Yasi Cemen bei Erzincan besiegt und dann ein Jahr spater auf der Flucht vor den Mongolen von kurdischen Raubern nahe Maiyafariqin Maiyafariqin ermordet womit die Dynastie der Anuschteginiden und die Herrschaft der Choresm Schahs ein Ende fand Der schnelle Aufstieg der Choresm Schahs zur Grossmacht erfolgte vor allem durch das Bundnis der Dynastie mit der Stammesaristokratie der Qiptschaqen Konfoderation aus der sich die Anuschteginiden auch stets ihre Hauptgemahlinnen wahlten Die Kriegs und Raubzuge der nomadischen Turken hatten aber zum Teil verheerende Folgen fur die Landwirtschaft in Mittelasien und Iran Neben den kriegsbedingten Zerstorungen wurde viel Ackerland in Weideland fur die Herden der Qiptschaqen umgewandelt Quellen und Literatur BearbeitenʿAlaʾ ad Din ʿAṭaʾ Malik Ǧuvaini Taʾriḫ i ǧahan gusah in der Ubersetzung von John Andrew Boyle The History of the World Conqueror Manchester 1958 Ibn al Aṯir Al Kamil fi ʼt taʾriḫ hgg von Carolus Johannes Tornberg Chronicon quod perfectissimum inscribitur Lugdunum Batavorum Leiden 1867 1874 Muḥammad b Aḥmad Nasavi Sirat as sulṭan Ǧalal ad Din Mengubirti hgg von Hafez Ahmad Hamdi History of Djalal el Din Mankobirti Shah of Khwarazm Cairo 1953 Minhaǧ ad Din Abu ʿAmr ʿUṯman Ǧuzǧani Ṭabaqat i Naṣiri in der Ubersetzung von Henry George Raverty Tabakat i Nasiri A General History of the Muhammadan Dynasties of Asia including Hindustan from A H 194 810 A D to A H 658 1260 A D and the Irruption of the Infidel Mughals into Islam London 1881 1899 Wilhelm Barthold Turkestan Down to the Mongol Invasion E J W Gibb Memorial Series London 1928 abgerufen am 15 November 2019 Clifford Edmund Bosworth Artikel KHwARAZM SHAHS in Encyclopaedia of Islam New Edition hgg von P J Bearman u a Leiden 1960 2004 Clifford Edmund Bosworth Artikel KHWARAZMSHAHS i Descendants of the line of Anustigin in Encyclopaedia Iranica Online Edition 20 April 2009 Clifford Edmund Bosworth The new Islamic dynasties A chronological and genealogical manual S 178 180 Edinburgh 2004 Clifford Edmund Bosworth Kapitel The Seljuqs and the Khwarazm Shahs Part Three The eastern Seljuq sultanate 1118 57 and the rise and florescence of the Khwarazm Shahs of Anushteginʼs line up to the appearance of the Mongols 1097 1219 in History of Civilizations of Central Asia Vol IV The age of achievement AD 750 to the end of the fifteenth century Part One The historical social and economic setting hgg von Muhammad Seyfeydinovich Asimov und Clifford Edmund Bosworth Paris 1998 Clifford Edmund Bosworth Kapitel The political and dynastic history of the Iranian world A D 1000 1217 in The Cambridge History of Iran Vol 5 The Saljuq and Mongol periods hgg von John Andrew Boyle Cambridge 1968 John Andrew Boyle Kapitel Dynastic and political history of the il Khans in The Cambridge History of Iran Vol 5 The Saljuq and Mongol periods Cambridge 1968 Lutz Richter Bernburg Aufsatz Zur Titulatur der Ḫwarezm Sahe aus der Dynastie Anustegins in Archaologische Mitteilungen aus Iran Bd 9 Neue Folge Berlin 1976 Bertold Spuler Kapitel Geschichte Mittelasiens seit dem Auftreten der Turken in Handbuch der Orientalistik Hrsg Bertold Spuler Abt I Bd V Geschichte Mittelasiens Hrsg Karl Jettmar Leiden 1966Belege Bearbeiten W Bartold Turkestan S 324 Erik Ohlander Sufism in an Age of Transition ʿUmar al Suhrawardi and the Rise of the Islamic Mystical Brotherhood Brill Leiden 2008 S 98 105 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anuschteginiden amp oldid 232187073