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Die Ghuriden persisch غوریان DMG Ġuriyan arabisch غوريون DMG Ġuriyun auch Guriden waren eine Dynastie aus der Gebirgsregion Ghur im Zentrum des heutigen Afghanistan welche in der zweiten Halfte des 12 Jahrhunderts das Reich der Ghaznawiden eroberte und durch Vorstosse im Westen bis nach Bistam und im Osten bis nach Bengalen zu Beginn des 13 Jahrhunderts kurzzeitig zur dominierenden Macht des islamischen Ostens aufstieg Die endgultige Vernichtung des von mehreren Linien regierten Ghuridenreiches dessen Zentrum die wahrscheinlich mit Dscham Ǧam identische Stadt Firuzkuh persisch فيروزكوه DMG Firuzkuh Turkisberg war erfolgte 1215 durch den Choresm Schah Ala ad Din Muhammad ʿAlaʾ ad Din Muḥammad Das Ghuridenreich um 1200Das Ghuridenreich und seine Nachbarn zu Beginn des 13 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Ereignisgeschichte 2 Kulturelle Entwicklungen unter den Ghuriden 3 Herrscherliste 4 Quellen Literatur und Weblinks 5 BelegeEreignisgeschichte BearbeitenDie Ghuriden gehorten dem uber Ghur herrschenden Haus der Schansabaniden Al i Sansab an dessen Herkunft jedoch unbekannt ist Der Historiker Mountstuart Elphinstone vermutet dass sie ostiranische Paschtunen waren 1 Andere hingegen sprechen von einer tadschikischen Herkunft was jedoch im Widerspruch mit der Tatsache stunde dass sich die Muttersprache der Ghuriden vom Persischen unterschieden habe 2 und das Volk der Tadschiken durch Persisch als ihre Muttersprache definiert sei Clifford Edmund Bosworth leitet den Namen des eponymen Dynastiegrunders Schansab beispielsweise vom mittelpersischen Personennamen Wischnasp ab 3 Nachdem Ghur erst im 11 Jahrhundert islamisiert worden war unterstanden dessen Fursten ab 1011 zunachst den Ghaznawiden Ca 1107 08 folgte dann die Oberherrschaft des Seldschukensultans Sandschar von der sich der Ghuride Ala ad Din Husain II ʿAlaʾ ad Din Ḥusain 1152 vergeblich zu befreien versuchte Im Jahr zuvor war es ihm jedoch gelungen unter anderem Ghazna zu zerstoren was ihm den Beinamen Dschahansuz ǧahan suz der Weltverbrenner einbrachte und Teil einer beachtlichen Expansionsphase war mit der der Grundstein fur die Errichtung eines Grossreiches gelegt wurde Wahrend die Herrschaft der Seldschuken uber Ostiran namlich mit Sandschars Tod gebrochen war setzten sich die ghuridischen Eroberungen im heutigen Afghanistan weiter fort und beschrankten die verhassten Ghaznawiden auf den Pandschab mit der Hauptstadt Lahore Die endgultig 1173 74 eingenommene Metropole Ghazna wurde genau wie Bamiyan von wo aus man bald sogar uber den Amudarja hinaus vorstiess zum Sitz eines eigenen Dynastiezweigs Von hier aus drang man weiter in Richtung Osten vor und sturzte dabei 1186 auch den letzten Ghaznawiden Der Hohepunkt des Ghuridenreiches wird durch eine 1173 beginnende Doppelherrschaft markiert bei der Sultan Ghiyath ad Din Muhammad Ġiyaṯ ad Din Muḥammad von Firuzkuh aus Ostiran regierte und sein jungerer Bruder Sultan Muizz ad Din Muhammad Muʿizz ad Din Muḥammad von Ghazna aus ins Industal vordrang Wahrend Ghiyath ad Din als treuer Verbundeter des Abbasidenkalifats ganz Chorasan eroberte und erfolgreich gegen die mit den Ghuriden rivalisierenden Choresm Schahs behauptete setzte Muizz ad Din die Ghazi Tradition der Ghaznawiden fort und begann mit Vorstossen nach Nordindien das die Ghuriden im Gegensatz zu Mahmud von Ghazna erobern wollten Die beiden ersten grossen Auseinandersetzungen mit den hinduistischen Fursten endeten 1178 bzw 1191 allerdings mit schweren Niederlagen gegen den Chalukya Konig von Gudscharat bzw Prithviraj III von Delhi Erst nach der zweiten Schlacht von Tarain 1192 in der die Koalition der Hindufursten uberraschend geschlagen und Prithviraj getotet wurde konnte Nordindien bis 1202 Eroberung Bengalens Schritt fur Schritt fast vollstandig unterworfen werden wobei die Ghuriden als Forderer der persischen Literatur und Kunst auch kulturelle Einflusse vermittelten Zwar wurde Muizz ad Din 1203 Alleinherrscher und konnte 1204 sogar bis nach Choresm vorrucken doch zerfiel das Ghuridenreich nach seiner Ermordung 1206 schnell Wahrend sich in Nordindien Mamluken Generale wie Qutb ad Din Aibak Quṭb ad Din Aibak der Begrunder des Sultanats von Delhi unabhangig machten und die Herrschaft uber Ghazna an den Ghulam Tadsch ad Din Yildiz Taǧ ad Din Yildiz verloren ging gerieten die chorasanischen Besitzungen der Ghuriden noch 1206 unter die Herrschaft des machtigen Choresm Schahs Ala ad Din Muhammad welcher den Sultan von Firuzkuh zunachst zu seinem Vasallen machte und die Dynastie 1215 ganz vernichtete Als Abkommlinge und Erben der Ghuriden konnen die Kartiden gelten welche Ostchorasan von 1245 bis 1389 als Vasallen der Mongolen beherrschten Kulturelle Entwicklungen unter den Ghuriden BearbeitenWie schon die Ghaznawidensultane taten sich auch die Ghuridenherrscher als Kunstmazene und Forderer der persischen Literatur hervor So liess der Weltverbrenner Ala ad Din Husain II Ghazna zwar zum Grossteil zerstoren und plundern achtete bei der Eroberung der Metropole aber darauf die hier befindlichen Werke der grossen ghaznawidischen Dichter fur seine eigene Bibliothek zu bewahren und machte sich sogar selbst als talentierter Poet einen Namen Zu den zahlreichen Dichtern des Ghuridenhofs welche als solche v a durch ihre Nennung bei Aufi ʿAufi und Daulat Schah Daulat Sah bekannt sind zahlen u a die Panegyriker Nizami Aruzi Niẓami ʿAruzi Abu l Qasim Rafii Abu l Qasim Rafiʿi Abu Bakr Dschauhari Abu Bakr Ǧauhari und Ali Sufi ʿAli Ṣufi Doch hat sich von ihrem Werk anders als bei den Diwanen der ghaznawidischen Dichter leider kaum etwas erhalten Ahnlich verhalt es sich mit der unter den Ghuriden entstandenen Prosaliteratur Neben dem bedeutenden Geschichtswerk Tabaqat i nasiri Ṭabaqat i naṣiri welches vom ghuridischen Hofchronisten und Botschafter Dschuzdschani Ǧuzǧani verfasst wurde und die Hauptquelle zur Geschichte der Dynastie darstellt sind hier in erster Linie das Bahr al ansab Baḥr al ansab ein genealogisches Werk und das Adab al harb wa sch Schadschaa Adab al ḥarb wa s saǧaʿa uber die Staatskunst zu nennen welche beide von Fachr ad Din Mubarakschah Faḫr ad Din Mubaraksah auch bekannt als Fachr i Mudabbir Faḫr i Mudabbir stammen Ebenso wie in der Literatur fuhrten die Ghuriden auch in der Architektur die ghaznawidische Tradition im Grossen und Ganzen fort und bauten die Zentren ihrer Macht zu prachtigen Metropolen aus Wahrend Ghazna schnell wieder aufgebaut wurde und besonders unter Muizz ad Din Muhammad von den in Indien erbeuteten Reichtumern profitierte liess Ghiyath ad Din Muhammad in Chorasan eine Vielzahl von Moscheen Medresen Mausoleen und Karawansereien errichten und wurde so zum wohl grossten Bauherrn der Dynastie Wie einer bis heute erhaltenen Inschrift zu entnehmen veranlasste er beispielsweise die komplette Restauration der Freitagsmoschee von Herat und erbaute in derselben Stadt nordlich der Moschee ein Mausoleum fur seine Dynastie sowie eine Madrasa welche noch bis in die Timuridenzeit die bedeutendste der Stadt blieb Ferner sind eine Moschee eine Madrasa und zwei Mausoleen in Tschischt Cist von Bedeutung sowie eine ausgedehnte Palastanlage in Laschkar i Bazar Laskar i Bazar nahe Bost und eine weitere Madrasa in Schah i Maschhad Sah i Mashad von deren einstiger Herrlichkeit heute zumindest noch Ruinen zeugen Das sicherlich beruhmteste Zeugnis ghuridischer Architektur ist allerdings das grandiose 65 m hohe Minarett von Dscham bei dem es sich vermutlich um den einzigen Uberrest der verschollenen Ghuridenkapitale Firuzkuh handelt nbsp Die beiden Mausoleen von Tschischt das westliche wurde 1167 erbaut das ostliche 1194 nbsp Das schlechter erhaltene ostliche Mausoleum von Tschischt nbsp Das Minarett von Dscham 1174 75 erbaut Weltkulturerbestatte der UNESCO seit 2002 nbsp Kufische Inschrift am Minarett von Dscham hier in blau die Namen und Titel Sultan Ghiyath ad Din Muhammads nbsp Detail der Dekoration des Minaretts von Dscham die verschlungenen Bander tragen die 19 Koransure nbsp Ruinen der Madrasa von Schah i Maschhad 1176 erbaut Herrscherliste BearbeitenDie Hauptlinie in Ghur Ghazna Nordindien und Chorasan Muhammad ibn Suri Schansabani reg bis 1011 Abu Ali ibn Muhammad reg ab 1011 bis in die 1030er Jahre Vasall der Ghaznawiden Abbas ibn Schith Vasall der Ghaznawiden Muhammad ibn Abbas reg nach 1059 Vasall der Ghaznawiden Qutb ad Din Hasan ibn Muhammad Vasall der Ghaznawiden Izz ad Din Abu l Muluk oder Abu l Salatin Husain I ibn Hasan reg 1100 1146 zunachst noch Vasall der Ghaznawiden dann des Seldschukensultans Sandschar Saif ad Din Suri ibn Husain reg 1146 1149 Vasall Sultan Sandschars Baha ad Din Sam I ibn Husain reg 1149 Vasall Sultan Sandschars Ala ad Din Dschahan Suz Husain II ibn Husain reg 1149 1161 Vasall Sultan Sandschars Saif ad Din Muhammad ibn Husain reg 1161 1163 Ghiyath ad Din Abu l Fath Muhammad ibn Sam reg 1163 1203 Muizz ad Din Muhammad ibn Sam reg 1203 1206 in Ghazna schon seit 1173 Ghiyath ad Din Mahmud ibn Muhammad reg 1206 1212 Vasall des Choresm Schahs Ala ad Din Muhammad Baha ad Din Sam II ibn Mahmud reg 1212 1213 Vasall des Choresm Schahs Ala ad Din Muhammad Ala ad Din Atsiz ibn Husain reg 1213 1214 Vasall des Choresm Schahs Ala ad Din Muhammad Ala ad Din Muhammad ibn Ali Schudscha ad Din ibn Ali Ala ad Din ibn Husain reg 1214 1215 Vasall des Choresm Schahs Ala ad Din Muhammad Die Nebenlinie in Bamiyan Tucharistan Badachschan Schughnan Wachsch und Tschaghaniyan Fachr ad Din Masud ibn Husain reg 1145 1163 Schams ad Din Muhammad ibn Masud reg 1163 1192 Baha ad Din Abu l Muayyid Sam ibn Muhammad reg 1192 1206 Dschalal ad Din Ali ibn Sam reg 1206 1215 Vasall des Choresm Schahs Ala ad Din Muhammad Quellen Literatur und Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Ghuride Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Minhaǧ ad Din Abu ʿAmr ʿUṯman Ǧuzǧani Ṭabaqat i Naṣiri in Ubersetzung von Henry George Raverty Tabakat i Nasiri A General History of the Muhammadan Dynasties of Asia including Hindustan from A H 194 810 A D to A H 658 1260 A D and the Irruption of the Infidel Mughals into Islam Gilbert amp Rivington u a London 1881 1897 Clifford E Bosworth The Early Islamic History of Ghur In Central Asiatic Journal Bd 6 Nr 2 1961 ISSN 0008 9192 S 116 133 JSTOR 41926500 Clifford E Bosworth Ghurids In The Encyclopaedia of Islam Band 2 C G New Edition Brill u a Leiden u a 1965 Clifford E Bosworth The political and dynastic history of the Iranian world A D 1000 1217 In The Cambridge History of Iran Band 5 John A Boyle Hrsg The Saljuq and Mongol Periods Cambridge University Press Cambridge u a 1968 Khaliq A Nizami The Ghurids In History of Civilizations of Central Asia Band 4 The Age of Achievement A D 750 to the End of the Fifteenth Century Teil 1 Muhammad S Asimov und Clifford E Bosworth Hrsg The Historical Social and Economic Setting UNESCO Paris 1998 ISBN 92 3 103467 7 S 182 195 Online edition auf http www unesco org culture asia Belege Bearbeiten Elphinstone Mountstuart The History of India Vol 1 J Murray 1841 Web 29 Apr 2010 Link the prevalent and apparently the correct opinion is that both they and their subjects were Afghans amp In the time of Sultan Mahmud it was held as has been observed by a prince whom Ferishta calls Mohammed Soory or Sur Afghan S 598 599 Finbarr Barry Flood Objects of Translation Material Culture and Medieval Hindu Muslim Encounter Princeton University Press 2009 13 1 Clifford Edmund Bosworth Artikel GHURIDS 15 Dezember 2001 in Encyclopaedia Iranica Online EditionNormdaten Geografikum GND 4251676 6 lobid OGND AKS VIAF 248174991 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ghuriden amp oldid 235596492