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Der Allgemeine Friede griechisch koinὴ eἰrhnh koinḕ eirḗne war neben dem Panhellenismus eine der pragenden politischen Ideen im Griechenland des 4 vorchristlichen Jahrhunderts Der Begriff bezeichnet sowohl das allgemeine Konzept eines angestrebten dauerhaften Friedenszustands zwischen den griechischen Poleis als auch eine bestimmte Art von Friedensvertragen die alle drei grundlegenden Bestandteile dieses Konzepts enthalten Ein Allgemeiner Friede musste sich erstens an alle griechischen Stadtstaaten wenden zweitens musste er deren prinzipielle Autonomie und volkerrechtliche Gleichstellung anerkennen unabhangig von ihrer tatsachlichen Macht und er musste drittens ohne zeitliche Begrenzung angelegt sein Die griechische Gottin Eirene Personifikation des Friedens halt Plutos den Gott des Reichtums im Arm Nach einer Statue des Kephisodot Athen um 370 v Chr Seine Verfechter sahen in ihm eine Chance den permanenten Kriegszustand zu beenden der vom Beginn des Peloponnesischen Krieges an die griechische Staatenwelt uber mehr als ein Jahrhundert erschutterte Vom Konigsfrieden 387 386 v Chr bis zur Grundung des Korinthischen Bundes 338 v Chr beeinflusste die Idee der koinḕ eirḗne alle Friedensschlusse zwischen den griechischen Poleis Am Ende erwies sich jedoch dass auf Dauer nur eine starke Hegemonialmacht einen umfassenden Frieden durchsetzen konnte In der Neuzeit wieder aufgegriffen bilden die Hauptprinzipien der koinḕ eirḗne seit dem 20 Jahrhundert die Grundlage fur Friedensorganisationen wie Volkerbund und UNO Inhaltsverzeichnis 1 Das Wesen des Allgemeinen Friedens 1 1 Die Entstehung des Begriffs 1 2 Inhaltliche Merkmale 1 2 1 Die Multilateralitat 1 2 2 Die Autonomieklausel 2 Die Entwicklung der koinḕ eirḗne im 4 Jahrhundert 2 1 Gescheiterter Friedensschluss des Jahres 391 v Chr 2 2 Der Konigsfriede 2 3 Der Allgemeine Friede von 375 v Chr 2 4 Die Verhandlungen vor und nach Leuktra 2 5 Gescheiterte Friedensschlusse 368 und 366 v Chr 2 6 Die koinḕ eirḗne von 362 2 7 Die koinḕ eirḗne als Grundlage des Korinthischen Bundes 3 Chancen und Scheitern der Friedensidee 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDas Wesen des Allgemeinen Friedens BearbeitenDie Idee des Allgemeinen Friedens entwickelte sich aus alteren Vorstellungen die in den politischen Verhaltnissen des 5 Jahrhunderts v Chr in Griechenland allmahlich umgeformt wurden Ihre zeitweilige Durchsetzung verdankt sie aber weniger der Einsicht in die Notwendigkeit einer dauerhaften Friedensordnung als der Tatsache dass sie den Interessen mehrerer aufeinander folgender Hegemonialmachte dienlich schien Die Geschichte der koinḕ eirḗne ist daher nicht nur ein Bestandteil der Ideen sondern mehr noch der Diplomatie Geschichte Griechenlands in den Jahrzehnten zwischen dem Peloponnesischen Krieg und dem Auftreten Konig Philipps II von Makedonien und Alexanders des Grossen Die Entstehung des Begriffs Bearbeiten nbsp Spartanischer HoplitDas griechische Wort Eirene das ursprunglich nur den Friedenszustand bezeichnete erfuhr zu Beginn des 4 Jahrhunderts v Chr eine inhaltliche Erweiterung hin zu Friedensvertrag 1 Dies war Folge einer allgemein veranderten Einstellung zu Krieg und Frieden Noch im 5 Jahrhundert v Chr waren Kriege zwischen den griechischen Poleis mit Vertragen beendet worden die als spondai spondai synthekai syn8hkai oder dialysis polemou dialysis polemoy bezeichnet wurden Alle diese Begriffe bezeichneten im Grunde nur Waffenstillstande oder temporare Unterbrechungen des Krieges 2 Nach den nicht enden wollenden Waffengangen seit Mitte des Jahrhunderts setzte sich aber allmahlich die Erkenntnis durch dass nicht der Kriegs sondern der Friedenszustand der anzustrebende Normalfall sein sollte Dies schlagt sich ebenso in der gesteigerten Bedeutung des Worts Eirene nieder wie auch in seiner Anwendung auf Friedensvertrage 3 Der Begriff des Allgemeinen Friedens tauchte erstmals im Jahr 391 v Chr im Zusammenhang mit den gescheiterten Verhandlungen zwischen Athen und Sparta zur Beendigung des Korinthischen Krieges auf Der athenische Politiker Andokides riet seinen Mitburgern in einer Rede zur Annahme eines als koinḕ eirḗne bezeichneten Friedens 4 Moglicherweise war der Begriff schon vorher in den allgemeinen Sprachschatz ubergegangen gesichert ist dies aber erst seit dieser Rede Der erste Vertrag auf den die Begriffe eirene und koinḕ eirḗne tatsachlich angewandt wurde war der von Persien und Sparta 387 386 v Chr erzwungene Konigsfriede In einem offiziellen Dokument erscheint die Formulierung koinḕ eirḗne zum ersten Mal im Friedensschluss nach der Schlacht von Mantineia im Jahr 362 v Chr Insgesamt ist der Begriff koinḕ eirḗne zeitgenossisch nur sparlich belegt Autoren wie Isokrates Demosthenes und Xenophon gebrauchen ihn nirgendwo explizit Aber sie benennen seine Wesensmerkmale genau fur jene Friedensschlusse die der Geschichtsschreiber Diodor im 1 Jahrhundert v Chr regelmassig als koinḕ eirḗne bezeichnet Die Tatsache wiederum dass Diodor sich fur die Darstellung der Zeit von 386 bis 361 v Chr eng an den zeitgenossischen Autor Ephoros anlehnt lasst darauf schliessen dass der Begriff damals allgemein gelaufig war 5 Inhaltliche Merkmale Bearbeiten Aus der Rede des Andokides 6 und den Bestimmungen des Konigsfriedens 7 lassen sich zwei Merkmale herauslesen die fur Friedensvertrage jener Zeit neu sind Zum einen sollen alle Griechenstadte mit wenigen Ausnahmen autonom sein zum anderen wendet sich der jeweilige Vertragsentwurf an alle Stadte Er zielt also nicht mehr auf eine zweiseitige Ubereinkunft zwischen ehemals verfeindeten Poleis oder Stadtebunden sondern auf einen multilateralen Vertrag dem nach Moglichkeit auch alle nicht am Konflikt beteiligten Parteien beitreten sollen 8 Als drittes nicht explizit erwahntes Merkmal lasst sich das Fehlen einer zeitlichen Befristung feststellen Im 5 Jahrhundert war eine festgelegte Gultigkeitsdauer in Friedensvertragen durchaus ublich Der Dreissigjahrige Friede der 446 445 v Chr zwischen Athen und Sparta geschlossen wurde verrat dies schon im Namen Auch der Nikiasfriede von 421 v Chr war auf 50 Jahre festgelegt wobei Vertrage mit einer Gultigkeitsdauer von 100 Jahren faktisch eine Ewigkeitsklausel beinhalteten Dies geht einesteils auf die schon erwahnte Tatsache zuruck dass der Frieden damals nur als Unterbrechung des Normalzustands Krieg angesehen wurde Dazu kam die Vorstellung dass Friede nicht zwischen den Stadtstaaten als solchen sondern zwischen ihren Bevolkerungen geschlossen wurde und die langstmogliche Vertragsdauer nur die Lebenszeit einer nur fur sich selbst sprechenden Generation sein konnte Eine koinḕ eirḗne war dagegen prinzipiell auf immerwahrende Gultigkeit ausgelegt 9 Dass dies in den entsprechenden Vertragen nicht eigens erwahnt wurde erklart sich aus der inneren Logik der Autonomieklausel denn eine Unabhangigkeit die zeitlich begrenzt ist ware keine Die Multilateralitat Bearbeiten Die erwahnten zweiseitigen Friedensvertrage des 5 Jahrhunderts zwischen Athen und Sparta liessen die Interessen der eigenen wie der gegnerischen Verbundeten zum Teil grob ausser Acht Diese wurden unter Umstanden nicht einmal konsultiert Auch der Vertrag von 404 v Chr der den Peloponnesischen Krieg beendete war wenn auch de facto ein Diktat von Seiten Spartas formell ein Vertrag zwischen diesem und Athen 10 Er enthielt keine Bestimmungen uber die Bundesgenossen Athens aus dem Attischen Seebund und wurde sogar gegen den Willen der Verbundeten Spartas abgeschlossen Der Vertrag entsprach also ganz den Verhaltnissen und Vorstellungen des 5 Jahrhunderts in dem es nur zwei massgebliche Hegemonialmachte in Griechenland gab denen sich alle anderen Poleis unterzuordnen hatten nbsp Buste des PeriklesDie Idee einer panhellenischen Einigung auf multilateraler Ebene war indes schon damals nicht mehr neu Zur Abwehr der Persergefahr war 481 v Chr ein allgemeiner Landfriede beschlossen worden der allerdings befristet war Im Jahr 450 v Chr wollte Perikles eine allgemeine Friedenskonferenz nach Athen einberufen Diese kam jedoch aufgrund der Weigerung der Spartaner die eine athenische Vorherrschaft befurchteten nicht zustande Abgesehen von einigen mehrseitigen Vertragen zwischen einigen Griechenstadten in Sizilien und in Ionien war der Kultverband der Amphiktyonie von Delphi das einzige multilaterale Bundnis des antiken Hellas von Dauer und Bedeutung Der Amphiktioneneid verbot es im Krieg Mitgliedsstadte zu zerstoren oder ihnen das Wasser abzugraben Eidbruchige Stadte wurden ihrerseits mit der Zerstorung bedroht Im Amphiktionenfrieden ist moglicherweise ein Vorlaufer der koinḕ eirḗne zu sehen 11 Dass es seit 387 v Chr immer wieder zu Friedensschlussen auf Basis einer koinḕ eirḗne kam hat einen einfachen Grund Die jeweilige Hegemonialmacht sah sich nicht mehr einer sondern mehreren etwa gleich starken Stadten oder Bundnissen gegenuber Mit ihnen konnte man sich nur noch gemeinsam oder gar nicht einigen Fur die allgemeine Akzeptanz einer solchen multilateralen Einigung war wiederum die Autonomieklausel die erste Voraussetzung Die Autonomieklausel Bearbeiten Die Griechen unterschieden zwischen eleutheria ἐley8eria der ausseren Freiheit einer Polis und der autonomia aὐtonomia der inneren Freiheit einer Stadt 12 Mit autonomia waren also das Recht und die Fahigkeit der Burger einer Polis gemeint sich nur ihrem eigenen Gesetz oder nomos nomos nicht aber dem eines anderen Staats beugen zu mussen 13 Seit sich die Polis als charakteristische Staatsform im antiken Griechenland durchgesetzt hatte galt fur ihre Beziehungen untereinander das ungeschriebene Gesetz dass jede von ihnen und sei sie noch so unbedeutend autonom sein sollte Davon ausgenommen waren nur die kleineren Stadte Attikas und Lakoniens die seit alters her Besitz der Athener bzw der Spartaner gewesen waren Es sollte im 4 Jahrhundert v Chr zu schweren Spannungen fuhren als Theben versuchte eine ahnliche Vorherrschaft uber die Stadte Bootiens zu etablieren 14 Mit Beginn der Perserkriege wuchs aber im 5 Jahrhundert v Chr die Bereitschaft sich zu so genannten Symmachien Kampfbunden unter der Fuhrung einer Hegemonialmacht zusammenzuschliessen Dies geschah jedoch auf freiwilliger Basis so dass das Autonomieprinzip theoretisch nicht angetastet wurde Als die persische Bedrohung nachliess zeigte sich aber dass Athen bestrebt war den von ihm dominierten Delisch Attischen Seebund in ein von Athen beherrschtes Seereich umzuwandeln Dabei verletzten die Athener Grundsatze die von jeher Kennzeichen der Autonomie gewesen waren die Freiheit nach der eigenen Verfassung leben zu durfen ebenso wie die Freiheit von Garnisonen Kleruchien fremder Gerichtshoheit und Tributen Die Einforderung von phoroi foroi d h von Abgaben zu Kriegszwecken die Verlegung der Bundeskasse von Delos nach Athen und die erzwungene Einfuhrung demokratischer Verfassungen nach athenischem Muster bei einigen Bundesgenossen brachten diese gegen ihre Vormacht auf Spartas Politiker deren Peloponnesischer Bund vergleichsweise locker organisiert war entdeckten Mitte des 5 Jahrhunderts die Forderung nach Autonomie als diplomatische Waffe zur Schwachung des Seebunds Sie machten sich die Beschwerden der athenischen Bundner zu eigen Wahrend und nach dem Peloponnesischen Krieg trat Sparta als Sachwalter der Unabhangigkeit aller Griechenstadte auf Die Autonomieklausel wurde also nicht nur deshalb zum festen Bestandteil jeder koinḕ eirḗne weil kleinere Poleis durch sie ihre Eigenstandigkeit gesichert sahen 15 sondern vor allem weil die grosseren Machte sie zum Instrument ihrer Interessenpolitik machen konnten Die Entwicklung der koinḕ eirḗne im 4 Jahrhundert BearbeitenOb ein Friedensschluss als koinḕ eirḗne gelten kann oder nicht ist bei einigen Vertragen umstritten Im Folgenden wird der Begriff moglichst weit gefasst um die Entwicklung der Idee des Allgemeinen Friedens deutlich zu machen Ausschliessliche Kriterien sind die Autonomieklausel und die Beitrittsmoglichkeit fur alle griechischen Poleis unabhangig davon ob sie diese Moglichkeit tatsachlich wahrnahmen Gescheiterter Friedensschluss des Jahres 391 v Chr Bearbeiten Im Verlauf des Korinthischen Krieges unterbreitete Sparta 392 391 v Chr dem persischen Satrapen von Lydien Tiribazos ein erstes Friedensangebot Sparta stand unter Druck sich ohne Gesichtsverlust aus seinem aussichtslosen Krieg in Kleinasien zuruckzuziehen und gleichzeitig seine Vormachtstellung in Griechenland zu wahren Dazu musste man erstens Persien die Herrschaft uber die ionischen Griechenstadte zugestehen und zweitens dessen Verbindungen zu den griechischen Gegnern Spartas insbesondere zu Athen losen Gleichzeitig musste der persische Grosskonig davon uberzeugt werden dass sich im agaischen Raum nicht erneut eine griechische Macht bilden konne die seine Anspruche auf die ionischen Stadte anfechten konnte Der geeignete Vorschlag zur Losung all dieser Probleme war dass Sparta und Persien die Autonomie aller Griechenstadte mit Ausnahme derer in Kleinasien durchsetzen sollten Sparta hatte damit die Sicherung eines allgemein anerkannten Grundsatzes als Ergebnis des Krieges vorweisen konnen Gleichzeitig ware die Welt der griechischen Poleis in machtlose Einzelstaaten aufgesplittert worden was sowohl die spartanische Hegemonie gesichert als auch das persische Sicherheitsbedurfnis befriedigt hatte Die griechischen Stadtstaaten lehnten den Vorschlag naturgemass sofort ab Aber auch der persische Grosskonig Artaxerxes II war nicht geneigt ihn anzunehmen Er loste Tiribazos ab und ersetzte ihn durch den neuen Satrapen Struthas der weiterhin dem Bundnis mit Athen zuneigte Wenige Monate spater versuchten die Spartaner daraufhin auf einer Konferenz in ihrer Stadt mit ihren griechischen Gegnern ins Reine zu kommen Wiederum schlugen sie das Autonomieprinzip als Basis einer Einigung vor diesmal mit Zugestandnissen an Athen und Theben Den Athenern sollten die Inseln Lemnos Imbros und Skyros verbleiben die Thebaner sollten lediglich die Unabhangigkeit von Orchomenos anerkennen Bei diesen Verhandlungen wurde erstmals die Formulierung von einem allgemeinen oder gemeinschaftlichen Frieden fur alle Griechen gebraucht So verwendet sie der Athener Andokides in seiner Rede in der er seinen Landsleute vergeblich zur Annahme der spartanischen Vorschlage riet Ueberlegt ferner auch diess o Athenaer dass ihr im gegenwartigen Augenblick allen Hellenen einen gemeinschaftlichen Frieden bereitet ihre Freiheiten schutzt und gemeinsame Theilnahme Aller an Allem verschaffet Andokides Uber den Frieden mit den Lakedamoniern 16 Andokides unterschied zwischen Vertragen und einem echten Frieden Er appellierte an panhellenische Gefuhle indem er das Projekt des Allgemeinen Friedens idealisierte Allerdings verschweigt er dass die ionischen Stadte fur deren Freiheit Athen 100 Jahre zuvor den Konflikt mit Persien in Kauf genommen hatte von dem Vertrag ausgeschlossen sein sollen So lehnten die Athener den Vertrag schliesslich ab auch weil sie sich im Bunde mit Struthas in einer starken Position glaubten Der Konigsfriede Bearbeiten nbsp XenophonDie Erfolge der attischen Flotte im Jahr 390 v Chr bewirkten aber ein Umdenken am persischen Hof der eine allzu starke Machtstellung Athens furchtete Struthas wurde zwei Jahre spater durch seinen Vorganger Tiribazos abgelost der 387 386 v Chr zusammen mit dem spartanischen Gesandten Antalkidas den Konigsfrieden durchsetzte Das Abkommen auch Friede des Antalkidas genannt enthielt im Wesentlichen die spartanischen Vorschlage von 392 91 Seine wichtigsten Bestandteile waren der Beitritt aller Griechenstadte sowie die Garantie ihrer Freiheit und Unabhangigkeit Davon ausgeschlossen blieben nur die ionischen Stadte Zypern und Klazomenai die weiter unter persischer Oberherrschaft blieben sowie die drei bereits erwahnten athenischen Inseln Alle anderen Gewinne musste Athen wieder herausgeben auch die Auflosung aller Bundnisse wurde durch den Vertrag unausweichlich Dessen entscheidender Passus lautete nach Xenophon dessen Werk Hellenika die fur diese Zeit wichtigste Quelle ist Grosskonig Artaxerxes halt es fur gerecht dass die Stadte in Kleinasien ihm gehoren sollen und von den Inseln Klazomenai und Zypern Die anderen Griechenstadte jedoch grosse wie kleine sollen autonom sein ausser Lemnos Imbros und Skyros die wie in alten Zeiten den Athenern gehoren sollen Wer aber diesen Frieden nicht annimmt gegen den werde ich Krieg fuhren zusammen mit denen die dasselbe wollen zu Land und zur See mit Schiffen und mit Geld Xenophon 17 Die meisten Forscher sehen im Konigsfrieden das erste Beispiel einer koinḕ eirḗne Hermann Bengtson betrachtete den Allgemeinen Frieden als Teilwirkung des Vertrags der zunachst nur ein Dekret des Grosskonigs gewesen sei von dem sich sein Name herleitet 18 Dieses Dekret wurde in Sparta von allen griechischen Stadten beschworen dies allerdings unter der Gewaltandrohung durch den Grosskonig fur den Fall der Weigerung 19 Dies und die genannten Ausnahmen zeigen dass ein Allgemeiner Friede nicht vollkommen verwirklicht wurde Dies sollte auch spater nie der Fall sein Wie weit die Autonomie und die Teilnahme aller Poleis gewahrleistet wurde hing stets von den Interessen derjenigen Machte ab die eine koinḕ eirḗne initiierten und garantierten Artaxerxes beabsichtigte mit dem Konigsfrieden nicht Griechenland eine dauerhafte Friedensordnung zu geben sondern es politisch zu spalten und zu schwachen Sparta zeigte neben dem Wunsch nach Frieden das Bestreben die eigene Hegemonie zu sichern Die spartanische Interpretation von Autonomie verlangte zwar die Auflosung aller Symmachien nicht aber die des eigenen Peloponnesischen Bundes 20 Denn dieser war nicht einheitlich und zentral organisiert sondern bestand aus einem System bilateraler Vertrage die Sparta mit jedem einzelnen seiner Mitglieder geschlossen hatte Solche Vertrage zwischen einzelnen Stadten fielen aber aus spartanischer Sicht nicht unter das Verbot von Bundnissen unter einer Hegemonialmacht obwohl der Peloponnesische Bund de facto genau dies war Damit blieb Sparta die starkste Militarmacht in Griechenland Unter dem Vorwand das Autonomieprinzip schutzen zu wollen ubte die Stadt in den nachsten Jahren eine Vorherrschaft aus welche die Autonomie anderer etwa des Chalkidischen Bundes oder der Stadt Mantineia grob missachtete Der Allgemeine Friede von 375 v Chr Bearbeiten Im Jahr 382 v Chr besetzten die Spartaner mitten im Frieden die Kadmeia die Burg Thebens dessen wachsende Macht ihnen ein Dorn im Auge war Dieses Vorgehen kostete sie den Rest ihrer Glaubwurdigkeit als Verteidiger der Autonomie und brachte ihnen einen Krieg mit Theben und dem mit diesem verbundeten Athen ein In dessen Verlauf kam es im Fruhjahr 377 v Chr zur Grundung des Zweiten Attischen Seebundes Dieses Bundnis stellte einen Verstoss gegen die Klauseln des Konigsfriedens dar Aber es wurde moglich weil ein Grossteil der agaischen Inseln und der Kustenstadte nun in Athen dank dessen Hilfe fur Theben den besseren Anwalt des Autonomieprinzips sahen Der Bundnisvertrag wurde ausdrucklich geschlossen zu gutem Gluck der Athener und der Bundesgenossen der Athener damit die Spartaner die Griechen frei und unabhangig in Ruhe leben lassen im sicheren Besitz ihres gesamten Gebietes und damit gultig sei und fur immer bleibe der gemeinsame Friede den die Griechen und der Grosskonig gemass den Vertragen geschworen haben Urkunde des Zweiten Attischen Seebundes 21 Die Athener hatten die Situation demnach propagandistisch geschickt genutzt und die Wiederherstellung des Seebunds ausdrucklich damit begrundet den Konigsfrieden wahren zu wollen Weniger als dreissig Jahre spartanischer Hegemonie hatten ausgereicht um die Ansichten uber Symmachien in ihr Gegenteil zu verkehren Galt der erste Seebund noch als Bedrohung der Autonomie sollte der zweite sogar deren Verteidigung dienen Um eine erneute Vormachtstellung Athens zu verhindern wurde das neue Bundnis nach den Prinzipien des Allgemeinen Friedens organisiert Dies ist ein Hinweis darauf dass diese Prinzipien damals allgemein akzeptiert wurden Als der Krieg im Jahr 375 v Chr stagnierte wuchs in Athen und Sparta die Bereitschaft zu einem Friedensschluss Die Spartaner konnten nicht mehr auf einen Sieg hoffen und die Athener hatten alle ihre Ziele erreicht Die Freiheit Thebens von spartanischer Hegemonie und die Anerkennung ihres Seebunds galt nun als vereinbar mit den Bestimmungen des Konigsfriedens Diodor berichtet eine Gesandtschaft des Grosskonigs habe eine Erneuerung des Konigsfriedens vorgeschlagen da Persien Ruhe in Griechenland brauchte um dort Soldner fur einen Krieg in Agypten anwerben zu konnen 22 Die Griechenstadte gingen auf den Vorschlag ein so dass erneut eine koinḕ eirḗne zustande kam Der Allgemeine Friede wurde diesmal um einen Punkt erweitert Wie bereits in den Bestimmungen des zweiten Attischen Seebunds vorgesehen sollten alle fremden Garnisonen aus den Stadten abgezogen werden Dies richtete sich vor allem gegen Sparta das in einigen sudbootischen Stadten wie Thespiai wenn auch auf deren eigenen Wunsch zum Schutz gegen Theben prasent war Die Thebaner waren denn auch die Hauptnutzniesser des Allgemeinen Friedens von 375 Sparta hatte den Krieg aus demselben Grund begonnen aus dem Athen ihn nun zu beenden bereit war ein weiteres Anwachsen der thebanischen Macht zu verhindern Der Abzug der spartanischen Truppen unter dem Vorwand des Autonomieprinzips fuhrte aber letztlich dazu dass Theben freie Hand in Bootien erhielt Aber auch die Athener gehorten eindeutig zu den Gewinnern Ihr Erfolg lag in der Anerkennung des neuen Seebundes Gegen ihn konnte nun weder Sparta noch Persien vorgehen wie es zehn Jahre zuvor noch sicher geschehen ware Trotz der persischen Gesandtschaft kann der Allgemeine Friede von 375 als der erste bezeichnet werden der im Wesentlichen auf rein griechische Initiativen zuruckging und bei dem sich alle Parteien etwa gleich stark und dadurch gleichberechtigt gegenuberstanden Zum ersten Mal schien eine Friedensregelung auch ohne den Druck einer Hegemonialmacht moglich zu sein Die Verhandlungen vor und nach Leuktra Bearbeiten In Athen hatten sich schon vor dem Vertrag von 375 v Chr zwei gegnerische politische Gruppierungen gebildet Die eine strebte einen Ausgleich mit Sparta die andere eine Fortsetzung des Bundnisses mit Theben an Die antispartanischen Krafte uberschatzten jedoch Athens Stellung nach dem Friedensschluss und unterstutzten auf der mit Sparta verbundeten Insel Kerkyra heute Korfu einen demokratischen Umsturz So hatte Sparta das mit den Ergebnissen der vorangegangenen Auseinandersetzungen alles andere als zufrieden sein konnte schon nach anderthalb Jahren wieder einen Kriegsgrund Zusatzlich wurde die Lage dadurch verkompliziert dass Theben 374 373 v Chr Plataiai zerstorte das alte Bindungen zu Athen und seit 380 v Chr auch zu Sparta unterhielt Die Spartaner entsandten daraufhin Truppen nach Phokis um Theben zu bedrohen und die Misserfolge der letzten Jahre wettzumachen So sah es 371 v Chr wieder einmal nach einem Krieg aller gegen alle aus In Athen setzten sich jedoch die gemassigten Politiker durch die in der Neutralitat die vorteilhafteste Losung fur ihre Stadt sahen und den erneuten Abschluss eine koinḕ eirḗne vorschlugen Auf die Seite Thebens zu treten hatte geheissen dessen Machtstellung entscheidend zu starken Eine Unterstutzung Spartas dagegen hatte die eigenen Bundner verschreckt die in ihm eine Bedrohung ihrer Autonomierechte sahen Dazu kamen weitere Bedenken Hatte Sparta das angebotene Bundnis abgelehnt ware Athen gezwungen gewesen gleich zwei Kriege fuhren zu mussen So beschlossen die Athener die Ereignisse um Plataiai zu ubergehen und die Thebaner zu einer Friedenskonferenz nach Sparta einzuladen Sparta war zu einem Frieden nun umso mehr bereit da seine Aktionen in Phokis erfolglos verlaufen waren Eine Bedrohung Thebens war damit unmoglich geworden andererseits sahen sich die Spartaner von Theben noch nicht selbst bedroht Der Allgemeine Friede der nun auf Vorschlag Athens ausgehandelt wurde brachte wiederum entscheidende Neuerungen Die athenische Interpretation von Autonomie setzte sich weiter durch und Sparta verpflichtete sich laut Xenophon alle seine Harmosten Garnisonskommandeure aus fremden Poleis abzuziehen 23 Das war ein schwerwiegendes Zugestandnis denn dafur kamen nach 375 nur noch die Stadte auf der Peloponnes Spartas ureigenem Einflussgebiet in Frage Noch wichtiger fur die Weiterentwicklung der Friedensidee waren jedoch Regelungen die eine allseitige Demobilisierung der Truppen und Flotten vorsahen und die es den Vertragspartnern erlaubten sich bei einem Angriff gegenseitig Hilfe zu leisten Die letztere Klausel die allerdings keine Verpflichtung zum Beistand enthielt kam auf Betreiben Athens zustande Es wollte sich damit jederzeit die Moglichkeit offen halten zwischen den beiden anderen Machtblocken die Waage zu halten Isoliert betrachtet ware dieser Friedensvertrag ein Meisterstuck athenischer Diplomatie zu nennen Da er jedoch nie wirksam wurde kann nur daruber spekuliert werden ob er einen dauerhaften Frieden begrundet hatte Immerhin hatten die Vertragspartner der Einsicht Rechnung getragen dass man zur Sicherung des Friedens auch die notigen Machtmittel gegen einen moglichen Friedensbrecher bereitstellen musste Im Konigsfrieden war dies noch die Drohung des Grosskonigs gewesen In einem Bund freier Staaten musste es die gemeinsame Absichtserklarung sein einem Angriff auf einen Vertragspartner gemeinsam entgegenzutreten nbsp Der restaurierte Sockel des thebanischen Siegesmonuments bei LeuktraBei dem geplanten Abschluss des Vertrags kam es jedoch zu einem schweren Zerwurfnis zwischen Theben und Sparta Thebens Gesandte hatten die Ubereinkunft zunachst im Namen der eigenen Stadt beschworen und diesen auch unter den Vertrag setzen lassen Tags darauf verlangten sie aber den Namen Thebens durch den des Bootischen Bundes zu ersetzen da sie sich berechtigt sahen in dessen Vertretung zu handeln Dies lehnten die Spartaner kategorisch ab da nach ihrer Auffassung die bootischen Stadte autonom sein sollten Der Bruch fuhrte zum Krieg und nur zwanzig Tage spater zur Schlacht von Leuktra die mit der ersten Niederlage Spartas in offener Feldschlacht endete und die Machtverhaltnisse in Griechenland endgultig zu seinen Ungunsten veranderte nbsp Griechenland zur Zeit der Hegemonie Thebens 371 362 v Chr Nach der Schlacht flauten die kriegerischen Auseinandersetzungen zunachst ab Theben ging vorerst nicht weiter militarisch gegen Sparta vor und dieses entsandte lediglich Truppen zum Isthmus von Korinth um im aussersten Fall einen thebanischen Angriff auf die Peloponnes abzuwehren In dieser Situation ergriff wiederum Athen die Initiative und lud zu einem Friedenskongress ein auf dem wieder der Konigsfriede beschworen und ein neuer Vertrag ausgehandelt werden sollte 24 Dahinter stand die Absicht eine weitere Machtentfaltung Thebens zu verhindern Als Neuerung in diesem Friedensvertrag wurde daher die Moglichkeit einem angegriffenen Vertragspartner gegen einen Friedensstorer beizustehen in eine Verpflichtung umgewandelt Dies war eine logische Fortentwicklung der vorherigen gescheiterten koinḕ eirḗne und fand von da an Eingang in jeden weiteren Allgemeinen Friedensschluss Einige Forscher sehen im zweiten Vertrag von 371 aufgrund der Beistandsverpflichtung die Begrundung einer Symmachie 25 Die Spartaner traten dem neuen Abkommen im eigenen Interesse sofort bei Ihre Nachbarn die Eleier versuchten unterdessen bereits die Schwache Spartas zu nutzen und weigerten sich die Autonomie einiger Grenzstadte anzuerkennen die sie 399 v Chr auf spartanischen Druck hin abgetreten nach Leuktra sich aber erneut angeeignet hatten 26 Schwerwiegender war dass Theben dem Vertrag fernblieb da ein Allgemeiner Friede seinen Ambitionen in seiner neu gewonnenen Machtstellung nur hinderlich sein konnte Bengtson sah in dieser koinḕ eirḗne nicht mehr als eine athenische Geste gegen Theben ohne praktischen Wert 27 Wenn die Idee des Allgemeinen Friedens je eine Chance hatte auf der Basis allgemeiner Gleichberechtigung der Poleis verwirklicht zu werden dann war es die kurze Zeitspanne zwischen 375 v Chr und der Schlacht von Leuktra Nur damals gab es drei etwa gleich starke hellenische Grossmachte so dass die starkste stets durch ein mogliches Bundnis der beiden anderen gezugelt werden konnte Vorher und nachher dagegen existierte immer eine klar dominierende Hegemonialmacht erst Sparta dann Theben die eine koinḕ eirḗne entweder ablehnte oder fur eigene Zwecke instrumentalisierte Beides fuhrte uber kurz oder lang immer wieder zu kriegerischen Konflikten Mit dem Scheitern der Vereinbarungen von 371 v Chr verlor der Gedanke des Allgemeinen Friedens als Mittel der praktischen Politik erheblich an Uberzeugungskraft Gescheiterte Friedensschlusse 368 und 366 v Chr Bearbeiten Im Jahr nach Leuktra baute Theben seine Hegemonie deutlich aus Durch einen Kriegszug auf der Peloponnes erwirkte es die Unabhangigkeit Messeniens das seit Jahrhunderten von Sparta beherrscht worden war und unterstutzte die Bildung des Arkadischen Bundes Ein weiterer Krieg gegen ein Bundnis aus Sparta Athen und Syrakus verlief dagegen ergebnislos Daraufhin fanden sich alle Griechenstadte 369 368 v Chr auf Anregung Ariobarzanes des persischen Satrapen von Phrygien zu einer Friedenskonferenz in Delphi bereit 28 Diese scheiterte aber an der strikten Weigerung Spartas die Unabhangigkeit Messeniens anzuerkennen und an der Unterstutzung die es in dieser Frage von Athen und dem persischen Gesandten Philiskos erhielt Da Ariobazarnes wenig spater einen Aufstand gegen den Grosskonig entfachte ist bis heute nicht eindeutig geklart ob er in dessen Auftrag gehandelt oder in den Verhandlungen eigene Interessen verfolgt hat 29 Als im Lauf der weiteren Auseinandersetzungen Dionysios II von Syrakus seine Hilfe fur die Spartaner einstellte wandten diese sich wiederum an Persien um Vermittlung So kam es 367 366 v Chr zu dem von dem Altertumsforscher Karl Julius Beloch so genannten Wettkriechen 30 der hellenischen Gesandten am Hof des Grosskonigs das der Thebaner Pelopidas am Ende fur sich entschied Persien erkannte nun Theben in gleicher Weise als Ordnungsmacht in Griechenland an wie Sparta 20 Jahre zuvor im Konigsfrieden Messenien sollte kunftig von Sparta Amphipolis von Athen unabhangig sein und den Eleiern sollten die umstrittenen Grenzgebiete um Triphylia zugestanden werden Ebenso sollten wieder alle Truppen und die Flotte der Athener abgebaut werden Auch dieser Vorschlag zu einem Allgemeinen Frieden wurde von Sparta und Athen abgelehnt Zudem gelang es Theben nicht die ubrigen Poleis einzeln zu seiner Annahme zu bewegen Diese beiden Versuche einer koinḕ eirḗne unter thebanischen Vorzeichen stellten im Grunde eine Ruckentwicklung der Friedensidee auf den Stand von 387 v Chr dar Persien versuchte mittels einer innergriechischen Hegemonialmacht Einfluss zu nehmen und einen Allgemeinen Frieden zu erzwingen Dass beide Vertragsentwurfe anders als der Konigsfriede abgelehnt wurden lag zum einen daran dass die Drohung des Grosskonigs mit Gewalt gegen einen Friedensbrecher vorzugehen wegen des Aufstands des Ariobarzanes und anderer Satrapen erheblich an Glaubwurdigkeit verloren hatte Der wichtigste Grund durften aber die Erfahrungen gewesen sein die Griechenlands Stadte nach dem Konigsfrieden mit Sparta gemacht hatten Die koinḕ eirḗne von 362 Bearbeiten Aufgrund des wachsenden Drucks Thebens auf Athen etwa durch die Eroberung von Oropos im Jahr 366 v Chr wurde auch dessen Politik wieder aggressiver zumal wirkliche Hilfe von seinen Verbundeten ausblieb Keine der griechischen Machte konnte sich aber in den Folgejahren vollig durchsetzen Auch der Konflikt der aus der Spaltung des Arkadischen Bundes entstand blieb letztlich unentschieden Er gipfelte 362 v Chr in der Schlacht von Mantineia zwischen Theben und seinen Verbundeten einerseits und Sparta Athen und ihren Bundesgenossen andererseits Nach der Schlacht in der Thebens uberragender Heerfuhrer Epameinondas fiel betrachteten sich alle Beteiligten als Sieger und schlossen wieder einen Allgemeinen Frieden 31 Erstmals kam der Vertrag weder auf Betreiben einer oder mehrerer der fuhrenden Machte noch auf persischen Druck hin zustande Darin und in der Ablehnung der Griechenstadte den kleinasiatischen Satrapenaufstand gegen den Grosskonig zu unterstutzen haben manche Forscher ein positives Element gesehen 32 Danach hatten die Griechen sich auf sich selbst besonnen und es geschafft aus eigener Kraft Frieden zu schliessen Der wahre Grund fur diese neuerliche koinḕ eirḗne durfte aber allein in der volligen militarischen und materiellen Erschopfung aller Beteiligten zu sehen sein 33 An ein Eingreifen in Kleinasien war in ihrer Situation ohnehin nicht zu denken Auf die weit verbreitete Kriegsmudigkeit und den Wunsch so rasch wie moglich Frieden zu machen deuten vor allem die vertraglichen Regelungen hin die es jeder Stadt erlaubten zu behalten was sie zum Zeitpunkt des Friedensschlusses gerade besass Territoriale Probleme wurden so zwar nicht gelost stellten aber auch kein Hindernis mehr fur ein Abkommen dar Der Arkadische Bund blieb in eine Nord und eine Sudhalfte gespalten und Messenien blieb weiter unabhangig Da die Halfte des Grundbesitzes der Spartaner in diesem Gebiet lag traten sie auch dieser koinḕ eirḗne nicht bei Andererseits waren sie aber auch nicht mehr in der Lage den Krieg weiterzufuhren Der Althistoriker Hermann Bengtson sah im Jahr 362 eine Epochengrenze da sich damals das Versagen der griechischen Poleis manifestiert habe Keine von ihnen sei in der Lage gewesen durch eine Hegemoniebildung Griechenland politisch neu zu ordnen Vielmehr hatten sie sich im Kampf aller gegen alle verbraucht Auch gemeinsam seien sie zu einer solchen Neuordnung nicht fahig gewesen da letztlich weder der panhellenische Gedanke noch die Idee des Allgemeinen Friedens zu einer konstruktiven Politik gefuhrt hatten Die koinḕ eirḗne als Grundlage des Korinthischen Bundes Bearbeiten nbsp DemosthenesDie innergriechische Politik verlief nach Mantineia in den alten Gleisen Als sich in den 50er Jahren des 4 Jahrhunderts immer starker der Konflikt mit der aufsteigenden makedonischen Grossmacht abzeichnete lebte auch die Idee des Allgemeinen Friedens noch einmal auf Zunachst machte Makedonien den Vorschlag den Frieden des Philokrates der den Dritten Heiligen Krieg beendet hatte durch eine koinḕ eirḗne zu ersetzen Wegen der anhaltend aggressiven Politik Makedoniens gegen Athen setzten sich dort jedoch in den nachsten Jahren die Verfechter eines dezidiert antimakedonischen Kurses unter Demosthenes durch Sie lehnten den Vorschlag ab und befurworteten stattdessen den Krieg gegen Konig Philipp von Makedonien Tatsachlich brachten die Athener 340 339 v Chr einen grossen Bund griechischer Staaten zusammen Dessen Heer jedoch wurde 338 v Chr von Philipps Truppen in der Schlacht von Chaironeia vernichtend geschlagen Die Makedonen gingen anschliessend aber nur gegen Theben ausserst hart vor wahrend sie sich die Macht Athens und der anderen Poleis durch ein Bundnis zunutze machen wollten Der von Philipp initiierte Korinthische Bund beruhte formal auf einer koinḕ eirḗne Der Bundesvertrag enthielt das ausdruckliche Verbot mit Gewalt in die Verfassungen anderer Stadte einzugreifen eine wesentliche Prazisierung der Autonomieklausel ausserdem erstmals generelle Verbote von Fehden und Kaperei sowie eine Garantie der freien Schifffahrt 34 Der Bund dem wiederum nur Sparta nicht beitrat bildete ein Synhedrion einen Rat der mit Philipp als Person eine Symmachie einging Der Makedonenkonig wurde so zum Hegemon des Bundes Theoretisch waren also Freiheit und Autonomie der griechischen Stadte gesichert In der Praxis wurde aber bereits das allgemeine Fehdeverbot als starke Einschrankung der Unabhangigkeit empfunden Zudem erhielten die Makedonen das Recht Besatzungen nach Theben Akrokorinth und Chalkis zu verlegen vorgeblich zur Wahrung der allgemeinen Sicherheit Der Korinthische Bund war also die endgultige Absage an eine koinḕ eirḗne auf der Grundlage volliger Gleichberechtigung und verband die Friedensidee wieder mit der Garantie durch eine starke Hegemonialmacht Symmachie und koinḕ eirḗne bedingten sich in dem Bundnisvertrag gegenseitig 35 Die panhellenische Vorstellung von einer Einigung Griechenlands und einem Rachefeldzug gegen die Perser wie ihn Alexander der Grosse wenige Jahre spater propagierte wurde erst durch diesen Allgemeinen Frieden ermoglicht Chancen und Scheitern der Friedensidee BearbeitenMit Autonomie und Freiheit 36 hatten die griechischen Poleis zu Beginn des 4 Jahrhunderts eine fur alle Seiten akzeptable Formel fur eine umfassende Friedensregelung gefunden Ohne sie war nach 387 v Chr kein Friedensschluss mehr moglich auch wenn die Vereinbarungen meist nur wenige Jahre hielten Aber die Prinzipien des Allgemeinen Friedens fanden auch Eingang in Bundnisvertrage wie die Grundungsakten des 2 Attischen Seebunds und des Korinthischen Bundes Eine grosse Chance zur Verwirklichung einer wahren koinḕ eirḗne lag auch darin dass sich die Friedensidee als flexibel genug fur Weiterentwicklungen erwies Forscher wie Bengtson vertreten die Ansicht die Poleis hatten bis zur Etablierung der makedonischen Hegemonie nicht genugend Zeit gehabt die koinḕ eirḗne als Instrument der Friedenspolitik und einer grundlegenden Neuordnung der griechischen Staatenwelt zu vervollkommnen 37 Die besten Chancen zu einer dauerhaften Friedenslosung auf gleichberechtigter Basis waren schon mit dem Scheitern der koinḕ eirḗne von 371 vertan Neun Jahre spater nach der Schlacht von Mantineia sah man in einem Allgemeinen Friedensvertrag nur noch eine Notlosung Ihre Wiederbelebung durch Philipp von Makedonien erfuhr sie nur weil sie dessen Machtinteressen nutzte so wie zuvor schon den Interessen Persiens Spartas Athens und Thebens Vieles spricht auch dafur dass das Scheitern der koinḕ eirḗne in ihrem Wesen begrundet war speziell in der weitgehenden Auslegung des Autonomiegebots 38 Die wechselseitige Machtkontrolle zwischen Staaten war im 4 Jahrhundert v Chr nur in Ansatzen moglich In einer solchen Zeit musste ein Denken das selbst Beschrankungen der Kriegsfuhrung als Beschneidung der eigenen Autonomie und Freiheit empfand eine dauerhafte Friedensordnung fast zwangslaufig scheitern lassen Den Staatsmannern der Poleis war bewusst dass guter Wille allein kein Garant einer koinḕ eirḗne sein konnte Je nach politischer Konstellation entwickelten sie daher Vertragsmechanismen die Friedensstorer abschrecken sollten Sie tasteten sich langsam zu der Erkenntnis vor dass ein Allgemeiner Friede auf gleichberechtigter Basis nur dann moglich wurde wenn alle Beteiligten bereit waren einem angegriffenen Bundnismitglied notfalls militarisch zu Hilfe zu eilen Dies wiederum setzte ein ungefahres Gleichgewicht zwischen den griechischen Poleis voraus das aber nur in der kurzen Zeit zwischen 375 v Chr und der Schlacht von Leuktra wirklich gegeben war Vorher und nachher hatte ein Allgemeiner Friede nur dann eine Chance wenn eine starke Garantiemacht bereit war ihm notfalls mit Gewaltandrohung Geltung zu verschaffen Immerhin In der Diskussion um die koinḕ eirḗne entwickelten die Griechen des 4 vorchristlichen Jahrhunderts Prinzipien die in Europa erst ab dem 17 Jahrhundert n Chr erneut entwickelt und zur Grundlage dauerhafter Friedensschlusse und organisationen geworden sind So gilt der Westfalische Friede als erste europaische Friedensordnung der Neuzeit die auf der prinzipiellen Gleichrangigkeit souveraner Staaten und dem Grundsatz der Nichteinmischung in deren innere Angelegenheiten also auf dem Wesen der Autonomie beruhte 39 Einen Schritt weiter ging Immanuel Kant in seiner Schrift Zum ewigen Frieden aus dem Jahr 1795 Darin vertritt er nicht nur das Prinzip der Nicht Einmischung sondern fordert daruber hinaus einen Volkerbund Um den rechtlosen Naturzustand zwischen den Staaten zu beenden solle dieser ein foderatives Verhaltnis zwischen ihnen begrunden wie es so ahnlich die koinḕ eirḗne nach der Schlacht von Leuktra vorgesehen hatte 40 Auf Kants Ideen wiederum beriefen sich im 20 Jahrhundert die Grunder des Volkerbunds und der Vereinten Nationen Eine definitive Antwort auf die Frage nach einer dauerhaften Friedenssicherung der Einhegung der Macht durch das Recht hat die Welt von heute aber ebenso wenig gefunden wie die Welt der griechischen Poleis vor 2400 Jahren Literatur BearbeitenQuellen Andokides Uber den Frieden mit den Lakedamoniern Ubersetzt und erlautert von Albert Gerhard Becker Quedlinburg Leipzig 1832 Andokides Orationes hrsg von Fr Blass C Fuhr Teubner Stuttgart 1965 Diodorus Siculus Library of History The Loeb Classical Library Bd VI Books 14 15 19 Band VII Books 15 20 16 65 Band VIII Books 16 66 17 London 1952 1963 Pseudo Demosthenes Uber den Vertrag mit Alexander In Geschichte in Quellen Band 1 Alter Orient Hellas Rom Hrsg v Wolfgang Lautemann und Manfred Schlenke Munchen 1978 Urkunde des 2 Attischen Seebundes Athen 377 In Griechische Inschriften als Zeugnisse des privaten und offentlichen Lebens Griechisch deutsch hrsg v Gerhard Pfohl Heimeran Tubingen 1980 ISBN 3 7765 2032 9 Xenophon Hellenika Griechisch deutsch Hrsg von Gisela Strasburger Artemis Munchen 1970 1988 ISBN 3 7608 1639 8 Sekundarliteratur Ernst Baltrusch Symmachie und Spondai Untersuchungen zum griechischen Volkerrecht der archaischen und klassischen Zeit 8 5 Jahrhundert v Chr Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte Band 43 hrsg von Winfried Buhler et al Walter de Gruyter New York Berlin 1994 Karl Julius Beloch Griechische Geschichte Band 3 Bis auf Aristoteles und die Eroberung Asiens T 1 Berlin Leipzig 1922 Hermann Bengtson Griechische Geschichte Von den Anfangen bis zur romischen Kaiserzeit Handbuch der Altertumswissenschaft Band 3 4 Munchen 1977 1996 ISBN 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Valentiner Philipp Reclam Jun Stuttgart 1983 Jakob Aal Ottesen Larsen Greek Federal States Their Institutions and History Oxford University Press London 1968 Jakob Aal Ottesen Larsen Rezension von T T B Ryder Koine Eirene In Gnomon 38 1966 S 256 260 ISSN 0017 1417 Thomas Pistorius Hegemoniestreben und Autonomiesicherung in der griechischen Vertragspolitik klassischer und hellenistischer Zeit Europaische Hochschulschriften Reihe 3 Geschichte und ihre Hilfswissenschaften Band 272 Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 8204 8494 9 Timothy T B Ryder Koine Eirene General Peace and Local Independence in Ancient Greece Oxford University Press London 1965 Christian Schmidt Der Dreissigjahrige Krieg C H Beck Verlag Munchen 1995 Fritz Taeger Der Friede von 362 1 Ein Beitrag zur Geschichte der panhellenischen Bewegung im 4 Jahrhundert In Tubinger Beitrage zur Altertumswissenschaft Band 11 Stuttgart 1930 Weblinks BearbeitenEnglischsprachiger Aufsatz zum Antalkidasfrieden und der Idee der koine eirene PDF 55 kB Einzelnachweise Bearbeiten Diekhoff Friedensreden S 379 391 Ryder Koine Eirene S 15 Vgl Diodor XV 5 1 und XV 38 1 2 Andokides Orationes III 17 Ryder Koine Eirene S 11 13 Andokides s o Xenophon Hellenika V 1 31 Jehne Koine Eirene S 39 ff Jehne Koine Eirene S 179 Baltrusch Symmachie S 23 f Ryder Koine eirene S 3 6 und Ehrenberg Staat S 132 unter Mitarb von Peter Funke hrsg von Hans Joachim Gehrke und Helmuth Schneider Geschichte der Antike Ein Studienbuch 4 erw Auflage Stuttgart 2013 ISBN 978 3 476 02494 7 S 193 Ehrenberg Staat S 114 Ryder Koine eirene S 6 Pistorius Hegemoniestreben S 157 Zit nach Andokides Frieden S 217 Hellenika 5 1 31 Bengtson Griechische Geschichte S 271 Hellenika 5 1 31 Zum Problem der Definition von Autonomie siehe Pistorius Hegemoniestreben S 165 167 Zit nach Pfohl Hrsg Inschriften Nr 103 S 107 Diodor XV 38 1 Xenophon Hellenika VI 18 19 Xenophon Hellenika VI 5 2 3 So Ernst Mayer in der Rezension von Hampl Staatsvertrage in Zeitschrift fur Rechtsgeschichte Romanische Abteilung 59 1938 S 598 606 Xenophon Hellenika VI 5 3 Bengtson Geschichte S 27 9 Xenophon Hellenika 7 1 27 Siehe hierzu Ryder Koine Eirene S 80 Beloch Geschichte Band 3 Teil 1 S 85 siehe auch Cawkwell Common Peace S 85 Diodor XV 89 1 2 So Taeger Friede S 1 4 Bengtson Geschichte S 385 f Zu Inhalt und zeitgenossischer Kritik siehe Pseudo Demosthenes Orationes 17 Uber den Vertrag mit Alexander Zum generellen Verhaltnis zwischen Symmachie und koinḕ eirḗne siehe Ehrenberg Staat S 146 und 322 f Zu den Begriffen aὐtonomia und ἐley8eria siehe Pistorius Hegemeonietreben S 169 Bengtson Geschichte S 255 Zu den Begriffen aὐtonomia und ἐley8eria siehe Pistorius Hegemeonietreben S 286 Schmidt Krieg S 119 Kant Frieden S 19 u 30 ff nbsp Dieser Artikel wurde am 23 Mai 2005 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Allgemeiner Friede amp oldid 234624007