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Johann August Heinrich Friedrich Taeger 1 Januar 1894 in Altendorf b Osten 15 August 1960 in Marburg war ein deutscher Althistoriker Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Diskussion uber Taegers Rolle im Nationalsozialismus 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben und Wirken BearbeitenDer Sohn einer konservativen Landlehrerfamilie besuchte das Gymnasium in Cuxhaven und legte dort 1913 das Abitur ab Im Sommersemester 1913 begann er fur zwei Semester das Studium der Facher Klassische Philologie und Geschichte an der Universitat Tubingen bei Ernst Kornemann Zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Taeger freiwillig zum Militardienst Er war als Soldat in Polen Nordfrankreich und Belgien tatig und wurde zum Kompaniefuhrer befordert Im Krieg erhielt Taeger zahlreiche Auszeichnungen wurde jedoch auch mehrmals verwundet 1915 wurde er Leutnant der Reserve Aus dem Krieg kehrte er aufgrund einer Gasvergiftung als Lungenkranker 1919 nach Tubingen zuruck Das Studium setzte er hier und an den Universitaten Hamburg und Gottingen fort Besonders gepragt wurde er von Wilhelm Weber Taeger lehnte die Weimarer Republik ab da Demokratie statt einer gesunden politischen Fuhrung der Nation den Kampf aller gegen alle bedeute 1 Dennoch schloss er Freundschaften mit dem katholischen Althistoriker Joseph Vogt und dem judischen Altertumswissenschaftler Victor Ehrenberg Seine finanzielle Lage blieb nahezu die gesamten zwanziger Jahre hindurch angespannt Bereits 1920 wurde er mit der Arbeit Untersuchung uber das Weiterwirken des 6 Buches des Polybios in der Griechisch Romischen Literatur promoviert 1925 habilitierte er sich bei Ernst Fabricius an der Universitat Freiburg mit einer Arbeit uber Thukydides die nicht nur von Seiten des Altphilologen Eduard Schwartz auf heftigste Kritik stiess 2 Nahezu gleichzeitig erschien eine umstrittene Alkibiades Biografie die ebenfalls massive Kritik hervorrief 3 Da Taeger aber auch uber einflussreiche Forderer verfugte folgten Lehrstuhlvertretungen in Freiburg 1926 und Tubingen 1929 1930 1930 erfolgte der Ruf auf den Lehrstuhl fur Alte Geschichte an die Universitat Giessen 1934 35 war er Dekan der Philosophischen Fakultat in Giessen 1935 wurde er als Nachfolger Anton von Premersteins Professor fur Alte Geschichte an der Universitat Marburg Dort war er 1938 41 Dekan Sein vielleicht bedeutendster Schuler war Alexander Demandt dessen Betreuung nach Taegers Tod Christian Habicht ubernahm In den 1930er Jahren begann Taeger beeinflusst von Wilhelm Weber eine Serie von Spezialstudien zum Thema Charisma von vermeintlich charismatischen Ideen bei Herodot uber deren Entwicklung bei Alexander dem Grossen und in den hellenistischen Monarchien bis zum romischen Kaiserkult und den spatantiken Auseinandersetzungen von Christentum und Gnosis mit diesem Phanomen Sein zweibandiges Werk Das Altertum Geschichte und Gestalt blieb die einzige Gesamtdarstellung mit wissenschaftlichen Anspruch die im nationalsozialistischen Deutschland entstand 4 Sie erlebte bis zum Jahr 1958 sechs Auflagen 5 Taeger gehorte dem NS Dozentenbund dem NS Lehrerbund dem Nationalsozialistischen Altherrenbund dem Reichskolonialbund sowie der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt an 6 Zum 1 Mai 1937 unmittelbar nach der Lockerung der 1933 eingefuhrten Aufnahmesperre trat er in die NSDAP ein 7 Wahrend der Nachkriegszeit legte er vor allem aus existentiellen Grunden kleinere Vermittlungsschriften vor Sein Entnazifizierungsverfahren blieb zwiespaltig Ihm wurde von der amerikanischen Militarregierung am 26 November 1945 die Lehrtatigkeit verboten jedoch wurde er dank der Unterstutzung eines amerikanischen Universitatsoffiziers sowie nach einem Verfahren der Marburger Spruchkammer als Nichtbelasteter eingestuft 8 Doch der hessische Minister fur Kultus und Unterricht erlaubte ihm erst am 3 Juni 1948 die Wiederaufnahme der Lehrtatigkeit Am 8 Juni erfolgte die Wiederernennung auf seinen alten Lehrstuhl Im Jahr 1957 erschien mit der zweibandigen Darstellung Charisma Studien zur Geschichte des antiken Herrscherkultes sein wichtigstes wissenschaftliches Werk In dieser Untersuchung hatten fur Taeger zwei Erscheinungsformen Prioritat von denen die eine im Herrscher den menschgewordenen Gott die andere lediglich den Trager des Charismas gottlicher Gnade und Kraft erblickt habe 9 Diskussion uber Taegers Rolle im Nationalsozialismus BearbeitenIn den Nachrufen auf Fritz Taeger wurden problematische Aspekte seines Wirkens im Nationalsozialismus nach Einschatzung von Matthias Willing mit Stillschweigen ubergangen 10 Die gedruckte Rede Taegers Das Romische Reich und das Britische Weltreich von 1940 wurde in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt Die Beurteilung von Taegers Verhaltnis zum Nationalsozialismus schwankt in der Forschung zwischen der Einordnung als aktiven NS Reprasentanten und unbescholtenen Althistoriker wobei die neuere Forschung eher dazu neigt Taeger als Nationalsozialisten zu betrachten 11 Noch 1983 urteilte sein Marburger Nachfolger Karl Christ gegenuber dem Nationalsozialismus habe Taeger eine weitgehende Unabhangigkeit gewahrt 12 Beat Naf widersprach hingegen 1986 der Einschatzung dass Taeger nicht zu den Gelehrten im unmittelbaren Bannkreis des Nationalsozialismus gezahlt werden konne Es seien in Taegers Arbeit vielmehr zahlreiche eindeutige NS Ideologeme vorhanden 13 Auch nach Ursula Wolf 1996 hat Taeger den Nationalsozialismus keineswegs abgelehnt es konnten in den Quellen keine Hinweise auf eine Distanzierung Taegers vom Dritten Reich gefunden werden 14 Nach Matthias Willing 2019 sind in Taegers Werken eine Mixtur aus philologischer Quellenarbeit traditionellen Geschichtskonzeptionen und Ubernahme nationalsozialistischer Topoi nachweisbar 15 Schriften Auswahl BearbeitenDas Altertum Geschichte und Gestalt der Mittelmeerwelt 2 Bande 6 Auflage Kohlhammer Stuttgart 1958 Charisma Studien zur Geschichte des antiken Herrscherkultes 2 Bande Kohlhammer Stuttgart 1957 und 1960 Die Kultur der Antike Schaffstein Koln 1949 Untersuchungen zur romischen Geschichte und Quellenkunde Tiberius Gracchus Kohlhammer Stuttgart 1928 Thukydides Kohlhammer Stuttgart 1925 Alkibiades Perthes Stuttgart u a 1925 Literatur BearbeitenJoseph Vogt Fritz Taeger In Gnomon Bd 32 1960 S 677 679 Friedrich Vittinghoff Fritz Taeger In Historische Zeitschrift Bd 162 1961 S 790 791 Karl Christ Hrsg Gedenkblatt fur Fritz Taeger Zum 1 Januar 1964 dem 70 Geburtstag Kohlhammer Stuttgart 1963 Karl Christ Fritz Taeger 1894 1960 Althistoriker In Ingeborg Schnack Hrsg Marburger Gelehrte in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts Lebensbilder aus Hessen Bd 1 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen Bd 35 1 Elwert Marburg 1977 ISBN 3 7708 0568 2 S 544 552 Inge Auerbach Catalogus professorum academiae Marburgensis Bd 2 Von 1911 bis 1971 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen Bd 15 2 Elwert Marburg 1979 S 618 619 Ursula Wolf Litteris et patriae Das Janusgesicht der Historie Frankfurter Historische Abhandlungen Bd 37 Steiner Stuttgart 1996 ISBN 3 515 06875 9 S 204 236 Karl Christ Hellas Griechische Geschichte und deutsche Geschichtswissenschaft Beck Munchen 1999 ISBN 3 406 45312 0 S 255 268 Karl Christ Klios Wandlungen Die deutsche Althistorie vom Neuhumanismus bis zur Gegenwart Beck Munchen 2006 ISBN 3 406 54181 X S 77 82 Jorg Peter Jatho Gerd Simon Giessener Historiker im Dritten Reich Focus Verlag Giessen 2008 ISBN 978 3 88349 522 4 S 40 46 Matthias Willing Hautungen eines Althistorikers Das Bild Fritz Taegers 1894 1960 in der Wissenschaftsgeschichte In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 67 2019 S 1011 1030 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Fritz Taeger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Taeger Fritz Hessische Biografie Stand 21 November 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Anmerkungen Bearbeiten Matthias Willing Hautungen eines Althistorikers Das Bild Fritz Taegers 1894 1960 in der Wissenschaftsgeschichte In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 67 2019 S 1011 1030 hier S 1030 Vgl die Besprechung von Eduard Schwartz in Gnomon 2 1926 S 65 82 Vgl die Besprechung von Ernst Hohl in Historische Zeitschrift 135 1927 S 315 f Ein ganz subjektives am Gegenstandlichen nicht mehr orientiertes Phantasiebild das sich als solches einer kritischen Auseinandersetzung mit seinem Urheber entzieht Es ist als ob die historisch kritische Arbeit eines Jahrhunderts umsonst geleistet ware Karl Christ Hellas Griechische Geschichte und deutsche Geschichtswissenschaft Munchen 1999 S 255 268 hier S 257 Fritz Taeger Das Altertum Geschichte und Gestalt der Mittelmeerwelt 6 Auflage Stuttgart 1958 Matthias Willing Hautungen eines Althistorikers Das Bild Fritz Taegers 1894 1960 in der Wissenschaftsgeschichte In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 67 2019 S 1011 1030 hier S 1030 Jorg Peter Jatho Gerd Simon Giessener Historiker im Dritten Reich Giessen 2008 S 40 Spruchkammer Marburg Mst 1157 46 Karl Christ Klios Wandlungen Die deutsche Althistorie vom Neuhumanismus bis zur Gegenwart Munchen 2006 S 80 Matthias Willing Hautungen eines Althistorikers Das Bild Fritz Taegers 1894 1960 in der Wissenschaftsgeschichte In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 67 2019 S 1011 1030 hier S 1016 Matthias Willing Hautungen eines Althistorikers Das Bild Fritz Taegers 1894 1960 in der Wissenschaftsgeschichte In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 67 2019 S 1011 1030 hier S 1011 Karl Christ Romische Geschichte und Wissenschaftsgeschichte Darmstadt 1983 S 205 Beat Naf Von Perikles zu Hitler Die athenische Demokratie und die deutsche Althistorie bis 1945 Bern u a 1986 S 210 221 Ursula Wolf Litteris et patriae Das Janusgesicht der Historie Stuttgart 1996 S 228 Matthias Willing Hautungen eines Althistorikers Das Bild Fritz Taegers 1894 1960 in der Wissenschaftsgeschichte In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 67 2019 S 1011 1030 hier S 1020 Lehrstuhlinhaber fur Alte Geschichte an der Universitat Giessen Max L Strack 1904 1912 Richard Laqueur 1912 1930 Fritz Taeger 1930 1935 Kurt Stade 1937 1941 Franz Hampl 1941 1945 Wilhelm Hoffmann 1962 1968 Hans Georg Gundel 1968 1978 Helga Gesche 1978 2003 05 Hans Ulrich Wiemer 2007 2010 Karen Piepenbrink seit 2012 Inhaber der Lehrstuhle fur Alte Geschichte an der Philipps Universitat Marburg Erster Lehrstuhl Joseph Rubino 1843 1864 Curt Wachsmuth 1864 1869 Heinrich Nissen 1869 1877 Benedikt Niese 1877 1881 Eugen Bormann 1881 1885 Benedikt Niese 1885 1906 Elimar Klebs 1906 1914 Walter Otto 1914 1916 Anton von Premerstein 1916 1935 Fritz Taeger 1935 1960 Christian Habicht 1961 1965 Dietmar Kienast 1965 1972 Robert Malcolm Errington 1973 2004 Zweiter Lehrstuhl Karl Christ 1965 1988 Hans Joachim Drexhage 1994 2014 Sabine Muller seit 2015 Normdaten Person GND 122796675 lobid OGND AKS LCCN n93060008 VIAF 112482627 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Taeger FritzALTERNATIVNAMEN Taeger Friedrich Tager Johann August Heinrich FriedrichKURZBESCHREIBUNG deutscher AlthistorikerGEBURTSDATUM 1 Januar 1894GEBURTSORT Altendorf b OstenSTERBEDATUM 15 August 1960STERBEORT Marburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fritz Taeger amp oldid 235294602