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Die Wurm Kaltzeit auch Wurm Glazial Wurmeiszeit oder Wurmzeit genannt ist die Bezeichnung der letzten Kaltzeit im Alpenraum Sie ist die bisher jungste der im Alpenraum aufgetretenen grossraumigen Vergletscherungen die uber die Alpen selbst hinausgingen Sie ist wie die meisten anderen Kaltzeiten des Pleistozans nach einem Fluss benannt namlich der Wurm in Bayern einem Nebenfluss der Amper Die Wurm Kaltzeit kann auf den Zeitraum von etwa 115 000 bis 10 000 Jahre vor heute datiert werden wobei die Angaben differieren je nachdem wie die langen Ubergangsphasen zwischen Glazialen und Interglazialen Warmzeiten der einen oder der anderen Periode zugeordnet werden Die Jahresmitteltemperaturen wahrend der Wurm Kaltzeit betrugen im Alpenvorland unter 3 C heute 7 C Dies wurde durch Veranderung der Vegetation Pollenanalyse sowie Faziesdifferenzierungen festgestellt 1 Ausdehnung der alpinen Vereisung in der Wurmkaltzeit Blau Eisrandlage fruherer KaltzeitenDie gleichzeitige Kaltzeit Nord und Mitteleuropas wird als Weichsel Kaltzeit bezeichnet Trotz der globalen Klimaschwankungen Ursache fur die grossen Vereisungszyklen 2 korreliert die Datierung der alpinen Gletschervorstosse nicht automatisch mit der weitesten Ausbreitung des skandinavischen Eisschildes 3 4 In Nordamerika wird die entsprechende letzte Kaltzeit als Wisconsin Glaciation bezeichnet 5 Wurm Kaltzeit im Norden Weichsel im Vergleich zur Riss Kaltzeit im Norden Saale Die Gletschervorstosse waren unterbrochen von warmeren Perioden in denen sich die archaischen Menschen Europas der Neandertaler als Nachfolger des Homo heidelbergensis von den Gebirgszonen fort und uber die Permafrostgrenze hinaus nach Norden und Nordosten ausbreiteten Ab etwa 40 000 v Chr besiedelte der moderne Cro Magnon Mensch diese Gebiete Inhaltsverzeichnis 1 Zeitliche Einordnung 2 Raumliche Ausdehnung 3 Florenentwicklung 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseZeitliche Einordnung Bearbeiten nbsp Wurm Kaltzeit dargestellt in den Eisbohrkerndaten aus der Antarktis und Gronlands nbsp Schotterebenen und Moranenlandschaft im Westallgau bei Leutkirch links im Bild Schloss ZeilIm Gelasium also zu Beginn des Quartars vor rund 2 6 Millionen Jahren begann auf der nordlichen Hemisphare ein Eiszeitalter das bis heute anhalt Charakteristisch fur ein solches Eiszeitalter ist die Vereisung der Polkappen Auf das Gelasium folgten Alt Mittel und Jungpleistozan mit einer zeitlichen Staffelung mehrerer Warm und Kaltzeiten Letztere werden oft auch Eiszeiten oder Glaziale genannt wobei die Bezeichnung als Eiszeit oft mit dem Oberbegriff Eiszeitalter verwechselt wird Die Warmzeiten werden als Interglaziale bezeichnet Wiederholt traten die Gletscher aus den Alpen auf das nordliche Molassevorland aus und hinterliessen dort Moranen und Schmelzwasserablagerungen von bis zu mehreren hundert Metern Machtigkeit Man teilt das Pleistozan in den Alpen heute in die Phasen des Biber Donau Gunz Haslach Mindel Riss und Wurm Glazials In der Riss Kaltzeit vgl dazu die Saale Kaltzeit in Nordeuropa vollzog sich der weiteste Eisvorstoss in das Alpenvorland Die jungste Vorlandvereisung die Wurm Kaltzeit wies keine so weitgehende und geschlossene Front der Vergletscherung auf Trotzdem ragen ihre Endmoranenzuge als Einzel Loben die den Gletscherzungen entsprechen weit ins Vorland hinein Wurden sie im Hochgebirge noch von den Talflanken eingeengt so konnten sich die fliessenden Gletschermassen im Vorland oft zu riesigen Gletschern vereinigen Die in der Wurm Kaltzeit gebildeten Moranen und Schotterflachen sind am besten erhalten da seither keine ahnlichen geologischen Vorgange mehr folgten Die eiszeitlichen Spuren wurden nicht durch weitere Gletscher ausgeschurft oder von ihren Sedimenten uberlagert Dadurch ist fur die Wurm Kaltzeit eine genauere Datierung moglich als fur die vorangegangenen Glazialstadien Der Wurm Kaltzeit ging die Eem Warmzeit voran die vor rund 126 000 Jahren begann und 11 000 Jahre dauerte Dann kam es zu einer deutlichen Abkuhlung die jedoch durch fallweise Schwankungen der Durchschnittstemperaturen um mehrere Grad Celsius gekennzeichnet ist Die verschiedenen Vorstosse und Ruckzuge der Gletscher die mit diesen Temperaturschwankungen verbunden sind nennt man Stadiale mit eher niedrigen Temperaturen und Interstadiale mit hoheren Temperaturen Das Wurm Glazial endete vor rund 10 000 Jahren mit dem Beginn des Holozans Auf die Kaltzeit folgte wieder eine Erwarmung die bis heute andauert und in der sich die Gletscher zuruckbilden Dennoch gab es auch im Holozan Temperaturschwankungen und auch Eisvorstosse letztmals in der neuzeitlichen sogenannten Kleinen Eiszeit Das Holozan wird als Interglazial des Eiszeitalters angesehen da die Pole und die hohen Gebirgslagen noch immer vergletschert sind Zur stratigraphischen Chronologie vergleiche den Schwester Artikel Weichsel Kaltzeit Raumliche Ausdehnung BearbeitenInnerhalb der Wurm Kaltzeit konnen verschiedene Vorstosse und Ruckzuge der Gletscher dokumentiert werden Dies fuhrte zu einer staffelartigen Anordnung der einzelnen Endmoranenwalle und kuppen In den Tallagen sammelten sich Schotter zu Niederterrassen in die die heutigen Flusse nur wenig einschnitten Der westlichste wurmzeitliche Gletscher war der heute noch im Schweizer Kanton Wallis existierende Rhonegletscher Eine seiner Gletscherzungen bildete die heutigen Seen Bielersee und Neuenburgersee Der Rhonegletscher bedeckte das gesamte Schweizer Plateau und reichte bis in die Gegend des heutigen Solothurn In der Region Bern vereinigte er sich mit dem Aaregletscher Der aus dem alpinen Rheintal herausragende Rheingletscher erreichte bei seinem aussersten Vorstoss Schaffhausen In seinem fluvioglazial erodierten Zungenbecken liegt der heutige Bodensee der deswegen als wurmglazial bezeichnet werden kann Weiter ostlich folgten kleinere Loben des Iller und Lechgletschers Dessen Niederterrassenschotter weisen eine grosse Ausdehnung bis an die Donau auf Es schloss sich ostwarts der Isar Loisach Gletscher an und bildete die Gletscherzungen von Tolz Wolfratshauser See Starnberger See und Ammersee In dessen Zungenbecken befinden sich heute noch der Ammersee und Starnberger See Durch das Abschmelzen des Eises wurden die Zungenbecken nach und nach von Norden nach Suden eisfrei und fullten sich mit Schmelzwasser Somit entstand eine Seenlandschaft Diese Seenlandschaft wurde sofort wieder mit Seeton und Deltaschotter aufgefullt Der Starnberger See hat sich bis heute ohne Zufluss erhalten wahrend der Ammersee schon zur Halfte aufgefullt worden ist Besonders kurz war die Existenz des Wolfratshausener Sees er wurde von Isar und Loisach schnell wieder verfullt Die Fullung der Becken hangt nicht so sehr von der Grosse des durchstromenden Gerinnes als von dessen Geschiebe ab Die Korngrossen Schwebstoffe sind von grosser Bedeutung Es wundert aus diesem Grund nicht dass die meisten noch nicht verlandeten Seebecken in kalkalpinen Gegenden liegen Obere Flusse transportieren weniger Schwebstoffe als die aus kristallinen Gebieten Die aussersten Randlagen der Eisstrome seien noch erwahnt Ammersee Lobus Purgen Stoffen Starnberger See Wurmsee Lobus Neufahrn bei Schaftlarn Wolfratshausener Lobus Hauptrandlage HohenschaftlarnDie von Sud nach Nord um 300 Meter abfallende und entsprechend an Machtigkeit verlierende Niederterrasse der Munchener Schotterebene ist Wurmgletschern zuzuordnen In ihrem Nordteil kam es peri und postglazial durch Grundwasseraustritte zu grossen Quellmoorbildungen wie dem Dachauer Moos und dem Erdinger Moos Ostlich an weit nach Norden ragende Moranenauslaufer des Inngletschers schliessen sich kleinere des Chiemseegletschers an Die Endmoranen des Inn Gletschers finden sich bei Haag in Oberbayern Um Rosenheim bildete sich im Spatglazial ein grosser Eisstausee das Rosenheimer Becken mit uber 150 Meter machtigen Sedimenten Auch der heutige Chiemsee stellt einen im Sudteil aufgefullten Schmelzwasserrestsee dar Der ostlichste der grossen wurmkaltzeitlichen Gletscher die bis ins Vorland ragten war der Salzachgletscher mit mehreren Endmoranenstaffeln Zentrum der Eisvorstosse war ein Gletscherbecken bei Salzburg von dem aus mehrere kleine Eisvorstosse abzweigten Das Salzburger Becken wurde nach der Wurm Kaltzeit von einem spater verlandeten See erfullt ebenso wie die kleineren Zweigbecken in denen sich auch heute noch kleine Seen und Moore erhalten haben Unmittelbar ostlich des Salzachgletschers lagen drei kleinere Gletscher die das Vorland erreichten Ihre Stammbecken sind Mondsee Attersee und Traunsee Weiter ostlich gelegene Gletscher haben sich auf die Alpen beschrankt das Ostende der Vergletscherung lag auf der Linie Volkermarkt Judenburg Admont Isolierte Gletscher lagen auf den Massiven des Hochschwab des Durrenstein und der Rax rund um Mariazell Das Klagenfurter Becken wurde bis Volkermarkt komplett von einem grossen Gletscher eingenommen Die Karawanken und der Triglav sowie im Westen die Karnischen Alpen waren vollstandig vereist Von den Karnischen Alpen floss sudlich des Trogkofels ein Gletscher bis in die Gegend des heutigen Gemona 6 In Italien konzentrierten sich mehrere Gletscher um den Gardasee der das Stammbecken des davon am weitesten nach Suden vorgeruckten Gletschers darstellt Ein weiterer Gletscher lag in der Gegend zwischen Comer See und Lago Maggiore und im Westen erreichten Gletscher die Po Ebene in der Umgebung von Ivrea und westlich von Turin 7 Florenentwicklung Bearbeiten nbsp heutige Tundrenvegetation mit Dryas octopetala auf SpitzbergenDie Vegetationsentwicklung seit dem Maximum der Wurmkaltzeit ist von grosser Bedeutung In dieser Phase herrschte im eisfreien nordwestlichen Europa eine subarktische Tundrenvegetation die aus heidekrautgewachs armen Zwergstrauchgesellschaften Betula nana Salix polaris u a sowie einer arktisch alpinen Steinschutt und Rasenvegetation bestand die wegen der milden Sommertemperaturen einen grossen Anteil von Arten aufwies die heute die polare oder alpine Waldgrenze nicht uberschreiten Insgesamt sind in diesem Gebiet uber 330 Sippen nachgewiesen Den unvergletscherten Raum Mitteleuropas zwischen dem nordischen Inlandeis und den vergletscherten Alpen besiedelte eine baumfreie Tundrenvegetation mit einem hoheren Anteil an Steppenpflanzen Artemisia Chenopodiaceae Poaceae deren Reste vielfach in tonigen Sedimenten von Seen erhalten geblieben sind Nach der Hauptart der arktisch alpinen Silberwurz Dryas octopetala werden diese fossilen Floren als Dryas Floren bezeichnet Artbestimmungen v a bei der Steppen und Halbwustenarten umfassenden Gattung Artemisia sind noch nicht zahlreich Die Vegetation in den Mittelgebirgen Europas des nordlichen Alpenvorlands auf den Hohen der nur von kleineren Gletschern bedeckten Gebirge und im nordostlichen Europa bestand aus Schneeboden und Solifluktions Gesellschaften Sudeuropa war wahrend der Zeit der maximalen Eisausdehnung in grossen Teilen waldlos mit weit zerstreuten voneinander isolierten Geholzvorkommen an begunstigten Habitaten Es dominierten mediterrane und submediterrane Steppen mit zahlreichen Inseln offener Baumhaine Die Pollenwerte von Artemisia Chenopodiaceaen Poaceaen und von Ephedra sind relativ hoch Danach durften grosse Teile von Sud und Sudosteuropa die ausserhalb der Permafrostgrenze lagen von Artemisia Steppen beherrscht gewesen sein In hoheren Lagen der Gebirge traten vermutlich alpin aride Gesellschaften auf Auch in den submontanen Hohenlagen der sud und sudosteuropaischen Gebirge besonders am Sudwest und Sudrand der Alpen auf dem Balkan am Sudrand der Karpaten und im sudlichen Griechenland sowie an feuchten Flussniederungen Galerie und Saumwalder werden voneinander isolierte Waldinseln vermutet Diese Gebiete waren offensichtlich Uberdauerungsgebiete fur den Grossteil der heutigen europaischen Geholze Bei den Farnpflanzen sind z B die ursprunglichen diploiden Asplenium Arten heute noch auf die kaltzeitlichen Ruckzugsgebiete im Mediterran Becken beschrankt wahrend die polyploiden Sippen nachkalt eis zeitlich das restliche Europa erobert haben Siehe auch BearbeitenGlaziale Serie Glaziologie Tobasee Toba KatastrophentheorieLiteratur BearbeitenRoland Walter Geologie von Mitteleuropa Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung Stuttgart 1992 ISBN 3 510 65149 9 Rene Hantke Eiszeitalter Band 2 Letzte Warmzeiten Wurm Eiszeit Eisabbau und Nacheiszeit der Alpen Nordseite vom Rhein zum Rhone System Ott Thun 1980 ISBN 3 7225 6259 7 Hans Graul Ingo Schafer Zur Gliederung der Wurmeiszeit im Illergebiet Geologica Bavarica 18 Straub Munchen 1953 Wolfgang Frey Rainer Losch Lehrbuch der Geobotanik Pflanze und Vegetation in Raum und Zeit Elsevier Spektrum Akademischer Verlag 2004 ISBN 3 8274 1193 9 Dirk van Husen Die Ostalpen in den Eiszeiten Aus der Geologischen Geschichte Osterreichs Geologische Bundesanstalt Wien 1987 ISBN 3 900312 58 3 Rolf K Meyer Hermann Schmidt Kaler Auf den Spuren der Eiszeit sudlich von Munchen ostlicher Teil Wanderungen in die Erdgeschichte Band 8 Verlag Dr Friedrich Pfeil 1997 ISBN 3 931516 09 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Wurm Kaltzeit Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Karte Umwelt Biologie und Geologie Letzteiszeitliches Maximum In map geo admin ch swisstopo abgerufen am 12 Dezember 2011 Einzelnachweise Bearbeiten Rolf K Meyer Hermann Schmidt Kaler Auf den Spuren der Eiszeit sudlich von Munchen ostlicher Teil Wanderungen in die Erdgeschichte Band 8 1997 ISBN 3 931516 09 1 Alexa Schonstedt Maschke Steter Tropfen hohlt den Stein oder Nur ein Tropfen auf den heissen Stein Wie wirksam ist die Entwicklungszusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen In Engagement und Verantwortung der Zivilgesellschaft in der Entwicklungszusammenarbeit Nomos Verlagsgesellschaft mbH amp Co KG 2020 ISBN 978 3 7489 0482 3 S 127 140 doi 10 5771 9783748904823 127 V Sibrava D Q Bowen G M Richmond Quaternary Glaciations in the Northern Hemisphere Quaternary Science Reviews vol 5 Pergamon Press 1986 ISBN 0 08 034299 X Wighart von Koenigswald Lebendige Eiszeit Theiss Verlag Stuttgart 2002 ISBN 3 8062 1734 3 S 34 J Ehlers P L Gibbard Quaternary Glaciations Extent and Chronology 2 Part II North America Elsevier Amsterdam 2004 ISBN 0 444 51462 7 Der Alpenraum zum Hohepunkt der letzten Eiszeit Rekonstruktion der maximalen Gletscherausbreitung wahrend des Hohepunktes der letzten Eiszeit Wurm von 26 000 bis 20 000 Jahren vor heute PDF 4 12 MB Abgerufen am 17 April 2017 Rudolf Hohl Hrsg Die Entwicklungsgeschichte der Erde 6 Auflage Werner Dausien Verlag Hanau 1985 ISBN 3 7684 6526 8 S 409 Die Kalt und Warmzeiten des Quartars der Alpen Biber Donau Gunz Haslach Mindel Riss WurmBiber Donau Donau Gunz Gunz Haslach Haslach Mindel Mindel Riss Riss Wurm Normdaten Sachbegriff GND 4127180 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wurm Kaltzeit amp oldid 238023908