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Als Kaltzeit oder Kryomer bezeichnet man in Klimageschichte und Geologie einen Zeitraum innerhalb eines Eiszeitalters mit im Durchschnitt tieferen Temperaturen zwischen zwei Zeitabschnitten mit durchschnittlich hoheren Temperaturen sogenannten Warmzeiten Die Ausdrucke Eiszeit und Glazial werden zum Teil synonym dazu verwendet zum Teil auch auf Phasen mit weiter ausgedehnter Vereisung beschrankt 1 2 3 Computergenerierte Ansicht der Erde wahrend der letzten KaltzeitDie Wechsel zwischen Kalt und Warmzeiten innerhalb der letzten Million Jahre ist oszillierend mit einer Periodizitat von etwa 100 000 Jahren 4 Dieselbe Kaltzeit wird in verschiedenen Regionen der Erde meist unterschiedlich benannt So wird die letzte Kaltzeit mit ihrem Maximum vor etwas mehr als 20 000 Jahren im nordlichen Mitteleuropa als Weichsel im nordlichen Alpenraum als Wurm in Nordrussland als Waldai in Sibirien als Zyryanka auf den Britischen Inseln als Devensian auf Irland als Midlandian in Nordamerika als Wisconsin in Venezuela als Merida in Chile als Llanquihue und in Neuseeland als Otira Kaltzeit bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen 1 1 Forschungsgeschichte 1 2 Aktuelle Thesen 2 Abfolge von jungsten Kaltzeiten 3 Nachweise 3 1 Sedimentablagerungen wahrend Glazialen 4 Auswirkungen 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseUrsachen BearbeitenForschungsgeschichte Bearbeiten nbsp Diagramm der Milankovic Zyklen im Verlauf der letzten 1 Million Jahre mit den Zyklen der Prazession Precession und der Neigung der Erdachse Obliquity sowie der Exzentrizitat der Erdbahn Excentricity Zudem aufgetragen sind die Schwankungen der Intensitat der Solarstrahlung Solar Forcing sowie die Kalt und Warmzeiten des jungeren Pleistozans Stages of Glaciation Die Suche nach den Ursachen fur die beinahe regelmassigen Wechsel von Glazial und Interglazialstadien innerhalb des derzeitigen Eiszeitalters gehort auch heute noch zu den Herausforderungen fur die Palaoklimatologie Sie ist eng mit den Namen James Croll und Milutin Milankovic verbunden Beide hatten Ideen des Franzosen Joseph Alphonse Adhemar aufgegriffen wonach Veranderungen der Erdbahngeometrie die Ursache fur wiederkehrende Kaltzeiten seien Die Veranderung der Erdbahngeometrie wird durch wechselseitige Gravitationskrafte im System Sonne Planeten Mond hervorgerufen Sie andern die Form der elliptischen Erdbahn Exzentrizitat um die Sonne mit einer Periode von etwa 100 000 Jahren die Neigung der Erdachse zur Umlaufbahn mit einer Periode von etwa 40 000 Jahren Schiefe der Ekliptik wahrend die Tag und Nacht Gleiche auf der elliptischen Umlaufbahn etwa nach 20 930 Jahren wieder dieselbe Position auf der Ellipse einnimmt Tropische Apsidendrehung Durch diese sogenannten Milankovic Zyklen verandert sich periodisch die Verteilung der Sonnenenergie auf der Erde Angeregt durch den deutschen Meteorologen Wladimir Peter Koppen formulierte Milutin Milankovic 1941 in seiner Arbeit Der Kanon der Erdbestrahlung und seine Anwendung auf das Eiszeitproblem die Hypothese dass eine Kaltzeit immer dann auftritt wenn die Sommersonneneinstrahlung in hohen nordlichen Breiten minimal wird Kuhle Sommer sind nach Koppen fur den Eisaufbau entscheidender als kalte Winter Milankovic suchte also dort nach den Ursachen fur Kaltzeiten wo sie am offensichtlichsten sind in den hohen nordlichen Breiten Die Variationen der Erdbahnparameter Milankovic Zyklen waren Ausloser und geeignete Randbedingungen deren Wirkung aber noch durch andere Faktoren verstarkt wurde So werden als eine Ursache fur den Beginn sowohl der antarktischen wie der nordhemispharischen Vereisung tektonische Vorgange und deren Einfluss auf die ozeanische Zirkulation angenommen 5 Ausserdem ist der CO2 Gehalt der Atmosphare ein wesentlicher Faktor der mit den Temperaturschwankungen eine enge Kopplung aufweist wie verschiedene Untersuchungen von Eisbohrkernen der Antarktis und Gronlands die Eis der letzten 800 000 Jahre enthalten belegen 6 Danach soll die Konzentrationsabnahme des Treibhausgases Kohlendioxid zusammen mit Methan und Distickstoffoxid fur ca ein Drittel der Temperaturveranderung zwischen Warm und Kaltzeit stehen 7 nach einer jungeren Veroffentlichung sogar fur die Halfte 8 Andere positive Feedbackprozesse wie die Eis Albedo Ruckkopplung die Vegetationsbedeckung und die Variabilitat des Wasserdampfgehaltes in der Atmosphare spielten eine zusatzliche Rolle Fur die Schwankungen in den Kaltzeiten zwischen sogenannten Stadialen und Interstadialen werden Ruckkopplungseffekte im Zusammenhang mit der thermohalinen Zirkulation angenommen Aktuelle Thesen Bearbeiten Nach heutigem Forschungsstand sind die von Milankovic nachgewiesenen Zyklen zwar die Ursache fur Temperaturdepressionen doch bedingen diese nur eine Abnahme von wenigen Zehntel Kelvin erfassen nur eine Hemisphare und waren daruber hinaus auch schon im Prakambrium prasent wo es nach heutigem Wissensstand nicht zu einem solch markanten Wechsel von Warm und Kaltzeiten kam Auch ist letztlich ungeklart warum der Wechsel zwischen Warm und Kaltzeiten bis vor etwa einer Million Jahren im Rhythmus von 41 000 Jahren dann seit der sogenannten Mid Pleistocene Revolution aber alle 100 000 Jahre erfolgte Die Periodendauer von 41 000 Jahren wird mit der Schwankung der Erdachsenneigung in Zusammenhang gebracht wahrend die Periodendauer von 100 000 Jahren mit der Exzentrizitat der Erdbahn in Zusammenhang stehen konnte dabei aber die bei weitem schwachste der von Milankovic vorhergesagten Frequenzen ist Man nimmt an dass Verstarkungen der Milankovic Zyklen durch Prozesse innerhalb des Erdklimas die Ursache dafur sind Daher gibt es mehrere Ursachen die sowohl exogenen als auch endogenen Ursprungs sind fur die pleistozanen Wechsel Das Zusammenspiel von tektonischen astronomischen ozeanischen und klimatischen Prozessen ist offenbar gegeben da jeder einzelne Prozess nicht in der Lage ist globale Kaltzeiten hervorzurufen Abfolge von jungsten Kaltzeiten BearbeitenVor der gegenwartigen Zwischeneiszeit Warmzeit dem Holozan wurden wahrend des Pleistozans in Mitteleuropa zum Beispiel folgende mit Vereisungen verbundene Kaltzeiten festgestellt nbsp Eisbohrkern CO2 Daten und die Kalt und Warmzeiten des QuartarWeichsel Kaltzeit bzw Wurm Kaltzeit 115 000 Jahre bis 10 000 Jahre v Chr Saale Eiszeit bzw Riss Kaltzeit mit ihren Gliederungen vor etwa 300 000 bis 126 000 Jahren Elster Kaltzeit bzw Mindel Kaltzeit min vor 460 000 bis max vor 320 000 Jahren Elbe Kaltzeit bzw Gunz Kaltzeit ca vor 600 000 bis 800 000 JahrenNachweise BearbeitenDie einzelnen Kalt und Warmzeiten sowie die sudlichen Ausbreitungsgrenzen der Binnenvereisung konnen anhand mehrerer Indizien nachgewiesen werden Dazu gehoren die Verfrachtung von Steinen und Geroll von den skandinavischen Gebirgen nach Suden Findlinge typische Uberformungen von Gesteinen durch Geroll fuhrende Gletscher Riefen Sedimente und Gelandetopolgien Endmoranen Fossilien Samen Pollen Pflanzen und Tierreste in Sedimenten in Seen und dem Boden sowie in neuerer Zeit die nebenstehend abgebildeten im antarktischen Binneneis in Lufteinschlussen konservierten Kohlendioxidgehalte der Atmosphare Sedimentablagerungen wahrend Glazialen Bearbeiten Material aus Gletscherbachen oder Schmelzwassern des Inlandeises wird zwar vom fliessenden Wasser abgelagert ihre Entstehung ist aber an das Vorkommen von Gletschern geknupft Diese Erscheinungen werden glazifluvial glazifluviatil oder fluvioglazial genannt je nachdem ob die Aktion des Eises oder des fliessenden Wassers im naheren Umfeld dominiert Hierzu gehoren die Ubergangskegel in Gletschernahe deren Gerolle im Allgemeinen noch wenig gerundet sind Die Materialsortierung ist zwar bereits vorhanden aber undeutlich Mit zunehmender Entfernung vom Gletscher sind die glazifluvialen Ablagerungen zwar rein fluviatil jedoch ohne den Gletscher nicht zu erklaren Bekannt sind die Sander in Norddeutschland Die glaziaolischen Ablagerungen verdanken ihre Bildung dem Wind und dem Gletscher aus dessen Vorland ihr Material stammt In Mitteleuropa gehoren dazu der Loss sowie Flugsandablagerungen Dune Glaziolimnische Ablagerungen werden im Becken eines Sees abgelagert der durch das Eis aufgestaut wird Auch hier ist die Entstehung der Ablagerungen ohne den Gletscher nicht denkbar Material das durch Gletscher und Gletscherflusse im Meer abgelagert worden ist bezeichnet man als glazimarin Auswirkungen BearbeitenDie Kaltzeiten hatten gravierende Auswirkungen auf die Tier und Pflanzenwelt sowie die Besiedlung durch den Menschen Durch Ubereisung erlosch jegliches Leben und es wanderte erst mit Ruckgang des Eises wieder ein 9 Der Prozess der Einwanderung nach der letzten Eiszeit ist in Nord und Mitteleuropa auch heute noch nicht abgeschlossen Siehe auch BearbeitenGlaziologie Glazialmorphologie Glaziale Serie PeriglazialEinzelnachweise Bearbeiten Jurgen Ehlers Allgemeine und historische Quartargeologie Enke Stuttgart 1994 ISBN 3 432 25911 5 1 Murawski H Meyer W 2004 Geologisches Worterbuch Spektrum Akademischer Verlag 11 Auflage 262 S ISBN 3 8274 1445 8 Handbook of Paleoanthropology Vol I Principles Methods and Approaches Vol II Primate Evolution and Human Origins Vol III Phylogeny of Hominids Springer Science amp Business Media 2007 ISBN 978 3 540 32474 4 S 362 books google de Gerald Haug Ralf Tiedemann amp Rainer Zahn Vom Panama Isthmus zum Gronlandeis In Spektrum der Wissenschaft November 1998 Dieter Luthi Martine Le Floch Bernhard Bereiter Thomas Blunier Jean Marc Barnola Urs Siegenthaler Dominique Raynaud Jean Jouzel Hubertus Fischer Kenji Kawamura amp Thomas F Stocker High resolution carbon dioxide concentration record 650 000 800 000 years before present In Nature Vol 453 S 379 382 doi 10 1038 nature06949 Eystein Jansen amp Jonathan Overpeck et al Palaeoclimate In IPCC Fourth Assessment Report 2007 PDF 8 1 MB 6 4 1 und Figure 6 5 Memento des Originals vom 19 Marz 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ipcc ch James Hansen Makiko Sato Pushker Kharecha David Beerling Robert Berner Valerie Masson Delmotte Mark Pagani Maureen Raymo Dana L Royer amp James C Zachos Target Atmospheric CO2 Where Should Humanity Aim In The Open Atmospheric Science Journal Vol 2 2008 S 217 231 doi 10 2174 1874282300802010217 PDF 1 4 MB Wighard v Konigswald Das Quartar Klima und Tierwelt im Eiszeitalter Mitteleuropas Juni 2004 in Biologie in unserer Zeit 34 3 Seiten 151 158 DOI 10 1002 biuz 200410249 Normdaten Sachbegriff GND 4014129 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kaltzeit amp oldid 228263207