www.wikidata.de-de.nina.az
Die Glaziale Serie zu lateinisch glacies Eis bezeichnet in Mitteleuropa die in einer bestimmten Reihenfolge ausgebildeten Landschaftsformen die wahrend der pleistozanen Vergletscherungen durch jeden Gletschervorstoss unter den Gletschern an deren Randlagen und in deren Vorland entstanden sind 1 Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Glaziale Serie im Alpenvorland 3 Glaziale Serie im nordlichen Mitteleuropa 4 Glaziale Serie als Modell der Landschaftsentstehung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseDefinitionDer Begriff Glaziale Serie wurde schon 1882 von Albrecht Penck zunachst fur das nordliche Alpenvorland gepragt 2 Spater wurde der Begriff erweitert und auch auf das skandinavische Vereisungsgebiet ausgedehnt Bestandteile der idealen vollstandigen glazialen Serie sind 1 eine Grundmorane mit einem Zungenbecken eine Endmoranenkette die sich bogenformig um das Zungenbecken legt ein Schotterfeld oder eine Sanderebene vor der Endmoranenkette ein Urstromtal in dem die Schmelzwasser der Gletscher abflossenMan grenzt mit dem Begriff glaziale Serie die nach geomorphologischen Regeln angeordneten und durch den Gletscher gebildeten Formen von den nach geologischen Merkmalen den Gletschern zugeordneten glazialen Sedimenten ab Eine vollstandige glaziale Serie entsteht wenn der Eisrand nicht das Eis uber langere Zeit stabil bleibt und nicht vom weiteren Vorrucken des Gletschereises immer wieder zerstort wird Glaziale Serie im Alpenvorland nbsp Wahrend der Vereisung Schematische Darstellung Fur eine detailliertere Beschreibung der Entstehung der Landschaftsformen in diesem Gebiet sei auf den Artikel zum Alpenvorland verwiesen nbsp Nach der Vereisung Schematische Darstellung Am starksten gepragt wurde die Landschaft des nordlichen Alpenvorlands durch die Gletscher welche sich ab dem Beginn des Zeitalters des Quartar vor etwa 2 6 Millionen Jahren im Zuge der Eiszeiten bildeten und dabei ein Eisstromnetz ausbildeten welches wiederholt in das Alpenvorland vorstiess Dort bildeten sie flachenmassig ausgedehnte Vorlandgletscher aus Am starksten gepragt wurde das nordliche Alpenvorland von der Wurm Kaltzeit die etwa 115 000 Jahre vor heute begann und mit dem Abschmelzen der Gletscherzungen vor etwa 20 000 Jahren endete 3 Die muldenformigen Becken welche durch das Ausschurfen des Untergrunds durch das Gletschereis entstanden werden Zungenbecken genannt da sich hier einst die Gletscherzunge befand 4 In diesen Becken bilden sich falls kein Abfluss moglich ist bei einem Gletscherruckzug die sogenannten Gletscherrandseen oder auch Zungenbeckenstauseen wie beispielsweise der Starnberger See Ammersee Chiemsee und Staffelsee 3 sowie etliche Seen im Salzkammergut Typische Formen innerhalb der Zungenbecken im Alpenvorland sind sog Drumlins also walruckenformige Hugel welche die Stossrichtung des Gletschers anzeigen 5 Glaziale Rinnen gibt es kaum In einem Gletscher werden nicht nur Eis sondern auch grosse Mengen an Gesteinsmaterial mitgefuhrt welches der Gletscher zuvor aus dem Gebirge sowie dem Gebirgsvorland ausgeschurft hat Schmilzt der Gletscher so bilden sich auf seiner Oberflache und unterhalb des Gletschers Schmelzwasserstrome welche den eingelagerten Schotter mitreissen konnen Die Strome laden diesen sog fluvioglazialen Schotter am Rand oder unterhalb der Gletscherzunge in Form von sog Moranenwallen ab Man unterscheidet hierbei Grund Seiten Mittel sowie Endmoranen je nach Ablagerungsort relativ zur Gletscherzunge 6 Moranen bestehen aus Gesteinen die dem Geschiebemergel zugeordnet werden Die Grundmorane ist das Material das einst unter und im Gletscher transportiert wurde und sich flachenmassig im ehemaligen Gletscherbett abgelagert hat Die Seitenmorane bezeichnet das Material welches sich an der Flanke eines Gletschers ablagert Eine Seitenmorane welche nicht mehr aktiv von einem Gletscher mit Material versorgt wird weil dieser sich aus klimatischen Grunden zuruckgezogen hat wird als Ufermorane bezeichnet In den Alpen sind haufig Ufermoranen zu finden welche sich in der kleinen Eiszeit gebildet hatten mehrere Meter hoher als die heutige Gletscheroberflache liegen und auch bis weit vor die heutige Gletscherzunge hinabreichen Mittelmoranen entstehen aus Seitenmoranen bei der Vereinigung zweier Gletscher Neben den Moranen am Rand und unterhalb des Gletschers wurden Spalten auf dem Gletscher durch von den Schmelzwasserstromen des zuruckweichenden Hauptgletschers herantransportierte Schottermassen verfullt wodurch sich nach dem Abtauen die Kames bildeten welche ebenso das Landschaftsbild des nordlichen Alpenvorlandes pragen Jenseits der Moranenzone befindet sich die Schotterebene im nordlichen Alpenvorland vor allem die Munchner Schotterebene Sie entstand dadurch dass beim Abschmelzen des Gletschers enorme Wassermassen freigesetzt wurden welche grosse Mengen an Schotter welche der Gletscher zuvor ausgeschurft hatte in die Schotterebene spulten 3 Sie bekam ihr Wasser meist aus Gletschertoren deren ehemalige Lage auch heute noch an Einsattelungen der Endmoranenzuge erkennbar ist Oft sind die Schotterflachen deutlich terrassiert jungere Abflusse haben sogenannte Trompetentalchen in die alteren Schotterflachen eingeschnitten Das Material der Schotterebenen geht aus dem Geschiebemergel hervor Die Transportfahigkeit des Schmelzwassers ist wesentlich geringer als die des Gletschers so dass grossere Steine nicht aus dem Zungenbecken herausbefordert werden konnen Bestandteile mit geringerer Korngrosse wie Ton und Sand konnen sehr viel weiter transportiert werden wodurch diese in Schotterebenen kaum anzutreffen sind Urstromtaler sind durch eisrandparalleles Abfliessen der Schmelzwasser entstanden Durch das Schmelzwasser erzeugte Urstromtaler wie in Norddeutschland treten im Alpenvorland nicht auf ihre Funktion wurde von den bereits vorhandenen grossen Stromen Donau Rhein Rhone und Po oder ihren Nebenflussen ubernommen die das Schmelzwasser der Gletscher abfuhrten Glaziale Serie im nordlichen Mitteleuropa nbsp Weichselzeitliche Urstromtaler in BrandenburgDas nordliche Mitteleuropa wurde mehrfach vom skandinavischen Inlandeis erreicht oder uberfahren Die Formen der glazialen Serie folgen daher im nordlichen Mitteleuropa von Nord nach Sud aufeinander Die Grundmoranenlandschaft besteht uberwiegend aus flachen bis flachwelligen Gebieten auf denen das Eis die Geschiebemergel ablagerte Zungenbecken bei denen das Ausschurfen von Material eine bedeutende Rolle spielte kommen nur untergeordnet vor und sind im skandinavischen Vereisungsgebiet ein Bestandteil der Grundmoranenlandschaft Da das vorstossende Inlandeis die vorhandene Landschaft vollstandig unter sich begrub sind die eiszeitlichen Formen und Ablagerungen in Norddeutschland flachendeckend verbreitet Glaziale Rinnen sind im nordlichen Mitteleuropa eine weit verbreitete Erscheinung Die Endmoranenzuge begrenzen die Grundmoranenflachen nach Suden Die Endmoranen sind oft luckenhaft ausgebildet und weniger hoch als im Alpenvorland treten in der gering reliefierten Landschaft als Hohenzuge jedoch deutlich in Erscheinung Auf Grund der Luckenhaftigkeit hat sich in Norddeutschland die neutrale Bezeichnung Eisrandlage fur die Endmoranenzuge durchgesetzt Mehr oder weniger ausgedehnte Sander schliessen sich an die Endmoranen an Sie sind vom Schmelzwasser gebildete Schwemmkegel Auch ihr Wasser erhielten sie aus Gletschertoren die die Endmoranenzuge zerschneiden Die Schmelzwasser die auf den Sanderflachen abflossen sammelten sich im Urstromtal und flossen parallel zum Eisrand meist nach Nordwesten ab Urstromtaler sind eine Sonderform fur das nordliche Mitteleuropa Glaziale Serie als Modell der LandschaftsentstehungWie alle Modelle gibt auch das Modell der glazialen Serie die realen Verhaltnisse nur vereinfacht wieder Insbesondere wird oft nicht beachtet dass die Formen der glazialen Serie nahezu zeitgleich nebeneinander entstehen wahrend der Eisrand an der Endmorane verharrt Weiterhin muss das Eis erst einmal bis zu den spateren Endmoranen vorstossen und andererseits auch wieder abschmelzen Die Prozesse die dabei ablaufen verandern das Modell der glazialen Serie deutlich Eine haufige Variation ist zum Beispiel das Verschutten von Grundmoranenflachen durch jungere Schmelzwasser Ausserdem kann ein wiederholtes Vorstossen der Gletscher zur Verschachtelung verschieden alter Formen der glazialen Serie fuhren So entwasserten zum Beispiel eng hintereinander liegende Endmoranenzuge in Brandenburg uber die gleichen Sanderflachen und das gleiche Urstromtal Siehe auchEisstausee Findling Kame Oser Urstromtalung Zwischenurstromtal Toteissee TunneltalLiteraturJurgen Ehlers Allgemeine und historische Quartargeologie Enke Stuttgart 1994 ISBN 3 432 25911 5 Albrecht Penck Die Vergletscherung der deutschen Alpen Ihre Ursachen periodische Wiederkehr und ihr Einfluss auf die Bodengestaltung Barth Leipzig 1882 Digitalisat Fuhrer zur Geologie von Berlin und Brandenburg Nr 9 Johannes H Schroeder Hrsg Oderbruch Markische Schweiz Ostlicher Barnim Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e V Berlin 2003 ISBN 3 928651 11 0 WeblinksGlaziale Serie Lexikon der Geowissenschaften Spektrum der Wissenschaft Infoblatt Glaziale Serie Ernst Klett Verlag Kleines Glossar zur Glazialmorphologie Zentrale fur Unterrichtsmedien im Internet e V Einzelnachweise a b Die glaziale Serie und glaziale Sonderformen in Schleswig Holstein Memento vom 1 Marz 2012 im Internet Archive Forum Erdkunde Uni Luneburg abgerufen am 6 Januar 2008 Nils Christians Eiszeiten Naturraumliche Ausstattung und Bodenbildung in glazial und periglazial gepragten Landschaften Norddeutschlands Studienarbeit GRIN Verlag 2008 ISBN 978 3 640 20745 9 3 Oberflachenformen der ehemals vergletscherten Gebiete S 7 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Norman Henniges Die Spur des Eises eine praxeologische Studie uber die wissenschaftlichen Anfange des Geologen und Geographen Albrecht Penck 1858 1945 Beitrage zur regionalen Geographie Band 69 Leibniz Institut f Landerkunde Leipzig 2017 S 15f ISBN 978 3 86082 097 1 556 S online a b c Meyer Rolf K F Schmidt Kaler Hermann Wanderungen in die Erdgeschichte 8 Auf den Spuren der Eiszeit sudlich von Munchen ostlicher Teil Pfeil Munchen 1997 ISBN 3 931516 09 1 Hans Murawski Geologisches Worterbuch 8 vollig uberarbeitete und erweiterte Auflage Enke Stuttgart 1983 ISBN 3 432 84108 6 S 249 Lehmann Schon GeoWandern Munchner Umland Alpenvorland und Alpen zwischen Lech und Inn 40 geografische Exkursionen rund um die bayerische Hauptstadt 1 Auflage Bergverlag Rother Munchen 2017 ISBN 978 3 7633 3156 7 Yarham Robert Landschaften lesen Haupt Verlag Herbert Press s l 2015 ISBN 3 258 07934 X Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Glaziale Serie amp oldid 230223490