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Ein Eisstausee auch Glazialstausee oder Gletscherstausee ist ein See in einem Tal oder Becken der durch Gletscher vorubergehend oder dauerhaft am Abfliessen gehindert wird Luftaufnahme des Perito Moreno Gletschers mit Eisstausee Inhaltsverzeichnis 1 Vorkommen 2 Ablagerungen 3 Ausbruche 4 Ausbruchsbeispiele der Gegenwart 5 Folgen von Eisstausee Ausbruchen 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVorkommen BearbeitenEisstauseen entstehen zumeist im unmittelbaren Vorfeld eines Gletschers an dessen Rand Sie konnen sich auch auf in und unter einem Gletscher bilden Eisstauseen unterhalb eines Gletschers bezeichnet man als subglazial Aufgrund der grosseren Dichte des Wassers gegenuber dem Eis sind sie recht stabil Ein bekanntes Beispiel fur einen subglazialen See ist der Wostoksee in der Antarktis Eisstauseen finden sich in allen vergletscherten Gebieten der Erde Im Himalaja gibt es mehrere Tausend Gletscherseen 1 Allein fur Alaska sind 750 Seen erfasst eine Haufung von Eisstauseen findet sich in Sibirien und dort vor allem im Altaigebirge Ein europaisches Beispiel fur einen Eisstausee ist der Marjelensee am Grossen Aletschgletscher der Ende des 19 Jahrhunderts noch eine Seetiefe von 78 m aufwies Wesentlich weiter verbreitet waren Eisstauseen u a wahrend der letzten Kaltzeiten Weichsel Wurm und Saale Riss im Pleistozan Wahrenddessen erstreckte sich der Fennoskandische Eisschild auch als Skandinavisches Inlandeis bezeichnet zeitweise bis ins nordliche Mitteleuropa und auch die Alpen waren weitraumig vergletschert Infolgedessen bildeten sich in Norddeutschland sowie auch im Alpenvorland z T auch in den Alpen selbst mehr oder weniger ausgedehnte Eisstauseen Ihre Grosse schwankte in weitem Rahmen und lag zwischen wenigen hundert Quadratmetern und mehreren tausend Quadratkilometern Ein typisches Beispiel fur einen sehr grossen europaischen Eisstausee ist der Baltische Eisstausee Vor etwa 14 000 Jahren existierte auf dem Gebiet der heutigen Ostsee ein riesiger Eisstausee vor dem 2 3 km dicken skandinavischen Inlandeis der Weichsel Kaltzeit Erst vor etwa 10 000 Jahren gab die abtauende Eisbarriere zwischen Weltmeer und Eisstausee die Mittelschwedische Senke frei was den Baltischen Eisstausee zum Auslaufen brachte Ablagerungen Bearbeiten nbsp typischer Banderton und schluffDie Existenz von heute nicht mehr vorhandenen Eisstauseen lasst sich anhand von typischen Seeablagerungen nachweisen Da das Wasser in Eisstauseen im Allgemeinen nicht oder nur sehr langsam fliesst bestehen die Ablagerungen von Eisstauseen meist aus feinkornigen Sedimenten vor allem Ton und Schluff Am Rande der Eisstauseen vor allem an der Einmundung von Schmelzwasser in das Becken kommen aber auch Sande oder noch groberes Material vor Zum Teil bilden sich dort typische Deltas aus Aufgrund der saisonal schwankenden Schmelzwassermenge fast nichts im Winter sehr grosse Mengen im Sommer wurde in den Sommermonaten viel und auch groberes Material in die Seen eingetragen Schluff Im Winter konnte sich bei sehr ruhigen Verhaltnissen hingegen sehr feines Material absetzen Ton Es entstanden so genannte Bandertone Warventone die heute haufig die einzigen Indikatoren fur Eisstauseen in ehemals vergletscherten Gebieten sind Die jahreszeitlich gesteuerte Ablagerung der Eisstauseesedimente ist die Ursache dafur dass sie ein wertvolles Archiv fur die Rekonstruktion der Klima und Vereisungsgeschichte darstellen Zum Beispiel ermoglichte die Auszahlung der Bandertone des Baltischen Eisstausees die genaue Rekonstruktion des Eisruckzuges in Skandinavien Ausbruche BearbeitenDa Eisstauseen episodisch oder auch periodisch von schwankendem Wasserzulauf betroffen sind kommt es immer wieder zum Uberlaufen von Eisstauseen die in Einzelfallen zu katastrophalen Eisstausee Ausbruchen fuhren wenn die frei werdenden Wassermassen urplotzlich zu Tal schiessen Eine andere Entstehungsursache fur Ausbruche ist das Anheben des Gletschers durch das Schmelzwasser wiederum auf Grund der Dichteunterschiede zwischen Eis und Wasser sodass das Wasser unter dem Eis hindurchfliessen kann Die dabei entstehenden Hochwasser konnen kurzzeitig das Wasservolumen selbst grosser Strome der Erde um ein Mehrfaches uberschreiten Wegen der abgeschiedenen Lage der meisten Eisstauseen gibt es nur wenige Beschreibungen oder gar Fotos von solchen Ausbruchen Ausbruchsbeispiele der Gegenwart BearbeitenLago Argentino in den sudpatagonischen Anden Vorstoss des Perito Moreno Gletschers der einen Teil der Zuflusse aufstaute und eine Zweiteilung des Sees herbeifuhrte Ausbruch in den 1950er Jahren mit einem Abfluss von 20 000 m Wasser pro Sekunde uber einen Zeitraum von einigen StundenRussell Fjord in Sudalaska nahe dem Ort Yakutat Vorstoss des Hubbard Gletschers der die Meeresbucht bei gelegentlichen plotzlichen Vorstossen abriegelt Ausbruche 1860 Stauhohe von 39 m 1986 Stauhohe 25 m und Spitzenabfluss von 104 500 m s 2002 Stauhohe 18 m und Spitzenabfluss von 54 000 m s Grimsvotn Seen in Island Abriegeln einer Depression am Rand der Eiskappe des Vatnajokulls Ausbruch 1996 durch Aktivitaten des Grimsvotn Vulkans bei dem ein Teil des Eisschildes abbrach Spitzenabfluss von 45 000 m s Freisetzung von 3 4 Mrd m innerhalb von zwei Tagen Folgen von Eisstausee Ausbruchen Bearbeiten nbsp Rofener Eissee am Vernagtferner 1601 nbsp und 1772Das Uberlaufen eines Eisstausees ist von okonomischer Bedeutung wenn menschliche Siedlungen Industrien und Verkehrswege betroffen sind und es ist von okologischer Bedeutung wenn zum Beispiel Meeresarme durch Gletscher blockiert werden das Wasser hinter der Barriere aussusst und Meeresstromungen verandert werden Die okologischen Auswirkungen konnen unter Umstanden sogar zu global wirksamen Klimaveranderungen fuhren wie die nachfolgenden Untersuchungen zeigen Die machtigste bekannte Uberflutungswelle nach Auslaufen von Eisstauseen ereignete sich vor etwa 16 000 Jahren in Sudsibirien im nordlichen Altai im Flusssystem des Ob 2 3 4 5 6 Ihr gingen mehrere ahnliche Ereignisse wahrscheinlich etwas geringeren Ausmasses nach Ende des letzten glazialen Maximums voraus Wahrend der letzten Eiszeit hatte sich in Nordamerika sudlich des Laurentidischen Eisschildes ein Eisstausee gebildet der als Lake Agassiz bezeichnet wird nach dem Mitentdecker des Phanomens der Eiszeiten Dieser Eisstausee uberdeckte vor etwa 9000 Jahren nordlich der heutigen Grossen Seen eine Flache von rund 150 000 km etwa so gross wie Griechenland Anhand der Spuren damaliger abrupter Stausee Ausbruche lasst sich nachweisen dass dieser Eisstausee neben den normalen Abflussen nach Suden Westen und Nordosten gelegentlich auch abrupte Ausbruche in Richtung Nordosten zum Nordatlantik hin hatte Wissenschaftliche Berechnungen gehen von Abflussen aus die kurzfristig 5 200 000 m s betragen haben bei denen bis zu 160 000 km Wasser freigesetzt worden sind Es ist davon auszugehen dass sich damals das frei werdende Susswasser auf Grund seiner geringeren Dichte uber die Salzwasserstromungen der Meeresoberflache gelegt und so die globale thermohaline Zirkulation des Meereswassers markant verandert hat Als Folge wird eine zeitweilige Unterbrechung des Golfstromes vermutet der sonst dem nordlichen Europa durch seine Warmwasserstromung ein mildes Klima beschert mit einer Abkuhlung und Kalteruckschlagen wie zum Beispiel zur jungeren Dryaszeit Siehe auch BearbeitenLech dl Dragon Gletschersee in den DolomitenLiteratur BearbeitenJurgen Herget Eisstausee Ausbruche Ursache fur katastrophale Hochwasser In Geographische Rundschau 2 2003 S 14 20Weblinks BearbeitenAusbruch Russell Fjord 2002 engl Einzelnachweise Bearbeiten Gletscherseen in Tibet bedrohen Menschenleben In science orf at 10 April 2019 abgerufen am 9 Mai 2019 V R Baker Global Late Quaternary Fluvial Paleohydrology With Special Emphasis on Paleofloods and Megafloods PDF 1 2 MB Memento des Originals vom 5 November 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot ice tsu ru In John F Shroder ed Treatise on Geomorphology Band 9 Fluvial geomorphology Elsevier Amsterdam 2013 S 511 527 Keenan Lee The Altai Flood Auf geology mines edu vom 4 Oktober 2004 PDF Datei Memento vom 11 August 2011 im Internet Archive Alexei N Rudoy Glacier dammed lakes and geological work of glacial superfloods in the Late Pleistocene Southern Siberia Altai Mountains In Quaternary International Bd 87 Nr 1 Januar 2002 S 119 140 doi 10 1016 S1040 6182 01 00066 0 Alexei N Rudoy V R Baker Sedimentary effects of cataclysmic late Pleistocene glacial outburst flooding Altay Mountains Siberia In Sedimentary Geology Bd 85 Nr 1 4 Mai 1993 S 53 62 doi 10 1016 0037 0738 93 90075 G Volltext online Victor R Baker Gerardo Benito Alexey N Rudoy Paleohydrology of late Pleistocene superflooding Altai Mountains Siberia In Science 15 Januar 1993 Bd 259 S 348 352 PDF Datei Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisstausee amp oldid 234915512