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Der Rofener Eissee war ein in der Vergangenheit mehrmals aufgetretener Eisstausee in den Otztaler Alpen in Tirol der durch den Vorstoss des Vernagtferners ins Rofental verursacht wurde Bei seinen Ausbruchen richtete er verheerende Schaden bis ins Inntal an Die Lage des Rofener Eissees gewester See so Ano 1678 1679 u 1681 im Atlas Tyrolensis 1774 Inhaltsverzeichnis 1 Bildung des Eissees 2 Chronik 2 1 1599 1601 2 2 1677 1681 2 3 1771 1774 2 4 1845 1848 3 Erforschung und Massnahmen 4 Literatur 5 WeblinksBildung des Eissees BearbeitenDer in etwa in Nord Sud Richtung verlaufende Vernagtferner der heute einige Kilometer oberhalb des quer verlaufenden Rofentals endet stiess in der Kleinen Eiszeit mehrmals sehr rasch bis zum Talboden vor Dabei staute er sich an der Zwerchwand an der gegenuberliegenden Seite des Rofentals und versperrte der vom Hintereis und Hochjochferner kommenden Rofenache den Weg die dahinter einen See bildete Dieser konnte mehr als 2 km lang sein und ein Volumen von uber 10 Millionen m aufweisen Der Damm bestand anders als beim Gurgler Eissee nicht aus einem kompakten Eiskorper sondern aus lose ubereinandergehauften Eisblocken Seracs in die die Zunge des Vernagtferners aufgrund der hohen Fliessgeschwindigkeit zerrissen worden war Der Eissee floss oft gefahrlos unter oder uber dem Eisdamm ab manchmal kam es jedoch unter dem Druck der Wassermassen zum spontanen Bruch des Damms wodurch sich eine grosse Flutwelle durch das Rofental und in weiterer Folge durch das Venter Tal und das Otztal bis ins Inntal ergoss und verheerende Zerstorungen anrichtete Auch wenn dabei kaum Menschen direkt ums Leben kamen fiel auf den verwusteten Feldern die Ernte aus und es kam zu Hungersnoten Chronik BearbeitenVom 17 bis zum 19 Jahrhundert gab es vier dokumentierte Perioden in denen es zur Bildung des Eissees kam Auch um 1300 hat der Vernagtferner geologischen Befunden zufolge das Rofental erreicht von einem Eissee ist allerdings nichts uberliefert In den Jahren 1820 bis 1822 stiess der Vernagtferner bis knapp an die Rofenache vor ohne ihren Abfluss zu behindern Der See bildete sich jeweils wahrend drei bis funf aufeinanderfolgender Jahre danach hatte sich der Vernagtferner wieder so weit zuruckgezogen dass er die Rofenache nicht mehr aufstauen konnte Die Reste des Dammes uberdauerten jedoch jedes Mal noch viele Jahre als Toteis 1599 1601 Bearbeiten nbsp Der Rofener Eissee im Jahr 1601 Aquarellierte Federzeichnung von Abraham JagerDie fruheste bekannte Aufzeichnung stammt aus der Zeit um 1600 Seit 1595 war die Zunge des Vernagtferners stark gewachsen 1599 erreichte sie das Rofental und der Eissee begann sich zu bilden Am 20 Juli 1600 kam es zu einem Ausbruch der das Otztal uberflutete und das Langenfelder Becken in einen See verwandelte Anschliessend fullte sich der See wieder um sich im Sommer 1601 ohne Schaden anzurichten zu entleeren Die Aquarellzeichnung des Rofener Eissees wie er sich im Juli 1601 zeigte ist die alteste bekannte Darstellung eines Alpengletschers Bei aller zeitbedingten phantasievollen Darstellung sind doch etliche Details wie die auf dem See treibenden Eisberge realistisch wiedergegeben Damals lag der Seespiegel auf einer Hohe von rund 2260 m der Eisdamm reichte an der Zwerchwand bis auf 2275 bis 2285 m Der See war rund 1 7 km lang 400 m breit und hatte ein Volumen von rund 11 Millionen m 1677 1681 Bearbeiten Im Jahr 1676 wird von einem neuerlichen Vorstoss des Gletschers berichtet im November 1677 erreichte der Vernagtferner die Zwerchwand und unterbrach die Rofenache In diesen Jahren soll der See eine Lange von bis zu 2 3 km erreicht haben was einer Seespiegelhohe von etwa 2290 m entsprechen wurde In den Sommern 1679 und 1681 entleerte sich der See langsam ohne grossere Schaden anzurichten am 16 Juli 1678 und am 14 Juni 1680 kam es zu spontanen Ausbruchen Der Ausbruch vom 16 Juli 1678 gilt als der katastrophalste aller Ausbruche Das damals gestaute Volumen wurde zu 10 Millionen m geschatzt Im gesamten Otztal kam es zu grossen Zerstorungen in Solden wurden Hauser und Stege in Huben fast alle Hauser und die Kirche zerstort Bei Huben grub sich die Otztaler Ache ein neues Bett mit vielen Windungen Auch im weiteren Verlauf wurden Brucken und Hauser zerstort und Vieh vernichtet ein Kind kam ums Leben Dieser Ausbruch fiel mit einem Ausbruch des Fischbachs bei Langenfeld zusammen wodurch das untere Otztal und das Inntal besonders stark betroffen waren Fur den Ausbruch zusammen mit dem Fischbach wurde ein herumziehender Bursche Thomann Jochl aus dem Zillertal verantwortlich gemacht der 1679 bei einem Prozess in Meran mit zwolf anderen Angeklagten als Hexenmeister verurteilt und hingerichtet wurde Am 14 Juni 1680 gab es wiederum einen verheerenden Ausbruch mit erneut schweren Verwustungen im Otztal selbst auf der Donau sollen noch Eisblocke gesichtet worden sein Anfang Juli 1681 lag der Seespiegel auf rund 2280 m durch Aushacken einer Rinne an der Zwerchwand konnte der Wasserstand auf rund 2170 m gesenkt und ein schadloses Ausrinnen des Sees ermoglicht werden 1771 1774 Bearbeiten nbsp Der Rofener Eissee im Jahr 1772 Kupferstich in Joseph Walchers Nachrichten von den Eisbergen in TyrolObwohl die Zunge des Vernagtferners schon bis ins Rofental reichte floss die Rofenache im Sommer 1771 noch ungehindert ab In den ersten Oktobertagen begann die Bildung des neuen Stausees der am 27 Oktober bereits eine Lange von 400 m am 16 November von rund 750 m erreichte Am 16 August 1772 war der Damm uber 100 m hoch der See war rund 1300 m lang 280 m breit und geschatzte 60 m tief Der See fand jedoch zwischen Zwerchwand und Eisdamm einen Ausgang und floss um Weihnachten 1772 sowie am 12 und 23 Juli 1773 ohne Schaden anzurichten langsam aus Ab Neujahr 1774 stieg der Seespiegel wieder an und der See erreichte den Hintereisferner Ab dem 26 Juni begann der See sich langsam zu entleeren bis sich am 4 Juli der Vorgang beschleunigte und der Grossteil des gestauten Wassers innerhalb von 12 Stunden abfloss Von Mitte August bis Mitte September 1772 wurde der Eissee von Joseph Walcher aus Wien eingehend studiert In seinem 1773 erschienenen Buch Nachrichten von den Eisbergen in Tyrol sammelt er Hinweise uber die fruheren Ausbruche beschreibt die Phanomene und diskutiert verschiedene Hilfsmassnahmen Das Buch enthalt auch einen Kupferstich mit der Darstellung der Situation im Sommer 1772 Er zeigt die Ausdehnung des Sees bis zur Zunge des Hintereisferners und die in Seracs zerbrochene Zunge des Vernagtferners Auch im Atlas Tyrolensis von Peter Anich und Blasius Hueber findet sich der Eissee als gewester See so Ano 1678 1679 u 1681 vollig ausgebrochen und 1771 wieder gesamelt eingezeichnet Diese Eintragung stammt vermutlich von der 1771 ins Rofental entsandten Kommission die eine Kopie der Anich Karte mithatte 1845 1848 Bearbeiten Im Jahr 1845 begann sich der See erneut zu bilden Wahrend er sich im Sommer 1846 langsam entleerte kam es am 14 Juni 1845 am 18 Mai 1847 und am 13 Juni 1848 zu verheerenden Ausbruchen In diesen Jahren war der Eissee uber 1200 m lang etwa 260 m breit und bis 90 m tief Das Volumen beim Ausbruch 1847 wird auf 10 Millionen m geschatzt Der Ausbruch 1845 erfolgte zunachst langsam dann entleerten sich 1 3 Millionen m Wasser innerhalb einer Stunde mit katastrophalen Folgen Zwischen Vent und Umhausen wurden 18 Brucken in Solden und Huben mehrere Hauser zerstort In Vent soll die Flutwelle 10 m hoch gewesen sein im gut 100 km flussabwarts gelegenen Innsbruck stieg neun Stunden nach dem Ausbruch der Innpegel um 60 cm der Platz vor dem Goldenen Dachl stand unter Wasser 1846 reiste Erzherzog Johann im Auftrag des Kaisers ins Otztal um sich vor Ort ein Bild von den Schaden zu machen Seit 1848 hat sich der Rofener Eissee aufgrund des Ruckgangs des Vernagtferners nicht mehr gebildet Erforschung und Massnahmen BearbeitenWegen der Gefahr des Ausbruchs bestand schon fruh grosses Interesse am Eissee und den Umstanden seiner Entstehung Die Bildung und der Ausbruch des Eissees wurden seit dem 17 Jahrhundert ausgiebig untersucht und dokumentiert Die Darstellung von 1601 ist die alteste bekannte Darstellung eines Alpengletschers das Buch von Joseph Walcher eine der ersten wissenschaftlichen Abhandlungen uber Gletscher Heute liefern diese Aufzeichnungen wertvolle Hinweise uber das Wachsen und Zuruckziehen der Gletscher das auch von der lokalen Bevolkerung genau beobachtet wurde Schon 1773 wurde erkannt dass die Bildung eines Eissees nur dann drohte wenn der Vernagtferner und der in ihn einmundende Guslarferner zugleich vorstiessen Die Bevolkerung und auch die Behorden standen den Ausbruchen weitgehend hilflos gegenuber Um die Gefahr abzuwenden wurden Bittgange und Wallfahrten insbesondere auch durch Kinder abgehalten und zeitweise taglich am Rand des Gletschers eine Messe gelesen Wie viele andere Naturkatastrophen dieser Zeit wurde der Ausbruch von 1678 einem Wettermacher zugeschrieben der zusammen mit anderen Hexenmeistern hingerichtet wurde Schon fruh machte man sich aber auch Gedanken das Wasser gefahrlos aus dem See abzuleiten So wurde zum Teil mit Erfolg versucht Graben fur den Abfluss in die Eismassen zu hauen Zu weiteren Vorschlagen zahlte das Durchbohren des Dammes mit einem Bohrer das Sprengen des Dammes mit einer Mine oder das Beschiessen mit Kanonen Auch die Errichtung einer Klause im Venter Tal wurde uberlegt ebenso wie der Bau eines Stollens durch die Zwerchwand der auch bei zukunftigen Absperrungen einen Abfluss ermoglichen konnte Joseph Walcher erorterte in seinem Buch alle diese Moglichkeiten und verwarf die meisten als zu gefahrlich undurchfuhrbar oder wirkungslos Literatur BearbeitenHans Haid Uber Gletscherbannungen Bittgange scharfe Gelubde Kinderprozessionen zum Ferner usw In R Lackner R Psenner M Walcher Hg Ist es der Sindtfluss Kulturelle Strategien amp Reflexionen zur Pravention und Bewaltigung von Naturgefahren alpine space man amp environment Vol 4 Innsbruck University Press Innsbruck 2008 ISBN 978 3 902571 32 8 S 75 84 PDF 299 kB Hans Kinzl Die Darstellung der Gletscher im Atlas Tyrolensis von Peter Anich und Blasius Hueber 1774 In R v Klebelsberg Festschrift der Geologischen Gesellschaft in Wien Mitteilungen der Osterreichischen Geologischen Gesellschaft Band 48 Wien 1955 S 89 104 zobodat at PDF 1 7 MB E Leys O Reinwarth Auswirkungen der Gletscher und der Gletscherabflusse auf die Wildbach und Lawinengefahr und ihre Berucksichtigung in den Gefahrenzonenplanen In Interpraevent Band 1 1975 S 345 357 PDF 3 3 MB H Moser H Escher Vetter H Oerter O Reinwarth D Zunke Abfluss in und von Gletschern GSF Bericht 41 86 Teil I Gesellschaft fur Strahlen und Umweltforschung Neuherberg 1986 hdl 10013 epic 38511 Kurt Nicolussi Zur Geschichte des Vernagtferners Gletschervorstosse und Seeausbruche im vergangenen Jahrtausend In Eva Maria Koch Brigitta Erschbamer Hrsg Klima Wetter Gletscher im Wandel Alpine Forschungsstelle Obergurgl Band 3 innsbruck university press Innsbruck 2013 ISBN 978 3 902811 89 9 S 69 94 PDF 3 MB Eduard Richter Zur Geschichte des Vernagtgletschers Beitrage zur Geschichte und Geographie der Alpen IV In Zeitschrift des Deutschen und Osterreichischen Alpenvereins Jahrgang 1877 Band VIII S 164 168 Digitalisat Walter Senarclens Grancy Zur Glazialgeologie des Oetztales und seiner Umgebung In Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien 49 Band 1956 S 257 314 zobodat at PDF 17 9 MB Michael Stotter Die Gletscher des Vernagtthales in Tirol und ihre Geschichte Innsbruck 1846 Digitalisat Joseph Walcher Nachrichten von den Eisbergen in Tyrol Wien 1773 Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Rofener Eissee Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Tirol Atlas Naturchronik Tirol Stichwortsuche Rofener Eissee Abt Glaziologie der Kommission fur Erdmessung und Glaziologie der BAdW Munchen Zeitgenossische Darstellung des vom Vernagtferner gestauten Rofener Eissees46 831111111111 10 849722222222 Koordinaten 46 49 52 N 10 50 59 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rofener Eissee amp oldid 238143091