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Als Toteis bezeichnet man Gletschereis das mit dem aktiven Gletscher nicht mehr verbunden ist sich infolgedessen auch nicht mehr bewegt und meist mit Sedimenten bedeckt ist Toteisfeld unterhalb der Hohen Geige in den Otztaler Alpen Tirol Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsverwendung 2 Entstehung 3 Konservierung und Abschmelzen 4 Nachweis von Toteis 4 1 Geologisch 4 2 Geomorphologisch 5 Verbreitung 6 Toteiskessel Toteisloch 6 1 Deutschland 6 1 1 Suddeutschland 6 1 2 Norddeutschland 6 2 Osterreich 7 Siehe auch 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseBegriffsverwendung BearbeitenUmgangssprachlich wird die Bezeichnung Toteis generell auf sich nicht mehr bewegendes Gletschereis angewendet In der Wissenschaftssprache hingegen ist es ublich zwischen stagnierendem Eis und Toteis zu unterscheiden Stagnierendes Eis kann noch Kontakt zum aktiven Gletscher haben In jedem Fall ist es nicht oder noch nicht mit Sedimenten uberschuttet worden Toteis hingegen hat den Kontakt zum aktiven Gletscher verloren und wurde mit Sedimenten meist Schmelzwassersande des Gletschers uberdeckt Entstehung Bearbeiten nbsp Entstehung eines Toteissees beim Abschmelzen eines GletschersToteis entsteht dadurch dass das Eis eines zuruckschmelzenden Gletschers nicht gleichmassig niedertaut Auch wenn der allergrosste Teil des Eises abgeschmolzen ist bleiben stets mehr oder weniger grosse Blocke im ehemals eisbedeckten Gebiet zuruck Vor allem in Gebieten mit lokal erhohter Eismachtigkeit wie in Zungenbecken oder glazialen Rinnen ist dies sehr haufig der Fall Vom aktiven Gletscher nachstromendes Schmelzwasser lagert neben und schliesslich uber den Eisblocken Material meistens Sand ab So wird das Eis zu Toteis Konservierung und Abschmelzen BearbeitenDa die Sanduberdeckung als Isolation gegen die Sonneneinstrahlung wirkt schmilzt Toteis im Regelfall nur sehr langsam ab Daruber hinaus kann durch das Ausbilden eines Dauerfrostbodens das Toteis mehrere Jahrtausende im Boden konserviert werden Extremfalle mit etwa 70 000 Jahre altem Toteis sind aus Nordwestsibirien dokumentiert Erst mit weiterer Erwarmung lost sich der Dauerfrostboden auf und das Toteis schmilzt Bei heutigen Gletschern ohne Dauerfrostboden in der Umgebung hangt die Zeit bis zum endgultigen Abschmelzen des Toteises von den klimatischen Verhaltnissen von moglicher Beschattung in tiefen Talern und von der Menge und Art der uberlagernden Sedimente ab Das Abschmelzen kann auch hier durchaus Jahre bis Jahrzehnte andauern Mit dem Abschmelzen im Untergrund sackt dabei die Oberflache uber dem Toteis langsam nach und es kann sich ein Toteisloch oder Toteiskessel bilden Liegt der Boden des Kessels unterhalb des Grundwasserspiegels entsteht ein Toteissee Toteis kann sich auch in nachtraglich daruber abgelagerte Sedimente z B in glazifluviale Sande oder Flugsande durchpausen 1 Toteisformen sind daher in der Nahe des ehemaligen Eisrandes auch auf Sandern zu finden Nachweis von Toteis Bearbeiten nbsp Durch abschmelzendes Toteis verursachte Abschiebung in EisstauseeablagerungenGeologisch Bearbeiten Der Nachweis von abgeschmolzenem Toteis ist geologisch sedimentologisch meist nicht leicht durchzufuhren Da Toteiskessel oft Niederungsgebiete mit hohem Grundwasserstand sind konnen Grabungen nur selten durchgefuhrt werden Ist es vor allem an den Randern der Kessel doch moglich so finden sich Dehnungserscheinungen in den Sedimenten Ein sicherer Hinweis auf ehemals vorhandene Eisblocke sind Abschiebungen in den Sedimentschichten Das Austauen des Eises fuhrte zum Absacken der Ablagerungen Geomorphologisch Bearbeiten In den ehemals vergletscherten Gebieten auftretende allseitig geschlossene Hohlformen werden fur gewohnlich als Toteiskessel interpretiert Sicher ist diese Interpretation dann wenn die Kessel in Gebieten vorkommen auf denen es normalerweise solche Kessel nicht gibt wie zum Beispiel auf Sanderflachen und in Urstromtalern Die Schmelzwasser wurden solche Kessel normalerweise schnell verschutten Ein ehemals vorhandener Toteisblock ist dann die plausibelste Erklarung fur den Erhalt solch einer Hohlform Verbreitung BearbeitenDas Entstehen von Toteis ist in den Abschmelzgebieten von Gletschern ein sehr haufig zu beobachtender Vorgang weshalb Toteiskessel weltweit in allen jung vergletscherten Gebieten auftreten Ausserhalb Deutschlands findet man sie zum Beispiel sehr zahlreich in Sudschweden und in Nordamerika Toteiskessel Toteisloch Bearbeiten nbsp Toteiskessel an der Bundesstrasse 193 zwischen Penzlin und Peckatel in Mecklenburg VorpommernAls Toteiskessel oder locher bezeichnet man im Allgemeinen kleinere vollstandig geschlossene Hohlformen deren Entstehung auf das Verschutten und anschliessende Austauen eines Toteisblockes zuruckgefuhrt wird Auf Grund ihrer geringen Grosse weniger als 1 ha haben sie meistens eine eher regelmassige rundliche Form Sie konnen aber mehr als zehn Meter tief sein Heute enthalten viele von ihnen kleine Gewasser Solle Toteiskessel von Muhldorf am Inn im Haager Land nbsp nbsp nbsp nbsp Deutschland Bearbeiten Wahrend des Eiszeitalters mit seinen wiederholten Eisvorstossen in Nord und Suddeutschland war Toteis ein weit verbreitetes Phanomen des Eisruckzugs Vor allem die Hohlformen der jungsten Vergletscherung in Suddeutschland Wurm Eiszeit in Norddeutschland Weichsel Eiszeit genannt sind noch recht frisch und in den ehemals vom Eis bedeckten Gebieten sehr zahlreich Sehr weit verbreitet sind sie daher in Nordbrandenburg Mecklenburg Vorpommern Schleswig Holstein und im Alpenvorland Suddeutschland Bearbeiten Die am Ende der letzten Eiszeit geschmolzenen Toteisblocke liessen kleinere Seen entstehen zum Beispiel die Osterseen sudlich des Starnberger Sees oder die Eggstatter Seen nordwestlich des Chiemsees Ebenfalls in Oberbayern im Haager Land befindet sich ein Toteiskesselweg mit zwei Routen eine nach Hohenberg die andere nach Limberg Nummerierte Findlinge markieren den Weg Zu sehen gibt es unterschiedliche Verlandungsstadien Weiher Grossseggenried Moor Sumpfwiese Ein schones Beispiel eines trichterartigen Toteiskessels Durchmesser circa 50 m findet sich direkt neben der Bundesstrasse 471 bei Grafrath im Landkreis Furstenfeldbruck 2 Auch in der Nahe von Ebersberg gibt es ein Toteisloch 3 Sudlich davon haben sich der Steinsee und in Glonn der Kastensee aus Toteislochern gebildet In Oberschwaben ist die Blitzenreuter Seenplatte entlang der Bundesstrasse 32 mit dem Dornacher Ried und dem Schreckensee erwahnenswert Buchsee 4 Bibersee 5 Vorsee 6 und Schreckensee 7 gelten als Toteislocher 8 Norddeutschland Bearbeiten nbsp Toteisloch Blanke Helle Naturdenkmal in BerlinVor allem fur Berlin und Brandenburg muss man fur viele wenn nicht sogar fur die meisten Seen eine Konservierung ihrer Becken durch Toteis annehmen da sie innerhalb von Urstromtalern oder Sanderflachen liegen Vor allem innerhalb des Berliner Urstromtals befinden sich zahlreiche Seen unter anderem Muggelsee Langer See Dahme Rummelsburger See deren Erhaltung im Urstromtal nur mit einer Konservierung durch Toteis erklarbar ist Auf der Ostseeinsel Fehmarn sind die Teiche Kriegssoll und Ratssoll durch Toteis entstanden in Molln im sudlichen Schleswig Holstein der Grundlose Kolk Osterreich Bearbeiten Das Meerauge in den Sudlichen Kalkalpen In einem kleinen Hochtal in den Karntner Karawanken dem Bodental befindet sich ein kleineres Toteisloch mit uberregionaler Bekanntheit Es wird als Meerauge bezeichnet Seine turkisblaue Wasserfarbe und die aufsteigenden Blasen regen seit jeher die Phantasie der Menschen an Im Volksmund mutmasste man von einer unterirdischen Verbindung zu einem anderen See bzw gar zum Meer im Tiroler Mittelgebirge finden sich zahlreich Toteisreste etwa Lanser See Viller Moor Wirtssee bei Grinzens in Vorarlberg das Toteisloch auf der Dunza ostlich des Davider Moores Gemeindegebiet Burserberg mit seinem zentral gelegenen Flachmoor ist sowohl in geomorphologischer als auch vegetationsgeschichtlicher Hinsicht hochst schutzenswert 9 Siehe auch BearbeitenAlpenrandseeWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Toteis Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Toteis Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Kleines Glossar zur Glazialmorphologie Toteis In Satellitengeographie im Unterricht Zentrale fur Unterrichtsmedien im Internet abgerufen am 26 Februar 2023 Einzelnachweise Bearbeiten Christian Stolz Holozane Sedimentfullungen verlandeter Solle und Auenablagerungen sudlich von Flensburg Geomorphologische Untersuchungen im Tal der Jarplunder Au In Verein zur Pflege der Natur und Landeskunde in Schleswig Holstein und Hamburg Hrsg Natur und Landeskunde Zeitschrift fur Schleswig Holstein Hamburg und Mecklenburg Band 119 Nr 10 12 Husum Druck und Verlags Gesellschaft 2012 ISSN 1611 3829 S 150 161 deutsche digitale bibliothek de abgerufen am 26 Februar 2023 Toteisloch Wolfsgrube Bayerisches Landesamt fur Umwelt abgerufen am 26 Februar 2023 NaturErlebnisPfad In Museum Wald und Umwelt Ebersberg Stadt Ebersberg archiviert vom Original am 17 Oktober 2013 abgerufen am 26 Februar 2023 Buchsee In Aktionsprogramm zur Sanierung oberschwabischer Seen Landratsamt Ravensburg abgerufen am 26 Februar 2023 Bibersee In Aktionsprogramm zur Sanierung oberschwabischer Seen Landratsamt Ravensburg abgerufen am 26 Februar 2023 Vorsee In Aktionsprogramm zur Sanierung oberschwabischer Seen Landratsamt Ravensburg abgerufen am 26 Februar 2023 Schreckensee In Aktionsprogramm zur Sanierung oberschwabischer Seen Landratsamt Ravensburg abgerufen am 26 Februar 2023 Das Projektgebiet In EU LIFE Projekt Lebensraumoptimierung Blitzenreuter Seenplatte Archiviert vom Original am 7 Juli 2013 abgerufen am 26 Februar 2023 Georg Grabherr Aktualisierung des Biotopinventars Vorarlberg Burserberg Vorarlberger Landesregierung Abteilung Umwelt und Klimaschutz 18 Juni 2020 S 64 vorarlberg at PDF abgerufen am 26 Februar 2023 Normdaten Sachbegriff GND 4185751 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Toteis amp oldid 231283670