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Die Theologische Fakultat Halle Teil der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg ist vor allem fur ihre Bibelwissenschaft international bekannt Sie steht in der historischen Nachfolge der Theologischen Fakultat der Universitat Wittenberg der Heimstatt der lutherischen Reformation und der Theologischen Fakultat der Friedrichs Universitat Halle der Heimstatt des Hallischen Pietismus Reformation und Pietismus wurzelten jeweils in einer Neuentdeckung der Bibel und haben die neuzeitliche mitteleuropaische Geschichte und Geistesgeschichte in besonderer Weise gepragt Sitz der bibelwissenschaftlichen Seminare der Theologischen Fakultat Halle Haus 25 1 der Franckeschen Stiftungen ehemaliges Magdeleinhaus Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Theologische Fakultat Wittenberg 1502 1814 1 2 Theologische Fakultat der Friedrichs Universitat Halle 1694 1817 1 3 Theologische Fakultat der Universitat Halle Wittenberg seit 1817 1 3 1 19 Jahrhundert 1 3 2 20 Jahrhundert 1 3 3 21 Jahrhundert 2 Bedeutende ehemalige Professoren 2 1 Wittenberg seit 1502 2 2 Halle seit 1694 2 3 Halle Wittenberg seit 1817 3 Gegenwart 3 1 Gebaude 3 2 Lehrangebot 3 3 Professoren Stand Januar 2023 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenTheologische Fakultat Wittenberg 1502 1814 Bearbeiten nbsp Der erste Druck der vollstandigen Lutherbibel Wittenberg 1534Die 1502 gegrundete Theologische Fakultat Wittenberg an der Martin Luther 32 Jahre lang biblische Exegese uberwiegend Altes Testament lehrte 2 war die erste evangelische theologische Fakultat uberhaupt und entwickelte als solche schnell europaweite Ausstrahlung Wahrend die Wittenberger Theologie spater von der lutherischen Orthodoxie gepragt war spielte die Wittenberger Hebraistik dauerhaft eine herausragende Rolle 3 Theologische Fakultat der Friedrichs Universitat Halle 1694 1817 Bearbeiten nbsp Die von Johann Heinrich Michaelis 1720 herausgegebene Biblia HebraicaDie Theologische Fakultat der 1694 gegrundeten Friedrichs Universitat Halle an der August Hermann Francke zuvor Hebraist an der Universitat Leipzig seit 1698 Schriftauslegung lehrte wurde zum Zentrum des Pietismus Mit den 1698 gegrundeten Franckeschen Stiftungen gab es eine enge Kooperation und personelle Uberschneidungen Internationale Bedeutung hatte vor allem das Collegium Orientale Theologicum das mit beruhmten Gelehrten wie Johann Heinrich Callenberg Johann Heinrich Michaelis und Siegmund Jakob Baumgarten zu einem wichtigen Zentrum der Orientalistik mit einem besonderen Schwerpunkt auf den semitischen Sprachen wurde Kritisch zur pietistischen Grundstromung der Fakultat positionierte sich Johann Salomo Semler der mit seiner Schrift Abhandlung von freier Untersuchung des Canon 4 Bande 1771 1775 den Grundstein fur die historisch kritische Bibelwissenschaft legte Theologische Fakultat der Universitat Halle Wittenberg seit 1817 Bearbeiten nbsp Wilhelm Gesenius Professor der Theologischen Fakultat Halle von 1810 bis 184219 Jahrhundert Bearbeiten Uberragende Gestalt der Theologischen Fakultat in der 1817 vereinigten Friedrichsuniversitat Halle Wittenberg war mit bis zu 1000 Horern 4 Wilhelm Gesenius Alttestamentler Hebraist und Orientalist Sein Name ist durch seine Hebraische Grammatik vor allem aber durch sein Hebraisches und Aramaisches Handworterbuch uber das Alte Testament den Gesenius bis heute ein Begriff Ihm folgte Hermann Hupfeld der Begrunder der bis heute einflussreichen Neueren Urkundenhypothese zum Pentateuch Zunehmend pragten dann auch Erweckungs und Vermittlungstheologen wie August Tholuck Julius Muller oder Martin Kahler viele Studenten der Fakultat die bis in die Zeit des Kaiserreiches hinein durchgangig die grosste in Preussen blieb 5 Bis heute von Bedeutung sind die bibelwissenschaftlichen und hebraistischen Arbeiten von Emil Kautzsch der 1898 1899 auch Rektor der Universitat war 20 Jahrhundert Bearbeiten Bedeutende Theologen im 20 Jahrhundert waren Hermann Gunkel massgebender Vertreter der religionsgeschichtlichen Schule und Begrunder der form und gattungsgeschichtlichen Methode 6 und Otto Eissfeldt einer der bedeutendsten Alttestamentler seiner Zeit und 1929 1930 sowie 1945 1948 auch Rektor der Universitat Ein unruhmliches Kapitel der Fakultatsgeschichte stellten die Auseinandersetzungen um Gunther Dehn dar dessen Berufung als Professor fur Praktische Theologie im Jahr 1931 Proteste der bereits damals mehrheitlich national gesinnten Studenten und Professoren hervorrief in deren Folge er 1932 beurlaubt und 1933 aus dem Staatsdienst entlassen wurde Dem judischen Hebraisch Dozenten Mojzis Woskin Nahartabi wurde 1934 die Lehrtatigkeit untersagt er emigrierte in die Tschechoslowakei und wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet Die Geschichte der Fakultat in der DDR war einerseits von Repression und Gangelung andererseits von Anpassung und Selbstbehauptung gepragt So wurde im Zuge der Zerschlagung des Spirituskreises 1958 mit Kurt Aland der weltweit fuhrende Textkritiker des Neues Testaments siehe Novum Testamentum Graece fristlos entlassen 7 Im Zuge der DDR Hochschulreform wurde die Fakultat 1971 in eine Sektion Theologie umgewandelt Gleichzeitig wurde staatlicherseits in die Facherstruktur eingegriffen Das Fach Okumenik wurde als obligatorisches und Prufungsfach eingefuhrt und die obligatorischen Lehrveranstaltungen in Marxismus Leninismus wurden starker gewichtet 8 Ende 1989 wurde die Theologische Fakultat im Zuge der Friedlichen Revolution wieder errichtet Mit der Wiedereinfuhrung des staatlichen Religionsunterrichts durch Inkrafttreten des Grundgesetzes im Land Sachsen Anhalt ubernahm die Fakultat zusatzlich zur Pfarramtsausbildung auch die Lehramtsausbildung fur evangelische Religionslehrer in diesem Bundesland Erster Professor fur Religionspadagogik wurde 1992 Christian Grethlein In den 1990er Jahren konnten auch die wahrend der DDR zugunsten der Kirchengeschichte und der Okumenik dezimierten bibelwissenschaftlichen Facher Altes Testament mit Ernst Joachim Waschke und Arndt Meinhold und Neues Testament mit Udo Schnelle und Hermann von Lips sowie die Systematische Theologie durch Neuberufung von Aleksander Radler neben Michael Beintker jeweils wieder doppelt besetzt werden so dass die Theologische Fakultat nun wieder voll ausgestattet war 21 Jahrhundert Bearbeiten Gegenwartig wird die grosse bibelwissenschaftliche und hebraistische Tradition unter anderem durch die in Halle entstehende kritische Ausgabe des Samaritanischen Pentateuchs durch die seit 2011 bestehende Wilhelm Gesenius Gastprofessur sowie das seit 2018 bestehende Woskin Nahartabi Stipendium 9 weitergefuhrt Bedeutende ehemalige Professoren BearbeitenWittenberg seit 1502 Bearbeiten Johann von Staupitz 1465 1524 Martin Luther 1483 1546 Nikolaus von Amsdorf 1483 1565 Andreas Bodenstein 1486 1541 Leonhard Hutter 1563 1616 Abraham Calov 1612 1686 Johann Andreas Quenstedt 1617 1688 Halle seit 1694 Bearbeiten August Hermann Francke 1663 1727 Johann Heinrich Michaelis 1668 1738 Christian Benedikt Michaelis 1680 1764 Johann Heinrich Callenberg 1694 1760 Siegmund Jakob Baumgarten 1706 1757 Johann Salomo Semler 1725 1791 Friedrich Schleiermacher 1768 1834 Julius August Ludwig Wegscheider 1771 1849 Wilhelm Gesenius 1786 1842 Halle Wittenberg seit 1817 Bearbeiten Wilhelm Gesenius 1786 1842 Johann Karl Thilo 1794 1853 Hermann Hupfeld 1796 1866 August Tholuck 1799 1877 Julius Muller 1801 1878 Willibald Beyschlag 1823 1900 Martin Kahler 1835 1912 Emil Kautzsch 1841 1910 Friedrich Loofs 1858 1928 Hermann Gunkel 1862 1932 Wilhelm Lutgert 1867 1938 Erich Klostermann 1870 1963 Otto Eissfeldt 1887 1973 Kurt Aland 1915 1994 Hermann Goltz 1946 2010 Gegenwart BearbeitenGebaude Bearbeiten nbsp Hauptgebaude der Theologischen Fakultat Halle Haus 30 10 der Franckeschen Stiftungen ehemaliges Niederlagegebaude Seit 1999 befindet sich die Theologische Fakultat im neuen Campus in den Franckeschen Stiftungen Als Hauptgebaude der Fakultat mit einem Foyer Horsalen Seminarraumen und Buros dient ein ehemaliges Lagerhaus das fur diesen Zweck vollig umgebaut und um einen Horsaaltrakt erweitert wurde Haus 30 10 Hier befindet sich auch das Dekanat Weitere Seminarraume die Bibliothek des Corpus Hellenisticum die Eissfeldt Bibliothek sowie die Buros des Bereichs Bibelwissenschaften befinden sich im ehemaligen Magdeleinhaus Haus 25 1 die Buros der systematischen Theologie im ehemaligen englischen Haus Haus 26 11 Die Fakultatsbibliothek befindet sich in Haus 31 12 zusammen mit der Bibliothek der Erziehungswissenschaften und der Judaistik als gemeinsame Zweigbibliothek der Universitats und Landesbibliothek Sachsen Anhalt in einem Gebaude das 1952 1953 fur die Arbeiter und Bauern Fakultat errichtet worden ist und in dem bis 1990 das Institut zur Vorbereitung auf das Auslandsstudium und von 1991 bis 1997 das Elisabeth Gymnasium untergebracht war 13 Es ist fur die Nutzung als Bibliothek um einen Anbau erweitert worden 14 Eine Besonderheit der Theologischen Fakultat Halle ist die Vielfalt des studentischen Lebens in mehreren Konvikten Das Evangelische Konvikt befindet sich im selben Campus daneben existieren das Schlesische Konvikt und das Reformierte Convict RC Lehrangebot Bearbeiten Gelehrt werden die funf klassischen Facher Altes Testament Neues Testament Kirchengeschichte Systematische Theologie und Praktische Theologie Ausserdem gibt es in der Tradition der Missionswissenschaft eine Professur fur Religionswissenschaft Interkulturelle Theologie sowie den an der juristischen Fakultat angesiedelten aber durch Kooptation mit der Theologischen Fakultat verbundenen Lehrstuhl fur Staatskirchen und Kirchenrecht Die biblischen Sprachen Hebraisch Aramaisch und Griechisch sowie Latein werden ebenfalls regelmassig angeboten Es gibt neben dem grundstandigen Diplomstudiengang evangelische Theologie mit dem Berufsziel Pfarramt Lehramtsstudiengange evangelische Religion fur Grund Sekundarschule und Gymnasium sowie Bachelor und Masterstudiengange die jeweils frei mit anderen Fachern kombiniert werden konnen Professoren Stand Januar 2023 Bearbeiten Altes Testament Frank Ueberschaer Bibelwissenschaften Stefan Schorch Neues Testament Annette Weissenrieder Manfred Lang Michael Labahn Kirchengeschichte Jorg Ulrich Friedemann Stengel Stanislau Paulau Systematische Theologie Dirk Evers Jorg Dierken Christian Senkel Praktische Theologie Anne Steinmeier Michael Domsgen Religionswissenschaft Interkulturelle Theologie Daniel Cyranka Martin Illert Kirchenrecht Michael GermannLiteratur BearbeitenUdo Schnelle Hrsg Reformation und Neuzeit 300 Jahre Theologie in Halle Berlin New York 1994 ISBN 978 3 11 014588 5 doi 10 1515 9783110875386 Friedemann Stengel Die Theologischen Fakultaten in der DDR als Problem der Kirchen und Hochschulpolitik des SED Staates bis zu ihrer Umwandlung in Sektionen 1970 71 Leipzig 1998 ISBN 3 374 01708 8 Irene Dingel Hrsg Die Theologische Fakultat Wittenberg 1502 bis 1602 Beitrage zur 500 Wiederkehr des Grundungsjahres der Leucorea Leipzig 2002 ISBN 3 374 02019 4 Arno Sames Hrsg 500 Jahre Theologie in Wittenberg und Halle 1502 bis 2002 Beitrage aus der Theologischen Fakultat der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg zum Universitatsjubilaum 2002 Leipzig 2003 ISBN 3 374 02115 8 Christian Stephan Die stumme Fakultat Biographische Beitrage zur Geschichte der Theologischen Fakultat der Universitat Halle Dossel 2005 ISBN 3 89923 103 1 Uwe Grelak und Peer Pasternack Konfessionell gebundene Institutionen akademischer Bildung und Forschung in der DDR Berlin 2016 ISBN 978 3 8305 3736 6 PDF Armin Kohnle Professorenbuch der Theologischen Fakultat der Universitat Wittenberg 1502 bis 1815 17 Leipzig 2016 ISBN 3 374 04302 X Veronika Albrecht Birkner Hallesche Theologen in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Traditionen Rezeptionen Interaktionen Hallesche Forschungen Band 54 2 Bande Halle 2019 ISBN 978 3 447 11253 6 Daniel Bohnert Markus Wriedt Theologiae Alumni Vitebergenses TAV Die graduierten Absolventen der Wittenberger Theologischen Fakultat 1502 1648 Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2020 ISBN 978 3 374 06672 8Weblinks BearbeitenOffizielle Homepage der Theologischen Fakultat Halle Broschure Theologie studieren in Halle PDF Homepage des Predigerseminars WittenbergEinzelnachweise Bearbeiten a b OpenStreetMap Haus 25 Siegfried Hermle Martin Luther AT In wibilex Januar 2008 abgerufen am 17 Mai 2019 Gianfranco Miletto Die Hebraistik in Wittenberg 1502 1813 Andreas Sennert Theodor Dassov und Christoph Wichmannshausen In Klaus Fitschen u a Hrsg Kulturelle Wirkungen der Reformation 2 Leipzig 2018 S 239 247 Stefan Schorch Ernst Joachim Waschke Hrsg Biblische Exegese und hebraische Lexikographie Das Hebraisch deutsche Handworterbuch von Wilhelm Gesenius als Spiegel und Quelle alttestamentlicher und hebraischer Forschung 200 Jahre nach seiner ersten Auflage Beihefte zur Zeitschrift fur die Alttestamentliche Wissenschaft 427 de Gruyter Berlin Boston 2013 ISBN 978 3 11 026612 2 XI Oliver Janz Burger besonderer Art Evangelische Pfarrer in Preussen 1850 1914 de Gruyter Berlin 1994 S 156 248 f Ernst Joachim Waschke Hermann Gunkel der Begrunder der religionsgeschichtlichen Schule und der gattungsgeschichtlichen Forschung In Arno Sames Hrsg 500 Jahre Theologie in Wittenberg und Halle 1502 bis 2002 Leipzig 2003 ISBN 3 374 02115 8 S 129 142 Friedemann Stengel Die Theologischen Fakultaten in der DDR als Problem der Kirchen und Hochschulpolitik des SED Staates bis zu ihrer Umwandlung in Sektionen 1970 71 Leipzig 1998 S 260 294 Uwe Grelak und Peer Pasternack Konfessionell gebundene Institutionen akademischer Bildung und Forschung in der DDR Berlin 2016 S 57 Woskin Nahartabi Stipendium a b OpenStreetMap Haus 30 Rundgang durch die historische Schulstadt OpenStreetMap Haus 31 Michael Deutsch Traumhaus fur Lehrer In Mitteldeutsche Zeitung 27 Juni 2007 abgerufen am 20 April 2022 Siehe die Tour durch die Theologische Fakultat auf der Homepage der Theologischen Fakultat Halle 51 477333333333 11 971083333333 Koordinaten 51 28 38 4 N 11 58 15 9 O Normdaten Korperschaft GND 1020406 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Theologische Fakultat Halle amp oldid 233548691