www.wikidata.de-de.nina.az
Theodoros von Asine altgriechisch 8eodwros ὁ Ἀsinaῖos Theodōros ho Asinaios wohl um 275 280 vermutlich spatestens um 360 war ein spatantiker Philosoph der neuplatonischen Richtung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Lehre 3 1 Ontologie und Seelenlehre 3 2 Geschlechtertheorie 4 Rezeption 5 Quellensammlung 6 Literatur 7 AnmerkungenLeben BearbeitenTheodoros stammte aus der Stadt Asine heute Koroni in Messenien 1 Uber seine Herkunftsfamilie ist nichts bekannt In seiner Jugendzeit war er in Rom Schuler des Neuplatonikers Porphyrios Nach dessen Tod schloss er sich zeitweilig Iamblichos an dem bekanntesten Schuler des Porphyrios Spater zeigten sich aber gewichtige philosophische Meinungsverschiedenheiten zwischen Theodoros und Iamblichos Dabei verteidigte Theodoros altere Lehrmeinungen Positionen der Neuplatoniker Porphyrios und Amelios Gentilianos sowie des Mittelplatonikers Numenios gegen die Ansichten des Iamblichos Unklar ist ob Theodoros mit einem nicht namentlich genannten Philosophen aus Rhodos gleichzusetzen ist der wie aus einem Bericht des Proklos hervorgeht zu den Kommentatoren von Platons Dialog Parmenides gehorte Henri Dominique Saffrey der die Hypothese der Identitat vertritt vermutet es liege ein Versehen eines unachtsamen Abschreibers vor der aus Rhodos schrieb wahrend im Originaltext Theodoros gestanden habe 2 Werke BearbeitenDie Werke des Theodoros sind verloren aber in spaterer Literatur sind Angaben uber ihren Inhalt uberliefert Von zwei Schriften sind die Titel bekannt Uber die Namen Peri onomatōn und Dass die Seele alle Gestalten ist Hoti he psychḗ panta ta eide esti Uber die Namen behandelte wohl die Terminologie der neuplatonischen Metaphysik zu den Themen der Abhandlung Dass die Seele alle Gestalten ist gehorten neben der Seelenwanderung die Konsequenzen des Lehrsatzes dass die Seele alles ist Ausserdem kommentierte Theodoros wahrscheinlich Platons Dialoge Timaios Politeia Phaidon und Philebos sowie die Kategorien des Aristoteles Allerdings handelte es sich bei den Kommentaren moglicherweise nicht um von ihm autorisierte Werke sondern nur um Nachschriften von Schulern aus seinem Unterricht Lehre BearbeitenOntologie und Seelenlehre Bearbeiten Theodoros vertritt eine Variante des Neuplatonismus die eine Zwischenstufe zwischen dem System des Iamblichos und demjenigen des Proklos darstellt und zugleich in mancher Hinsicht eine Alternative zum Denken des Iamblichos bietet Von Iamblichos ubernimmt er das Prinzip der Dreigliederung der einzelnen Seinsbereiche dessen Umsetzung er in seiner Kosmologie noch ausbaut An die Spitze der Weltordnung stellt er ein erstes Prinzip das Erste das unaussprechlich nicht mit Worten umschreibbar und die Quelle aller Dinge sei Wahrend Iamblichos zwei erste Prinzipien annimmt das absolut transzendente Eine von dem nichts ausgeht und das Eine als aktives schopferisches Prinzip verzichtet Theodoros auf eine solche Unterscheidung Auf das erste Prinzip folgen bei Theodoros mehrere hierarchisch angeordnete Hypostasen Seinsstufen die jeweils dreigeteilt sind Unmittelbar unter dem ersten Prinzip befindet sich die Ebene des Intelligiblen gefolgt von der Ebene des Intellekts Die Dreiheit Triade der Intellektebene besteht aus dem Sein vor dem Seienden dem Denken vor dem Geist Nous und dem Leben als Infinitiv vor dem Leben als Substantiv das heisst aus den Akten des Seins Denkens und Lebens 3 Im Unterschied zu Iamblichos Syrianos und Proklos weist Theodoros dem Demiurgen Weltschopfer Platons den er als Dreiheit auffasst einen ontologisch eigenstandigen Bereich zu Dieser demiurgische Bereich unmittelbar unterhalb der Intellektebene ist eine Triade die aus dem Seienden dem Nous und dem Leben besteht Darunter befindet sich die Ebene der Seelen Die Quelle der Seelen ist das Leben auf der demiurgischen Ebene Unter der Seelenebene liegt der Bereich der Materie Die Seele vermittelt zwischen der intelligiblen und der materiellen sinnlich wahrnehmbaren Welt sie kann sowohl in die Materie hinabsteigen als auch zu den oberen Hypostasen emporsteigen und sich mit ihnen vereinigen 4 In der Philosophie des Theodoros wird der innere Zusammenhang aller Bestandteile des Kosmos betont Er meint jede menschliche Seele sei der Weltseele uneingeschrankt wesensgleich also nicht nur ahnlich im Sinne einer Verwandtschaft oder einer abgestuften Teilhabe des Niedrigeren am Hoheren bzw Anwesenheit des Hoheren im Niedrigeren soweit dies auf der jeweiligen Seinsstufe moglich ist In der unter Platonikern umstrittenen Frage ob die Seele eines Menschen sich auch in einem Tierkorper inkarnieren kann vertritt er die Auffassung dass dies moglich ist Damit widerspricht er sowohl Porphyrios als auch Iamblichos Nach seiner Ansicht verbindet sich die menschliche Seele wenn sie in einen Tierkorper eintritt mit dessen bereits vorhandener Tierseele ohne sich dabei in ihrem geistigen Wesen zu verandern Mit dem Tierkorper ist sie nur mittelbar uber die Tierseele verbunden 5 Die Zeit halt Theodoros fur ein Erzeugnis der Weltseele in welcher er auch die Ewigkeit verortet Daher steht fur ihn die Seele sowohl die Weltseele als auch die ihr wesensgleiche menschliche Seele uber der Zeit und der Ewigkeit 6 Theodoros teilt die von Iamblichos nachdrucklich verworfene Uberzeugung Plotins wonach ein leidfreier Seelenteil auch wahrend des Aufenthalts der Seele im Korper in standiger Gemeinschaft mit dem gottlichen Bereich verbleibt Diese Gemeinschaft wird nach seiner Lehre nicht einmal durch einen Eintritt der Seele in einen Tierkorper unterbrochen Geschlechtertheorie Bearbeiten Gemass dem Gedanken der seelischen Wesensgleichheit der Menschen beurteilt Theodoros das Verhaltnis der Geschlechter Die in Platons Politeia geforderte weitgehende Gleichstellung der Geschlechter halt er fur berechtigt da er davon ausgeht dass die Tugend Arete die erlangt und auf vollendete Weise verwirklicht werden soll bei Mann und Frau die gleiche ist und daher durch gleiche Erziehung und Aufgabenstellungen anzustreben ist Gabe es spezifisch mannliche und spezifisch weibliche Tugenden so waren die Tugenden des einen Geschlechts fur das andere nicht vollkommen realisierbar Da aber eine Tugend nur im Verbund mit den anderen vollendet werden kann ware dann eine vollendete Tugend fur beide Geschlechter prinzipiell ausgeschlossen Eine solche Einschrankung der moglichen Tugendhaftigkeit erscheint jedoch aus platonischer Sicht als unannehmbar sie kann fur Theodoros nicht in Betracht kommen Theodoros untermauert seine Auffassung nicht nur mit dieser tugendtheoretischen Uberlegung sondern fuhrt auch ethnologische physiologische und mythologische Argumente fur die Gleichstellung an 7 Dabei verweist er auf die mythischen Amazonen und auf Volker wie die Sarmaten und die Lusitaner bei denen die Frauen den Mannern in der traditionell als mannlich geltenden Tugend der Tapferkeit nicht nachstanden Daraus ergebe sich dass die herkommlichen Rollenbilder nicht naturgegeben sondern kulturell bedingt und daher philosophisch irrelevant seien Uberdies argumentiert er es gebe neben den mannlichen Gottheiten auch Gottinnen die ebenso wie die Gotter gluckselig seien Die Gluckseligkeit setze bei Gottern und Gottinnen den Besitz der gleichen Tugend voraus Somit seien bei den menschlichen Geschlechtern hinsichtlich der Tugend analoge Verhaltnisse anzunehmen Ein weiteres Argument bezieht Theodoros aus einer Variante des Helena Mythos wobei er sich auf eine agyptische Tradition beruft die ihm mundlich mitgeteilt worden sei Nach dieser Version der Sage war Helena die Gattin des Konigs Menelaos um derentwillen der Trojanische Krieg gefuhrt wurde nur scheinbar ein sterblicher Mensch In Wirklichkeit sei sie eine Verkorperung der Gottin Aphrodite gewesen Sie sei nicht mit dem Entfuhrer Paris nach Troja gelangt sondern nach Agypten entruckt worden wo sie kultisch verehrt wurde In Troja sei nur ein ihr gleichendes Trugbild eingetroffen Den Umstand dass nach diesem Mythos eine Gottheit auch einen Frauenkorper bewohnen kann nutzt Theodoros zur Rechtfertigung seiner Auffassung vom Rang der Frau Rezeption BearbeitenTheodoros begrundete eine Schulrichtung fur die Kaiser Julian die Bezeichnung Theodoreer verwendete Dabei handelte es sich um eine Gegenstromung zur Philosophie des Iamblichos In einem Brief den Julian vor seiner Erhebung zum Kaiser an den mit ihm befreundeten Neuplatoniker Priskos richtete warnte er vor dem Geschrei der Theodoreer die Iamblichos herabsetzten Eunapios von Sardes nennt Theodoros unter den bedeutenden Schulern des Iamblichos und hebt seine aussergewohnliche Tugendhaftigkeit hervor Dass seine Philosophie im 5 Jahrhundert in Neuplatonikerkreisen noch Beachtung fand zeigen Bemerkungen des Proklos der ihn ruhmend erwahnte und ausgiebig auf seine Timaios Interpretation Bezug nahm ihm aber auch oft widersprach Im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit Iamblichos verwertete Proklos Uberlegungen des Theodoros In sonstigen Quellen kommt der Name des Theodoros jedoch selten vor anscheinend war seinen Schriften keine breite und nachhaltige Wirkung beschieden Quellensammlung BearbeitenWerner Deuse Hrsg Theodoros von Asine Sammlung der Testimonien und Kommentar Franz Steiner Wiesbaden 1973 Literatur BearbeitenUgo Criscuolo Fra Porfirio e Giamblico la teologia di Teodoro di Asine il Primo e l Uno In Claudio Moreschini Giovanni Menestrina Hrsg Lingua e teologia nel cristianesimo greco Morcelliana Brescia 1999 ISBN 88 372 1710 2 S 201 226 Jan Opsomer Bettina Bohle Christoph Horn Iamblichos und seine Schule In Christoph Riedweg u a Hrsg Philosophie der Kaiserzeit und der Spatantike Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike Band 5 2 Schwabe Basel 2018 ISBN 978 3 7965 3699 1 S 1349 1395 1434 1452 hier 1389 1393 1451 Henri Dominique Saffrey Theodore d Asine In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Band 6 CNRS Editions Paris 2016 ISBN 978 2 271 08989 2 S 926 928 Anmerkungen Bearbeiten Zur Identifizierung des Herkunftsorts siehe Henri Dominique Saffrey Le Philosophe de Rhodes est il Theodore d Asine In Henri Dominique Saffrey Le Neoplatonisme apres Plotin Paris 2000 S 101 117 hier S 105 und Anm 17 Henri Dominique Saffrey Le Philosophe de Rhodes est il Theodore d Asine In Henri Dominique Saffrey Le Neoplatonisme apres Plotin Paris 2000 S 101 117 hier 104 117 Henri Dominique Saffrey Encore Theodore d Asine sur le Parmenide In Henri Dominique Saffrey Le Neoplatonisme apres Plotin Paris 2000 S 119 124 Werner Deuse Hrsg Theodoros von Asine Sammlung der Testimonien und Kommentar Wiesbaden 1973 S 4 69 71 Werner Deuse Hrsg Theodoros von Asine Sammlung der Testimonien und Kommentar Wiesbaden 1973 S 3 7 Werner Deuse Hrsg Theodoros von Asine Sammlung der Testimonien und Kommentar Wiesbaden 1973 S 10 155 161 Werner Deuse Hrsg Theodoros von Asine Sammlung der Testimonien und Kommentar Wiesbaden 1973 S 131 135 Zur Argumentation des Theodoros siehe Angela Longo Gli argomenti di Teodoro di Asine sull educazione comune di uomini e donne nel Commento alla Repubblica di Proclo I 253 5 Kroll In Elenchos Bd 23 2002 S 51 73 John Dillon The Equality of the Sexes Variations on a rhetorical theme in the fourth century AD In Hermathena Nr 158 1995 S 27 35 hier 30 32 Normdaten Person GND 102407614 lobid OGND AKS VIAF 44692991 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Theodoros von AsineKURZBESCHREIBUNG spatantiker PhilosophGEBURTSDATUM um 275STERBEDATUM um 360 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Theodoros von Asine amp oldid 216796019