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Der Stadttempel ist die Hauptsynagoge von Wien Er befindet sich im 1 Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt in der Seitenstettengasse 4 Deshalb wird die Hauptsynagoge auch Seitenstettentempel genannt Es war vor 1938 auf Grund der Vielzahl von Synagogen und Gebetsraumen in Wien ublich die Einrichtungen nach den Strassen oder Gassen zu benennen Seitenstettengasse 4 in der sich der Stadttempel befindet Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Besondere Veranstaltungen 1 2 Terroranschlage 1979 und 1981 1 3 Terroranschlag 2020 2 Organisation 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Bauplane nach Joseph KornhauselMit dem wirtschaftlichen Aufschwung einiger judischer Familien am Ende des 18 Jahrhunderts und den durch ein Toleranzpatent Kaiser Joseph II ermoglichten Emanzipationsbestrebungen der Juden entstand auch der Plan zur Errichtung einer reprasentativen Synagoge in der Innenstadt Dieses Vorhaben wurde vom Vorstand der Judischen Gemeinde unterstutzt und 1819 in einem Schreiben allen Mitgliedern bekannt gegeben Zwei der in Aussicht genommenen Bauplatze wurden vom Magistrat nicht genehmigt 1811 kauften Michael Lazar Biedermann und Isaak Low Hofmann um 90 000 Gulden den Pempflingerhof vulgo Dempfingerhof in der heutigen Seitenstettengasse 1823 musste das Gebaude aber wegen Baufalligkeit abgerissen werden und Joseph Kornhausel einer der bekanntesten Wiener Architekten seiner Epoche erhielt den Auftrag zum Neubau Die Grundsteinlegung fur den im klassizistischen Stil geplanten Bau fand am 12 Dezember 1825 statt 1 Die feierliche Eroffnung folgte am 9 April 1826 nbsp Das Eingangstor Erklarung zur Inschrift im Text Entsprechend den damals geltenden Vorschriften mussten nichtkatholische Gotteshauser sogenannte Toleranzbethauser verborgen werden und durften nicht unmittelbar von der Strasse aus sichtbar sein Der Kunsthistoriker Max Eisler 1881 1937 ein orthodoxer Jude sprach daher von der Synagoge als einem Denkmal seiner zwiespaltigen Zeit Draussen da die Juden ihre Gotteshauser nicht an der Strasse kenntlich machen durften wie ein Zinshaus drinnen wie ein Theater Nur kein Tempel 2 Die Synagoge selbst befindet sich daher hinter einem funfgeschossigen Mietshaus mit 14 Fensterachsen und einer klassizistischen Fassade in dem Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde untergebracht sind Der Zugang zum Stadttempel der als selbstandiger Bau errichtet ist erfolgt durch das Strassengebaude Uber dem Eingangstor des Strassengebaudes befindet sich die Inschrift aus Ps 100 4 EU bo u sche araw betoda chatzerotaw bitehilla Kommet zu seinen Toren mit Dank zu seinen Vorhofen des Jerusalemer Tempels mit Lobgesang Die durch ihre Grosse hervorgehobenen Buchstaben von schearaw in der 1 Zeile von rechts beginnend ab dem vierten Buchstaben ergeben eine Zahl die an das Baujahr erinnert namlich schin 300 ajin 70 resch 200 jod 10 waw 6 586 man denke sich die 5000 davor und kommt dann auf 5586 nach dem judischen Kalender 1825 26 nbsp Inneres der Synagoge Aufnahme von 1906 nbsp Wiener Stadttempel Innenraum der Synagoge 2006 nbsp Wiener Stadttempel Vorhang vor dem ToraschreinDer ovale Gebetsraum mit einem umlaufenden Kranz von zwolf ionischen Saulen auf denen die Frauengalerie ruht wird von einer Kuppel und zwei Laternen uberwolbt Das Parterre ist den Mannern vorbehalten Insgesamt hat die Synagoge etwa 700 Sitzplatze Der Toraschrein an seiner Front wird im Kuppelbereich von den in einem Strahlenkranz eingebetteten halbplastisch ausgebildeten Gesetzestafeln bekront Die heutige Raum und Lichtgestaltung entspricht nicht mehr dem ursprunglichen Zustand denn schon anlasslich der ersten Renovierung durch Wilhelm Stiassny ab 1895 gab es Veranderungen an der Frauengalerie der Ausschmuckung der Kuppel und der Beleuchtung nachdem schon 1867 die Gasbeleuchtung eingefuhrt worden war 1923 folgte eine zweite Renovierung Der heutige Zustand ist das Ergebnis der 1963 vorgenommenen Generalrenovierung 1934 wurde im Vorraum vom Bund judischer Frontsoldaten eine Gedenktafel fur die vielen gefallenen judischen Soldaten des Ersten Weltkrieges angebracht nbsp Wiener Stadttempel Die Tafeln des Dekaloges uber dem ToraschreinAls erster Rabbiner amtierte hier Isaak Mannheimer bis zu seinem Tod im Jahre 1865 auf seinen Vorschlag wurde 1826 Salomon Sulzer als Kantor nach Wien berufen nbsp Die 2002 errichtete Shoah Gedenkstatte im EingangsbereichWahrend in der Pogromnacht des 9 10 November 1938 alle anderen der uber 130 Wiener Synagogen und Bethauser 3 in Brand gesteckt wurden entging die Wiener Hauptsynagoge durch ihre enge Verbauung im Wohngebiet als einzige der Vernichtung Der Innenraum wurde aber entweiht verwustet und als Sammellager fur die Wiener Juden missbraucht die dann deportiert und anschliessend im Holocaust ermordet wurden Daran erinnert eine im September 1988 enthullte Gedenktafel in der Eingangshalle Im Vorraum befinden sich mehrere Gedenktafeln so eine fur die verewigten im Stadttempel tatig gewesenen Rabbiner Seit 1894 als Oberrabbiner Moritz Gudemann der bis dahin im Leopoldstadter Tempel wirkte in die Synagoge in der Seitenstettengasse wechselte ist der Stadttempel traditionell die Synagoge aller Wiener Oberrabbiner Die Inschrift Dem Gedenken der judischen Manner Frauen und Kinder die in den schicksalsschweren Jahren 1938 1945 ihr Leben liessen befindet sich zusammen mit dem Vers aus dem Awinu Malkenu Gebet Unser Vater unser Konig tue es um derentwillen die fur deinen Heiligen Namen ermordet wurden auf einer anderen bald nach 1945 angebrachten Gedenktafel Ein weiteres Ehrenmal gilt den ehemaligen osterreichischen Juden die im Israelischen Befreiungskrieg 1948 fielen Ebenfalls im Vorraum befindet sich eine am 3 Juni 1993 eingeweihte Gedenkstatte fur Aron Menczer Leiter der Einwanderungsbewegung fur Jugendliche nach Palastina und die zionistische Jugend Wiens Am 9 November 2002 wurde hier eine Gedenkstatte fur die 65 000 ermordeten osterreichischen Juden enthullt 4 Inmitten von drehbaren Schiefertafeln auf denen alle erfassten Namen der Getoteten eingraviert sind steht eine abgebrochene Granitsaule als Zeichen fur das von den Nationalsozialisten vernichtete Gemeinwesen das bis 1938 zu den ganz grossen Zentren des Judentums gezahlt hatte In der Synagoge erinnern noch zahlreiche weitere von Angehorigen gestiftete Gedenktafeln an Opfer der Judenverfolgung Ab Herbst 1945 konnten in der vorerst provisorisch renovierten Synagoge wieder Gottesdienste gehalten werden Am 2 April 1946 fand ein feierlicher Gottesdienst in Anwesenheit des Wiener Burgermeisters Theodor Korner zur Erinnerung an das 120 jahrige Jubilaum der Einweihung statt der uber Rundfunk auch in die USA nach Grossbritannien und nach Palastina gesendet wurde aber erst im September 1947 wurden wieder Banke eingebaut Besondere Veranstaltungen Bearbeiten Am 14 August 1949 wurden hier die Sarge von Theodor Herzl seiner Eltern sowie seiner Schwester unter der blau weissen Fahne Israels vor ihrer Uberfuhrung nach Israel aufgebahrt Der damalige Oberrabbiner Akiba Eisenberg sprach wahrend dieser Zeremonie unter anderem Der Geist Herzls der immer wieder stolz verkundete und uns allen verkunden liess Ich bin Jude der Geist jenes Mannes der wie Joseph an die Erlosung geglaubt hat der Geist Herzls lebt das Land und das Volk leben Vor der Uberfuhrung nach Israel wurden hier im November 1950 auch die Gebeine des ehemaligen Oberrabbiners Zwi Perez Chajes aufgebahrt 1958 sang der beruhmte Tenor Richard Tucker wahrend eines seiner Gastspiele an der Wiener Staatsoper als Kantor im Tempel um seine Hochachtung fur Salomon Sulzer auszudrucken laut seiner Biographie war dies eine seiner grossten Erfahrungen Im Jahre 1963 konnte der Stadttempel nach 9 Monate dauernden Renovierungsarbeiten nach Planen von Otto Niedermoser wieder geoffnet werden 1976 wurde zum Gedenken an das 150 jahrige Jubilaum des Stadttempel ein Festgottesdienst gefeiert bei dem zahlreiche osterreichische Politiker wie Bruno Kreisky Otto Rosch Christian Broda Hannes Androsch und Karl Lutgendorf anwesend waren 1984 liess Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg die Bima das Vorlesepult um einige Meter mehr in die Raummitte versetzen um den Anspruchen der Halacha der orthodoxen Tradition zu entsprechen 1988 wurde die Synagoge abermals durch den Bauunternehmer Richard Lugner renoviert wobei insbesondere die Vorraume grosszugiger gestaltet wurden 2001 wurde das 175 Jubilaum des Stadttempels unter Mitwirkung des beruhmten Tenors Neil Shicoff und im Beisein des Bundesprasidenten Thomas Klestil gefeiert Terroranschlage 1979 und 1981 Bearbeiten Am 22 April 1979 explodierte im Hof der Synagoge ein halbes Kilogramm Plastiksprengstoff Verletzt wurde niemand aber alle Glasfenster zersplitterten und es entstand grosser Sachschaden Die Attentater konnten vollig ungehindert in die Synagoge eindringen in der Folge ubernahm die palastinensische Extremistengruppe Adler der Revolution As Saika dafur die Urheberschaft Am 29 August 1981 verubten zwei schwer bewaffnete Terroristen der palastinensischen Extremistengruppe Fatah Revolutionarer Rat einen Anschlag auf den Stadttempel mit zwei Toten und 21 teils Schwerverletzten Die Attentater von denen einer bereits den Anschlag auf Heinz Nittel verubt hatte drangen am Sabbat um 11 30 Uhr wahrend des Gottesdienstes in die Synagoge ein warfen Handgranaten und feuerten in die Menge Zur Sicherung eingesetzte Polizisten sowie zwei private Wachposten wurden im Kugelhagel schwer verletzt Einer der Attentater wurde durch einen zufallig anwesenden Privatdetektiv angeschossen und konnte im Zuge der anschliessenden Grossfahndung in der Nahe festgenommen werden Auch der zweite Terrorist wurde nach einer Verfolgungsjagd wahrend der er noch zwei Passanten getotet und Handgranaten auf einen Funkstreifenwagen geworfen hatte gestellt 5 Noch heute wird der Stadttempel wie andere judische Einrichtungen in Osterreich von der Polizei standig geschutzt Terroranschlag 2020 Bearbeiten Am Abend des 2 November 2020 kam es ausgehend von der Seitenstettengasse und dem belebten Lokalviertel Bermudadreieck zu einem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt Dabei wurden funf Personen darunter der Tater getotet und 22 weitere teils schwer verletzt 6 Organisation Bearbeiten nbsp KantorenkonzertDie Rabbiner des Stadttempels sind seit 1894 als Oberrabbiner Gudemann vom Leopoldstadter Tempel in die Seitenstettengasse wechselte auch die Oberrabbiner von Wien von 2016 bis Juni 2019 war es Arie Folger seit 2020 ist es Jaron Engelmayer Das Judische Museum Wien bietet gefuhrte Besichtigungen des Stadttempels an Seit 1990 werden auf Anregung von Paul Chaim Eisenberg hier auch alljahrliche Kantorenkonzerte unter Mitwirkung beruhmter Kantoren aus aller Welt wie etwa Naftali Herstik veranstaltet Siehe auch BearbeitenJudisches Leben in Wien Liste judischer Andachtstatten in Wien Liste von antisemitischen Anschlagen und Angriffen im deutschsprachigen Raum nach 1945Literatur BearbeitenPierre Genee Wiener Synagogen 1825 1938 Locker Wien 1987 ISBN 3 85409 113 3 S 47 52 Felix Czeike Historisches Lexikon Wien Band 5 Kremayr amp Scheriau Wien 1997 ISBN 3 218 00547 7 S 304 f Evelyn Adunka Der Stadttempel Wien Geschichte Rabbiner Kantoren Judische Miniaturen Band 62 Herausgegeben von der Stiftung Neue Synagoge Berlin Centrum Judaicum Hentrich amp Hentrich Teetz 2008 ISBN 978 3 938485 55 2 Nikolaus Vielmetti Die Bedeutung des Tempels in der Wiener Seitenstettengasse fur die judische Gemeinde in Wien In Voll Leben und voll Tod ist diese Erde Bilder aus der Geschichte der Judischen Osterreicher von 1190 bis 1938 Herold Verlag Wien 1988 ISBN 3700803788 S 130 142 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stadttempel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Israelitische Kultusgemeinde Wien Informationen uber Wiener Synagogen Uber die Sonderbriefmarke der Osterreichischen Post 150 Jahre Wiener Stadttempel Einzelnachweise Bearbeiten Israelitische Kultusgemeinde Wien Geschichte der IKG Wien Abgerufen am 12 Dezember 2015 Max Eisler Der Seitenstetten Tempel In Menorah Heft 3 Wien 1926 S 157 Nach einer Auflistung von Genee Martens und Schedl gab es in Wien vor 1938 insgesamt 95 Synagogen Pierre Genee Bob Martens Barbara Schedl Judische Andachtsstatten in Wien vor dem Jahre 1938 Aus David Judische Kulturzeitschrift Abgerufen am 12 Dezember 2015 Die Israelitische Kultusgemeinde listet 55 Synagogen und Vereinsbethauser auf Israelitische Kultusgemeinde Wien Synagogen vor 1938 Memento des Originals vom 22 April 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ikg wien at Abgerufen am 12 Dezember 2015 Gedenkstatte im Stadttempel Wien Memento des Originals vom 21 April 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ikg wien at Israelitische Kultusgemeinde Wien abgerufen am 12 Dezember 2015 Zum 20 Jahrestag Der Terroranschlag auf eine Wiener Synagoge Aus Die Gemeinde Das offizielle Organ der Israelitischen Kultusgemeinde Wien 9 2001 Auf HaGalil com September 2001 abgerufen am 18 August 2008 Siehe dazu auch Karl Pfeifer Kreisky Arafat und der Terror Memento vom 4 Januar 2010 im Internet Archive auf der Website des Anti Defamation Center Bildungswerk fur Demokratie und Kultur e V Thomas Rassloff Vier Tote bei islamistischem Terroranschlag in Wien 14 Festnahmen Derzeit kein Hinweis auf weiteren Tater In derStandard at 3 November 2020 abgerufen am 3 November 2020 Stand 3 November 2020 15 13 Uhr https d nb infoSakralbauten im 1 Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt Altkatholische Kirche St SalvatorEvangelische Kirche A B Lutherische StadtkircheEvangelische Kirche H B Reformierte StadtkircheGriechisch katholische Kirche BarbarakircheOrthodoxe 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