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Senatus consultum SC Plural senatus consulta deutsch auch Senatskonsult war im romischen Reich der ubergeordnete staatsrechtliche Begriff fur das Ergebnis formlicher Beschlussverfahren die eine gesetzesgleiche Entscheidung des Romischen Senats nach sich zog Nach einer erwagenden Sitzung der Senatoren consilium wurden auf der Grundlage einer Mehrheitsfindung durch namentliche Abstimmung der Wille und die Uberzeugung des Senats in einem Beschluss dem senatus consultum zusammengefasst Das Ergebnis bestand darin dass zu einem regelungsbedurftigen Fall so auch bei der Mitwirkung des Gremiums im Rahmen der Volksgesetzgebung ein empfehlendes Gutachten erstellt wurde Die Antrage einzelner Personen im Regelfall von Magistraten konnten zum einen privat und zum anderen staatsrechtliche Obliegenheiten betreffen In der Romischen Republik zahlten neben innenpolitischen Angelegenheiten auch die aussenpolitischen Anliegen und Interessen regelmassig zu den Gegenstanden eines Beschlussverfahrens In der Kaiserzeit nach dem Ende der Volksgesetzgebung ersetzten die senatus consulta sukzessive die vormals durch Volksbeschluss entstandenen leges Schliesslich traten sie als iura an deren Stelle Inhaltsverzeichnis 1 Romische Republik 1 1 Beschlussverfahren 1 2 Beschlussaufzeichnung und Archivierung 1 3 Senatus consultum ultimum 2 Romische Kaiserzeit 3 Senatus consulta 4 Juristische Quellen 5 Literatur 6 AnmerkungenRomische Republik Bearbeiten nbsp S P Q R senatus populusque romanusBevor ein Bewerber sich mit einem Wahlantrag oder ein Magistrat sich wegen der Ratifizierung eines Gesetzes an die Volksversammlung wenden konnte wurde der Senat einberufen um uber die Sache als beratendes Gremium consilium zu befinden Der Antragsteller erhielt nach der durch Mehrheitsbeschluss gefundenen Entscheidung einen Vorschlag des Senats der fur ihn zwar keine rechtsverbindliche durch die hervorgehobene Stellung des Altestenrats in der Romischen Republik jedoch eine zwingende im mos maiorum grundende Bindung hatte Das fur eine Wahlaufstellung oder fur Gesetzeseingaben eingeholte notwendige Einverstandnis zeichnete den folgenden Antrag an das Volk als vom Romischen Senat gutgeheissen aus auctoritas patrum Die anfangliche Fassung des beantragten Anliegens konnte durch den Senatsbeschluss in einigen Punkten abgeandert sein Die ursprunglichen Antragspunkte des Magistraten die im Senatsbeschluss ganzlich berucksichtigt wurden bezeichnete man inoffiziell als senatus decretum Beschlussverfahren Bearbeiten nbsp Darstellung einer Senatssitzung die nicht in der Curia Hostilia sondern in einem Tempel stattfand Cicero greift den rechts isoliert sitzenden Catilina an Fresko Cesare Maccaris aus dem Jahr 1888 Die Senatoren konnten durch die obersten Magistrate wie die Konsuln Pratoren und Volkstribune einberufen werden Die formliche Einbestellung benannte das Datum das Tagungsgebaude in Rom die Curia Hostilia oder einen Tempel und die Geschaftsordnung der Sitzung Die Beschlussfahigkeit wurde anfangs uberpruft indem auf Zuruf die notwendige Mindestanzahl an Senatoren ermittelt wurde Einzelfallabhangig war fur eine Beschlussfahigkeit die Anwesenheit des halben Altestenrats oder ein Drittel der Senatoren erforderlich gewesen Grundsatzlich durften wahrend einer Abstimmung ausschliesslich Senatoren anwesend sein fur die krisenhafte Spatzeit der Republik sind Falle uberliefert in denen man versuchte Beschlussfassungen zu verhindern indem man beliebige Burger von der Strasse in die Curia holte Nach Feststellung der Beschlussfahigkeit wurde durch den Initiator das Anliegen vorgestellt und die Debatte eroffnet Das Wort wurde jedem durch die einzelne namentliche Befragung interrogatio erteilt Die Reihenfolge war dabei absteigend nach Ansehen Rang und Alter der Senatoren ausgerichtet Der hoch angesehene Princeps senatus ausserte zuerst seine Meinung und sprach dann seinen Standpunkt aus Es folgten die hoheren aktuellen Amtstrager also die Censoren Konsuln Pratoren und danach die kurulischen und die plebejischen Adilen sowie die Volkstribune Anschliessend wurden die ubrigen Senatsmitglieder ebenso nach dem jeweils hochsten bekleideten Amt und Alter geordnet zur Sache angehort und nach ihrem Votum befragt Die Form der Stimmabgabe sententiae konnte vom Vorsitzenden durch das Auseinandergehen discessio nach links oder nach rechts bestimmt werden Nach erfolgter Mehrheitsfindung wurde die Willensbildung des Senats durch den Beschluss senatus consultum verkorpert und fur wirksam erklart Die Interzession eines Amtstragers durch sein Veto wahrend der Abstimmung konnte den trotzdem gefassten Beschluss auctoritas senatus nicht verhindern jedoch wurde die Rechtswirkung in Teilen gehemmt bzw der Beschluss nicht vor das Volk gebracht Beschlussaufzeichnung und Archivierung Bearbeiten nbsp Steintafel aus Rom mit dem Text des senatus consultum de Pago Montano 1 nbsp Bronzetafel aus Tiriolo mit dem Text des senatus consultum de Bacchanalibus 2 Die in indirekter Rede gehaltene schriftliche Aufzeichnung der Sitzung die wahrend oder nach der Beschlussfassung erfolgte war in vier Abschnitte unterteilt Die Praambel beinhaltete namentlich neben den Zeit und Ortsangaben den Vorsitzenden mit seiner Amtsbezeichnung sowie die bei der Niederschrift anwesenden Zeugen Der dem Beschluss zugrunde liegende Verhandlungsgegenstand Die Einleitung zur Beschlussfassung Der gefasste Beschluss entweder senatus consultum oder auctoritas senatus mit dem Abstimmungszeichen C fur censuere sie haben geschatzt oder sie haben gestimmt Die Senatsbeschlusse konnten durch die Schreiber auf verschiedenen Materialien wie Stein Holz Bronze oder Papyrusrollen aufgezeichnet werden Sie wurden entweder im Staatsarchiv innerhalb des Saturntempels oder im Tempel der Ceres nach einer systematischen Registrierung in Jahresbanden abgelegt aufbewahrt Bei Bedarf konnten Abschriften fur den offentlichen Aushang angefertigt werden Senatus consultum ultimum Bearbeiten Hauptartikel Senatus consultum ultimum An der Vorgehensweise orientierten sich nicht nur die patrizischen Amtstrager sondern auch die plebejischen Beamten In der spaten und in der ausgehenden Republik wurde von den populares das vorherige Einholen der senatorischen auctoritas senatus bewusst ausgelassen um die machtpolitischen Interessen gegen die optimates einfacher durchsetzen zu konnen Als Konsequenz dieser politischen Entwicklung konterte der Senat mit dem neu geschaffenen senatus consultum ultimum Damit sollte einer drohenden Umwalzung der bestehenden Machtverhaltnisse entgegengetreten werden Der senatorische Adel beanspruchte damit fur sich den staatlichen Notstand ausrufen zu konnen um die offentliche Sicherheit und Ordnung durch geeignete Mittel wiederherzustellen Die Konsuln wurden mit ausserordentlichen Vollmachten ausgestattet damit sie effektiv und rechtlich autark gegen die Ursachen des Staatsnotstands und gegen die Verantwortlichen vorgehen konnten So war es auch moglich neben dem Verbot von Vereinen und grossangelegten Freiheitsentziehungen die beim Bacchanalienskandal im Jahr 186 v Chr zur Anwendung kamen Hinrichtungen durchzufuhren wie sie anlasslich der catilinarischen Verschworung 63 v Chr ohne vorhergehendes Gerichtsverfahren vollstreckt wurden Das Provokationsrecht die Anrufung des Volks um Beistand das jedem romischen Burger als Rechtsschutz zustand der ohne Richterspruch durch einen amtlichen Akt an Leib und Leben bedroht wurde war durch das senatus consultum ultimum ausgeschaltet Die Massnahmen die nach Auffassung der anordnenden Konsuln im Rahmen der Staatsnotwehr geeignet sowie erforderlich erschienen konnten erst nach Beendigung ihrer Amtszeit juristisch auf ihre Rechtmassigkeit hin uberpruft und bei Verstossen strafrechtlich verfolgt werden Dem Konsular Cicero der die Hinrichtung von Staatsverschworern zu verantworten hatte drohte ein solches Verfahren Romische Kaiserzeit Bearbeiten nbsp Bronzeinschrift des kaiserlichen Vespasiangesetzes das in der Form eines senatus consultum gehalten ist 3 Durch den Prinzipat verlor der romische Senat seine politische Unabhangigkeit da das immer noch in hohem Ansehen stehende Gremium zwar weiterhin fur verschiedene Aufgaben und Bereiche zustandig war sich letztlich jedoch dem Willen der romischen Kaiser unterzuordnen hatte Die verdeckte Ohnmacht offenbarte sich insbesondere bei der Gesetzgebung bei der der Senat scheinbar seine Position nach der Republik verstarken konnte Durch das anfangliche Abklingen und spater ganzliche Verschwinden der Volksgesetzgebung kamen den Senatsgutachten senatus consulta zu den Rechtsanfragen der Magistrate nicht nur beratende sondern bis in das 2 Jahrhundert auch indirekt gesetzesgleiche Wirkungen zu Das war zwar anfanglich sehr umstritten denn die leges denen mit der Starkung der Anliegen des gemeinen Volkes die Plebiszite gleichstanden hatten in Rom uberragende Bedeutung weshalb die verbindliche Durchsetzbarkeit legis vicem optinere der Senatskonsulte zunachst in Frage stand Spatestens seit Hadrian kann aber davon ausgegangen werden dass Senatskonsulte die leges funktionell wohl abgelost hatten 4 Die Antrage und Anfragen der Pratoren wurden einer fachkundigen juristischen Prufung unterzogen und leisteten damit zeitweise gewichtigen Anteil an der Weiterentwicklung des romischen Rechtswesens Die spateren direkten Eingaben der Kaiser oratio principis insbesondere in der Periode der Antoninen die im Senat ein Quastor vorlas wurden jedoch ausnahmslos ohne ernsthafte rechtskundige Erorterung durch ein senatus consultum als rechtsgultig beschlossen Der letzte bezeugte und als zivilrechtliche Quelle zitierte Senatsbeschluss der nicht auf eine oratio principis zuruckgeht stammt aus dem Jahr 178 senatus consultum Orfitianum Im 3 Jahrhundert verloren die senatus consulta vollig an Bedeutung Sie wurden durch die sich immer weiter entwickelnden absoluten Kaiserkonstitutionen constitutiones principum ersetzt Aber selbst die fruheren selbstandigen Eingaben der Magistrate waren faktisch immer von der Befurwortung des Kaisers abhangig gewesen Im Wesentlichen wurde das Verfahren wie es schon in der Republik gehandhabt wurde beibehalten Die Beschlussaufzeichnung wurde um den Antragsteller die Anzahl der abstimmenden Senatoren und um deren Abstimmungsverhalten erweitert Senatus consulta BearbeitenIm Bereich des Privatrechts finden sich beispielhaft aufgefuhrt mehrere Senatsbeschlusse senatus consulta die von den Juristen nach den initiierenden Magistraten benannt wurden wie das des Rechtsgelehrten Pegasus aus den Jahren 69 79 der unter Vespasian als Stadtprafekt von Rom diente Nach ihm wurde das senatus consultum Pegasianum benannt das neben einem senatus Trebellianum aus dem Jahr 62 die allgemeine Anwendung des Erbschaftsfideikommisses im romischen Recht regelte Weitere bekannte erbrechtliche SCta SC im Singular waren das SC Iuventianum aus dem Jahr 129 das in der Zeit Hadrians entstandene Konsult regelte die Haftung des Erbschaftsbesitzers gegenuber dem Fiskus 5 die SCta Tertullianum wahrend der Regentschaft Hadrians entstanden wohl um 130 und Orfitianum um 178 sie regelten Verbesserungen zur gesetzlichen Erbfolge zwischen Mutter und Kind Vormals konnten Kinder von der Mutter nach ius civile nur erben wenn sie in der Gewalt manus des Ehemannes stand 6 was sich nun anderte ziviles Erbrecht Mit dem SC Tertullianum durfte in Regelungen der Zwolftafelgesetzgebung eingegriffen werden Das SC Orfitianum verlieh den Kindern nach dem Tod der Mutter ein Erbrecht vor allen Agnaten was eine Besserstellung weiblicher Abkommlinge darstellte 7 Aus dem Schuld und Darlehensrecht waren es das SC Hosidianum 44 das SC kannte bereits die zivilrechtliche Nichtigkeit das heisst dass mittels restitutio in integrum vormals gultige Rechtszustande wiederhergestellt werden konnten das SC Velleianum 46 diente dem Schutz von Frauen sie durften nicht in die Haftung aus Burgschaft Verpfandung und Darlehensgeschaften im Interesse Dritter herangezogen werden das SC Macedonianum zwischen 69 und 79 Untersagung von Darlehensgeschaften mit gewaltunterworfenen nicht eigenberechtigten Haussohnen die unter der patria potestas standen Das SC Silanianum befasste sich mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingefuhrt ab 10 n Chr zum Zwecke der Aufklarung gewaltsamer Todesfalle von romischen Hausvorstanden domini Dazu durften Sklaven gefoltert werden Mit den Edikten der Pratoren den kaiserlichen Darstellungen orationes Augusti und den Kaiserkonstitutionen Reden des Kaisers Edikten des Kaisers Reskripten Dekreten und juristische Briefe des Kaisers fanden die Senatsbeschlusse Eingang in die juristischen Rechtsquellen Juristische Quellen BearbeitenGaius Institutiones 2 256 3 2 258 3 2 259 6 2 286a 5 Justinian I Digesta Iustiniani 50 16 230 pr 1 Justinian I Digesta Iustiniani 32 1 28 pr 1 Justinian I Digesta Iustiniani 14 6 1 3 2Literatur BearbeitenAinsworth O Brien Moore Senatus consultum In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Supplementband VI Stuttgart 1935 Sp 800 812 Hans Volkmann Senatus In Der Kleine Pauly KlP Band 5 Stuttgart 1975 Sp 105 f Hans Volkmann Senatus consultum In Der Kleine Pauly KlP Band 5 Stuttgart 1975 Sp 109 Dieter Medicus Auctoritas In Der Kleine Pauly KlP Band 1 Stuttgart 1964 Sp 729 f Max Kaser Das Romische Privatrecht 2 Auflage C H Beck Munchen Wurzburg 1971 ISBN 3 406 01406 2 S 199 211 213 248 481 667 671 759 762 Max Kaser Romische Rechtsgeschichte 2 neubearbeitete Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1976 ISBN 3 525 18102 7 S 54 66 108 133 171 188 Wolfgang Kunkel Martin Schermaier Romische Rechtsgeschichte 13 Auflage Bohlau Koln u a 2001 ISBN 978 3 8252 2225 3 S 26 69 166 167 Salvatore Marino VIII Ius quod necessitas constituit Senatusconsultum est Jacques Cujas und die Grundlage der normativen Befugnis des romischen Senates In Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte Romanistische Abteilung Band 139 Nummer 1 2022 S 290 337 Anmerkungen Bearbeiten CIL 6 03823 CIL 1 581 CIL 6 00930 Max Kaser Romische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode in Forschungen zum Romischen Recht Band 36 Verlag Bohlau Wien Koln Graz 1986 ISBN 3 205 05001 0 S 16 f unter Verweis auf Quellen der Hoch und Spatklassiker Gaius und Ulpian Hierzu ausfuhrlich Ulrike Babusiaux Wege zur Rechtsgeschichte Romisches Erbrecht Rechtsgeschichte Legal History Rg Zeitschrift des Max Planck Instituts fur Europaische Rechtsgeschichte Band 24 Max Planck Institut fur europaische Rechtsgeschichte Frankfurt a M 2016 S 131 138 Gaius 3 24 Max Kaser Das romische Privatrecht Erster Abschnitt Das altromische das vorklassische und klassische Recht S 585 f In Handbuch der Altertumswissenschaft 10 3 3 1 C H Beck Munchen 1955 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Senatus consultum amp oldid 231973190