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Das Patriziat war die ursprungliche gesellschaftliche und zunachst auch politische adlige Oberschicht im antiken Rom Seine Angehorigen waren die Patrizier Latein patricius Griechisch patrikios Das Wort Patrizier patricius leitet sich vom lateinischen Wort pater patres Vater Vorfahren ab In historischer Zeit waren die Patrizier Teil der Nobilitat und genossen nur noch wenige zumeist religiose Privilegien Die Ursprunge des Patriziats sind bis heute umstritten und waren schon in der Antike mythenumrankt Gemass den Ausfuhrungen des sehr viel spateren Geschichtsschreibers Livius waren die Patrizier die Nachkommen einer Hundertschaft von Senatoren welche von Romulus ausgesucht worden seien Alle ubrigen Burger seien Plebejer gewesen 1 Livius griechischer Zeitgenosse Dionysios von Halikarnassos hingegen behauptet dass Romulus seine Patrizierauswahl am Vermogen orientiert habe 2 Noch spater war Plutarch der Ansicht dass es wehrfahige Manner aus dem Volk gewesen seien aus denen Romulus eine Auswahl von einhundert Senatoren getroffen habe um sie Patrizier zu nennen 3 Gemeinhin glaubte man die Patrizier seien Abkommlinge der tribus Familien Tities Ramnes und Luceres welche Rom gegrundet oder sich kurz nach dessen Grundung dort angesiedelt hatten 4 Die moderne Forschung nimmt meist an dass sich die Patrizier als abgeschlossener Erbadel erst wahrend der fruhen Republik herausbildeten In dieser Zeit waren Mischehen conubium zwischen Patriziern und Plebejern also mit dem nichtadligen Volk angeblich zunachst verboten und wurden erst im Jahre 445 v Chr durch die Lex Canuleia de conubio patrum et plebis gesetzlich zugelassen 5 Da die als authentisch geltenden Teile des Zwolftafelgesetzes Patrizier und Plebejer nicht erwahnen wird aber auch diese spatere Uberlieferung von vielen Historikern bezweifelt Patrizier durften ihre Einkommen wie es heisst nur aus ihrem Grund und Boden zumeist also aus der Landwirtschaft oder aus Beute im Krieg erzielen Gewerbliche Tatigkeiten sowie Bankiers oder Handelsgeschafte waren ihnen demnach zunachst verboten und galten spater zumindest als verpont Da es zu dieser Zeit noch keine Geldwirtschaft in Rom gab durfte es sich auch hier um eine spatere Konstruktion handeln Im Zuge der sogenannten Standekampfe schwanden dann die Privilegien der Patrizier als sich wohlhabende Plebejer ihr Recht auf Teilhabe an der politischen Macht erstritten Hierzu waren wegweisende Gesetze auf den Weg gebracht worden wie die Leges Liciniae Sextiae die erste politische Beteiligungen einraumte bis hin zur Lex Hortensia die Plebisziten Gesetzeskraft verlieh 6 Wahrend der spaten Republik fur die es im Gegensatz zur Fruhzeit verlassliche Quellen gibt gab es 14 patrizische gentes denen etwa 30 Familien angehorten Bekannte Patrizierfamilien die auch viele Konsuln und andere hohe Beamte der romischen Republik stellten waren unter anderem die Cornelier Valerier Julier Claudier Aemilier und Fabier Seit der Zeit der mittleren Republik bildeten die patrizischen Familien und mehrere plebejische Familien gemeinsam die politische Fuhrungsschicht Roms die Nobilitat die sich nicht als Erbadel sondern als Leistungsaristokratie definierte Dennoch blieben den Patriziern bis in die Kaiserzeit bestimmte religiose Amter vorbehalten wie das des flamen dialis der rex sacrorum die Salier und die Flamen des Mars und des Quirinus nicht aber das des Pontifex Maximus das nur bis zum Erlass der Lex Ogulnia im Jahre 300 v Chr ausschliesslich Patriziern vorbehalten war dann aber auch Plebejern offenstand Plebejische Pontifices Maximi waren z B Angehorige der gentes Liciniae Muciae Caeciliae und Domitiae Es gab aber auch weltliche Amter die nur von Patriziern bekleidet werden durften namlich das Amt des Senatsvorsitzenden Princeps senatus und das des Interrex Umgekehrt waren den Patriziern manche Amter versperrt darunter das Amt des in der spaten Republik machtigen Volkstribunen und das des plebejischen Adils Die Patrizier genossen prinzipiell auch noch in der spaten Republik besonderes Ansehen und neigten oft der politischen Richtung der Optimaten zu Das hinderte jedoch bekannte Patrizier wie Gaius Iulius Caesar oder Publius Clodius Pulcher nicht daran zu den Popularen uberzutreten als sie sich hiervon Vorteile versprachen Die patrizischen Familien nahmen bereits wahrend der Zeit der spaten romischen Republik ab etwa 150 v Chr deutlich an Zahl ab da sie weniger Nachkommen hatten oder in der Krise der Republik durch Krieg Burgerkrieg oder Proskriptionen dezimiert wurden Einst die staatstragende Schicht verschwanden viele patrizische Geschlechter bis 30 v Chr vor allem in der Zeit des zweiten Triumvirats Kaiser Augustus der Begrunder des Prinzipats gehorte seit seiner testamentarischen Adoption durch Gaius Iulius Caesar selbst einer patrizischen gens an und versuchte den Stand durch Forderung alter Familien wieder zu starken zudem liess er sich vom Senat 29 v Chr durch die Lex Saenia das Recht verleihen neue Patrizier zu ernennen Dieses Recht war bereits Caesar durch die Lex Cassia ubertragen worden Dieses Recht beanspruchten kunftig auch Augustus Nachfolger Die Senatoren der Romischen Kaiserzeit besassen zwar besonders seit den Soldatenkaisern nur noch begrenzten politischen Einfluss doch hatten sie weiterhin riesigen Landbesitz auch in fernen Provinzen und erbauten sich grosse landliche Palastanlagen wie etwa die Villa Romana del Casale auf Sizilien Im spatantiken Romischen Reich fuhrte Kaiser Konstantin der Grosse den Titel patricius als Auszeichnung fur Manner ein die sich um den Kaiser verdient gemacht hatten Bis zum Ende der Antike war er als Ehrentitel von Bedeutung vergleiche etwa Petros Patrikios in Westrom kennzeichnete er ab Constantius III den obersten magister militum und eigentlichen Machthaber In Ostrom verlor er nach dem 7 Jahrhundert etwas an Exklusivitat blieb aber dennoch als patrikios auch im Mittelalter ein begehrter Ehrenrang Literatur BearbeitenGuy Bradley Investigating aristocracy in archaic Rome and central Italy Social mobility ideology and cultural influences In Nick Fisher Hans van Wees Hrsg Aristocracy in Antiquity Redefining Greek and Roman Elites Swansea 2015 S 85 ff Erica Buchberger Patricius In The Oxford Dictionary of Late Antiquity Oxford 2018 S 1144 Bernhard Kubler Patres Patricii In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XVIII 2 Stuttgart 1942 Sp 2222 2232 Richard E Mitchell Patricians and Plebeians The Origins of the Roman State Ithaca 1990 Jean Claude Richard Patricians and Plebeians The Origin of a Social Dichotomy In Kurt Raaflaub Hrsg Social Struggles in Ancient Rome Berkeley 1986 S 105 ff Uwe Walter Patrizier und Plebejer in der romischen Literatur In Museum Helveticum Band 74 2017 S 172 ff Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Patriziat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Livius 1 8 7 Dionysios 2 8 Plutarch Rom 13 2 Francesco De Martino Wirtschaftsgeschichte des alten Rom ubersetzt von Brigitte Galsterer Originaltitel Storia economica di Roma antica C H Beck Munchen 1991 ISBN 3 406 30619 5 S 37 Ingemar Konig Der Romische Staat I Die Republik Philipp Reclam jun Stuttgart 1992 ISBN 3 15 008834 8 S 169 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 7 10 22 Robert Bunse Die Chancenverteilung zwischen Patriziern und Plebejern in den comitia consularia In Gottinger Forum fur Altertumswissenschaft Nr 8 2005 S 17 30 Digitalisat Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Patriziat Romisches Reich amp oldid 235335163