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Als Nobilitat von lateinisch nobilitas Beruhmtheit wird in der Forschung die Fuhrungsschicht der mittleren und spaten romischen Republik sowie der Prinzipatszeit bezeichnet die sich nach dem Abschluss der Standekampfe herausbildete Als nobilis Plural nobiles bezeichneten die Romer selbst einen Angehorigen jener Aristokratie die durch Bekleidung wichtiger offentlicher Amter Bekanntheit eben nobilitas erreicht hatte Ein Angehoriger der romischen Nobilitat mit Busten seiner Ahnen Nachdem sich im archaischen Rom zunachst ein erbliches Patriziat gebildet hatte wurde diese standisch organisierte Fuhrungselite bald von anderen Familien den Plebejern herausgefordert Sie erlangten in den Standekampfen bis 287 v Chr nach und nach die politische Gleichberechtigung Die wichtigsten Meilensteine dieser Auseinandersetzung waren die Lex Canuleia 445 v Chr Plebejer durften Patrizier heiraten die Leges Liciniae Sextiae 367 v Chr Plebejern wurde der Zugang zum Konsulat erlaubt die Lex Ogulnia um 300 v Chr Plebejer erhielten Zugang zu den wichtigsten Priesteramtern und schliesslich die Lex Hortensia 287 v Chr Plebejer und Patrizier wurden gleichgestellt Patrizier und diejenigen plebejischen Familien die in die hochsten Staatsamter gelangten bildeten nun die patrizisch plebejische Aristokratie die Nobilitat Von Matthias Gelzer und in seiner Folge von der Mehrheit der heutigen Althistoriker werden als Nobilitat ublicherweise die Angehorigen der Senatsaristokratie bezeichnet die mindestens einen Konsul oder Censor unter ihren direkten Vorfahren hatten Andere Definitionen gehen hingegen von einem beliebigen kurulischen Magistraten unter den Vorfahren aus diese Sicht geht vor allem auf Theodor Mommsen zuruck und wird auch heute noch von einigen Forschern geteilt Doch zumindest in der spaten Republik und im Prinzipat galten wohl nur direkte Nachfahren von Konsuln als nobiles Wer zu den nobiles gehorte war allerdings weder verbindlich geregelt noch exakt definiert da Abstammung in der romischen Gesellschaft nie ausreichte um sozialen Status zu begrunden Die individuellen Leistungen waren mindestens ebenso wichtig und gerade fur den Fuhrungsanspruch der Nobilitat entscheidend Die Nachfahren eines Konsuls konnten in Bedeutungslosigkeit versinken wenn es ihnen nicht gelang sich im Dienst fur den Staat zu bewahren Zudem weist die moderne Forschung darauf hin dass soziale Gruppen niemals exakt abgegrenzt sind Die politisch aktiven Nachfahren von Konsuln galten am ehesten als nobiles doch gab es Ausnahmen von dieser nie offiziell formulierten Regel Die Nobilitat bildete keinen Erbadel und sie war zumindest bis zum Ende der res publica libera keine rechtlich definierte Gruppe Ihre Mitglieder folgten einem meritokratischen Verhaltenskodex der insbesondere durch das Bemuhen Ruhm und Ehre der eigenen gens durch den Dienst an der res publica zu mehren gepragt war Fur einen jungen nobilis war es in der Regel selbstverstandlich eine Karriere als Senator anzustreben und sich um jene offentlichen Amter zu bemuhen die ihm den Zugang zum Senat ermoglichten Nur wer vom Volk in ein wichtiges Amt gewahlt worden war sich darin bewahrt hatte und anschliessend in den Senat aufgenommen wurde durfte eine herausragende Position in der Republik beanspruchen Bis zum Eintritt in den Senat waren daher auch die jungen nobiles formal nur Ritter equites Dies anderte erst Augustus der einen erblichen Senatorenstand ordo senatorius schuf Die personifizierte Nobilitas auf der Ruckseite eines Denars fur Kaiser Geta Wie gross der Einfluss der Nobilitat innerhalb der Romischen Republik war ist in der jungeren Forschung umstritten Als Extremposition vertrat Fergus Millar die Auffassung Rom sei wahrend der Zeit der Republik im Grunde eine keineswegs von einer kleinen Oligarchie dominierte Demokratie gewesen Die Mehrheit der Forscher nimmt allerdings an dass die Nobilitat faktisch die Politik in Rom bestimmte auch wenn der Einfluss der ubrigen Burger de iure erheblich war Das romische Volk folgte in der Regel dem vor allem in Senatsbeschlussen ausgedruckten Willen der Nobilitat Man nimmt an es sei daher darum gegangen immer wieder Konsens zu demonstrieren und das Volk seiner Bedeutung zu versichern wahrend die politische Partizipation der gewohnlichen romischen Burger faktisch sehr gering gewesen ist Egon Flaig spricht in diesem Zusammenhang von ritualisierter Politik Wie jede Aristokratie war auch die romische stets von interner Konkurrenz gepragt Es galt die anderen nobiles moglichst zu ubertreffen Felder in denen man sich auszeichnen konnte waren eine Tatigkeit als Priester ein erfolgreiches Agieren als Patron moglichst vieler Klienten offentliche Auftritte als Redner vor Gericht oder vor den Volksversammlungen sowie in zunehmendem Masse ein Agieren als Feldherr Typisch fur Rom war dabei dass letztlich die romischen Burger der populus Romanus die Hierarchie innerhalb der Nobilitat bestimmten indem sie Personen in wichtige Amter wahlten Vor allem nach dem Sieg uber Hannibal und dem Ausgreifen Roms gen Osten eskalierte die Rivalitat innerhalb der Oberschicht im 2 und 1 Jahrhundert aber immer mehr Es war nicht zuletzt dieser Konkurrenzkampf der nach Ansicht vieler Althistoriker schliesslich die Standessolidaritat zunichtemachte indem besonders erfolgreiche nobiles wie Sulla Marius Pompeius und Caesar den Rahmen ganzlich sprengten Burgerkriege gegeneinander fuhrten und letztlich das System zerstorten In der spaten Republik liessen sich viele Angehorige der Nobilitat grob zwei Gruppen zuordnen Den Optimaten und den Popularen Dies waren keine Parteien im modernen Sinne sie unterschieden sich weniger in ihren Zielen als in ihren Methoden Die Optimaten stutzten sich bei der Verwirklichung ihrer politischen Projekte auf den Senat in dem sie die Mehrheiten kontrollierten Sie standen damit im Gegensatz zu den Popularen die ebenfalls nobiles waren ihre Ziele aber mit Hilfe des Volkes der plebs durchsetzen wollten da sie unter ihren Standesgenossen im Senat keine Mehrheit fanden Der Konflikt zwischen Optimaten und Popularen wird in der modernen Forschung als Ausdruck der eskalierenden Rivalitat innerhalb der Nobilitat verstanden wobei gerade die reichsten und machtigsten Protagonisten in einen Gegensatz zur Senatsmehrheit gerieten und sich daher der popularen Methode bedienten Ein direkter Aufstieg eines Nicht Senators in die Nobilitat lange Zeit nicht ungewohnlich gelang in der spaten Republik nur noch wenigen homines novi neuen Mannern wie Cicero Um diese Zeit dominierte eine Gruppe von etwa 30 patrizischen und plebejischen Familien wie den Claudii den Cornelii den Licinii den Aemilii den Caecilii Metelli den Calpurnii oder den Iulii die res publica In den Burgerkriegen unterlag die Senatsmehrheit schliesslich ehrgeizigen Einzelnen wie Caesar und Octavian In den Burgerkriegen des 1 Jahrhunderts v Chr musste die Nobilitat der Romischen Republik einen besonders hohen Blutzoll entrichten 1 Aber auch nach dem Ende der freien res publica und der Errichtung des Prinzipats unter Augustus stellte die Nobilitat der nun zunehmend andere Familien angehorten noch uber Jahrhunderte die politische okonomische und soziale Elite des Imperium Romanum dar Wahrend der Reichskrise des 3 Jahrhunderts nahm ihre politische Bedeutung dann zwar noch weiter ab doch im Grunde ging die westromische Senatsaristokratie erst in der ausgehenden Spatantike nach den Gotenkriegen des 6 Jahrhunderts unter Nobilis blieb bis in diese Zeit die Bezeichnung fur einen romischen Aristokraten Die meisten alten republikanischen Familien waren allerdings bereits um 100 n Chr ausgestorben wenn sich spater noch Familien wie die Anicii auf altere Wurzeln beriefen war dies wahrscheinlich nur noch eine Fiktion die allenfalls durch Adoptionen gerechtfertigt gewesen war Literatur BearbeitenAdam Afzelius Zur Definition der romischen Nobilitat in der Zeit Ciceros In Classica et Mediaevalia 1 1938 S 40 94 Hans Beck Karriere und Hierarchie Die romische Aristokratie und die Anfange des cursus honorum in der mittleren Republik Klio Beihefte NF Bd 10 Akademie Verlag Berlin 2005 ISBN 3 05 004154 4 Hans Beck Die Rolle des Adligen Prominenz und aristokratische Herrschaft in der romischen Republik In Hans Beck Peter Scholz Uwe Walter Hrsg Die Macht der Wenigen Aristokratische Herrschaftspraxis Kommunikation und edler Lebensstil in Antike und Fruher Neuzeit Historische Zeitschrift Beihefte NF Bd 47 Oldenbourg Munchen 2008 ISBN 978 3 486 58726 5 S 101 123 Jochen Bleicken Die Nobilitat der romischen Republik In Gymnasium 88 1981 S 236 253 Klaus Bringmann Geschichte der Romischen Republik Von den Anfangen bis Augustus Beck Munchen 2002 ISBN 3 406 49292 4 Leonhard A Burckhardt The Political Elite of the Roman Republic Comments on recent discussion of the concepts of Nobilitas and Homo Novus In Historia 39 1990 S 77 99 Matthias Gelzer Die Nobilitat der romischen Republik Teubner Leipzig 1912 Frank Goldmann Nobilitas als Status und Gruppe Uberlegungen zum Nobilitatsbegriff der romischen Republik In Jorg Spielvogel Hrsg Res publica reperta Zur Verfassung und Gesellschaft der romischen Republik und des fruhen Prinzipats Steiner Stuttgart 2002 ISBN 978 3 515 07934 1 S 45 66 Ulrich Gotter Konkurrenz und Konflikt Die Krise der romischen Aristokratie im 2 Jahrhundert v Chr In Josef Matzerath Claudia Tiersch Hrsg Aristoi Nobiles Adelige Europaische Adelsformationen und ihre Reaktionen auf gesellschaftliche Umbruche Berlin 2020 S 65 90 Karl Joachim Holkeskamp Die Entstehung der Nobilitat Studien zur sozialen und politischen Geschichte der Romischen Republik im 4 Jahrhundert v Chr Steiner Stuttgart 1987 ISBN 3 515 04621 6 Fergus Millar The Political Character of the Classical Roman Republic 200 151 B C In Journal of Roman Studies 74 1984 S 1 19 Ronald Syme Die romische Revolution Machtkampfe im antiken Rom Grundlegend revidierte und erstmals vollstandige Neuausgabe Herausgegeben von Christoph Selzer und Uwe Walter Klett Cotta Stuttgart 2003 ISBN 3 608 94029 4 Richard J A Talbert The senate of Imperial Rome Princeton University Press Princeton 1987 ISBN 0 691 05400 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Nobilitat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Iring Fetscher Herfried Munkler Hrsg Pipers Handbuch der politischen Ideen Bd 1 Fruhe Hochkulturen und europaische Antike Piper Munchen 1988 S 524 Normdaten Sachbegriff GND 4138020 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nobilitat amp oldid 235350720