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Das Adoptivkaisertum umfasst eine Periode der Romischen Kaiserzeit in der die Nachfolge in der Herrschaft regelmassig durch Adoption bestimmt wurde 98 bis 180 n Chr Nach der damals offiziell verbreiteten Lesart ging es hierbei um die Auswahl des jeweils geeignetsten Kandidaten als Nachfolger Die moderne Forschung hat diese idealisierende Sichtweise mittlerweile aber stark relativiert Adoptivkaiser im Sinne des gangigen historischen Begriffs waren Nerva der allerdings nicht adoptiert sondern vom Senat gewahlt wurde Trajan Hadrian Antoninus Pius Mark Aurel und Lucius Verus die samtlich nicht als leibliche Sohne ihrer Vorganger zur Herrschaft gelangten In anderen Sprachen wird diese kaiserzeitliche Ara unter Bezug auf Antoninus Pius als Namensgeber mitunter als Antoninische Dynastie bezeichnet dann auch mit Einbeziehung von Mark Aurels Sohn Commodus Der Prinzipat der Kaiser von Nerva bis Mark Aurel gilt auch heute noch oft als Glanzzeit des Romischen Reiches und als Sinnbild fur gute monarchische Herrschaft weshalb diese Kaiser unter Auslassung des Mitkaisers Verus besonders im englischsprachigen Raum auch als die funf guten Kaiser bezeichnet werden In ihren Herrschaftszeitraum fallt mit Trajan zunachst die Phase der grossten Ausdehnung des Romischen Reiches sowie in der Folge eine militarisch vergleichsweise entspannte Epoche ausserer und innerer Konsolidierung infrastrukturellen Ausbaus und wirtschaftlicher Prosperitat Das Ende dieser von Autoren wie Cassius Dio und Herodian ruckblickend als goldenes Zeitalter verklarten Ara scheint auf in den Selbstbetrachtungen des Philosophenkaisers Mark Aurel aus dessen letzten Regierungsjahren Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund Adoptionsrecht im Zeitalter der Romischen Republik 2 Adoption zwecks Nachfolgeregelung im Prinzipat 2 1 Eine Chance zur Auswahl des Besten 2 2 Frauen als Bindemittel dynastischer Machtpolitik 2 3 Bleibender Vorrang des leiblichen Erben 3 Historische Einordnung des Adoptivkaisertums 4 Herrschergalerie 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenHintergrund Adoptionsrecht im Zeitalter der Romischen Republik BearbeitenDie Adoption war seit republikanischer Zeit ein verbreitetes Mittel unter Mitgliedern der Nobilitat bei fehlenden leiblichen Erben den Fortbestand des eigenen Geschlechts auf diesem Wege zu sichern Der an Sohnes Statt Adoptierte ubernahm den Namen das Vermogen und die Klientel des Adoptivvaters und wurde rechtlich genau wie ein leiblicher Sohn behandelt Eine solche privatrechtliche Adoption fand ursprunglich als adrogatio vor den comitia curiata Kuriatsversammlungen unter Aufsicht des wichtigsten Priesterkollegiums statt der Pontifices Zur Adrogation bei der beide Adoptionspartner nach ihrem Einverstandnis offentlich gefragt rogiert wurden kam spater die Annahme an Kindesstatt adoptio hinzu die den Adoptierten der Hausgewalt patria potestas des Adoptivvaters unterstellte und aus den rechtlichen Bindungen an die Ursprungsfamilie loste 1 Zu den bekanntesten Adoptionsbeispielen aus republikanischer Zeit gehort das des jungeren Scipio von Hause aus zweiter Sohn des Lucius Aemilius Paullus Macedonicus des Siegers im Dritten Makedonisch Romischen Krieg Nach der Adoption durch Publius Cornelius Scipio hangte er den erweiterten Gentilnamen seines Vaters Aemilius dem ubernommenen neuen an und nannte sich nun Publius Cornelius Scipio Aemilianus Zur Grundlage des Ubergangs von der Republik zum Prinzipat wurde spaterhin Caesars testamentarische Adoption des Gaius Octavius des nachmaligen Augustus Adoption zwecks Nachfolgeregelung im Prinzipat BearbeitenOhne eigene leibliche Sohne galt es auch bereits fur Augustus als ersten romischen Kaiser die eigene Nachfolge im Wege der Adoption zu regeln Der Prinzipat war zwar formal ohnehin zu keinem Zeitpunkt erblich denn die Herrschergewalt wurde der gesetzlichen Form nach durch Volk und Senat an den jeweiligen Prinzeps verliehen 2 In der Praxis war aber gegen das Bestreben von amtierenden Kaisern eigene Sohne zu Nachfolgern zu machen kaum anzukommen Da aber der Sohn oder Adoptivsohn eines Kaisers formalrechtlich nur dessen Privaterbe war gehorte es zu einer geregelten Nachfolge den nachsten Prinzeps bereits zu Lebzeiten des Vorgangers vom Senat mit den entsprechenden Vollmachten tribunicia potestas und imperium proconsulare sowie Wurden wie dem Namenszusatz Caesar der 69 erstmals verliehen wurde oder princeps iuventutis auszustatten Nachdem alle in Frage kommenden Blutsverwandten verstorben waren adoptierte Augustus schliesslich seinen Stiefsohn Tiberius und liess ihm die entsprechenden Befugnisse ubertragen Auch Claudius adoptierte seinen Stiefsohn Nero und tat dies obwohl er mit Britannicus einen allerdings jungeren leiblichen Sohn hatte Neros kinderloser Nachfolger Galba versuchte im Vierkaiserjahr 69 vergeblich seine Position durch die Adoption eines jungeren Senators Lucius Calpurnius Piso Frugi Licinianus zu sichern Eine Chance zur Auswahl des Besten Bearbeiten Hadrian traf eine zwei Generationen umfassende Nachfolgeregelung durch AdoptionenAls mit Domitians gewaltsamer Beseitigung die Dynastie der Flavier geendet und der Senat uber den zuletzt bei vielen verhassten Kaiser die abolitio nominis verhangt hatte gab es auf Senatsseite ein neu belebtes Mitwirkungsinteresse an der Einsetzung eines geeigneten Prinzeps Nerva wurde vielleicht bewusst als Ubergangskandidat gekurt Seine Adoption Trajans der wichtigen Senatoren als kunftiger Herrscher nicht ungelegen kam schuf eine Situation in der Trajan und der Senat sich in dem Interesse trafen Nervas Adoptionsentscheidung der in Wahrheit ein erbitterter Machtkampf voranging 3 als Auswahl des im Sinne des romischen Gemeinwesens Bestgeeigneten zu propagieren Trajan konnte dies als Legitimation seiner Herrschaft dienen dem Senat wiederum war es unter diesen Umstanden scheinbar moglich die eigenen Vorstellungen bezuglich der Auswahl und Eigenschaften eines idealen Prinzeps einzubringen Zu den Senatoren die demonstrativ ein stark gemeinwohlbezogenes senatsfreundliches Herrscherbild vertraten gehorten der Historiker Tacitus und Plinius der Jungere Als dieser fur das ihm durch Trajan ermoglichte Suffektkonsulat im Jahre 100 eine Dankesrede auf den Kaiser zu halten hatte brachte er darin das Wunschprinzip der Bestenauswahl zum Ausdruck Wer uber alle herrschen soll muss aus allen erwahlt werden Du willst ja nicht etwa deinen Sklaven einen neuen Herrn vorsetzen so dass du auch mit einem Erben nach gesetzlicher Regelung zufrieden sein konntest sondern du willst den Burgern Roms einen neuen Princeps und Kaiser geben Darum wurdest du anmassend und despotisch handeln wenn du nicht denjenigen adoptiertest der nach einhelliger Auffassung auch dann zur Herrschaft gekommen ware wenn du ihn nicht adoptiert hattest Es hat der beste Princeps Nerva dir bei der Adoption seinen eigenen Namen verliehen und der Senat den des Optimus Mit welch inniger Freude gottlicher Nerva kannst du nun erleben dass der Mann den du als den Besten ausgesucht hast wirklich der Beste ist und so auch heisst 4 Auch Tacitus formulierte in seinen wenige Jahre spater entstandenen Historien die Ideologie des Adoptivkaisertums wobei er diese Gedanken bereits Galba in den Mund legte Konnte der gewaltige Korper des Imperiums ohne einen Lenker bestehen und im Gleichgewicht gehalten werden so wurde ich es wohl verdienen dass mit mir erneut die Republik beganne Unter Tiberius Gaius und Claudius waren wir sozusagen das Erbgut einer einzigen Familie Ersatz fur die Freiheit soll es fortan sein dass wir Kaiser erwahlt zu werden beginnen und da das Haus der Julier und Claudier nun erloschen ist wird die Adoption stets den Besten auswahlen Denn von principes gezeugt zu werden ist ein Zufall und es wird dann nicht weiter nach dem Wert gefragt bei der Adoption aber ist das Urteil frei und wenn man jemanden erwahlen will gibt einem die allgemeine Stimmung schon einen Fingerzeig Bei uns gibt es nicht wie bei den von Konigen beherrschten Volkern ein bestimmtes Herrscherhaus und sonst nur Sklaven 5 Diese von den Quellen vermittelte Vorstellung dass damit wirklich ein wegweisendes neues Programm der Kaiserfindung im Romischen Reich geboren wurde das fur die nachfolgenden Adoptivkaiser massgeblich oder gar verbindlich geworden sei wurde lange Zeit recht unkritisch ubernommen Sie wird aber in der neueren Forschung sehr stark relativiert Wohl mag eine stoisch orientierte Opposition unter den Senatoren bereits zur Zeit Neros und der Flavier die Wahl des Besten unter Wegfall des dynastischen Prinzips favorisiert haben doch besagt der gegenwartige Forschungskonsens so Jorg Fundling dass ein stoisches Wahlkaisertum in der politischen Wirklichkeit der Kaiserzeit niemals bestanden hat 6 Schon der Umstand dass die Kaiser ihre designierten Nachfolger zunachst privatrechtlich adoptierten ein Akt der von entscheidender Bedeutung war an dem der Senat aber nicht beteiligt war lasst darauf schliessen dass man in Wahrheit nicht vom dynastischen Denken abgewichen war und dies schon allein aus praktischen Grunden wohl auch gar nicht konnte Hinzu kommt dass die von den Kaisern ausgewahlten vorgeblich idealen Kandidaten oft zugleich auch ihre nachsten mannlichen Verwandten waren Hadrian war Trajans Grossneffe Marcus Aurelius der angeheiratete Neffe des Antoninus Pius Neu war daher lediglich dass die Kaiser ab Trajan das durchaus nicht innovative Verfahren durch Adoption einen Nachfolger zu bestimmen nun mit Hilfe des Senats ideologisch zur Auswahl des Besten uberhohten An den Machtverhaltnissen anderte dies nichts Gelegentlich wurde durch die Aufschrift OPTIMO PRINCIPI auf Munzen noch nachtraglich der Hinweis gegeben dass der Beste ausgewahlt worden sei As fur Antoninus Pius mit Aufschrift OPTIMO PRINCIPIKarl Strobel der die Dankesrede des Plinius darauf pruft ob sie als Furstenspiegel zur Beeinflussung Trajans angelegt war oder ob sie im Kern lediglich das enthielt was der Kaiser von Plinius zu horen wunschte gelangt zu dem Ergebnis Plinius breitet vor uns im Rahmen der Gattungsregeln das aus von dem er erwarten konnte dass man es so oder ahnlich horen wollte und dass es bei Traian und den massgebenden Mannern seiner Umgebung Gefallen finden wurde In der Ausbreitung der ganzen Legitimationsstrategie Traians fur seine Herrschaft wird Plinius zum Propagandisten des Kaisers 7 Eine einheitliche Ideologie des Senats als deren Exponent Plinius gelten konnte habe es ohnehin nicht gegeben Der Senatorenstand habe aus unterschiedlichen Gruppierungen mit je eigenen Interessen und mit unterschiedlichen politisch pragmatischen Schwerpunktsetzungen bestanden die sich aber wollten sie nicht in Ungnade fallen den Vorgaben der zur unmittelbaren Umgebung des Kaisers zahlenden Senatoren unterzuordnen hatten Mit ganz wenigen Ausnahmen einzelner Personen waren die Mitglieder des Senats in der Geschichte dieses Gremiums Opportunisten und um ihr Wohl besorgte Mitlaufer so Strobel 8 Frauen als Bindemittel dynastischer Machtpolitik Bearbeiten Buste der Salonina Matidia um 112Aus der Perspektive der herrschenden Adoptivkaiser stellte sich beim Fehlen eines leiblichen Erben fur die Nachfolgeregelung nicht zuletzt das Problem einer hinreichend deutlichen Legitimation der vorgesehenen Erben Neben der Adoption wurde dafur auch auf die weibliche Verwandtschaft zwecks zielgerichteter Verehelichung zuruckgegriffen So konnte schon die Verlobung einer jungen Verwandten als Signal verstanden werden das den Nachfolger in spe anzeigte ohne dass dieser durch Adoption und Einsetzung als Caesar bereits offiziell als kunftiger Kaiser nominiert war Letzteres wurde gern moglichst lange hinausgezogert damit nicht der kommende Mann dem amtierenden Kaiser bereits das Augenmerk der Offentlichkeit teilweise entzog und diesen dadurch womoglich in seiner Machtausubung schwachte Diese Konstellation lasst sich etwa beim Ubergang der Kaiserwurde von Trajan auf Hadrian zugrunde legen die nicht den Eindruck eines tadellosen sauberen Machtantritts hinterliess weil Trajan den geeigneten Zeitpunkt fur die Adoption Hadrians in einem hinreichend offiziellen Rahmen zu lange aufschob 9 Die Rolle der Frauen des Kaiserhauses als zentrales Element dynastischer Konstruktion wird neuerdings speziell von Karl Strobel betont 10 Hadrian setzte in dieser Hinsicht besondere Akzente indem er seine Schwiegermutter Matidia die Nichte Trajans nicht nur divinisierte sondern fur sie auf dem Marsfeld zusatzlich einen monumentalen Tempel mit 17 Meter hoher Saulenfront errichtete An den prachtvollen Tempel dessen Gestalt nur durch die Munzbilder uberliefert ist schlossen sich Adikulen mit Saulen und Giebeln umrahmte Nischen an Der Bau und sein Vorplatz waren von zweigeschossigen Basiliken flankiert von denen eine der Diva Marciana der Mutter der Matidia die andere der Verstorbenen selbst gewidmet war 11 Dieses war der erste uberhaupt fur eine Frau in Rom errichtete Tempel Nur fur die Gattin des Antoninus Pius Faustina die Altere wurde nach ihrem Tod 141 mit einem Tempel auf dem Forum Romanum noch einmal eine solche Ausnahme gemacht Als Mutter von Faustina der Jungeren die Antoninus Pius aus der Verlobung mit Lucius Verus gelost und Mark Aurel verlobt hatte die Hochzeit fand 145 statt eignete sie sich als Urenkelin Trajans und Enkelin der Matidia dazu die geblutsmassige Legitimierung auch des letzten in der Reihe der Adoptivkaiser sicherzustellen 12 Bleibender Vorrang des leiblichen Erben Bearbeiten Dass die vermeintliche Bestenauswahl durch Adoption nicht zur neuen verbindlichen Richtschnur im romischen Kaisertum geworden war zeigte sich als Mark Aurel mit Commodus erstmals seit den Zeiten der flavischen Kaiser wieder einen leiblichen Sohn zum Nachfolger machen konnte und dies trotz dessen sich als problematisch abzeichnender Wesensart auch tat Bereits im Alter von knapp funf Jahren wurde Commodus von seinem Vater zum Caesar erhoben Strobel resumiert daher Durch die Adoption wurde kein neuer Typ Kaisertum geschaffen sondern nur auf der Ebene monarchischer Herrschaft jene Losung praktiziert die im romischen Denken und in der romischen Familienstruktur ganz selbstverstandlich war wenn kein leiblicher Sohn fur die Erbfolge zu Verfugung stand 13 Nach der Ermordung des Commodus nahm Septimius Severus 193 fur seine Person eine fiktive Adoption durch Mark Aurel in Anspruch Diese blieb jedoch ohne Nachfolge da Severus zwei leibliche Sohne hatte weshalb hier nicht mehr von Adoptivkaisern zu sprechen ist Gleichwohl knupften die Severer in der Namensfuhrung an die Antoninen an so trugen die Kaiser Caracalla und Elagabal die offiziellen Namen Marcus Aurelius Severus Antoninus bzw Marcus Aurelius Antoninus Der ausgesprochen schlechte Ruf dieser beiden Herrscher diskreditierte jedoch den Namen Antoninus derart dass Elagabals Nachfolger Severus Alexander sich zwar noch Marcus Aurelius nicht aber Antoninus nannte Auch die den Adoptivkaisern nachfolgenden Herrscher strebten also wenn sie nicht selbst schon in einer dynastischen Reihe standen jeweils an eine eigene Dynastie zu grunden Doch noch in der Spatantike 4 6 Jahrhundert spielte bei kinderlosen Kaisern die Adoption als Zeichen der Designation des prasumtiven Nachfolgers eine wichtige Rolle Die Vorgange um die Kaisererhebung Konstantins I im Jahr 306 machten dabei deutlich dass das dynastische Prinzip wiewohl staatsrechtlich nach wie vor eigentlich irrelevant im Zweifelsfall fast immer eine entscheidende Rolle spielte Seit Nero wurde niemals ein Kaisersohn auf unblutige Weise von der Nachfolge ausgeschlossen dies war nur durch Gewalt moglich 14 Historische Einordnung des Adoptivkaisertums BearbeitenDie Ara des Adoptivkaisertums in der wissenschaftlichen Literatur unter Berucksichtigung weiterer Merkmale manchmal auch als humanitares Kaisertum bezeichnet grundet einerseits in der Tatsache dass von Nerva bis Antoninus Pius keiner der Herrscher einen leiblichen Sohn hatte beruht hinsichtlich der vor allem im Panegyricus Plinius des Jungeren zum Ausdruck kommenden programmatischen Verallgemeinerung und ideologischen Uberhohung aber laut Karl Christ auch auf dem historischen Begleitumstand dass eine schwere politische Krise eine neue Stilisierung des Principats erzwang Angesichts der verbitterten Abrechnung vieler Senatoren mit dem Prinzipat Domitians sei die Distanzierung von diesem Vorganger fur Nerva und Trajan fundamental gewesen Das Ideologem der Adoption des Besten habe folglich der eigenen Machtsicherung gedient Mag die Funktion der Principatsideologie gerade in den Anfangen jedes neuen Principats stets besonders wichtig gewesen sein so gewinnt sie hier doch eine Bedeutung welche an jene der Ideologeme des Jahres 27 v Chr heranreicht 15 Der autoritaren Arroganz eines Domitian wurden Leitbegriffe einer vor allem auf das Gemeinwohl zielenden civilitas entgegengesetzt wie zum Beispiel modestia Massigung moderatio Besonnenheit mansuetudo Sanftmut und humanitas Menschlichkeit 16 Die Zeit der Adoptivkaiser war auch eine Blutezeit der zuerst von Flavius Philostratos so bezeichneten zweiten Sophistik deren Vertreter in den kulturellen Metropolen der Osthalfte des Romischen Reiches insbesondere in Athen Ephesos Pergamon und Smyrna eine Ruckbesinnung auf die griechische Kultur der klassischen Zeit betrieben 17 Dieser geistigen Stromung gegenuber zeigten sich auch die Adoptivkaiser aufgeschlossen insbesondere mit dem Herrschaftsantritt des Philhellenen Hadrian der an den kulturellen religiosen und philosophischen Traditionen der Griechen regen Anteil nahm Die Resonanz war wechselseitig wie Alfred Heuss mit Bezug auf die Adoptivkaiser zu zeigen suchte Das geistige Griechenland hat ihnen aus dem Mund der fuhrenden Kopfe seine Zustimmung erteilt und sich zum Wortfuhrer der Offentlichkeit des Reiches und damit der romischen Senatskreise gemacht Dieses Kaisertum verdient den Namen einer aufgeklarten und humanen Monarchie den man ihm in der modernen Forschung gegeben hat 18 Zu den bekannten Vertretern der zweiten Sophistik die mit Adoptivkaisern in Kontakt standen gehoren vor allen Dion von Prusa und Aelius Aristides Die vom Letzteren vor Antoninus Pius gehaltene Lobrede auf das zeitgenossische Romische Reich dessen Freizugigkeit innere Sicherheit verkehrliche Infrastruktur und zivilisierte Einheit er unter anderem pries hat seine moderne Entsprechung im Urteil Edward Gibbons Wenn jemand aufgefordert werden sollte die Periode der Weltgeschichte anzugeben wahrend welcher die Lage des Menschengeschlechts die beste und glucklichste war so wurde er ohne Zogern diejenige nennen welche zwischen dem Tode des Domitian und der Thronbesteigung des Commodus verfloss 19 Besonders die Regierung des Antoninus Pius war aus der Sicht der Zeitgenossen und der antiken Nachwelt durch aussere Stabilitat und innere Ruhe gekennzeichnet so Aelius Aristides in seiner Rede auf Rom und galt als glanzvolle Epoche des Friedens und Wohlergehens Zwar sei aus Sicht der neueren Forschung manche positive Uberzeichnung des humanitaren Adoptivkaisertums zuruckzunehmen so Oliver Schipp und auf den romischen Pragmatismus und Utilitarismus zuruckzufuhren doch lasse sich unter dem Vorbehalt mancher Kritikpunkte und Probleme zuletzt doch von einem goldenen Zeitalter sprechen 20 Andere Forscher bestreiten dies hingegen und betonen die strukturelle Instabilitat der kaiserlichen Herrschaft die lediglich ideologisch verhullt worden sei 21 In der Spatphase des Adoptivkaisertums warf die so genannte Reichskrise des 3 Jahrhunderts bereits ihre Schatten voraus Schon Mark Aurels Herrschaft war durch heraufziehende aussere und innere Probleme gepragt wie zum Beispiel die wachsende Bedrohung der nordostlichen Grenzen durch germanische Krieger und eine mit Munzverschlechterung einhergehende Inflation Der Herrschaftsantritt von Mark Aurels Sohn Commodus beendete wie gesagt die Reihe der Adoptionen mangels leiblicher Sohne und wurde vom Zeitgenossen Cassius Dio Romische Geschichte 72 36 4 in der Ruckbetrachtung als Ubergang von einem Goldenen Zeitalter in eines aus Rost und Eisen beschrieben Auf die Ermordung des Commodus Ende 192 folgten die blutigen Machtkampfe des zweiten Vierkaiserjahrs in dem sich schliesslich Septimius Severus durchsetzte Unter den Severern wuchs die Bedeutung des militarischen Elements bei der Herrschererhebung das fur die Soldatenkaiser wahrend der Reichskrise des 3 Jahrhunderts noch bedeutsamer werden sollte wahrend der Senat weiter an Bedeutung fur die Begrundung der kaiserlichen Stellung verlor Herrschergalerie Bearbeiten Nerva Trajan Hadrian Antoninus Pius Mark Aurel Lucius Verus CommodusLiteratur BearbeitenA K Bowman u a Hrsg The Cambridge Ancient History Bd 11 Cambridge 2000 Albino Garzetti From Tiberius to the Antonines London 1974 Michael Grant The Antonines The Roman Empire in Transition Routledge London 1994 ISBN 0 415 10754 7 sehr knappe Darstellung Oliver Schipp Die Adoptivkaiser Nerva Trajan Hadrian Antonius Pius Marc Aurel Lucius Verus und Commodus Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2011 ISBN 978 3 534 21724 3 Schipps Buch sind erhebliche Mangel vorgeworfen worden vgl etwa die fachwissenschaftliche Rezension in den Sehepunkten Colin Wells Das Romische Reich DTV Munchen 1984 ISBN 3 423 04405 5 S 231 304 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Adoptivkaiser Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen The Antonine DynastyAnmerkungen Bearbeiten Oliver Schipp Die Adoptivkaiser Nerva Trajan Hadrian Antonius Pius Marc Aurel Lucius Verus und Commodus Darmstadt 2011 S 14 f Schipp 2011 S 14 zitiert in diesem Zusammenhang die sogenannte lex de imperio Vespasiani Corpus Inscriptionum Latinarum Bd VI Nr 930 Vgl Werner Eck An Emperor is Made Senatorial Politics and Trajan s Adoption by Nerva in 97 In Gillian Clark Tessa Rajak Hrsg Philosophy and Power in the Graeco Roman World Oxford 2002 S 211 ff Zitiert nach Oliver Schipp Die Adoptivkaiser Nerva Trajan Hadrian Antonius Pius Marc Aurel Lucius Verus und Commodus Darmstadt 2011 S 17 Tacitus Historien 1 16 Jorg Fundling Kommentar zur Vita Hadriani der Historia Augusta 2 Bande Bonn 2006 Bd 4 1 S 394 f Karl Strobel Kaiser Traian Eine Epoche der Weltgeschichte Regensburg 2010 S 455 Karl Strobel Kaiser Traian Eine Epoche der Weltgeschichte Regensburg 2010 S 456 In einem Appendix zu seiner Trajan Biographie setzt sich Strobel noch mit weiteren Aspekten und Positionen der jungeren Forschung zu Plinius Panegyricus auseinander Ebenda S 454 460 Jorg Fundling Kommentar zur Vita Hadriani der Historia Augusta 2 Bande Bonn 2006 Bd 4 1 S 383 386 Karl Strobel Kaiser Traian Eine Epoche der Weltgeschichte Regensburg 2010 S 410 Vgl daneben auch Peter Weiss Die vorbildliche Kaiserehe Zwei Senatsbeschlusse beim Tod der alteren und der jungeren Faustina neue Paradigmen und die Herausbildung des antoninischen Prinzipats In Chiron 38 2008 S 1 45 Karl Strobel Kaiser Traian Eine Epoche der Weltgeschichte Regensburg 2010 S 409 Karl Strobel Kaiser Traian Eine Epoche der Weltgeschichte Regensburg 2010 S 409 f Karl Strobel Kaiser Traian Eine Epoche der Weltgeschichte Regensburg 2010 S 410 Henning Borm Born to be emperor The principle of succession and the Roman Monarchy In Johannes Wienand Hrsg Contested Monarchy Oxford 2015 S 239 ff Karl Christ Geschichte der romischen Kaiserzeit Von Augustus bis zu Konstantin 5 Aufl Munchen 2005 S 287 f Im Jahre 27 v Chr wurde durch Augustus der Prinzipat begrundet Karl Christ Geschichte der romischen Kaiserzeit Von Augustus bis zu Konstantin 5 Aufl Munchen 2005 S 289 Oliver Schipp Die Adoptivkaiser Nerva Trajan Hadrian Antonius Pius Marc Aurel Lucius Verus und Commodus Darmstadt 2011 S 120 Alfred Heuss Romische Geschichte 4 Auflage Braunschweig 1976 S 344 Edward Gibbon The History of the Decline and the Fall of the Roman Empire Zitiert nach Schipp 2011 S 127 Oliver Schipp Die Adoptivkaiser Nerva Trajan Hadrian Antonius Pius Marc Aurel Lucius Verus und Commodus Darmstadt 2011 S 128 Vgl etwa Ulrich Gotter Penelope s Web or How to become a bad Emperor post mortem In Henning Borm Hrsg Antimonarchic Discourse in Antiquity Stuttgart 2015 S 215 233 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adoptivkaiser amp oldid 234094872