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Rontgenbeugung auch Rontgendiffraktion englisch X ray diffraction XRD genannt ist die Beugung von Rontgenstrahlung an geordneten Strukturen wie Kristallen oder Quasikristallen Grundsatzlich zeigt Rontgenstrahlung die gleichen Beugungserscheinungen wie Licht und alle anderen elektromagnetischen Wellen Rontgenbeugung wird in der Materialphysik der Kristallographie der Chemie und der Biochemie eingesetzt um die Struktur von Kristallen zu untersuchen die sogenannte Rontgendiffraktometrie Beispielsweise spielten Ergebnisse der Rontgenstreuung eine wichtige Rolle bei der Strukturanalyse der DNS Die dazu eingesetzten Gerate waren ursprunglich Rontgenkameras die Beugungsbilder auf handelsublichen Rontgenfilmen festhielten heute werden uberwiegend Rontgendiffraktometer mit Zahlrohren Flachendetektoren o a verwendet Strukturbestimmung mit Rontgenbeugung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Anwendungen 3 Physikalischer Hintergrund 3 1 Bragg Gleichung 4 Verfahren 4 1 Laue Verfahren 4 2 Drehkristall Verfahren 4 3 Weissenberg Verfahren 4 4 Debye Scherrer Verfahren 4 5 Verfahren nach Guinier 4 6 Zahlrohrverfahren 4 7 Andere Methoden 5 Rontgenbeugung in Flussigkeiten 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDas Phanomen der Rontgenbeugung an Kristallen wurde im Jahre 1912 von Max von Laue nach einem Gesprach mit Paul Peter Ewald 1 postuliert und durch die Versuche von Walter Friedrich und Paul Knipping bestatigt 2 Von Laue erhielt dafur 1914 den Nobelpreis fur Physik Da Beugung eine typische Eigenschaft von Wellen ist gelang es ihm so die Wellennatur von Rontgenstrahlung nachzuweisen Bis zu diesem Zeitpunkt war man sich noch nicht sicher ob es sich bei der 1895 von Wilhelm Conrad Rontgen entdeckten Strahlung um Wellen oder Teilchen handelt Heute weiss man dass es sich bei Rontgenstrahlung um Licht mit Wellenlangen jenseits der UV Strahlung handelt und diese sowohl Teilchen als auch Welleneigenschaften besitzt siehe Welle Teilchen Dualismus Auf Grundlage der Arbeiten von Max von Laue begannen 1913 William Henry Bragg und William Lawrence Bragg Vater und Sohn die Rontgenbeugung als Verfahren zur Strukturaufklarung von Kristallen einzusetzen Es gelang ihnen unter anderem die Kristallstrukturen von NaCl Diamant Zinkblende Flussspat und Calcit aufzuklaren Fur diese Arbeiten erhielten beide im Jahre 1915 den Nobelpreis fur Physik Noch heute ist die Rontgenbeugung eines der Standardverfahren zur Strukturaufklarung von Festkorpern 3 4 Anwendungen BearbeitenDie Anwendungsmoglichkeiten der Rontgenbeugung sind vielfaltig Neben Anwendungen in der Forschung werden Rontgenbeugungsmethoden in der Metall und Baustoffindustrie der pharmazeutischen Industrie oder der geologischen Erkundung routinemassig und teilweise vollautomatisiert zur Probenuntersuchung oder Produktionsuberwachung eingesetzt Zu den moglichen Anwendungen der Rontgenbeugung zahlen Phasenanalyse die qualitative oder quantitative Bestimmung kristalliner Phasen anhand ihres Beugungsbildes dazu gehort auch die Bestimmung von Mineralen Bestimmung der Gitterparameter Gitterkonstanten Kristallstrukturanalyse die Bestimmung der Symmetrie Raumgruppe und die Kristallstrukturbestimmung im engeren Sinn also die Bestimmung der Atompositionen innerhalb der Elementarzelle Rontgenographische Spannungsermittlung RSE Untersuchung des Dehnungs und Spannungszustandes eines Materials Texturanalyse die Bestimmung der Orientierungen Orientierungsdichteverteilungsfunktion der Kristallite in einem vielkristallinen Festkorper Bestimmung der Kristallorientierung bei Einkristallen Untersuchungen an dunnen SchichtenFur viele dieser Anwendungen wird neben klassischer Rontgenstrahlung heute auch Synchrotronstrahlung Neutronenstrahlung oder Elektronenstrahlung eingesetzt Physikalischer Hintergrund BearbeitenBeugung tritt auf wenn der Abstand der Gitterlinien des Beugungsgitters in der Grossenordnung der Wellenlange der auftreffenden Wellen liegt Die Wellenlange von Rontgenstrahlen liegt in der Grossenordnung von 1 pm bis 10 nm was auch dem Abstand der Atome in Kristallen entspricht Daher wirken diese auf Rontgenlicht wie ein dreidimensionales Beugungsgitter Die Rontgenstrahlung wird an der Elektronenhulle der bestrahlten Atome gebeugt bei Neutronenstrahlung geschieht dies an den Nukleonen Die so von den einzelnen Atomen ausgehenden gebeugten Wellen interferieren miteinander Je nach Abstand der Atome untereinander ergeben sich fur die gebeugten Wellen unterschiedliche Gangunterschiede Ob es unter einem festen Winkel zu konstruktiver oder destruktiver Interferenz kommt hangt daher vom Abstand der Atome untereinander ab Da Kristalle aus dreidimensionalen und periodisch angeordneten Struktureinheiten bestehen tritt konstruktive Interferenz nur fur ganz bestimmte Winkel auf Diese Winkel lassen sich mittels der unten beschriebenen Bragg Gleichung in Beziehung zu dem Abstand bestimmter Netzebenen des Kristalls setzen Notwendige Bedingung fur die Rontgenbeugung ist die Mosaikstruktur des Kristalls Eine Alternative zur Bragg Beschreibung ist die Von Laue Beschreibung Dort geht man nicht von Streuung an Netzebenen sondern von Streuung an einzelnen mikroskopischen Objekten aus siehe Hauptartikel Laue Bedingung Beide Beschreibungen sind obwohl sie von unterschiedlichen Annahmen ausgehen aquivalent Eine weitere Moglichkeit die Rontgenbeugung durchzufuhren ist die direkte Erzeugung der Rontgenstrahlen im Kristall durch Anregung der Atome durch Beschuss mit hochenergetischen Teilchen z B Elektronen An der Beschreibung der Beugung durch die Bragg oder Laue Beschreibung andert sich dabei nichts Dies wird als Kossel Effekt bezeichnet 5 Bragg Gleichung Bearbeiten Hauptartikel Bragg Gleichung nbsp Schematische Darstellung der Bragg ReflexionDie Bragg Gleichung ist die zugrunde liegende mathematische Beziehung fur die Ermittlung der Struktur aus dem bei der Rontgenbeugung erhaltenen Beugungsbild n l 2 d sin 8 displaystyle n lambda 2d sin theta nbsp Dabei ist l displaystyle lambda nbsp die Wellenlange des monochromatischen Rontgenstrahls mit dem man die Probe bestrahlt d displaystyle d nbsp der Abstand der Netzebenen 8 displaystyle theta nbsp der Winkel zur Netzebene unter dem die Strahlung auftrifft und n displaystyle n nbsp der Grad des untersuchten Maximums von der Mitte aus gezahlt in Form einer naturlichen Zahl Die Gleichung beschreibt die Bedingungen fur eine konstruktive Interferenz Die rechte Seite der Bragg Gleichung beschreibt den Gangunterschied zweier an zwei Netzebenen mit dem Abstand d displaystyle d nbsp gebeugten Rontgenstrahlen Betragt dieser ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlange kommt es zu konstruktiver Interferenz William Lawrence Bragg beschrieb diese Gleichung als Reflexionsbedingung da makroskopisch der Eindruck entsteht dass die Rontgenstrahlung vom Kristall unter dem Winkel 2 8 displaystyle 2 theta nbsp reflektiert wird Wenn fur eine Schar paralleler Netzebenen die Bragg Gleichung erfullt ist uberlagern sich die von den Einzelebenen reflektierten Wellen also so dass konstruktive Interferenz entsteht Es gibt also fur jede Netzebenenschar nur bestimmte Winkel unter denen Reflexion stattfindet Diese Winkel heissen Glanzwinkel oder Bragg Winkel Die durch konstruktive Interferenz entstandene Strahlung kann von einem Detektor oder einem Fotofilm registriert werden Der Ablenkungswinkel der aus konstruktiver Interferenz entstehenden Wellen vom einfallenden Strahl betragt 2 8 displaystyle 2 theta nbsp Da die Wellenlange l displaystyle lambda nbsp der eingesetzten Rontgenstrahlung bekannt ist lasst sich so der Netzebenenabstand d h k l displaystyle d hkl nbsp berechnen wobei hkl die Laue Indizes sind die die Lage der Schar paralleler Netzebenen im Kristallgitter und gleichzeitig die Beugungsordnung angeben Ist das Kristallsystem bekannt kann man aus d h k l displaystyle d hkl nbsp die Gitterkonstanten der kristallografischen Elementarzelle ableiten Im kubischen Kristallsystem gilt beispielsweise 1 d h k l 2 h 2 k 2 l 2 a 2 displaystyle frac 1 d hkl 2 frac h 2 k 2 l 2 a 2 nbsp Hat man d displaystyle d nbsp errechnet so lasst sich durch Zuordnen der Reflexe zu einzelnen Netzebenen also zu hkl Reflexen die Gitterkonstante a displaystyle a nbsp der Elementarzelle berechnen Fur ein rhombisches Kristallsystem gilt 1 d h k l 2 h 2 a 2 k 2 b 2 l 2 c 2 displaystyle frac 1 d hkl 2 frac h 2 a 2 frac k 2 b 2 frac l 2 c 2 nbsp Hierbei erfolgt bei bekanntem d die Berechnung der Gitterkonstanten a b und c durch Annaherungsverfahren Ahnlich muss man fur andere Kristallsysteme verfahren nbsp Elektronendichte von Maleinsaureanhydrid Diese Abbildung wurde erstellt durch Fourier Transformation von gemessenen Rontgenintensitaten Kontourlinien sind gezeichnet mit 2 5 e A3 Messtemperatur 130 K Auflosung d 0 54 A Wie bereits erwahnt kommt es aufgrund der unterschiedlichen Netzebenenabstande zu miteinander interferierenden Rontgenstrahlen Beim Eintritt in den Kristall sind die einzelnen Rontgenstrahlen in Phase Aufgrund der Beugung kommt es jedoch zu Interferenz und einer Verschiebung der einzelnen Phasen untereinander man spricht von Phasenbeziehungen Die Bragg Gleichung zeigt die Bedingung fur eine konstruktive Interferenz Die Phasenbeziehung ist damit eine Verschiebung der Phasen zweier Wellen um genau einen ganzzahligen Wert Destruktive Interferenz resultiert bei Verschiebung der Phasen um nicht ganzzahlige Werte Mit Detektoren fur Rontgenstrahlung kann nur die Intensitat der Strahlung gemessen werden Konstruktive bzw destruktive Interferenz kann man aus erscheinenden Reflexen bzw systematischen Ausloschungen erschliessen Alle anderen Phasenbeziehungen die die eigentlichen Informationen fur die Verteilung der Elektronendichte im Kristall tragen gehen jedoch verloren Dieses Dilemma ist in der Rontgenstrukturanalyse als das Phasenproblem bekannt Der Strukturfaktor F displaystyle F nbsp ist die Gesamtresultierende aller in einer Richtung eines h k l displaystyle hkl nbsp Reflexes gebeugten Wellen Die gemessene Intensitat I displaystyle I nbsp ist proportional zum Quadrat des Strukturfaktors F displaystyle F nbsp I h k l F h k l 2 displaystyle I hkl propto F hkl 2 nbsp und der Strukturfaktor F displaystyle F nbsp ist die Fourier Transformation der Elektronendichte r displaystyle rho nbsp F h k l 0 a 0 b 0 c r x y z exp 2 p i h x a k y b l z c d x d y d z displaystyle F hkl int 0 a int 0 b int 0 c rho x y z exp left 2 pi i left frac hx a frac ky b frac lz c right right mathrm d x mathrm d y mathrm d z nbsp wobei a b c displaystyle abc nbsp die Gitterkonstanten x y z displaystyle xyz nbsp die Koordinaten in der Elementarzelle und h k l displaystyle hkl nbsp die Laue Indizes darstellen Den Positionen der Elektronendichtemaxima entsprechen dabei die Positionen der Atome in der Elementarzelle Wasserstoffatome bei denen das Maximum der Elektronendichte auf der Bindung zum Nachbaratom liegt bilden die einzige Ausnahme nbsp Elektronendichten uber Fouriertransformation eines Casiumselenoplatinats mit Zuordnung der Cs Pt und Se AtomeDie gemessenen Intensitaten besitzen nur Informationen uber die Amplitude also den Betrag des Strukturfaktors Um aus den Intensitaten die Strukturfaktoren abzuleiten muss deshalb das Phasenproblem gelost werden Heute werden dazu meist die Direkten Methoden verwendet fur deren Entwicklung Herbert A Hauptman und Jerome Karle 1985 den Nobelpreis fur Chemie erhielten Eine andere wichtige Methode zur Losung des Phasenproblems ist die Patterson Methode die vor allem bei Anwesenheit von Schweratomen verwendet wird In der Praxis werden Fouriermethoden selten eingesetzt Stattdessen verwendet man die Strukturverfeinerung Der Strukturfaktor F displaystyle F nbsp lasst sich auch ausdrucken als Summe aller atomaren Streufaktoren f displaystyle f nbsp der Atome in der Elementarzelle F h k l j N f j exp 2 p i h x j k y j l z j displaystyle F hkl sum j N f j exp 2 pi i hx j ky j lz j nbsp wobei uber alle N displaystyle N nbsp Atome j displaystyle j nbsp in der Elementarzelle summiert wird x y z displaystyle xyz nbsp die Koordinaten des Atoms j displaystyle j nbsp und h k l displaystyle hkl nbsp die Millerschen Indizes darstellen Der atomare Streufaktor f displaystyle f nbsp ist die Fourier Transformation der Elektronendichte eines Atoms Normalerweise wird dabei die Elektronendichte eines kugelformigen Atoms angenommen das nicht mit seinen Nachbaratomen uberlappt Mit Hilfe dieser Summengleichung lasst sich also der Strukturfaktor aus den Koordinaten der Atome in der Elementarzelle berechnen In der Strukturverfeinerung verandert man nun das Strukturmodell die Atomkoordinaten solange bis der Unterschied zwischen den experimentell gemessenen Strukturfaktoren F h k l displaystyle F hkl nbsp und den aus dem Modell berechneten Strukturfaktoren F h k l displaystyle F hkl nbsp minimal wird Zur Strukturverfeinerung mit Computerprogrammen wird die Methode der kleinsten Quadrate eingesetzt Atome im Kristallgitter schwingen um ihre Ruheposition Weil sich das auch auf die Reflexintensitaten auswirkt werden die atomaren Streufaktoren fur die thermische Bewegung korrigiert Das Strukturmodell besteht folglich aus kugelformigen Atomen die um ihre Ruheposition harmonisch schwingen Siehe Debye Waller Faktor Verfahren BearbeitenDie altesten Beugungsverfahren sind das Laue Verfahren 1912 die Bragg sche Spektrometermethode 1913 6 das Debye Scherrer Verfahren 1916 7 8 und das Drehkristallverfahren das nach ersten Ansatzen von Maurice de Broglie von Michael Polanyi und Karl Weissenberg sowie unabhangig davon von Ernst Schiebold entwickelt wurde 9 Aus diesen vier ursprunglichen Verfahren ging eine Vielzahl weiterer Verfahren und Gerate hervor die nach folgenden Kriterien eingeteilt werden konnen verwendete Strahlung weiss oder monochromatisch Probe Einkristall oder Pulver und Detektor Film oder Zahlrohr 10 Strahlung Probe Detektor Verfahrenweiss Einkristall Film Laue KameraZahlrohr Ionisationskammer Bragg Spektrometermonochromatisch Einkristall Film Drehkristall Kamera Schwenkaufnahmen oscillating camera Weissenberg Kamera De Jong Bouman Kamera Prazessions KameraZahlrohr auch Flachendetektoren Einkristalldiffraktometermonochromatisch Pulver Film Debye Scherrer Kamera Guinier Kamera Seemann Bohlin KameraGandolfi KameraZahlrohr Pulverdiffraktometer meist Bragg Brentano Diffraktometer Guinier DiffraktometerLaue Verfahren Bearbeiten Hauptartikel Laue Verfahren Im Laue Verfahren wird ein Einkristall polychromatischer Rontgenstrahlung ausgesetzt Die Idee ist die Bragg Gleichung durch Variation der Wellenlangen zu erfullen Die im Beugungsbild erhaltenen Reflexe sind jedoch nicht eindeutig einzelnen Netzebenenabstanden zuzuordnen Es wird heute noch zur Untersuchung dynamischer Prozesse beispielsweise in Proteinkristallen verwendet Drehkristall Verfahren Bearbeiten Hauptartikel Drehkristallmethode Eine Auswertung des Laue Verfahrens zur Bestimmung von d displaystyle d nbsp nach der Bragg Gleichung ist kaum moglich Ebenso konnen die Gitterkonstanten nicht bestimmt werden Beim Drehkristallverfahren wird der zu untersuchende Einkristall um eine Zonenachse senkrecht zum Primarstrahl gedreht Die Auswertung der Drehkristallaufnahme ermoglicht es d displaystyle d nbsp und die Gitterkonstanten zu ermitteln Weissenberg Verfahren Bearbeiten Dieses Verfahren ist eine Weiterentwicklung des Drehkristallverfahrens 11 Dazu wird eine zylinderformige Schichtlinienblende zwischen Kristall und Film in die Kamera eingebracht Diese bewirkt dass nur die Strahlen eines Lauekegels dessen Offnungswinkel durch Verschieben der Blende einstellbar ist den Film belichten konnen Zusatzlich wird die Kristalldrehung synchron mit einer Linearverschiebung des zylindrisch gerollten Films gekoppelt z B 1 Kristalldrehung entspricht einer Filmbewegung von 1 mm Dadurch werden die Reflexe in der Filmebene auseinandergezogen womit es einfacher ist die Indizes der einzelnen Reflexe zu bestimmen Die Weissenberg Aufnahme zeigt anstelle des Primarflecks bei der Drehkristallaufnahme eine Mittellinie von der aus jedem Reflex zwei Koordinaten zugewiesen werden konnen Zwei ahnliche Verfahren bei denen der Film nicht verschoben sondern um die Achse des Primarstrahls gedreht wird sind die Verfahren von Erwin Sauter 12 und Ernst Schiebold 13 Diese beiden Verfahren die oft unter der Bezeichnung Schiebold Sauter Verfahren zusammengefasst werden wurden im Gegensatz zum Weissenberg Verfahren in der Praxis wenig verwendet Debye Scherrer Verfahren Bearbeiten Hauptartikel Debye Scherrer Verfahren nbsp Pulveraufnahmen nach den Verfahren von Debye Scherrer oben und Guinier unten fur K2PtS2Das von Peter Debye und Paul Scherrer sowie unabhangig davon von Albert W Hull entwickelte Verfahren arbeitet nicht mit Einkristallen sondern mit pulverformigen Proben Das Pulver besteht aus einer Reihe zufallig angeordneter Kristallite so dass auch die Netzebenen zufallig im Raum angeordnet sind und so einige immer die Bragg sche Reflexionsbedingung erfullen Zusatzlich rotiert die Probe um eine Achse senkrecht zum einfallenden Strahl Um die Probe bilden sich Kegelmantel aus Rontgenstrahlen welche aus der konstruktiven Interferenz stammen Um die Probe liegt ein fotografischer Film auf dem sich die Kegelmantel als Reflexe abzeichnen aus denen sich dann das Diffraktogramm erstellen lasst Aus den Abstanden der vom einfallenden Strahl auf dem Film aufgenommenen Reflexe lasst sich der Glanzwinkel 8 displaystyle theta nbsp errechnen x 2 p R 4 8 360 displaystyle frac x 2 pi R frac 4 theta 360 circ nbsp Der Abstand x displaystyle x nbsp des Beugungsreflexes auf dem Film vom einfallenden Strahl verhalt sich zum Umfang der Kamera 2 p R displaystyle 2 pi R nbsp wie der Offnungswinkel des entsprechenden Beugungskegels zu 360 Verfahren nach Guinier Bearbeiten Dieses Verfahren ahnelt dem Debye Scherrer Verfahren In einer kreisformigen Kammer wird die Probe allerdings nicht in der Mitte angebracht sondern wie der Film an der Kammerwand Es lasst sich zeigen dass jeder Strahl der die Kammer durchquert und auf denselben Punkt auf einer Wand fokussiert ist bei der Beugung an der anderen Wand auf den gleichen Punkt auf dem Kreisumfang abgebildet wird So kann ein Rontgenstrahl benutzt werden der nicht parallelisiert sondern nur durch streifenden Einfall in einen Hohlspiegel fokussiert ist Damit kann die Intensitat einer Rontgenquelle mit einfachen Mitteln wesentlich besser ausgenutzt werden Man kann mit der Kammer Durch und Ruckstrahlungsaufnahmen herstellen Der Abstand der Reflexe auf dem Film ist wie bei der Debye Scherrer Methode direkt proportional zum Beugungswinkel Der Durchmesser der Kammer betragt ublicherweise 114 7 mm Beim Ausmessen der Beugungsmuster auf dem Film entspricht dann 1 mm genau 0 5 Mit dieser Methode erhalt man scharfer abgebildete Beugungsringe Ausserdem konnen gleichzeitig drei Praparate in Pulverform aufgenommen werden wobei man in der Regel zwei Praparate mit einer Kalibriersubstanz die auf dem Film im mittleren Bereich abgebildet wird aufnimmt 14 15 Zahlrohrverfahren Bearbeiten In modernen Pulverdiffraktometern wird anders als in den vorigen Verfahren zur Registrierung der gebeugten Rontgenstrahlen statt eines Films ein Szintillationszahler benutzt der die Funktion eines Zahlrohrs besitzt Mit diesem Verfahren kann die Interferenzintensitat mit hoher Genauigkeit direkt bestimmt werden Ein weiterer Vorteil ist die digitale Auswertung sodass viele Arbeitsschritte automatisiert werden konnen Einkristalldiffraktometer verwenden entweder ebenfalls einen solchen Punktdetektor oder einen Flachendetektor CCD CMOS Imageplate der gleichzeitig die Intensitat und Form mehrerer Reflexe vermessen kann Andere Methoden Bearbeiten Eine besondere Form der Rontgenstreuung ist die Kleinwinkelstreuung engl small angle X ray scattering SAXS Da gemass der Bragg Gleichung bei vorgegebener Wellenlange grossere Strukturen einen kleineren Streuwinkel zur Folge haben kann die Kleinwinkelstreuung eingesetzt werden um mesoskopische Strukturen wie Kolloide teilkristalline Polymere und dergleichen zu untersuchen SAXS ist eine der Standardmethoden zur Strukturaufklarung in der Soft Matter Physik Eine weitere Form der Rontgenstreuung ist WAXS engl wide angle X ray scattering Weitwinkel Rontgenstreuung Als Rontgenquellen dienen Rontgenrohren und Synchrotrons Alternativ und erganzend zur Rontgenstreuung werden Neutronenstreuung und Elektronenbeugung eingesetzt Der Vorteil der Strukturbestimmung mit Synchrotronstrahlung liegt in der hohen Intensitat und der exzellenten vertikalen Kollimation Die Auswertung von Pulverdaten wird durch die hohere Auflosung wesentlich erleichtert Fur Dunne Schichten ist die Rontgendiffraktometrie mit streifendem Einfall besonders geeignet Durch AXS engl anomalous X ray scattering anomale Rontgenstreuung kann in Rontgen Streuexperimenten der Kontrast zwischen mehreren in der Probe enthaltenen Elementen erhoht werden Dabei wird ausgenutzt dass der Formfaktor eines Elements eine ausgepragte Abhangigkeit von der Wellenlange der einfallenden Strahlung aufweist wenn diese in der unmittelbaren Nahe einer Absorptionskante jenes Elements liegt Bei Anwenden dieser Technik konnen zusatzliche Informationen zu Elementen erhalten werden die in einem regularen Streuexperiment wenig zur gestreuten Intensitat beitragen wurden weil 1 das gefragte Element eine geringere Ordnungszahl besitzt als andere Probenbestandteile oder 2 weil die Konzentration des Elements in der Probe sehr gering ist Da fur AXS die Wellenlange der Strahlung variiert werden muss und die zu beobachtenden Effekte schwach sind wird fur solche Messungen meist Synchrotronstrahlung genutzt Rontgenbeugung in Flussigkeiten Bearbeiten nbsp Schema der Untersuchung der Rontgenbeugung in einer FlussigkeitBeobachtet man bei festen kristallinen Stoffen scharfe Reflexe die unter ganz bestimmen Glanzwinkeln auftreten und auf die Netzebenen im Kristall zuruckzufuhren sind so weist das Beugungsdiagramm von Flussigkeiten in der Intensivitatsverteilung breite und wenig strukturierte Maxima auf Trotz der geringen Strukturierung der Beugungsdiagramme von Flussigkeiten lassen sich zumindest im Nahordnungsbereich innerhalb eines Clusters bestimmte Aussagen machen Uber die Intensivitatsverteilung lassen sich Abstandsvektoren der Teilchen also Aussagen uber Abstande und Richtungen wie in einem Kristall nicht bestimmen sondern nur ihre Betrage Man erhalt eine Abstandsstatistik die eine Verteilungsfunktion der Paarabstande beschreibt Insofern ist es ein Problem eine dreidimensionale Struktur abzuleiten Uber indirekte Verfahren lassen sich aber mit Strukturmodellen und deren berechnete Abstandsstatistiken und einem Vergleich mit der experimentellen Paarverteilungsfunktion Aussagen uber eine mogliche Struktur treffen So war es gelungen von der Rontgenstrukturuntersuchung des hexagonalen Eises mit einer b Tridymitstruktur Ruckschlusse auf flussiges Wasser zu ziehen Ein hexagonales Strukturmodell lieferte gute Ubereinstimmungen mit den experimentellen Daten sodass man in Wasserclustern ebenfalls eine b Tridymitstruktur annahm Beispielsweise fuhrten Rontgenstrukturuntersuchungen einer wassrigen Casiumfluoridlosung zu der Folgerung dass bei der Hydratation von Casiumionen diese sich in die b Tridymitstruktur der Wassercluster einlagern Bereits Ende der 1920er Jahre wurden Rontgenbeugungen mit Flussigkeiten von Peter Debye Frits Zernike und anderen durchgefuhrt Eine Ermittlung von Strukturen im Nahordnungsbereich war mit den damaligen Hilfsmitteln wegen des hohen Rechenaufwandes jedoch noch nicht moglich und wurde erst mit dem Einsatz von Computern interessant Siehe auch BearbeitenFriedelsches GesetzLiteratur BearbeitenHerbert Zimmermann Rontgenstrukturuntersuchung von Flussigkeiten In Chemie in unserer Zeit 9 Jahrg 1975 Nr 4 S 99 107 Walter Borchardt Ott Kristallographie eine Einfuhrung fur Naturwissenschaftler Verlag Springer Berlin 1997 ISBN 3 540 63044 9 Werner Massa Kristallstrukturbestimmung Verlag Teubner Stuttgart 2002 ISBN 3 519 23527 7 Rudolf Allmann Rontgenpulverdiffraktometrie Verlag Springer Berlin 2003 ISBN 3 540 43967 6 E Prince Hrsg International Tables for Crystallography third series Volume C Mathematical physical and chemical tables 3 Auflage Springer 2004 ISBN 978 1 4020 1900 5 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Lothar Spiess Gerd Teichert Robert Schwarzer Herfried Behnken Christoph Genzel Moderne Rontgenbeugung Rontgendiffraktometrie fur Materialwissenschaftler Physiker und Chemiker 3 Auflage Springer Spektrum Wiesbaden 2019 ISBN 978 3 8348 1219 3 S 635 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Rontgenbeugung Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien LP Rontgenbeugung inkl Skizzen Fotos Videos und Literaturhinweisen Grundlagen der Rontgen Diffraktometrie XRD und Rontgen Pulverdiffraktometrie XRPD PDF 2 7 MB XRD bei Terrachem Bestimmung der kristallinen Struktur von verschiedenen ProbenmaterialienEinzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Neumann Klaus Werner Benz Kristalle Verandern Unsere Welt Struktur Eigenschaften Anwendungen Walter de Gruyter GmbH amp Co KG 2018 ISBN 978 3 11 043907 6 S 65 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Horst Biermann Lutz Kruger Moderne Methoden der Werkstoffprufung John Wiley amp Sons 2014 ISBN 978 3 527 67070 3 S 255 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Lothar Spiess Robert Schwarzer Herfried Behnken Gerd Teichert Moderne Rontgenbeugung Rontgendiffraktometrie fur Materialwissenschaftler Physiker und Chemiker Springer Verlag 2015 ISBN 978 3 663 10831 3 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Ludwig Bergmann Clemens Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik 6 Festkorper Walter de Gruyter 2005 ISBN 978 3 11 017485 4 S 112 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Kossel Effekt im Techniklexikon W H Bragg W L Bragg The Reflection of X rays by Crystals In Proceedings of the Royal Society of London Series A Band 88 Nr 605 7 Januar 1913 S 428 438 doi 10 1098 rspa 1913 0040 Peter Debye Paul Scherrer Interferenzen an regellos orientierten Teilchen im Rontgenlicht I In Nachr Ges Wiss Gottingen Mathematisch Physikalische Klasse 1916 S 1 15 Peter Debye Paul Scherrer Interferenzen an regellos orientierten Teilchen im Rontgenlicht II In Nachr Ges Wiss Gottingen Mathematisch Physikalische Klasse 1916 S 16 26 Michael Polanyi Ernst Schiebold Karl Weissenberg uber die Entwicklung des Drehkristallverfahrens In Zeitschrift fur Physik Band 23 Nr 1 Dezember 1924 S 337 340 doi 10 1007 BF01327599 Diffraction techniques in the solid state Memento vom 3 Oktober 2013 im Internet Archive PDF 930 kB Vorlesungsskript University of Lethbridge Karl Weissenberg Ein neues Rontgengoniometer In Zeitschrift fur Physik Band 23 Nr 1 Dezember 1924 S 229 238 doi 10 1007 BF01327586 Erwin Sauter Eine einfache Universalkamera fur Rontgen Kristallstrukturanalysen In Zeitschrift fur Kristallographie Band 85 1933 S 156 159 Ernst Schiebold Uber ein neues Rontgengoniometer Gleichzeitig Bemerkung zu der Arbeit von E Sauter Eine einfache Universalkamera fur Rontgen kristallstrukturanalysen In Zeitschrift fur Kristallographie Band 86 1933 S 370 377 und 377 383 W Bronger Rontgenographische Untersuchungen nach der Pulvermethode Schrift des Instituts fur Anorganische Chemie der RWTH Aachen 1971 W Kleber Einfuhrung in die Kristallographie VEB Verlag Technik Berlin 1969 S 344 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rontgenbeugung amp oldid 238621047