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Die Bragg Gleichung auch Bragg Bedingung genannt wurde 1912 von William Lawrence Bragg entwickelt Sie beschreibt wann es zu konstruktiver Interferenz von Wellen bei Streuung an einem dreidimensionalen Gitter kommt Sie erklart die Muster die bei der Beugung von Rontgen oder Neutronenstrahlung an kristallinen Festkorpern entstehen aus der Periodizitat von Gitterebenen 1 Das Analogon zur Bragg Bedingung im reziproken Raum ist die Laue Bedingung Inhaltsverzeichnis 1 Prinzip 2 Physikalischer Hintergrund 3 Herleitung 4 Durchfuhrung des Versuchs 5 Bedeutung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweisePrinzip Bearbeiten nbsp Beugungsbild eines Kristalls aufgenommen mit monochromatischer Rontgenstrahlung Strahl zeigt senkrecht auf die Mitte des Detektors Trifft Rontgenstrahlung auf einen Kristall so wird dieser von einem Grossteil der Strahlung ungehindert durchdrungen Es wird allerdings auch beobachtet dass ein kleiner Teil durch den Kristall abgelenkt wird ein Phanomen das man als Rontgenbeugung bezeichnet Montiert man hinter dem Kristall einen geeigneten Detektor zum Beispiel eine Fotoplatte um die abgelenkten Strahlungsanteile sichtbar zu machen entstehen darauf charakteristische Muster Ursache fur die Beugung ist die Streuung der Rontgenstrahlung an den einzelnen Atomen des Gitters Dies kann man auch als eine schwache Reflexion der Rontgenstrahlung an den einzelnen Gitterebenen des Kristalls betrachten wobei die Strahlung nur in solche Richtungen nennenswert reflektiert wird in denen die einzelnen Reflexionen sich konstruktiv uberlagern Diese Bedingung beschreibt die Bragg Gleichung n l 2 d sin 8 displaystyle n lambda 2d sin theta nbsp Die Bragg Gleichung verknupft den Abstand d zwischen parallelen Gitterebenen die Wellenlange l displaystyle lambda nbsp der Rontgenstrahlung sowie den Winkel 8 displaystyle theta nbsp zwischen Rontgenstrahl und Gitterebene sogenannter Glanz oder Braggwinkel n ist eine naturliche Zahl die die Beugungsordnung angibt Jede Schar paralleler Gitterebenen hat einen charakteristischen Gitterebenenabstand d und damit so die Bragg Gleichung auch einen charakteristischen Braggwinkel 8 displaystyle theta nbsp Fur verschiedene Orientierungen unter denen Strahlung auf den Kristall trifft erhalt man auf dem Detektor hinter dem Kristall fast immer auch verschiedene Bilder weil sich immer andere Scharen paralleler Gitterebenen mit anderen Braggwinkeln und mit anderen Orientierungen im Kristall in Reflexionsstellung zum einfallenden Strahl befinden Die Gitterebenen werden ublicherweise mit Laue Indizes hkl gekennzeichnet so dass sich fur den Abstand zum Beispiel im kubischen System ergibt d h k l a 0 h 2 k 2 l 2 displaystyle d hkl frac a 0 sqrt h 2 k 2 l 2 nbsp mit der Gitterkonstanten a 0 displaystyle a 0 nbsp Die Bragg Bedingung lautet damit im kubischen System sin 8 2 l 2 4 a 0 2 h 2 k 2 l 2 displaystyle sin theta 2 frac lambda 2 4 a 0 2 h 2 k 2 l 2 nbsp Fur n 1 sind die Laue Indizes mit den Miller Indizes identisch Fur hohere Ordnungen n steht hkl fur die Laue Indizes die mit der Beugungsordnung n multiplizierten Miller Indizes der Gitterebene 2 Physikalischer Hintergrund Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung des BeugungsphanomensTatsachlich handelt es sich um ein Beugungsphanomen Im elektromagnetischen Feld der einfallenden Strahlung werden die Elektronen der Atome zu erzwungenen Schwingungen angeregt und beginnen selbst Strahlung in Form von kugelformigen Wellen abzustrahlen Da die Wellen der einzelnen Elektronen sich in erster Naherung zu Wellen der zugehorigen Atome aufsummieren und weiterhin die Abstande im Kristallgitter und die Wellenlange der Rontgenstrahlung von ahnlicher Grossenordnung sind treten Interferenzerscheinungen auf Ist die Bragg Gleichung bei gegebener Wellenlange l displaystyle lambda nbsp fur eine Schar von parallelen Gitterebenen erfullt das heisst trifft die Rontgenstrahlung unter dem richtigen Winkel auf den Kristall kommt es zu konstruktiver Interferenz der bei der Beugung an den Elektronenhullen entstehenden Kugelwellen Makroskopisch entsteht der Eindruck einer Reflexion der Strahlung am Kristall Herleitung Bearbeiten nbsp Schema zur Beugungsgeometrie nbsp Beugungsgeometrie bei konstruktiver Interferenz links und destruktiver Interferenz rechts Die blauen Linien in der nebenstehenden Grafik Schema zur Beugungsgeometrie entsprechen Strahlen die auf parallele Gitterebenen treffen und dabei mit dem Lot den Winkel a displaystyle alpha nbsp einschliessen Der Komplementarwinkel 8 90 a displaystyle theta 90 circ alpha nbsp heisst Braggwinkel oder Glanzwinkel d ist der Gitterebenenabstand die schwarzen Punkte sind Atome auf den Gitterebenen Aufgrund der grossen Anzahl von Atomen in einem Kristall gibt es fur den Fall nicht ausschliesslich konstruktiver Interferenz statistisch zu jedem Atom immer ein zweites das die gebeugte Welle des ersten genau ausloscht so dass keine Reflexion mehr beobachtet werden kann Dies ist auch die Situation in nicht kristallinem Material unabhangig von der Einstrahlrichtung Die Phasenbeziehung bleibt unverandert und es tritt konstruktive Interferenz auf wenn die in der oberen Darstellung dunkelblau gekennzeichnete Wegdifferenz zwischen oberem und unterem Wellenzug der Gangunterschied 2 d displaystyle 2 delta nbsp einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlange l displaystyle lambda nbsp entspricht 2 d n l displaystyle 2 delta n cdot lambda nbsp dd wobei n auch als Beugungsordnung bezeichnet wird dd In der oberen Darstellung bilden rote grune und lilafarbene Linien zusammen ein rechtwinkliges Dreieck mit der Hypotenuse d Die Sinusdefinition verhilft zu folgendem Ausdruck d d sin 8 displaystyle delta d cdot sin theta nbsp dd Wichtig fur das Verstandnis ist dass es sich bei den roten Linien nicht um Verlangerungen der oberen hellblauen Linien handelt sondern um die Senkrechten dazu dd Setzt man den zweiten Ausdruck in die erste Gleichung ein erhalt man sofort die Bragg Gleichung auch Braggsche Interferenz n l 2 d sin 8 displaystyle n lambda 2d sin theta nbsp dd dd Durchfuhrung des Versuchs Bearbeiten nbsp Emissionsspektrum einer Kupferanode mit Rontgenstrahlung unterschiedlicher Wellenlange bzw hier als Winkel aufgetragen Die Drehkristallanordnung ist eine mogliche Durchfuhrung des Versuchs Da fruhere Rontgenapparate sehr schwer und somit nicht drehbar waren wurde der Rontgenstrahl auf einen drehbaren Kristall gelenkt Durch Drehung des Kristalls oder des Empfangers konnte der Kristall dann unter verschiedenen Winkeln untersucht werden Eine zweite Moglichkeit stellt das Debye Scherrer Verfahren dar bei dem der Kristall pulverisiert wird so dass jede Drehrichtung statistisch verteilt gleichzeitig vorhanden ist Bedeutung BearbeitenRontgenbeugungsexperimente an Kristallen bieten die Moglichkeit Einblicke in die innere Struktur von Kristallen zu erlangen siehe Kristallstrukturanalyse Gleicherweise ist die Braggreflexion fur die Neutronenbeugung bedeutend Moderierte Neutronen haben vergleichbare Wellenlangen wie Rontgenstrahlen so dass das gleiche Phanomen am Kristallgitter auftritt Beugungsbilder von Elektronenstrahlen konnen in Elektronenmikroskopen hergestellt und beobachtet werden Auch diese werden grundlegend durch das Bragg Gesetz beschrieben Bragg Reflexionen treten bei sog Weisslichthologrammen auf Dort sind sie dafur verantwortlich dass das Bild des Hologramms beim Kippen seine Farbe andert Bragg Reflektoren werden zur Wellenlangenselektion bei Lasern oder Rontgenstrahlen eingesetzt siehe u a Monochromator DBR Laser DFB Laser Akustooptische Modulatoren basieren auf dem Prinzip der Bragg Beugung Lichtstrahlen werden hierbei an einem wandernden optischen Gitter hervorgerufen durch longitudinale Schallwellen in Kristallen gebeugt Literatur BearbeitenDieter Meschede Gerthsen Physik 22 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2004 ISBN 3 540 02622 3 Rudolf Allmann Rontgen Pulver Diffraktometrie Verlag Sven von Loga Koln 1994 ISBN 3 87361 029 9 Werner Massa Kristallstrukturbestimmung 5 Auflage Teubner Verlag Stuttgart Leipzig Wiesbaden 2007 ISBN 3 8351 0113 7 Anthony R West Grundlagen der Festkorperchemie Wiley VCH Weinheim 2000 ISBN 3 527 28103 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bragg Gleichung Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten W H Bragg W L Bragg The reflection of X rays by crystals In Proc R Soc Lond A 88 1913 S 428 438 doi 10 1098 rspa 1913 0040 Borchardt Ott Kristallographie Springer 2009 S 284 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bragg Gleichung amp oldid 238956399