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Unter Streuung versteht man in der Physik allgemein die Ablenkung eines Objekts durch Wechselwirkung mit einem lokalen anderen Objekt Streuzentrum konkreter die Ablenkung von Teilchen oder Wellenstrahlung Beispiele sind die Streuung von Licht an Atomen oder Feinstaub von Elektronen an anderen Elektronen oder von Neutronen an Atomkernen Die Starke einer Streuung wird durch den Streuquerschnitt angegeben Der Name kommt daher dass der Streuquerschnitt bei klassischer Streuung von Massenpunkten an einer harten Kugel gerade gleich dem Querschnitt der Kugel ist Man unterscheidet zwischen elastischer und unelastischer oder inelastischer Streuung bei elastischer Streuung siehe auch Elastischer Stoss ist die Summe der kinetischen Energien nach dem Stoss gleich gross wie vorher bei unelastischer Streuung andert sie sich dagegen beispielsweise geht ein Teil der vorhandenen kinetischen Energie in Anregungsenergie eines Atoms uber oder wird etwa bei Ionisationsvorgangen zum Aufbrechen einer Bindung verwendet Unelastische Streuung im engeren Sinne bedeutet dass das einfallende Teilchen nach dem Stoss wenn auch mit verringerter Energie noch vorhanden ist in weiterem Sinne werden manchmal auch Absorptionsvorgange Vorgange bei denen das einfallende Teilchen verschwindet zu den unelastischen Streuvorgangen gezahlt Bei der Streuung von Wellen unterscheidet man auch zwischen koharenter und inkoharenter Streuung Im Falle von koharenter Streuung gibt es eine feste Phasenbeziehung zwischen der einlaufenden und der gestreuten Welle siehe Reflexion im Fall von inkoharenter Streuung nicht Werden koharente Strahlen koharent gestreut konnen die gestreuten Strahlen miteinander interferieren Dies nutzt man insbesondere bei der Rontgenbeugung aus Die theoretische Beschreibung von Streuungen ist Aufgabe der Streutheorie Experimente der Hochenergiephysik werden allgemein als Streuexperimente bezeichnet auch dann wenn dabei z B neue Teilchen entstehen tiefinelastische Streuung Sie geben Aufschluss uber die Form des Wechselwirkungspotentials Ernest Rutherford zeigte anhand kinematischer Zusammenhange bei der Streuung von Alphateilchen an Atomen dass diese einen schweren Kern enthalten mussen Im Gegensatz zur Streuung findet bei der Beugung eine Ablenkung von Strahlung durch die Eigenschaft einer Wellenfront statt sich an der Kante eines Hindernisses in alle Richtungen auszubreiten Bei der Brechung beruht die Ablenkung der Strahlung auf der Anderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit bei Anderung der Dichte oder der Zusammensetzung des Ausbreitungsmediums am deutlichsten an Phasengrenzen Inhaltsverzeichnis 1 Streuwinkel Vorwarts und Ruckstreuung 2 Klassische Streuung 3 Streuung elektromagnetischer Strahlung 3 1 An Elementarteilchen 3 2 An Materie 4 Streuung von Teilchen 5 Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materie 5 1 Thomson Streuung 5 2 Compton Streuung 5 3 Rayleigh Streuung 5 4 Raman Streuung 5 5 Resonanzabsorption spontane Emission Fluoreszenz und Phosphoreszenz 5 6 Stimulierte Emission 5 7 Photoeffekt 6 Mehrfachstreuung 7 Resonanzstreuung 8 LiteraturStreuwinkel Vorwarts und Ruckstreuung BearbeitenDer Streuwinkel 8 displaystyle theta nbsp ist der Winkel um den das gestreute Teilchen abgelenkt wird Als Vorwartsstreuung werden Streuprozesse bezeichnet bei denen es nur zu einer kleinen Ablenkung kommt kleiner Streuwinkel Ruckstreuung oder Ruckwartsstreuung bezeichnet Streuprozesse mit einem Streuwinkel zwischen 90 displaystyle 90 circ nbsp und 180 displaystyle 180 circ nbsp siehe auch Kinematik Teilchenstoss Wenn beide Stosspartner eine von Null verschiedene Masse haben wird bei Streuexperimenten in der Kern und Teilchenphysik oftmals der Streuwinkel im Schwerpunktsystem betrachtet Dieser ist fur die theoretische Betrachtung bedeutender als der Streuwinkel im Laborsystem In vielen Fallen ist die Vorwartsstreuung wesentlich starker als Streuung in andere Richtungen hat also einen vergleichsweise grossen differentiellen Wirkungsquerschnitt Ein aus dem Alltag bekanntes Beispiel ist die Streuung von Licht an Staubteilchen in der Luft Blickt man nahezu in Richtung der Lichtquelle wenn beispielsweise Sonnenlicht in einen dunklen Raum fallt sind die Staubteilchen deutlich als helle Punkte zu sehen Ahnliches passiert an feinen Wassertropfchen Die Streuung in Ruckwartsrichtung 8 180 displaystyle theta 180 circ nbsp ist im Rahmen der klassischen Physik meist schwacher als in alle anderen Richtungen kann aber durch quantenmechanische Effekte bzw Interferenzeffekte starker als die Streuung in benachbarte Richtungen sein Koharente Ruckstreuung ist auch fur die hohe Helligkeit des Vollmondes verantwortlich Klassische Streuung BearbeitenDie klassische Mechanik unterscheidet Stosse zwischen starren Korpern von der Streuung an einem Potential Fur Bahnbewegung einer Punktmasse in einem Potential das mit der Entfernung linear abfallt ergeben sich immer Gleichungen die einen Kegelschnitt beschreiben Hyperbel Parabel oder Ellipse Ein positives also abstossendes Potential fuhrt immer zu Hyperbeln Anziehende Potentiale fuhren zu Ellipsen wenn die Energie des Stosspartners nicht gross genug ist In diesem Sinne ist die Bewegung eines Kometen auch die Streuung am Gravitationspotential der Sonne Streuung elektromagnetischer Strahlung BearbeitenAn Elementarteilchen Bearbeiten Thomson Streuung elastische Streuung an quasifreien Elektronen Grenzfall der Compton Streuung fur kleine Photonenenergien Compton Streuung elastische Streuung an quasifreien Elektronen Licht Licht Streuung Effekt der nur im Rahmen der Quantenelektrodynamik erklart werden kann An Materie Bearbeiten Rayleigh Streuung elastische keine Energieubertragung elektromagnetische Streuung an Objekten die kleiner sind als deren Wellenlange auch Dipol Streuung Raman Streuung inelastische Streuung an Atomen Molekulen oder Festkorpern Mie Streuung elektromagnetische Streuung an Objekten in der Grossenordnung der Wellenlange auch Lorenz Mie Streuung benannt nach dem deutschen Physiker Gustav Mie 1868 1957 und dem danischen Physiker Ludvig Lorenz 1829 1891 fuhrt zum Tyndall Effekt Phonon Raman Streuung unelastische Streuung an optischen Phononen Gitterschwingungen im Frequenzbereich des sichtbaren Lichts Brillouin Streuung unelastische Streuung an akustischen Phononen Gitterschwingungen im Frequenzbereich von Schall Streuung von Teilchen BearbeitenRutherford Streuung geladenes Teilchen an Atomkern elastisch Mott Streuung wie Rutherford Streuung aber mit Berucksichtigung des Spins Neutronenstreuung thermisches Neutron an Kristall elastisch oder unelastisch schnelles Neutron an Atomkern elastisch siehe auch Moderator oder unelastisch Elektronenbeugung Elektron an Festkorper Kristallgitter Moller Streuung Elektron an Elektron also ununterscheidbare Teilchen Bhabha Streuung Elektron an Positron seinem Antiteilchen Tiefinelastische Streuung zum Beispiel Elektron an Hadronen mit hohen Energie und Impulsubertragen sie lieferten Aufschluss uber den inneren Aufbau der Hadronen Streuung von Elementarteilchen wird anschaulich durch Feynmandiagramme beschrieben Bei Streuprozessen oder Zerfallsprozessen in der Elementarteilchenphysik unterscheidet man zwischen exklusiven und inklusiven Prozessen Bei exklusiven Prozessen wird Energie und Impuls aller Streuprodukte gemessen bei inklusiven entfallt das bei einigen Streuprodukten so dass statt einem spezifischen Streuprozess ein Kollektiv von Prozessen gemessen wird Letzteres ist unter anderem dann der Fall wenn einige der Streuprodukte schwer zu messen sind man nur an bestimmten Streuprodukten interessiert ist oder zu viele Streuprodukte vorhanden sind deren genaue Messung nicht moglich oder zu aufwandig ist Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materie Bearbeiten nbsp Elastische Streuung nbsp Inelastische Streuung nbsp ComptonstreuungEs folgt eine schematische Darstellung zur Wechselwirkung eines Photons mit einem Atom Die waagerechten Linien reprasentieren die diskreten Anregungszustande des Atoms die das punktformig dargestellte Elektron besetzen kann Die unterste Linie entspricht dem energetischen Grundzustand Thomson Streuung Bearbeiten Hauptartikel Thomson Streuung Als Thomson Streuung bezeichnet man die koharente Wechselwirkung mit einem quasi freien Elektron Dabei andert sich die Energie des gestreuten Photons allerdings nicht Compton Streuung Bearbeiten Hauptartikel Compton Streuung Als Compton Streuung wird der inkoharente Prozess bezeichnet bei dem ein Photon an einem freien oder nur schwach gebundenen Elektron gestreut wird E Bindung E h n displaystyle E text Bindung ll E h nu nbsp Bei Streuung am Elektron eines Atoms wird dieses durch diesen Prozess ionisiert und es werden ein Photoelektron sowie ein Photon mit winkelabhangig verringerter Energie emittiert Diese Streuung wird als elastisch bezeichnet da der Einfluss der Bindungsenergie vernachlassigt werden kann und so die Summe der kinetischen Energien vor und nach dem Stoss identisch ist Fur einen inelastischen Vorgang bezuglich des Elektrons musste kinetische Energie auch in innere Energie umgewandelt werden wobei innere Freiheitsgrade angeregt werden uber die ein Elektron aber nicht verfugt Rayleigh Streuung Bearbeiten Hauptartikel Rayleigh Streuung Der Streuprozess ist koharent also die Koharenz erhaltend Die Energie E h n displaystyle E h nu nbsp h ist das Plancksche Wirkungsquantum n displaystyle nu nbsp die Frequenz des eingestrahlten Photons ist zu klein um das Atom anzuregen Die Streuung findet an gebundenen Elektronen statt wobei sich die Energie des gestreuten Photons nicht andert Im klassischen Grenzfall das heisst einer grossen Wellenlange des Photons gegenuber dem Bohrradius des Atoms spricht man von Rayleigh Streuung Besonderes Kennzeichen ist dass der Streuquerschnitt s sehr stark von der Frequenz abhangt und proportional zu n 4 displaystyle nu 4 nbsp ansteigt Eine doppelt so grosse Frequenz wird um das 24 fache 16 fache mehr gestreut dies ist die Ursache fur das Himmelblau und das Abendrot Raman Streuung Bearbeiten Hauptartikel Raman Streuung Bei der an sich inelastischen Raman Streuung beobachtet man eine Abweichung der Energie des gestreuten Lichtquants und der Energie E h n displaystyle E h nu nbsp des einfallenden Lichtquants Die Energiedifferenz betragt gerade die Anregungsenergie D E displaystyle Delta E nbsp einer Rotation oder Schwingung des Molekuls beim Raman Effekt 1 Ordnung Diese Energiedifferenz wird an das Atom abgegeben oder wird vom Photon aufgenommen Die Energie des gestreuten Photons betragt dann h n D E displaystyle h nu Delta E nbsp Energieabgabe an das Molekul bzw h n D E displaystyle h nu Delta E nbsp Energieaufnahme vom Lichtquant Resonanzabsorption spontane Emission Fluoreszenz und Phosphoreszenz Bearbeiten Entspricht die Energie eines eintreffenden Photons genau der Differenz zweier diskreter Energieniveaus D E displaystyle Delta E nbsp so wird das Photon vom Atom absorbiert man spricht auch von Resonanzabsorption Das Atom befindet sich darauf in einem angeregten Zustand der uber verschiedene Kanale zerfallen kann Folgt innerhalb kurzer Zeit die Emission eines Lichtquants ahnlicher Frequenz so spricht man von Fluoreszenz Die Energie des Fluoreszenzphotons kann durch nicht strahlende Relaxationsvorgange im Atom niedriger als die eingestrahlte Energie sein Die Lebensdauer des der angeregten Zustandes Zustande betragt typischerweise einige Nanosekunden siehe Fluoreszenzlebensdauer Ist die Verweildauer deutlich langer als einige Nanosekunden so spricht man von Phosphoreszenz oft sind Phosphoreszenzubergange Spin verbotene Ubergange Man beachte dass in beiden Fallen das emittierte und absorbierte Photon keine feste Phasenbeziehung aufweisen es handelt sich also um einen inkoharenten Streuvorgang Stimulierte Emission Bearbeiten nbsp stimulierte EmissionBei der stimulierten Emission wird ein vorhandenes angeregtes Atom durch ein mit passender Energie eingestrahltes Photon zur Emission eines zweiten koharenten Photons angeregt Photoeffekt Bearbeiten nbsp PhotoeffektEin Absorptionsvorgang bei dem ein Elektron die volle Energie des Photons ubernimmt wird als Photoelektrischer Effekt bezeichnet Dafur ist eine gewisse Bindungsfestigkeit des Elektrons aus Grunden der Kinematik notwendig deshalb ist der Wirkungsquerschnitt fur den Photoeffekt am grossten in der innersten Schale K Schale schwerer Atome Dieses ist eigentlich kein Streuprozess sondern eher ein Absorptionsprozess da danach kein gestreutes Photon mehr existiert In der Photoelektronenspektroskopie betrachtet man die ausgelosten Photoelektronen wobei man unter anderem die Anregung mit UV bzw Rontgenstrahlung UPS bzw XPS unterscheidet Mehrfachstreuung BearbeitenMehrfachstreuung an mehreren Streuzentren tritt z B auf bei der Rontgenbeugung in Kristallen akustischen Wellen in porosen Medien der Lichtstreuung an Wassertropfchen in Wolken der Streuung von Strahlen schneller geladener Teilchen in Materie Moliere Theorie z B Moliere Radius Resonanzstreuung BearbeitenFur niedrige Potentialtopfe von der Grosse der Compton Wellenlange tritt resonante Streuung auf die koharent aber phasenverschoben ist Der Phasenunterschied gibt Aufschluss uber die Potentialtiefe Literatur BearbeitenJorn Bleck Neuhaus Elementare Teilchen moderne Physik von den Atomen bis zum Standard Modell Springer Lehrbuch Springer Berlin Heidelberg 2010 ISBN 978 3 540 85299 5 Kapitel 5 Bogdan Povh Mitja Rosina Streuung und Strukturen ein Streifzug durch die Quantenphanomene Physics and astronomy online library Springer Berlin Heidelberg New York Hongkong London Mailand Paris Tokio 2002 ISBN 3 540 42887 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Streuung Physik amp oldid 235354405