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Als Kinematik werden in der Atom Kern und Teilchenphysik die Folgerungen bezeichnet die sich aus Impuls und Energieerhaltung fur die Bewegung der Teilchen nach Zerfalls oder Stossvorgangen ergeben 1 Die Teilchen werden dabei als Punktmassen betrachtet Inhaltsverzeichnis 1 Zerfallsvorgange 2 Stossvorgange 2 1 Veranschaulichung Billardspiel 2 2 Atome Atomkerne Elementarteilchen 2 3 Schwerpunkts Koordinatensystem 2 4 Colliding Beam Experimente 3 Stark exotherme Reaktionen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseZerfallsvorgange BearbeitenBeim Zerfall eines ruhenden Teilchens in andere Teilchen bedeutet Impulserhaltung dass die Vektorsumme aller Impulse auch nach dem Zerfall gleich Null ist Die Abbildung zeigt schematische Beispiele fur den Zerfall in zwei oder aber in drei Teilchen nbsp Zerfall schematisch in 2 oder in 3 Produktteilchen Die Pfeile stellen die Impulsvektoren dar Bei nur 2 Teilchen sind deren Impulsbetrage gleich und auch die Energien festgelegt Bei 3 Teilchen konnen alle Impulse und Energien kontinuierliche Werte annehmen angedeutet sind zwei besondere FalleIm einfachsten Fall sind nach dem Zerfall nur zwei Teilchen vorhanden z B ein Alphateilchen und der emittierende Atomkern Dann bewegen die Teilchen sich stets um 180 Grad auseinander Bezeichnen m i v i E i i 1 2 displaystyle m i v i E i i 1 2 nbsp ihre Massen Geschwindigkeiten und kinetischen Energien und sind die Geschwindigkeiten klein gegenuber der Lichtgeschwindigkeit verlangt die Impulserhaltung m 1 v 1 m 2 v 2 displaystyle m 1 v 1 m 2 v 2 nbsp Die Energien sind E i m i 2 v i 2 displaystyle E i frac m i 2 v i 2 nbsp Druckt man uber die erste Gleichung z B v 2 displaystyle v 2 nbsp durch v 1 displaystyle v 1 nbsp aus erhalt man fur das Verhaltnis der beiden Energien E 2 E 1 m 1 m 2 displaystyle frac E 2 E 1 frac m 1 m 2 nbsp Die kinetischen Energien verhalten sich also umgekehrt zueinander wie die beiden Massen Da die Summe der beiden Energien feststeht beobachtet man z B beim Alphazerfall diskrete wohlbestimmte Teilchenenergien Auch nach einem Gammazerfall sind nur zwei Teilchen vorhanden und es treten diskrete Energien auf Allerdings muss beim Photon der Zusammenhang zwischen Energie und Impuls relativistisch berechnet werden Zeigen sich dagegen kontinuierliche Energiespektren wie bei einem Betazerfall weist dies darauf hin dass als Ergebnis des Zerfalls insgesamt drei oder mehr Teilchen vorhanden sind Diese Uberlegung fuhrte Pauli zur Hypothese des Neutrinos Siehe auch Dalitz Diagramm Stossvorgange BearbeitenVeranschaulichung Billardspiel Bearbeiten Der elastische Zusammenstoss einer bewegten mit einer ruhenden Kugel beim Billardspiel ohne Effet Zugstosse u a veranschaulicht die Punktmassen Kinematik von Stossen Haben die beiden Kugeln wie ublich gleiche Massen so sind zwei Extremfalle am einfachsten zu beschreiben zentraler Stoss die stossende Kugel bleibt liegen die getroffene Kugel ubernimmt vollstandig deren Geschwindigkeit nach Betrag und Richtung streifender Stoss die stossende Kugel rollt fast unverandert weiter die getroffene bewegt sich mit der Geschwindigkeit fast Null etwa rechtwinklig zur Seite In allen anderen dazwischen liegenden Fallen bewegen sich nach dem Stoss beide Kugeln in zueinander rechtwinkligen Richtungen mit solchen Geschwindigkeiten dass der gemeinsame Schwerpunkt der Kugeln der stets auf der Mitte der Verbindungsgeraden der Kugelmittelpunkte liegt sich geradeaus weiterbewegt Es kommt nicht vor dass eine der Kugeln nach dem Stoss ruckwarts um mehr als 90 Grad von der Stossrichtung abweichend rollt Rechnerisch werden diese elastischen Stosse in Stoss Physik behandelt Atome Atomkerne Elementarteilchen Bearbeiten Impuls und Energieerhaltung bestimmen die Kinematik auch bei Vorgangen die durch die Quantenmechanik beschrieben werden mussen Beispielsweise ergibt sich daraus bei Streuprozessen etwa der Compton Streuung eines Photons an einem Elektron wie die Energie des gestreuten Photons mit dem Streuwinkel zusammenhangt Gegenuber dem klassisch mechanischen Fall des Billards kommen hier allerdings in manchen Fallen Komplikationen hinzu Die Teilchen konnen verschiedene Massen haben Trifft ein leichteres auf ein schwereres Teilchen kann es um mehr als 90 Grad abgelenkt also zuruckgestreut werden Die von Ernest Rutherford beobachtete Ruckstreuung von Alphateilchen an einer Goldfolie war deshalb ein deutlicher Hinweis auf die Existenz des schweren Atomkerns Nach dem Stoss konnen mehr als 2 Teilchen vorhanden sein Die kinetische Energie des stossenden Teilchens Projektils kann teilweise in andere Formen Anregungsenergie Masse neuer Teilchen umgewandelt werden Umgekehrt kann zusatzlich zur Projektilenergie weitere Energie in kinetische Form uberfuhrt werden siehe exotherme Reaktion Dies geschieht insbesondere bei den zur technischen Energiegewinnung durchgefuhrten Kernspaltungs und Kernfusionsreaktionen Sind die auftretenden Geschwindigkeiten nicht mehr vernachlassigbar gegenuber der Lichtgeschwindigkeit muss mit der relativistischen Energie und dem relativistischen Impuls gerechnet werden siehe etwa Tests der relativistischen Energie Impuls Beziehung Schwerpunkts Koordinatensystem Bearbeiten Die Beschreibung der kinematischen Verhaltnisse wird meist erleichtert durch Wahl eines Koordinatensystems in dem der gemeinsame Schwerpunkt der Teilchen ruht Schwerpunktsystem engl center of mass system CMS In diesem System bewegen sich die beiden vor dem Stoss vorhandenen Teilchen um 180 Grad entgegengesetzt aufeinander zu nach dem Stoss gelten die obigen Uberlegungen wie bei einem Zerfall Im Laborsystem also dem normalen System in dem sich vor dem Stoss nur das Projektilteilchen bewegt ist allgemein die Geschwindigkeit jedes Teilchens die Vektorsumme aus seiner im Schwerpunktssystem berechneten Geschwindigkeit und der Geschwindigkeit des Schwerpunkts im Laborsystem Galilei Transformation Im relativistischen Fall ist zur Umrechnung zwischen Labor und Schwerpunktsystem statt der Galilei Transformation die Lorentz Transformation notig Colliding Beam Experimente Bearbeiten Die kinetische Energie die im Laborsystem gesehen in der Mitbewegung des Schwerpunkts steckt steht nicht zur Umwandlung in andere Formen etwa neue Teilchen zur Verfugung denn der gemeinsame Schwerpunkt muss sich nach dem Stoss mit gleichbleibendem Impuls weiterbewegen Dies ist der Grund Experimente der Hochenergiephysik als Colliding Beam Experimente durchzufuhren Hier fallt bei entgegengesetzt gleichen Impulsvektoren der zusammenstossenden Teilchen das Schwerpunktssystem mit dem Laborsystem zusammen so dass die gesamte Energie beider Teilchen verbraucht werden kann Stark exotherme Reaktionen BearbeitenKernreaktionen mit hoher Energiefreisetzung wie etwa die neutroneninduzierte Kernspaltung oder die Kernfusion lassen sich wie Zerfalle betrachten wenn man die kinetische Energie des auslosenden Stosses vernachlassigen kann denn dann fallen auch hier Labor und Schwerpunktssystem zusammen Beispiel Die Fusion eines Tritons mit einem Deuteron ergibt ein Alphateilchen und ein Neutron und setzt 17 6 MeV Energie frei Das Alphateilchen hat etwa die vierfache Masse des Neutrons betrug die Stossenergie nur wenige keV wie z B im Fusionsreaktor findet man im Laborsystem Neutronen mit vier Funftel der freigesetzten Energie also 14 1 MeV und Alphateilchen mit 3 5 MeV Literatur BearbeitenP Marmier E Sheldon Physics of Nuclei and Particles Vol I New York London Academic Press 1969 Enthalt ausfuhrliche Darstellung der Zerfalls Streu und Reaktionskinematik K Bethge G Walter B Wiedemann Kernphysik 3 Auflage Berlin usw 2007 ISBN 978 3 540 74566 2 S 169 182 R Hagedorn Relativistic kinematics a guide to the kinematic problems of high energy physics New York 1964 W Greiner J Rafelski Spezielle Relativitatstheorie 3 Auflage Frankfurt 1992 ISBN 3 8171 1205 X S 136 185Einzelnachweise Bearbeiten Bethge Walter Wiedemann siehe Literaturliste S 169 Greiner Rafelski s Literaturliste S 136 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kinematik Teilchenprozesse amp oldid 176548092