www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel behandelt die quantenmechanische Streutheorie fur andere Verwendungen siehe Streuung Physik Als Streutheorie wird in der Physik die theoretische Beschreibung von Streuvorgangen bezeichnet Je nachdem welche Teilchen Strahlen oder Felder an der Streuung beteiligt sind gibt es unterschiedliche Arten von Streuvorgangen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Elementare quantenmechanische Streutheorie 2 Streuproblem in der Quantenmechanik 3 Literatur 3 1 Skripte 3 2 Moderne Werke 3 3 Klassiker und altere Werke 4 EinzelnachweiseElementare quantenmechanische Streutheorie BearbeitenIn der Quantenmechanik wird ein Objekt z B ein Elektron immer durch einen Zustand beschrieben Dieser setzt sich zusammen aus einem Ortszustand Ort displaystyle vert text Ort rangle nbsp einem Spinzustand s m s displaystyle vert s m s rangle nbsp und vielen anderen physikalischen Grossen z B dem Isospin Gesamtzustand Ort Spin displaystyle vert text Gesamtzustand rangle text Ort rangle otimes text Spin rangle dots nbsp Im Folgenden wird nur der Ortszustand Ort displaystyle text Ort rangle nbsp betrachtet Die Wellenfunktion lasst sich dann als Komponenten Darstellung ps x x Ort displaystyle psi x langle x text Ort rangle nbsp des Ortszustands bezuglich einer Ortsbasis x displaystyle x rangle nbsp schreiben Die Beschrankung auf den Ortszustand ist unter folgenden Annahmen gerechtfertigt keine internen Freiheitsgrade Spin angeregter Zustand unterscheidbare Teilchen Symmetrie der Wellenfunktion fur Bosonen bzw Fermionen wird hier nicht berucksichtigt d h keine ununterscheidbare Teilchen keine Mehrfachstreuung Ahnlich wie in der klassischen Mechanik kann das Zweiteilchenproblem zunachst auf ein aquivalentes Einteilchenproblem reduziert werden bei dem ein einzelnes Quantenobjekt auf ein im Ursprung ruhendes Kraftzentrum zulauft Ausgangspunkt der Streutheorie ist die Beschreibung der Wechselwirkung durch ein Potential V x displaystyle V vec x nbsp und den davon abgeleiteten Hamiltonoperator H p 2 2 m V x displaystyle H frac p 2 2m V vec x nbsp Die Wellenfunktion des einlaufenden Teilchens wird zu Beginn des Streuprozesses t t 0 displaystyle t t 0 nbsp durch ein Wellenpaket beschrieben ps 0 x t 0 R 3 d 3 k 2 p 3 a k e i k x displaystyle psi 0 vec x t 0 int mathbb R 3 frac mathrm d 3 vec k 2 pi 3 a vec k e mathrm i vec k cdot vec x nbsp Diese Fourierdarstellung des Teilchens durch ebene Wellen kann auch uber die stationaren Zustande die Eigenzustande des Hamiltonoperators erfolgen H ps k E k ps k displaystyle H psi vec k E k psi vec k nbsp wobei die Eigenwerte mit dem Wellenvektor k displaystyle vec k nbsp zusammenhangen uber E k ℏ 2 k 2 2 m 0 displaystyle E k frac hbar 2 k 2 2m geq 0 nbsp Diese Zustande werden als Streuzustande bezeichnet da ein Zustand mit positiver Energie ungebunden ist und auch ausserhalb der Reichweite des Potentials eine endliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit besitzt Ein einzelner Streuzustand entspricht physikalisch zunachst einer wenig plausiblen Situation da die Wahrscheinlichkeitsstromdichte j ℏ 2 m i ps ps ps ps displaystyle vec j frac hbar 2mi left psi vec nabla psi psi vec nabla psi right nbsp verschwindet also stets die gleiche Menge des Teilchens auf das Streuzentrum zu wie abfliesst Das ist aber notwendig da ein stationarer Zustand einer stehenden Welle analog ist wie man sie z B aus der Akustik kennt Erst durch Uberlagerung gelangt man zu der anschaulichen Situation eines zunachst einlaufenden und danach gestreuten Wellenpaketes Die stationare Schrodinger Gleichung fuhrt auf die Helmholtz Gleichung und deren inhomogene Losung auf eine implizite Integralgleichung die auf die asymptotische Form der Streuzustande fuhrt lim r ps k x e i k x f k 8 ϕ e i k r r displaystyle lim r to infty psi vec k vec x e mathrm i vec k cdot vec x f vec k theta phi frac e mathrm i kr r nbsp Dieses asymptotische Verhalten dass sich in grosser Entfernung vom Streuzentrum die Wellenfunktion aus einer ungestort durchlaufenden ebenen Welle und einer auslaufenden Kugelwelle zusammensetzt bezeichnet man auch als Sommerfeldsche Randbedingung Die physikalische Information uber das Streupotential liegt in der Streuamplitude f k 8 ϕ displaystyle f vec k theta phi nbsp genauer in ihrem Betrag dem durch Streuexperimente zugangigen differentiellen Wirkungsquerschnitt d s d W f k 8 ϕ 2 displaystyle frac mathrm d sigma mathrm d Omega left f vec k theta phi right 2 nbsp Er gibt das Verhaltnis zwischen den in einen Raumwinkel gestreuten auslaufenden Teilchen pro Zeit und der Stromdichte der einlaufenden Teilchen an Fur die Berechnung des vollen Wirkungsquerschnitts daraus siehe Wirkungsquerschnitt Im Falle eines Zentralpotentials ist der Drehimpuls eine Erhaltungsgrosse und man entwickelt die Wellenfunktion nach simultanen Eigenzustanden von H L 2 displaystyle H L 2 nbsp und L z displaystyle L z nbsp Die Streuzustande heissen dann Partialwellen und lassen sich wie auch die nun nur noch vom Winkel 8 displaystyle theta nbsp abhangige Streuamplitude und der Streuquerschnitt nach Legendre Polynomen entwickeln was man auch als Partialwellenentwicklung bezeichnet Eine andere Methode zur Berechnung der Streuamplitude ist die Bornsche Naherung Streuproblem in der Quantenmechanik Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung der beiden Ansatze zur Losung des quantenmechanischen Streuproblems Das Streuproblem in der Quantenmechanik besteht in der Suche nach der Wechselwirkung die einem Streuprozess zweier quantenmechanischer Teilchen eines Projektils und eines Targets zugrunde liegt Wie in der klassischen Mechanik kann auch das quantenmechanische Streuproblem einer Masse m 1 displaystyle m 1 nbsp an einer Masse m 2 displaystyle m 2 nbsp auf die Streuung eines fiktiven Teilchens mit der reduzierten Masse m m 1 m 2 m 1 m 2 displaystyle mu m 1 m 2 over m 1 m 2 nbsp in einem Potenzialfeld V r displaystyle V vec r nbsp zuruckgefuhrt werden 2 Bei der sogenannten elastischen Streuung andern sich die intrinsischen Quantenzahlen von Projektil und Target nicht Bei der unelastischen Streuung treten beispielsweise die intrinsischen Drehimpulse der Teilchen mit dem Bahndrehimpuls der Relativbewegung in Wechselwirkung Dabei konnen verschiedene innere Zustande der Teilchen angeregt werden Zum Beispiel konnen Projektil Target oder beide in Rotation versetzt werden oder Vibrationsschwingungen ausfuhren Bei der unelastischen Streuung kann es auch zum Teilchenaustausch zwischen Projektil und Target kommen was als Transferreaktion bezeichnet wird Die einzelnen Reaktionen verlaufen uber einen sogenannten Streukanal Ein Kanal ist durch die Angabe aller relevanter Quantenzahlen festgelegt welche die entsprechende Reaktion beschreiben Dazu gehoren die Ladungs und Massenzahlen der streuenden Teilchen ihre Drehimpulse und deren Kopplung die Wellenzahl sowie die Energie der Relativbewegung Als Eingangskanal wird der Kanal bezeichnet dessen Quantenzahlen den Zustand der Teilchen zu Beginn der Streuung kennzeichnen Die Quantenzahlen des Ausgangskanals beschreiben den Zustand nach der Streuung Elastische Streuung liegt also vor wenn der Eingangskanal mit dem Ausgangskanal identisch ist Ein Kanal heisst offen wenn die kinetische Energie der Relativbewegung grosser ist als die Anregungsenergie des Kanals und er ausserdem der Drehimpuls und Impulserhaltung gehorcht Dann ist die Wellenzahl reell Ist die Anregungsenergie eines Zustandes grosser als die kinetische Energie der Relativbewegung wird die Kanalenergie negativ Kanale mit negativer Energie heissen geschlossen wie allgemein alle Kanale die nicht offen sind und ihre Kanalwellenzahlen sind rein imaginar Nur der offene Kanal ist energetisch bei der Streuung zuganglich 3 Im Experiment ist der differentielle Wirkungsquerschnitt messbar Das Streuproblem in der Quantenmechanik besteht darin ein Potential V r displaystyle V vec r nbsp zu finden das den gemessenen Wirkungsquerschnitt erklaren oder sogar Ergebnisse anderer Experimente vorhersagen kann Dabei konnen zwei grundsatzlich unterschiedliche Vorgehensweisen unterschieden werden namlich die Losung des direkten und die Losung des inversen Streuproblems Bei der Losung des direkten Streuproblems wird aus einem angenommenen Potential z B Woods Saxon Potential die S Matrix und aus dieser ein theoretischer Wirkungsquerschnitt berechnet Die Parameter des Potentials werden an den experimentellen Wirkungsquerschnitt gefittet Das ist die typische Anwendung bei Streuexperimenten Der einfachste Fall ist oben behandelt Wird aus dem experimentellen Wirkungsquerschnitt die S Matrix und aus dieser das Potential berechnet so wird das inverse Streuproblem gelost Literatur BearbeitenSkripte Bearbeiten Jan Plefka Fortgeschrittene Quantentheorie 2014 hu berlin de PDF Hendrik van Hees Streutheorie 1997 uni frankfurt de PDF Moderne Werke Bearbeiten Jorn Bleck Neuhaus Stossprozesse quantenmechanisch In Elementare Teilchen Springer Lehrbuch Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2013 ISBN 978 3 642 32578 6 S 119 154 doi 10 1007 978 3 642 32579 3 5 Peter Bongaarts Scattering Theory In Quantum Theory Springer International Publishing Cham 2015 ISBN 978 3 319 09560 8 S 217 233 doi 10 1007 978 3 319 09561 5 14 englisch Reiner M Dreizler Tom Kirchner Cora S Ludde Streutheorie in der nichtrelativistischen Quantenmechanik Eine Einfuhrung Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2018 ISBN 978 3 662 57896 4 doi 10 1007 978 3 662 57897 1 Bogdan Povh Klaus Rith Christoph Scholz Frank Zetsche Werner Rodejohann Streuung In Teilchen und Kerne Springer Lehrbuch Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 37821 8 S 43 55 doi 10 1007 978 3 642 37822 5 4 Bogdan Povh Mitja Rosina Scattering and Structures Graduate Texts in Physics Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2017 ISBN 978 3 662 54513 3 doi 10 1007 978 3 662 54515 7 englisch Klassiker und altere Werke Bearbeiten Werner O Amrein Josef M Jauch Kalyan B Sinha Scattering Theory in Quantum Mechanics David Pines Hrsg Lecture notes and supplements in physics Band 16 W A Benjamin Reading Mass 1977 ISBN 978 0 8053 0202 8 englisch archive org Aleksandr S Dawydow Theorie des Atomkerns Otto Lucke Robert Rompe Hrsg Hochschulbucher fur Physik Band 35 1 Auflage Dt Verl d Wiss Berlin 1963 uni leipzig de J E G Farina Quantum Theory of Scattering Processes Hrsg R McWeeny The International Encyclopedia of Physical and Chemical Physics Topic 2 Classical and Quantum Mechanics Band 4 Pergamon Press 1973 englisch archive org John R Taylor Scattering Theory The Quantum Theory of Nonrelativistic Collisions Reprint Auflage Robert E Krieger Pubublishing Company Malabar FL 1983 englisch archive org Marvin L Goldberger Kenneth M Watson Collision Theory Dover Publications Mineola NY 2004 ISBN 978 0 486 43507 7 englisch google de Originaltitel Collision Theory 1975 Charles J Joachain Quantum Collision Theory North Holland Publishing Company 1975 ISBN 0 7204 0294 8 englisch archive org N F Mott H S W Massey The Theory Of Atomic Collisions The International Series of Monographs on Physics 2 Auflage Calrendon Press OUP Oxford 1949 englisch archive org Roger G Newton Scattering Theory of Waves and Particles Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 1982 ISBN 978 3 642 88130 5 doi 10 1007 978 3 642 88128 2 englisch John M Blatt Victor F Weisskopf Formal Theory of Nuclear Reactions In Theoretical Nuclear Physics Springer New York New York NY 1979 ISBN 978 1 4612 9961 5 S 517 564 doi 10 1007 978 1 4612 9959 2 10 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Streutheorie in vielen verschiedenen Bereichen wird zum Beispiel behandelt in Roy Pike Pierre Sabatier Hrsg Scattering Scattering and Inverse Scattering in Pure and Applied Science Academic Press 2002 A S Davydov Quantenmechanik 7 Auflage Berlin 1987 ISBN 978 3 326 00095 4 Streukanal Spektrum Lexikon der Physik Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Streutheorie amp oldid 235990534