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Pentarchie griechisch fur Funfherrschaft bezeichnet das bewegliche mehrpolige System internationaler Beziehungen in Europa das vom Ende des 18 an und besonders im 19 inklusive fruhen 20 Jahrhundert von der Dominanz von funf Machten Europaisches Konzert der Grossmachte gepragt war 1 2 und das zwischen diesen postulierte angestrebte oder tatsachlich herrschende Gleichgewicht der Krafte 3 Zu diesen Pentarchie Machten zahlten Frankreich Osterreich Grossbritannien Russland und Preussen 4 Europaische Grossmachte um 1840 Grossbritannien Frankreich Preussen Osterreich Russland Inhaltsverzeichnis 1 18 Jahrhundert 2 19 Jahrhundert 2 1 Entstehung 2 2 Beispiele 2 3 Ende des Systems 3 Literatur 4 Einzelnachweise18 Jahrhundert BearbeitenIn der Folge des Osterreichischen Erbfolgekrieges und Siebenjahrigen Krieges hatte sich Preussen in den 1760er Jahren als nunmehr funfte Grossmacht in Europa etabliert 5 Damit endete die seit 1659 vorherrschende Position Frankreichs in Europa Fortan schien keine der funf Machte allein stark genug die anderen zu dominieren was den Frieden zumindest bis zum Ausbruch der Franzosischen Revolution und der napoleonischen Kriege forderte Allerdings ist die Entstehung einer echten Pentarchie bereits im spaten 18 Jahrhundert sehr umstritten da die Ebenburtigkeit der funf Grossmachte so noch nicht gegeben war Insbesondere Frankreich stellte weiterhin die mit Abstand starkste Militarmacht dar wahrend Preussen deutlich die kleinste Grossmacht war Was aber die Zeit bis 1750 von der habsburgisch franzosischen Dauerrivalitat pragte war ab dem Renversement des alliances die osterreichisch preussische Rivalitat Deutscher Dualismus und die propagandistisch aufgebaute deutsch franzosische Erbfeindschaft fur Mitteleuropa bestimmend 19 Jahrhundert BearbeitenEntstehung Bearbeiten nbsp Wiener Kongress 1815 Zeichnung von 1819Von der europaischen Pentarchie als einem weltpolitischen System spricht man vor allem in Bezug auf die erste Halfte des 19 Jahrhunderts Gemeint ist das sogenannte Wiener System von 1815 bis 1853 6 das auch Europaisches Konzert der Machte genannt wird Nach den napoleonischen Kriegen vereinbarten die vier Siegermachte auf dem Wiener Kongress Regelungen die den Status quo die bestehende Ordnung aussen wie innenpolitisch verteidigen sollten In erster Linie dachten die Siegermachte Grossbritannien Russland Osterreich und Preussen an eine Verteidigung gegenuber Frankreich in dem man nach wie vor revolutionare Tendenzen vermutete Die konservativen Ostmachte Russland Osterreich und Preussen vereinbarten dazu eine Heilige Allianz um das monarchische Prinzip durchzusetzen im Gegensatz zum modernen Nationalstaat wie das revolutionare Frankreich ihn zumindest propagiert hatte 6 Es entwickelte sich aber rasch ein System in dem sowohl Frankreich als auch die vier Siegermachte als sogenannte Pentarchie den Status quo bewahrten Es ging darum Kriege zwischen den Grossmachten zu verhindern aber auch dass eine Grossmacht sich nicht durch Eroberung und Einverleibung eines kleineren Landes in Europa vergrosserte Dies hatte das Gleichgewicht gefahrdet Schliesslich bekampfte die Pentarchie revolutionare liberale oder soziale Erhebungen in den europaischen Landern Damit ahnelte die Pentarchie dem Deutschen Bund der in Deutschland diese Bewegungen unterdruckte Beispiele Bearbeiten 1823 griff Frankreich mit Truppen in Spanien ein nachdem 1821 eine Rebellion eine Verfassung durchgesetzt hatte Spanien wurde wieder absolute Monarchie In der Orientkrise 1839 1840 verhinderten die Grossmachte dass Agypten sich vom Osmanischen Reich unabhangig machte dies war ein Ziel Frankreichs gewesen Als sich im Jahr 1830 in der Belgischen Revolution der sudliche Landesteil vom Konigreich der Vereinigten Niederlande lossagte uberlegte Frankreich den franzosischsprachigen Teil zu annektieren Mit Rucksicht auf Grossbritannien unterblieb dies 1848 1849 schlugen russische Truppen die Erhebung im osterreichisch beherrschten Ungarn nieder 1848 1851 bekampfte Danemark die deutsche Nationalerhebung in den zum Danischen Gesamtstaat gehorenden Herzogtumern Schleswig und Holstein Schleswig Holsteinischer Krieg Preussen musste auf Druck Grossbritanniens seine Unterstutzung fur die deutsche Bewegung in den Herzogtumern einstellen und das Londoner Protokoll 1852 unterzeichnet von den funf Grossmachten schrieb den Status quo fest 1863 1864 bezog Danemark nach dem Scheitern der Gesamtstaatsverfassung Schleswig unter Ausschluss von Holstein in die Novemberverfassung ein womit es gegen die Bestimmungen zum Gesamtstaat des Londoner Protokolls von 1852 verstiess Eine Vermittlung der Grossmachte zwischen Danemark und Preussen auf der Londoner Konferenz 1864 schlug fehl Der Deutsch Danische Krieg fuhrte zu einer vorubergehenden Verwaltung der Herzogtumer durch die beiden Sieger Osterreich und Preussen Preussen annektierte die Gebiete 1866 Ende des Systems Bearbeiten Nachdem das Wiener System mehrere Krisen uberstanden hatte kam es zum Krimkrieg 1853 1856 Er begann als ein weiterer russisch turkischer Krieg Dann aber kamen die westlichen Machte dem Osmanischen Reich gegen Russland zu Hilfe Nach jahrelangen Kampfen vor allem auf der russischen Halbinsel Krim am Schwarzen Meer endete der Krieg im Wesentlichen mit der Wiederherstellung des Status quo ante Russland musste auf die zwischenzeitlich besetzten osmanischen Donaufurstentumer verzichten Teile des heutigen Rumanien und Einschrankungen seiner Flottenpolitik hinnehmen Damit waren der russische Zar aus dem Konzert der Pentarchie ausgeschieden und der Grundsatz der von allen Akteuren besorgten Bewahrung des Status quo aufgegeben so der Historiker Harald Kleinschmidt 6 Vor allem das Verhaltnis zwischen Osterreich und Russland war dauerhaft zerruttet und noch mehrmals wurde die Aufteilung des Balkans zum Streitthema Preussen hingegen war im Krieg neutral geblieben und naherte sich damit Russland an wahrend die Entfremdung zwischen Preussen und Osterreich zunahm Dies sollte sich in spateren Kriegen noch als bedeutsam erweisen Dann folgten ungefahr in den 1860er Jahren drei Kriege zwischen Grossmachten die das System der Pentarchie und die politische Landschaft Europas nachhaltig veranderten Sie schufen mit Italien und Deutschland zwei neue Nationalstaaten Je zwei der Kriege fuhrten Frankreich Osterreich und Preussen gegeneinander nbsp Gemalde aus der Schlacht von Solferino 1859 Diese Schlacht mit vielen unversorgt bleibenden Verletzten brachte Henri Dunant dazu das Rote Kreuz zu grunden Der franzosisch osterreichische Krieg oder Sardinische Krieg von 1859 war von Sardinien provoziert worden um italienischsprachige Gebiete Osterreichs zu erobern Der Bundnispartner Frankreich erhielt schliesslich vom unterlegenen Osterreich die Lombardei und reichte diese an Sardinien weiter Sowohl Frankreich als auch Osterreich gingen durch die Kriegskosten geschwacht aus der Auseinandersetzung hervor allerdings trat Sardinien an Frankreich Savoyen und Nizza ab Frankreichs Kaiser Napoleon III hatte geglaubt die mittelitalienischen Staaten unter seine Kontrolle bekommen zu konnen diese schlossen sich aber 1860 1861 mit Suditalien Sardinien an So entstand das neue Konigreich Italien das sich Frankreich nicht unbedingt als dankbar erwies Einen ahnlichen Fehler machte Napoleon III 1865 als er den preussischen Ministerprasidenten Otto von Bismarck zu einer Auseinandersetzung mit Osterreich ermunterte Auch diesmal erhoffte er sich Einfluss auf die deutschen Staaten erlangen zu konnen und war davon ausgegangen fur seine wohlwollende Neutralitat Teile Westdeutschlands wie etwa Luxemburg zu erhalten Der preussisch osterreichische oder Deutsche Krieg vom Sommer 1866 endete dann uberraschend schnell mit einem Sieg Preussens Preussen brachte daraufhin ganz Norddeutschland durch Annexion oder Eingliederung in den Norddeutschen Bund in seinen Machtbereich und aus dem vermeintlichen Juniorpartner Preussen wurde der Hauptgegner Frankreichs Nach mehreren preussisch franzosischen Krisen in der Diplomatie beispielsweise der Luxemburgkrise von 1867 erklarte Frankreich am 19 Juli 1870 Preussen den Krieg Entgegen den Erwartungen Frankreichs schlossen sich die suddeutschen Staaten Preussen im Deutsch Franzosischen Krieg an Noch wahrend des Krieges traten diese Staaten dem Norddeutschen Bund bei so dass das Deutsche Reich von 1871 entstand Innerhalb weniger Jahre war Preussen Deutschland an die Stelle Frankreichs getreten als halbhegemoniale Macht in Europa zwischen der Seemacht Grossbritannien und der Landmacht Russland Osterreich wurde 1867 durch den Osterreichisch Ungarischen Ausgleich zu Osterreich Ungarn und galt allenfalls als zweitrangige Grossmacht Gleichzeitig kam Italien als sechste neue Grossmacht hinzu In der Folge bildeten sich mehrere gegeneinander gerichtete Bundnissysteme zwischen den Grossmachten und auch der aufkommende Imperialismus fachte weitere Rivalitaten an Literatur BearbeitenWinfried Baumgart Europaisches Konzert und nationale Bewegung Internationale Beziehungen 1830 1878 2 Auflage Schoningh Paderborn Munchen Wien Zurich 2007 ISBN 978 3 506 73726 7 Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen Band 6 Walter Demel Europaische Geschichte des 18 Jahrhunderts Standische Gesellschaft und europaisches Machtesystem im beschleunigten Wandel 1689 1700 1789 1800 Kohlhammer Stuttgart 2000 ISBN 978 3 17 014518 4 Heinz Duchhardt Balance of Power und Pentarchie Internationale Beziehungen 1700 1785 Schoningh Paderborn Munchen Wien Zurich 1997 ISBN 978 3 506 73724 3 Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen Band 4 Michael Sheehan The Balance of Power History and Theory Routledge London New York NY 1996 ISBN 978 0 415 11931 3 Arno Strohmeyer Theorie der Interaktion Das europaische Gleichgewicht der Krafte in der Fruhen Neuzeit Bohlau Wien Koln Weimar 1994 ISBN 3 205 98216 9 Einzelnachweise Bearbeiten Walter Demel Europaische Geschichte des 18 Jahrhunderts Kohlhammer Stuttgart 2000 ISBN 978 3 17 014518 4 S 217 Winfried Baumgart Europaisches Konzert und nationale Bewegung Internationale Beziehungen 1830 1878 Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen Band 6 Paderborn Munchen Wien Zurich 1999 ISBN 978 3 506 73726 7 S 147ff Heinz Duchhardt Balance of Power und Pentarchie Internationale Beziehungen 1700 1785 Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen Band 4 Paderborn Munchen Wien Zurich 1997 ISBN 978 3 506 73724 3 S 10 18 Heinz Duchhardt Balance of Power und Pentarchie Internationale Beziehungen 1700 1785 Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen Band 4 Paderborn Munchen Wien Zurich 1997 ISBN 978 3 506 73724 3 S 8f Heinz Duchhardt Balance of Power und Pentarchie Internationale Beziehungen 1700 1785 Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen Band 4 Paderborn Munchen Wien Zurich 1997 ISBN 978 3 506 73724 3 S 154f a b c Harald Kleinschmidt Geschichte der internationalen Beziehungen Ein systemgeschichtlicher Abriss Reclam Stuttgart 1998 S 251 Normdaten Sachbegriff GND 4689131 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pentarchie Europa amp oldid 237084150