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Die Orgel von St Peter und Paul in Cappel Niedersachsen wurde 1680 von Arp Schnitger fur die Hamburger St Johannis Klosterkirche gebaut und befindet sich seit 1816 in Cappel Sie gilt als die vollstandigste und klanglich besterhaltene historische Orgel aus dem spaten 17 Jahrhundert in Norddeutschland 1 Das Werk verfugt uber zwei Manuale Pedal und 30 Register von denen nur zwei nicht vollstandig erhalten sind Weltberuhmt wurde das Instrument durch Helmut Walchas Schallplattenaufnahmen der Orgelwerke Bachs 1950 1952 2 Orgel von St Peter und Paul Cappel AllgemeinesAlternativer Name Schnitger OrgelOrt St Peter und Paul CappelOrgelerbauer Arp SchnitgerBaujahr 1680Letzte r Umbau Restaurierung 1977 durch Rudolf von Beckerath OrgelbauEpoche BarockOrgellandschaft zwischen Elbe und WeserTechnische DatenAnzahl der Register 30Anzahl der Pfeifenreihen 51Anzahl der Manuale 2Tontraktur MechanischRegistertraktur Mechanisch Inhaltsverzeichnis 1 Baugeschichte 1 1 Neubau durch Schnitger 1680 1 2 Uberfuhrung nach Cappel 1816 durch Georg Wilhelmy 1 3 Restaurierungen 2 Disposition seit 1939 1680 3 Technische Daten 4 Literatur 5 Aufnahmen Tontrager 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBaugeschichte BearbeitenNeubau durch Schnitger 1680 Bearbeiten nbsp Autographer Dispositionsentwurf von Schnitger nbsp Spieltisch der Orgel in CappelDie Orgel entstand fur die Hamburger Klosterkirche St Johannis an der Stelle des heutigen Rathausmarktes 3 Die Johanniskirche war Teil des von den Dominikanern begrundeten Johannisklosters welches seit der Reformation von der Gelehrtenschule des Johanneums genutzt wurde Zu dessen bekannten Kantoren gehorten unter anderem Georg Philipp Telemann und Carl Philipp Emanuel Bach Der Vertragsabschluss erfolgte vermutlich 1679 4 Schnitgers eigenhandiger Dispositionsentwurf wurde 1989 in Basedow wiederentdeckt Von April bis Dezember 1680 wurde die Orgel mit Hauptwerk Ruckpositiv und Pedal in neun Monaten in Schnitgers Stader Werkstatt gebaut 5 Das Pedal erhielt seinen Platz direkt hinter dem Hauptwerk Gehause das keine Ruckwand aufwies 6 Schnitger ubernahm zehn Register aus der Vorgangerorgel einem Instrument eines unbekannten Erbauers aus der Spatrenaissance vermutlich aus dem Jahr 1567 So integrierte Schnitger alle tieferen Gedackt Register in seine Orgel Die relativ breiten Gehause von Hauptwerk und Ruckpositiv sind funfachsig und entsprechen sich in der Form Der jeweils uberhohte polygonale Mittelturm wird mit den seitlichen Spitzturmen durch zweigeschossige Flachfelder verbunden in denen stumme Pfeifen aufgestellt sind wie in der Schnitger Orgel in Nieuw Scheemda Die Seitenturme und Flachfelder der beiden Manualwerkgehause werden unter einem gemeinsamen Kranzgesims im Kompositstil vereint Aufwendig gestaltete Konsolen vermitteln zu dem schmaleren Untergehause mit dem Spieltisch 7 Die reich geschmuckten Gesimse Stander und Friese des Prospekts knupften an das Aussehen des bisherigen Instruments an oder es wurden Teile der alten Verzierung ubernommen 8 Das Schnitzwerk schuf der Hamburger Bildhauer Christian Precht 9 Im Rankenwerk der Schleierbretter sind im Hauptwerk ausschliesslich florale Elemente im Ruckpositiv neben Bluten und Fruchte auch Fratzen und stilisierte Tierkopfe und im Unterzug des Ruckpositivs drei Engelskopfe eingearbeitet 10 Die zinnernen Prospektpfeifen sind neben denen aus Oederquart die einzigen von Schnitger die vollstandig erhalten sind und 1917 nicht fur Rustungszwecke abgeliefert werden mussten 11 Klanglich zeichnen sie sich durch einen eleganten und obertonreichen Klang aus 1 Die polyphon konzipierten Mixturen spiegeln die Tradition der Renaissance Mixturen ohne hohe Chore im Diskant wider 1 Aufgrund des Reichtums an gemischten Stimmen sind vielfaltige Plenumklange moglich Dass Schnitgers Pedalmixtur mit einem Terzchor erhalten blieb ist ungewohnlich da sie bei anderen Schnitger Orgeln in der Regel dem Zeitgeschmack entsprechend spater ersetzt wurden Bemerkenswert ist auch die chromatische Aufstellung der Pfeifen auf der hinten frei stehenden Pedallade die sich durch die Schrage der Westmauer in St Johannis erklart 7 Dass Schnitger Zungenregister aus alteren Instrumenten ubernommen hat ist ansonsten ungewohnlich 1 Insgesamt ist die originale Intonation Schnitgers weitgehend erhalten und wurde nicht wesentlich durch Umarbeitungen und Restaurierungen verandert 12 Uberfuhrung nach Cappel 1816 durch Georg Wilhelmy Bearbeiten nbsp Johannes der Taufer mit zwei flankierenden Engeln nbsp Unterer Abschluss des RuckpositivsIm Zuge der franzosischen Besatzungszeit zu Beginn des 19 Jahrhunderts diente die Klosterkirche als Magazin Die Orgel wurde 1813 von Joachim Wilhelm Geycke abgebaut und ausgelagert und die Johanniskirche 1829 spater das Kloster abgerissen Die Orgel wurde von der Hamburger St Petrikirche fur 600 Reichstaler nach Cappel verkauft 13 wo nach dem Kirchenbrand 1810 eine neue Kirche erbaut worden war 1815 1816 sich die Gemeinde aber keine neue Orgel leisten konnte Eine Cappeler Delegation reiste am 16 Juni 1816 nach Hamburg um die Orgel abzuholen 14 Geycke und Johann Heinrich Wohlien verpackten die Orgel in Holzkisten die von Hamburg nach Cuxhaven mit dem Schiff transportiert wurden Am 29 Juni 1816 war die Uberfuhrung der Orgel abgeschlossen Mit Johann Georg Wilhelm Wilhelmy Stade schloss man einen Kontrakt in dem er sich verpflichtete die Orgel fur 385 Reichstaler wieder aufzubauen und einzurichten Dabei musste das Hauptgehause eingekurzt werden Fur die Flammenornamente vor den Fussen der Prospektpfeifen im Mittelturm des Ruckpositivs die ein stilistisch auffallend fremdes Element darstellen benutzte Wilhelmy zerbrochene Teile von Engelsflugeln die heute den Engeln auf dem Ruckpositiv fehlen 15 Die runden Segmente neben dem Mittelturm des Ruckpositivs gehen wahrscheinlich auf die Aufstellung von Wilhelmy in Cappel zuruck Zusatzlich wurde Wilhelmy beauftragt einen Zimbelstern einzubauen Aufgrund der niedrigeren Deckenhohe gegenuber Hamburg konnten die Christus und Engelfiguren nicht mehr auf dem Hauptwerk platziert werden und fanden fortan auf dem Kanzelaltar Verwendung Seitdem weist Johannes der Taufer die mittlere Figur auf dem Ruckpositiv mit seinem Zeigefinger nicht mehr auf die Christusfigur sondern ins Leere 8 1890 ersetzte der Stader Orgelbauer Johann Hinrich Rover die Balganlage Schnitgers durch drei grosse Keilbalge die in der Bauweise denen von Schnitger ahnelten und eine vergleichbare atmende Windversorgung garantierten 6 Bis 1927 wurden das Instrument durch verschiedene Orgelwerkstatten aus Stade gewartet ohne dass Eingriffe in die Substanz erfolgten Restaurierungen Bearbeiten nbsp Gambe spielender EngelIm Jahr 1928 wies Christhard Mahrenholz in einem Gutachten auf die besondere Bedeutung der Orgel hin und empfahl eine Renovierung und Instandsetzung der zwischenzeitlich stillgelegten Register 16 Fur dieses Jahr ist ein Ankaufversuch nachgewiesen weitere Versuche folgten zwischen 1932 und 1935 Im Jahr 1932 baute die Orgelwerkstatt P Furtwangler amp Hammer ein elektrisches Geblase ein 17 Ab 1939 erfolgte eine erste Instandsetzung durch Paul Ott der auch 1950 1952 die Orgel bei den Aufnahmen von Helmut Walcha betreute 1976 1977 wurde die Orgel von Rudolf von Beckerath Orgelbau Hamburg nach Heizungsschaden instand gesetzt und die historische Substanz gesichert Die seit 1816 bestehende gleichstufige Temperatur wurde beibehalten Bei dem Cornet 2 musste die obere Oktave erganzt werden da das Register zwischenzeitlich als Trompete 4 umgesetzt war Die Cimbel wurde in der ursprunglichen Zusammensetzung erganzt 18 Im Jahr 2009 wurde die Balganlage von Beckerath restauriert und die Kirchenruckwand saniert 19 Disposition seit 1939 1680 BearbeitenI Ruckpositiv CDE c3 A 1 Principal 0 4 SGedact 0 8 VQuintadena 0 8 SFloit 0 4 SOctava 0 2 SSiffloit 1 1 2 SSesquialtera II0 STertian II SScharff IV IV SDulcian 16 0 0 S II Hauptwerk CDE c3 A 1 Principal 0 8 SQuintadena 16 0 0 VHollfloit 0 8 VOctava 0 4 VSpitzfloit 0 4 SNasat 0 3 VGemshorn 0 2 VRauschpfeife II0 SMixtur V VI SCimbel III B STrompet 0 8 V Pedal CD d1Untersatz 16 0 0 V A 2 Octava 0 8 VOctava 0 4 SNachthorn 0 2 SRauschpfeife II0 SMixtur IV VI SPosaun 16 STrompet 0 8 VCornet 0 2 B SV aus der Vorgangerorgel der Spatrenaissance 1567 S Schnitger 1680 B Beckerath 1977 Koppeln Manual Schiebekoppel ausser Betrieb Tremulant B Cimbelstern V Anmerkungen a b Mit gebrochener Oktave Fis und Gis auf geteilten Obertasten Aus Blei Technische Daten Bearbeiten30 Register 51 Pfeifenreihen Windversorgung 3 Keilbalge Rover 3 Sperrventile Schnitger Winddruck 68 mmWS Windladen Hauptwerk Ruckpositiv und Pedal Schnitger Traktur Klaviaturen Manuale Schnitger Pedal Beckerath Tontraktur Mechanisch Registertraktur Mechanisch Stimmung Gleichstufige Stimmung seit 1816 Tonhohe ca 3 5 Ton uber a1 440 HzLiteratur BearbeitenHans Martin Balz Gottliche Musik Orgeln in Deutschland 230 Veroffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde Konrad Theiss Stuttgart 2008 ISBN 978 3 8062 2062 9 S 46 47 Dietrich Diederichs Gottschalk Ich glaube nicht dass es in Ihrem Lande eine bessere Orgel gibt Die Arp Schnitger Orgel in Cappel im Lande Wursten In Jahrbuch der Manner vom Morgenstern 94 2015 S 229 311 online PDF Cornelius H Edskes Harald Vogel Arp Schnitger und sein Werk 241 Veroffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde 2 Auflage Hauschild Bremen 2013 ISBN 978 3 89757 525 7 S 24 27 152 f Gustav Fock Arp Schnitger und seine Schule Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord und Ostseekustengebiet Barenreiter Kassel 1974 ISBN 3 7618 0261 7 S 33 34 Forderungs und Spendengemeinschaft zur Erhaltung der Arp Schnitger Orgel zu Cappel Hrsg 200 Jahre Arp Schnitger Orgel in der St Peter und Paul Kirche zu Cappel Cappel 2016 Harald Vogel Gunter Lade Nicola Borger Keweloh Orgeln in Niedersachsen Hauschild Bremen 1997 ISBN 3 931785 50 5 S 166 169 331 367 Helmut Winter Die Schnitger Orgel in Cappel St Petri und Pauli Wagner Hamburg 1977 ISBN 3 921029 52 X online PDF 2 9 MB Aufnahmen Tontrager BearbeitenVollstandigkeit anstrebende Diskografie Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Schnitger Orgel in Cappel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Forderverein der Orgel in Cappel Infos auf arpschnitger nl Arp Schnitger Orgel Datenbank Orgel in Cappel bei NOMINE e V Orgelatlas von H W Coordes Greifenberger Institut fur Musikinstrumentenkunde Die beruhmteste Schnitger Orgel NDR Sendung vom 24 Februar 2019Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Vogel Lade Borger Keweloh Orgeln in Niedersachsen 1997 S 168 Winter Die Schnitger Orgel in Cappel 1977 S 11 online PDF 2 9 MB Die Angaben zu Walchas Registrierungen wurden von Harald Vogel nach dem Gehor rekonstruiert Harald Vogel Die Registrierungen von Helmut Walcha in Cappel In Forderungs und Spendengemeinschaft zur Erhaltung der Arp Schnitger Orgel zu Cappel Hrsg 200 Jahre Arp Schnitger Orgel in der St Peter und Paul Kirche zu Cappel Cappel 2016 S 22 39 Fock Arp Schnitger und seine Schule 1974 S 33 Winter Die Schnitger Orgel in Cappel 1977 S 8 online PDF 2 9 MB Winter Die Schnitger Orgel in Cappel 1977 S 6 online PDF 2 9 MB a b Vogel Lade Borger Keweloh Orgeln in Niedersachsen 1997 S 169 a b Edskes Vogel Arp Schnitger und sein Werk 2 Aufl 2013 S 24 a b Vogel Lade Borger Keweloh Orgeln in Niedersachsen 1997 S 167 Edskes Vogel Arp Schnitger und sein Werk 2 Aufl 2013 S 152 Diederichs Gottschalk Ich glaube nicht dass es in Ihrem Lande eine bessere Orgel gibt 2015 S 260 263 Edskes Vogel Arp Schnitger und sein Werk 2 Aufl 2013 S 26 Edskes Vogel Arp Schnitger und sein Werk 2 Aufl 2013 S 153 Fock Arp Schnitger und seine Schule 1974 S 34 Winter Die Schnitger Orgel in Cappel 1977 S 10 online PDF 2 9 MB Diederichs Gottschalk Ich glaube nicht dass es in Ihrem Lande eine bessere Orgel gibt 2015 S 289 Eine zeichnerische Rekonstruktion der Schnitger Orgel in der St Johannis Klosterkirche befindet sich auf S 291 Winter Die Schnitger Orgel in Cappel 1977 S 11 online PDF 2 9 MB Forderverein der Orgel in Cappel abgerufen am 13 Februar 2017 Bericht von Beckerath PDF Datei 4 8 MB abgerufen am 2 Marz 2018 Nordsee Zeitung vom 31 Januar 2010 Memento vom 4 September 2012 im Webarchiv archive today Archiv abgerufen am 2 Marz 2018 Erhaltene Orgeln von Arp Schnitger Bergstedt Blankenhagen Cappel Dedesdorf Eenum Faro Ganderkesee Godlinze Grasberg Aa kerk Groningen Martinikerk Groningen Pelstergasthuiskerk Groningen St Jacobi Hamburg Harkstede Hollern Ludingworth Mariana Mensingeweer Mittelnkirchen Moreira Maia Neuenfelde Nieuw Scheemda Noordbroek Norden Ochsenwerder Pellworm Sneek St Cosmae Stade Steinkirchen Uithuizen Weener 53 7274299 8 5681289 Koordinaten 53 43 38 7 N 8 34 5 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orgel von St Peter und Paul Cappel amp oldid 224406439