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Als Kirchenverfassung bezeichnet man die Gesamtheit derjenigen kirchenrechtlichen Normen die die wesentlichen Grundsatzentscheidungen uber Aufbau und Organisation einer Kirche Organisation treffen Die Verfassung beeinflusst haufig auch die materiellen religiosen sittlichen moralischen und intellektuellen Verhaltnisse innerhalb der jeweiligen Kirche Sie kann zugleich eine Legitimationsbasis fur die Kirche als Institution sein Inhaltsverzeichnis 1 Verfassungen der verschiedenen Kirchen 1 1 Romisch Katholische Kirche 1 2 Evangelische Kirchen insbesondere Landeskirchen in Deutschland 2 Geschichtliche Entwicklung 2 1 Mittelalter 2 2 Reformation 2 3 Neuzeit 3 Einzelnachweise 4 Literatur 5 Siehe auch 6 WeblinksVerfassungen der verschiedenen Kirchen BearbeitenDie einzelnen Kirchenverfassungen sind sowohl durch theologische Uberzeugungen der jeweiligen Kirchen beeinflusst als auch durch historische Entwicklungen Sie unterscheiden sich deshalb erheblich voneinander Romisch Katholische Kirche Bearbeiten Die romisch katholische Kirche kennt keine Verfassung im formellen Sinne also keine Verfassungsurkunde in der die relevanten Normen zusammengefasst waren Die Codexreformkommission fur den CIC 1983 beabsichtigte auch eine kirchliche Verfassung vorzulegen die Lex Ecclesiae Fundamentalis abgekurzt LEF in etwa Grundgesetz der Kirche genannt wurde Ein Entwurf wurde 1971 weltweit zur Stellungnahme versandt Schliesslich ein 7 Entwurf 1980 dem Papst ubergeben Dieser entschied ohne nahere Begrundung das Projekt aufzugeben Von den 86 Canones des Entwurfs des LEF in seiner letzten Fassung wurden 38 Canones in den CIC 1983 bzw spater in den CCEO integriert Damit haben sie formell keinen Verfassungsrang 1 Dennoch kennt auch die romisch katholische Kirche Rechtsnormen die im materiellen Sinne Verfassungsnormen darstellen Diese haben aber nur zu einem geringen Teil Eingang in den Codex Iuris Canonici die Kodifikation des kanonischen Rechts gefunden Besonderes Merkmal sind die Organisation als Weltkirche und die hierarchische Struktur Der Papst als Bischof von Rom in dem das vom Herrn einzig dem Petrus dem Ersten der Apostel ubertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert ist Haupt des Bischofskollegiums Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden deshalb verfugt er kraft seines Amtes in der Kirche uber hochste volle unmittelbare und universale ordentliche Gewalt die er immer frei ausuben kann Can 331 Typisch ist auch die Unterteilung in Klerus und Laien wobei kraft ius divinum nicht nur von verschiedenen Aufgaben sondern von einem Wesensunterschied ausgegangen wird Can 207 1 Kraft gottlicher Weisung gibt es in der Kirche unter den Glaubigen geistliche Amtstrager die im Recht auch Kleriker genannt werden die ubrigen dagegen heissen auch Laien Evangelische Kirchen insbesondere Landeskirchen in Deutschland Bearbeiten Die evangelischen Landeskirchen und ihre Zusammenschlusse haben ihre Normen von grundlegender Bedeutung in Verfassungsurkunden erlassen Diese werden haufig als Grundordnungen GO oder als Kirchenordnungen bezeichnet Anders als die romisch katholische Kirche sind die evangelischen Kirchen keine Weltkirchen Auch ist der hierarchische Aufbau nicht in gleicher Weise vorhanden vgl etwa Artikel 7 der Grundordnung der Evangelischen Landeskirche in Baden Die verschiedenen Amter in der Kirche begrunden keine Herrschaft der einen uber die anderen sondern haben Teil an dem der ganzen Gemeinde anvertrauten Dienst 2 Wegen des reformatorischen Prinzips des allgemeinen Priestertums aller Glaubigen ist eine Unterscheidung nach Priestern und Laien unbekannt vgl etwa 44 Abs 1 S 2 GO Aufgrund der Taufe ist jeder Christ zu Zeugnis und Dienst in der Gemeinde und in der Welt bevollmachtigt und verpflichtet Folglich bestehen umfangreiche Mitwirkungsrechte der Mitglieder in kirchlichen gesetzgebenden Gremien Synoden Wahrend des landesherrlichen Kirchenregiments waren die Landesfursten Not Bischofe Nach dem Wegfall der Monarchie und der endgultigen Trennung der Landeskirchen vom Staat haben die meisten Landeskirchen wieder einen Bischof oder Landesbischof eingefuhrt In manchen Kirchen heisst der leitende Geistliche dagegen Kirchenprasident oder Prases Hinsichtlich Aufbau und Organisation der Landeskirchen haben sich verschiedene Typen herausgebildet Beim episkopal konsistorialen Typ stehen sich Bischof und Leitungsbehorde Konsistorium einerseits und die Synode andererseits gegenuber die Leitungsgewalt wird also den Organen originar zugeteilt Trennungsprinzip Diesem Typus folgen in der Regel eher die lutherischen Landeskirchen beispielsweise die Evangelisch Lutherische Kirche in Bayern und die Evangelische Landeskirche in Wurttemberg Beim synodalen Typ z B Evangelisch reformierte Kirche steht dagegen die gewahlte Landessynode im Zentrum die ubrigen Gremien und Amter leiten sich von dort ab Einheitsprinzip Es gibt aber auch Mischformen bei denen neben Synode einerseits und Bischof und Konsistorium oder Oberkirchenrat andererseits noch verbindende Gremien bestehen Ein Beispiel hierfur ist der Landeskirchenrat in der Evangelischen Landeskirche in Baden dem neben Bischof Pralaten und Oberkirchenraten auch gewahlte Vertreter der Landessynode angehoren Geschichtliche Entwicklung BearbeitenIm Falle der Erstarrung dieser Zustande besteht die Notwendigkeit zu Reformen der Kirchenverfassung Ein solcher Fall tritt oft dann ein wenn ein Bezug zwischen der christlichen Lehre und der Kirche als Institution des Glaubens bei den Gemeindegliedern nicht im ausreichenden Masse hergestellt werden kann Dabei kommen nicht selten Diskrepanzen zwischen der Volksfrommigkeit und dem offiziellen Glauben welchen die Kirche vermittelt und ihrer Auffassung von Glauben vor Oft gibt es auch eine Notwendigkeit zu Reformen wenn die hierarchische Ordnung innerhalb der Kirche durch die Abgrenzung von kirchlicher und weltlicher Macht zum Problem wird Mittelalter Bearbeiten Die Kirchenreformen des 11 Jahrhunderts und der Investiturstreit geben hiervon schon einige Vorstellung Weiterhin lasst z B die Erstarrung der spatmittelalterlichen Kirchenverfassung die Notwendigkeit der Reformen immer deutlicher hervortreten Als Beispiele fur einen umfassenden Reformbedarf konnen fur die Zeit des Spatmittelalters im 14 und 15 Jahrhundert die Namen von Kirchenreformern wie John Wyclif Wilhelm von Ockham und Jan Hus gelten Diese sind in vorreformatorischer Zeit fraglos die bekanntesten unter den Reformkraften innerhalb der Kirche Auch Johann von Wesel oder Johann Pupper von Goch als Vertreter der deutschen Reformkirche konnen wir hier nennen Letztlich war auch der Konziliarismus eine Bewegung zur Reform der Kirchenverfassung die zum absoluten Machtanspruch des Papstes ein quasi synodales Gegenbild entwarf Die auf den Reformkonzilien getroffenen Entscheidungen konnten aber im Laufe des 15 Jahrhunderts nicht durchgesetzt werden und verliefen so mehr oder weniger im Sande Auch in reformatorischer Zeit gibt es weiterhin katholische Reformbestrebungen die als Fortfuhrung dieser Linien verstanden werden konnen Die bekanntesten Vertreter sind Papst Hadrian VI und Erasmus von Rotterdam Reformation Bearbeiten Hauptartikel Reformation Die Reformation wie sie durch den Reformator Martin Luther wenn auch nicht so beabsichtigt jedoch eingeleitet wird und damit endgultig zur Abspaltung von der Katholischen Kirche fuhrt ist hiervon eine Folge wie auch die innerkatholische Reformbewegung im Zuge des Konzils von Trient der Gegenreformation und der Glaubenskampfe die bis zum Ende des Dreissigjahrigen Krieges im Jahre 1648 andauern Dass diese kirchlichen Verhaltnisse zugleich auch von allgemeinen politischen Verhaltnissen abhangig sind und umgekehrt diese wiederum auf die allgemeine Politik zuruckwirken steht ausser Frage Die Erkenntnis jedoch dass Reformation katholische Reform Gegenreformation hier in der spatmittelalterlichen Kirchenverfassung ihre gemeinsame Wurzeln haben hatte schon spatestens 1880 Wilhelm Maurenbrecher in seinem Buch Geschichte der katholischen Reformation Bd I Nordlingen 1880 gewonnen Dennoch muss beachtet werden dass im 16 Jahrhundert die evangelische n Kirche n und die romisch katholische Kirche einen grundlegend unterschiedlichen Weg zur Ordnung der Kirche beschreiten Wahrend die katholische Kirche noch uber Jahrhunderte hinweg die Fortschreibung des mittelalterlichen Kirchenrechtes im Corpus Iuris Canonici betreiben wird und erst 1917 mit dem Codex Iuris Canonici ein neues Rechtsbuch vorlegen wird wird ab den spaten 1520er Jahren in Sachsen Wurttemberg und den grossen Reichsstadten ein vollig neuer Typus von Kirchenverfassung konzipiert Die evangelische Kirchenordnung Schon im 16 Jahrhundert werden die beiden oben angesprochenen Grundarten evangelischer Kirchenverfassung das synodale und das episkopal konsistoriale System entwickelt Wahrend sich in praktisch allen deutschen Landeskirchen unter dem Regiment der Landesfursten das letztere durchsetzt entwickelt sich ersteres vor allem in der Schweiz in Frankreich Hugenotten in den Niederlanden und am Niederrhein Weseler Konvent in den reformierten Fluchtlingsgemeinden in Deutschland aber auch z B in den lutherischen Kirchen Siebenburgens Also uberall dort wo sich reformatorische Kirchen ohne direktes landesherrliches Patronat oder sogar explizit gegen ein solches organisieren Die Frage nach der Form der Kirchenverfassung einer evangelischen Kirche ist also viel weniger ein konfessionelles Merkmal als das es heute wahrgenommen wird nach dem Motto reformiert synodal lutherisch episkopal sondern ein historisches und politisches Neuzeit Bearbeiten Auch zu spaterer Zeit haben wir Ereignisse die auf die Kirchenverfassung insbesondere der katholischen Kirche einschneidende Bedeutung haben Erstes Vatikanisches Konzil Vaticanum I und Zweites Vatikanisches Konzil Vaticanum II sind jeweils Ereignisse in der Kirchengeschichte der katholischen Kirche im 19 und 20 Jahrhundert welche Reformen der bestehenden Kirchenverfassung beinhalten beziehungsweise Reformbedarf daran signalisieren Einzelnachweise Bearbeiten Vgl zum Ganzen Ulrich Rhode Kirchenrecht Kohlhammer Stuttgart 2015 Studienbucher Theologie Bd 24 ISBN 978 3 17 026227 0 S 45 100 100 Grundordnung GO Kirchenrecht Online Nachschlagewerk Abgerufen am 23 August 2018 Literatur BearbeitenTheologische Realenzyklopadie Band 19 Berlin New York 1990 S 110 165 Gunther Wenz u a Hrsg Ekklesiologie und Kirchenverfassung Die institutionelle Gestalt des episkopalen Dienstes Beitrage aus dem Zentrum fur okumenische Forschung Band 1 Munchen 2003 Jorg Winter Artikel Kirchenverfassung In Werner Heun u a Hrsg Evangelisches Staatslexikon Kohlhammer 2006 S 1236 1245 Siehe auch BearbeitenListe von Reformatoren presbyterianische Kirchen Konfessionalisierung Kulturkampf AltkatholizismusWeblinks BearbeitenEvangelische Kirchenordnungen des 16 Jahrhunderts In Heidelberger Akademie der Wissenschaften Abgerufen am 29 Dezember 2018 Normdaten Sachbegriff GND 4030764 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirchenverfassung amp oldid 234747607