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Das Kastell Esztergom lateinisch Solva war ein romisches Militarlager dessen Besatzung fur Sicherungs und Uberwachungsaufgaben am pannonischen Donaulimes zustandig war Der Strom bildete in weiten Abschnitten die romische Reichsgrenze Die auf einem Auslaufer des Pilisgebirges uber der Donau entdeckten Reste des Kastells liegen heute im Bereich der nordungarischen Stadt Esztergom Gran Kastell EsztergomAlternativname Solva SoluaLimes Pannonischer LimesAbschnitt 2Datierung Belegung claudinischbis spatestens ins fruhe 5 JahrhundertTyp a Kohortenkastellb spatromisches ReiterkastellEinheit a Cohors I Augusta Ituraeorum sagittariorumb Cohors I Ulpia Pannoniorum milliariac Equites Maurid Cuneus equitum ScutariorumGrosse unbekanntBauweise a Holz Erde b SteinErhaltungszustand Nicht sichtbar die Reste liegen weitgehend uberbaut auf dem Burgberg Ort EsztergomGeographische Lage 47 47 56 5 N 18 44 12 2 O 47 79904 18 73671 150Hohe 150 mVorhergehend Kastell Tokod sudwestlich Anschliessend Burgus Esztergom Szentgyorgymezo 1 nordostlich Die Lage von Solva am oberpannonischen Donaulimes Luftbild des Burgberges auf dem in romischer Zeit das Kastell stand Blick vom gegenuberliegenden Donauufer auf den Burgberg Blick auf die Wasserstadt zwischen Burgberg und Donau Romische Funde aus dem antiken Solva und seiner Umgebung Meilenstein und Weihealtar im Balassa Balint Museum Der im Jahr 230 n Chr Konsulardatierung entstandene Alter des Legionsveteranen Aurelius Respectus stammt moglicherweise aus Aquincum oder Pilisvorosvar Romischer Altar und Sarkophag im Balassa Balint Museum Modern erganzter Rest eines romischen Meilensteins sudostlich des Burgberges an der Bajcsy Zsilinszky ut Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Baugeschichte 4 Truppe 5 Vicus und Graberfeld 6 Nachromische Entwicklung 7 Fundverbleib 8 Denkmalschutz 9 Siehe auch 10 Literatur 10 1 Allgemein 10 2 Einzelstudien 11 AnmerkungenLage BearbeitenDie Befestigung wurde direkt am Donauufer auf einem freistehenden ovalen Felsplateau errichtet Geologisch gehorte die rund 150 Meter hohe Erhebung zu einem nordwestlichen Auslaufer des Pilisgebirges Die exponierte Lage erlaubte der Besatzung einen vollstandigen Rundumblick Von hier aus konnte die ostlich in einer Senke zwischen dem Kastellberg und dem ansteigenden Gebirge verlaufende Heeres und Handelsstrasse schon aus grosser Entfernung eingesehen werden Auch die von Sudwesten kommende Donau die in einem weit nach Nordwesten ausgreifenden Bogen am einstigen Kastellplatz vorbeifliesst sowie das gegenuberliegende im Barbaricum gelegene Ufer des Flusses das im Westen sehr flach auslauft konnte von diesem Punkt aus gut kontrolliert werden Insbesondere die in diesem Bereich an das romische Reich angrenzenden Gebiete der als potentielle Gegner betrachteten germanischen Quaden sollten unter Beobachtung gehalten werden Mit Hilfe der entlang der Donau errichteten Wachturmkette war daruber hinaus eine rasche Kommunikation mit den anderen Wehranlagen entlang der Grenze gewahrleistet Forschungsgeschichte BearbeitenAufgrund der guten Verteidigungsmoglichkeiten war der spatere Burgberg schon seit fruhester Zeiten von Menschen besiedelt worden Beim Bau der heute das Plateau beherrschenden erzbischoflichen Basilika 1820 wurde bedauerlicherweise auf vorherige Ausgrabungen verzichtet Die Forschungen des 20 Jahrhunderts die ab den 1930er Jahren einsetzten mussten sich daher aufgrund der nachromischen grossflachigen Bauentwicklungen auf kleine Sondagen beschranken 1 Besonders die Forschungen des Archaologen Sandor Soproni 1926 1995 erbrachten wertvolle Erkenntnisse uber die Baugeschichte dieses Kastells Archaologische Grabungen fanden in den Jahren 1934 bis 1938 1961 bis 1962 und 1981 bis 1999 statt 2 Eines der umstrittensten Kapitel in der ungarischen Limesforschung stellte die Suche nach der Ortlichkeit der Solva mansio da die in drei antiken Quellen genannt wird im Itinerarium Antonini 3 bei Claudius Ptolemaus und in der Notitia Dignitatum 4 5 6 Anhand der Analysen dieser Quellen konnte Esztergom mit ziemlicher Sicherheit als das romische Solva identifiziert werden Baugeschichte BearbeitenFur ein fruhes Holz Erde Kastell das fur diesen Platz angenommen werden kann fehlt jedes archaologisches Zeugnis 7 Besonders die am Platz gefundene norditalienische und sudgallische Terra Sigillata die istrischen Amphoren sowie Inschriften konnen bis in die Regierungszeit des Kaisers Claudius 41 54 datiert werden 2 Nach Soproni setzt die bisher bekannte romische Bautatigkeit unmittelbar uber dem Stratum einer zuvor an diesem Platz errichteten La Tene D Siedlung 150 v Chr 30 0 v Chr ein 7 und lasst sich dem 2 Jahrhundert zuordnen 8 Zwischen dieser spatkeltischen Niederlassung und den fruhmittelalterlichen Schichten konnten auf einer Lange von 150 Metern romische Bauperioden aus verschiedenen Epochen erkannt werden Unter dem ehemaligen Kasernenhof und einem arpadenzeitlichen Horizont wurde grosstenteils ein Horreum Getreidespeicher freigelegt 7 Nach der Beseitigung des eingesturzten Ziegeldachs konnte noch eine verbrannte Getreideschicht festgestellt werden in der eine gut erhaltene Munze aus der Regierungszeit des Kaisers Claudius Gothicus 268 270 geborgen werden konnte Die Fundamente des Horreums grundeten sich zwar einerseits auf den Mauern der ersten wohl nur kurzen Lagerbauperiode andererseits storten sie aber mehrfach Gebaudestrukturen der zweiten Periode Soproni nahm an dass das Horreum wahrend einer Renovierungsphase unter den Severern 193 235 entstand die wiederum mit den massiven Zerstorungen am Limes wahrend der Markomannenkriege 166 180 in Zusammenhang steht Den Brand im Speicherbau datierte er aufgrund der Funde in das Jahr 270 als ein quadisch vandalisch sarmatischer oder vandalisch swebisch sarmatischer 9 Angriff das pannonische Grenzgebiet verheerte Das Horreum wurde in der Folge nur provisorisch ausgebessert und erhielt ein neues Dach Abgesehen davon konnten die Ausgraber keine weiteren Veranderungen mehr feststellen In dieser Form bestand der Bau bis in die konstantinische Epoche Aus den nachfolgenden Schichten 40 bis 45 Zentimeter uber Bodenniveau des Speicherbaus konnte eine spatromische Zerstorungsschicht erfasst werden die eine Munze aus der Regierungszeit des Kaisers Konstantin 306 337 das Fragment eines Kastchenbeschlages und einen Ziegelstempel mit dem Aufdruck VINCENTIA barg 8 7 Weitere Stempel zeigen die Marken CORTA VICEN tia Quadriburgium Terentius dux und Frigeridus dux Die zuletzt genannten Personlichkeiten waren oberkommandierende Befehlshaber der spatantiken pannonischen Provinz Valeria unter Kaiser Valentinian I 364 375 10 Damals fanden im Zuge der Grenzstabilisierung weitreichende Baumassnahmen an Rhein und Donau statt Truppe BearbeitenZeitstellung Truppenname Bemerkungbis 89 n Chr Cohors I Augusta Ituraeorum sagittariorum In seiner 2001 vorgestellten pannonischen Truppenliste der Prinzipatszeit nannte der Epigraphiker Barnabas Lorincz 1951 2012 die anschliessend im Kastell Ad Statuas Vardomb stationierte 1 Bogenschutzen Kohorte der Ituraer am Platz Wahrend des zweiten Dakerkriegs Trajans wurde die Einheit aus Pannonien abgezogen und dem dakischen Heer angegliedert 11 ab 118 119 n Chr Cohors I Ulpia Pannoniorum milliaria equitata civium Romanorum Die 1 teilberittene Doppelkohorte der Pannonier romischen Burgerrechts eine rund 1000 Mann starke Einheit nahm an den Dakerkriegen Kaiser Trajans teil und erhielt dort als Auszeichnung das romische Burgerrecht Im Anschluss daran wurde die Truppe zuerst nach Carnuntum und spater nach Esztergom verlegt 12 Laut einem in Aszar geborgenen Militardiplom vom 9 Oktober 148 13 stammte der darin genannte ehrenvoll aus dem Militardienst entlassene Soldat aus dem in der Umgebung von Solva liegenden Siedlungsgebiet der Azali Wahrscheinlich errichtete diese Truppe auch das erste Steinkastell 8 Als Nachweis fur die mogliche Anwesenheit dieser Kohorte gelten auch ihre hier geborgenen Ziegelstempel 10 4 Jahrhundert Equites Mauri Cuneus equitum Scutariorum In der Spatantike lagen in Solua eine ursprunglich in Nordafrika ausgehobene Truppe maurischer Reiter 5 und danach eine berittene Einheit der Schildtrager 4 in Garnison Vicus und Graberfeld BearbeitenAuf dem Gebiet der heutigen Stadt Esztergom fand sich schon fruh eine grosse Zahl an romischen Funden die auch auf eine grossere zivile Ansiedlung hinwiesen 6 Bei Notgrabungen wurden im Gebiet der heutigen Wasserstadt unterhalb des Burgberges mehrfach Spuren des Lagerdorfes Vicus beobachtet Das sudostlich des Burgbergs unter den barocken Kapitelhausern gelegene spatromische Graberfeld war nach den Funden im 4 und 5 Jahrhundert belegt Ein weiteres Graberfeld konnte auf dem nahen Sankt Georgsberg festgestellt werden 14 Ein besonderer Fund aus dem Graberareal kam 1890 in der Flur Banom bei Esztergom zu Tage Dabei wurde das zu einem Grabbau gehorende rechteckige Inschriftentafel einer judischen Bestattung entdeckt Der fur einen Iudatus und eine Kassia im 3 Jahrhundert n Chr angefertigte Stein erhielt eine einfache Ritzzeichnung des siebenarmigen Leuchters Menora sowie daruber die folgende lateinisch griechische Inschrift 15 Memoria Iudati patiri et memoria Kassie eὐl ogia Nachromische Entwicklung BearbeitenDas Material der romischen Baureste auf dem Burgberg wurden mit der ungarischen Landnahme zur Errichtung mehrerer aufeinanderfolgender Gebaude wiederverwendet die noch existierenden Grundmauern verschwanden dabei fast zur Ganze unter den neueren Bebauungsschichten Im Fruhmittelalter liessen sich Slawen in den antiken Ruinen nieder und grundeten eine befestigte Siedlung namens Strigonium Fur die Geschichte Ungarns sind heute vor allem die Grabungen an dem spater hier errichteten ersten ungarischen Konigspalast zu dem eine christliche Basilika gehorte 1 von besonderer Bedeutung Fundverbleib BearbeitenDer Grossteil des Fundguts vom Kastell und aus der Umgebung befindet sich heute im Burgmuseum einer Filiale des Ungarischen Nationalmuseums sowie im Balassa Balint Museum am Fusse der Burg 7 in Esztergom Denkmalschutz BearbeitenDie Denkmaler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt Das Kastell Tokod sowie alle anderen Limesanlagen gehoren als archaologische Fundstatten nach 3 1 zum national wertvollen Kulturgut Alle Funde sind nach 2 1 Staatseigentum egal an welcher Stelle der Fundort liegt Verstosse gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft Siehe auch BearbeitenListe der Limeskastelle in UngarnLiteratur BearbeitenAllgemein Bearbeiten Albin Balogh Nehany adat Esztergom varosanak es varmegyenek romai korabol Einige Angaben zu Stadt und Komitat Esztergom wahrend der Romerzeit In Esztergom Evlapjai 1934 S 41 52 Sandor Soproni Rettungsgrabungen am Donaulimes bei Esztergom Solva In Die Ergebnisse der archaologischen Ausgrabungen beim Aufbau des Kraftwerkes Gabcikovo Nagymaros Nove Vozokany 6 7 Oktober 1988 Archaologischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften Nitra 1990 S 43 48 Sandor Soproni Neue Forschungen an der Limesstrecke zwischen Esztergom und Visegrad In Roman frontier studies 1979 12th International Congress of Roman Frontier Studies B A R Oxford 1980 ISBN 0 86054 080 4 S 671 679 Sandor Soproni Der spatromische Limes zwischen Esztergom und Szentendre Das Verteidigungssystem der Provinz Valeria im 4 Jh Akademiai Kiado Budapest 1978 Sandor Soproni Solva Esztergom In Jeno Fitz Hrsg Der Romische Limes in Ungarn Fejer Megyei Muzeumok Igazgatosaga 1976 Zsolt Visy The ripa Pannonica in Hungary Akademiai Kiado Budapest 2003 ISBN 963 05 7980 4 S 46 48 Zsolt Visy Der pannonische Limes in Ungarn Theiss Stuttgart 1988 ISBN 3 8062 0488 8 S 67 68 Einzelstudien Bearbeiten Marta Kelemen Monika Merczi Az esztergomi Varhegy 1934 38 evi asatasanak keso kelta es romai kori keramiaja Spatkeltische und romerzeitliche Keramikfunde aus den Ausgrabungen des Esztergomer Burgberges in den Jahren 1934 38 In Komarom Esztergom Megyei Muzeumok Kozlemenyei 9 2002 S 25 72 Marta Kelemen Solva Esztergom kesoromai temetoi Die spatromischen Graberfelder von Esztergom Magyar Nemzeti Muzeum Budapest 2008 ISBN 978 963 7061 48 6 Peter Kovacs Barnabas Lorincz Altare aus dem Auxiliarlager Solva Neue romische Inschriften aus Komitat Komarom Esztergom II In Zeitschrift fur Papyrologie und Epigraphik 179 2011 S 247 270 Anmerkungen Bearbeiten a b Zsolt Visy Der pannonische Limes in Ungarn Konrad Theiss Verlag Stuttgart 1988 ISBN 3 8062 0488 8 S 67 a b Marta Kelemen Solva Castellum In Zsolt Visy Hrsg The Roman army in Pannonia Teleki Lazlo Foundation 2003 ISBN 963 86388 2 6 S 86 Itinerarium Antonini 266 13 a b Notitia Dignitatum occ XXXIII 24 a b Notitia Dignitatum occ XXXIII 31 a b Sandor Soproni Der spatromische Limes zwischen Esztergom und Szentendre Akademiai Kiado Budapest 1978 S 16 a b c d e Zsolt Visy Der pannonische Limes in Ungarn Konrad Theiss Verlag Stuttgart 1988 ISBN 3 8062 0488 8 S 68 a b c Sandor Soproni Der spatromische Limes zwischen Esztergom und Szentendre Akademiai Kiado Budapest 1978 S 18 Kurt Genser Der osterreichische Donaulimes in der Romerzeit Ein Forschungsbericht Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 1986 ISBN 3 7001 0783 8 S 774 a b Sandor Soproni in Jeno Fitz Hrsg Der Romische Limes in Ungarn Fejer Megyei Muzeumok Igazgatosaga 1976 Barnabas Lorincz Die romischen Hilfstruppen in Pannonien wahrend der Prinzipatszeit Teil I Die Inschriften Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchaologie Wien 2001 ISBN 3 902086 02 5 S 37 Barnabas Lorincz Zsolt Visy Die Hilfstruppen der Provinz Pannonia superior unter Trajan In Acta archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 39 Budapest 1987 S 337 345 hier S 344 CIL 16 96 Sandor Soproni Der spatromische Limes zwischen Esztergom und Szentendre Akademiai Kiado Budapest 1978 S 21 CIL 3 10599 Zoltan Kadar Die kleinasiatisch syrischen Kulte zur Romerzeit in Ungarn Brill Leiden 1962 S 42 Alexander Scheiber Jewish inscriptions in Hungary from the 3rd century to 1686 Akademiai Kiado Budapest Brill Leiden 1983 ISBN 963 05 3304 9 ISBN 978 963 05 3304 1 S 42 Die Inschrift befindet sich heute im Judischen Museum in Budapest Karte mit allen Koordinaten OSM WikiMap Pannonischer Limes in Ungarn Strecke 2 Legionslager Brigetio Kastell Iza Leanyvar Kastell Almasfuzito Azaum Odiabum Odiavens Kastell Crumerum Kastell Tokod Kastell Esztergom Solva Burgus Esztergom Szentgyorgymezo 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Esztergom amp oldid 238645666