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Als Militardiplom wird in der modernen Forschung eine Urkunde bezeichnet mit der im Romischen Reich Auxiliarsoldaten und Angehorigen weiterer Waffengattungen bestatigt wurde dass ihnen das romische Burgerrecht und oder das Recht zur Eheschliessung verliehen worden war In der Regel geschah dies bei der ehrenvollen Entlassung nach der ublicherweise 25 Jahre dauernden Dienstzeit Flottensoldaten dienten 26 oder 27 Jahre nicht selten auch noch langer Die Urkunde ist eine beglaubigte Abschrift des ursprunglich in der Hauptstadt Rom publizierten Edikt des Kaisers Die Bezeichnung Militardiplom ist eigentlich irrefuhrend wird aber in der althistorischen Forschung dennoch nach wie vor allgemein verwendet Militardiplom aus dem Museum Carnuntinum Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt und Vorkommen 2 Ende der Militardiplome 3 Erforschung und Publikation 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt und Vorkommen BearbeitenEin Militardiplom bestand aus zwei in Form eines Diptychons miteinander verbundenen Bronzetafelchen die auf der Aussen und Innenseite zwei identische Abschriften eines kaiserlichen Ediktes constitutio enthielten das in Rom durch offentlichen Anschlag bekannt gegeben worden war Die Diplome wurden in Rom erstellt und versiegelt Moglicherweise erhielten nur diejenigen Soldaten ein Diplom auf Bronze die dafur eigens bezahlten in Krisenzeiten wie etwa wahrend der Markomannenkriege unter Mark Aurel scheint auf die Ausgabe von Metallkopien ganzlich verzichtet worden zu sein Wenn der Verdacht aufkam dass der Text auf der Aussenseite manipuliert worden sei konnte er nach Erbrechen des Siegels mit der Textfassung der Innenseiten verglichen werden Nach romischer Rechtsauffassung war der Innentext die eigentliche beglaubigte Abschrift In der Urkunde verlieh der jeweilige Kaiser einem namentlich genannten Soldaten das Burgerrecht und oder das einmalige Recht zu einer rechtsgultigen Heirat das conubium denn Soldaten durften bis in die Zeit der Severer offiziell nicht heiraten sondern hatten nur geduldete Lebensgefahrtinnen Konkubinat Oft waren gleich mehrere Soldaten Empfanger ein und desselben Diploms manchmal sogar ganze Einheiten Die Verleihung erstreckte sich zunachst auch auf eventuelle Kinder die vor dem Jahr 140 auch haufig namentlich erwahnt wurden Die Frau wurde wenn es eine gab bis 140 ebenfalls auf dem Diplom namentlich genannt sie erhielt jedoch nicht das Burgerrecht Unter Antoninus Pius 138 bis 161 scheint sich die Rechtspraxis geandert zu haben und Familien wurden nur noch in Ausnahmefallen genannt z B wenn der Soldat schon vor Beginn seines Militardienstes verheiratet war bzw Kinder bekommen hatte Seit dieser Zeit wurde das Burgerrecht meist nicht mehr an jene Kinder des Soldaten verliehen die vor seiner Entlassung geboren worden waren Ausser fur Auxiliarsoldaten gab es Militardiplome auch fur Angehorige der romischen Flotte sowie fur die Pratorianer und die Cohortes urbanae die beide nur das conubium erhielten da sie das Burgerrecht bereits besassen ferner fur Spezialtruppen wie die aus den Auxilien rekrutierten Equites singulares nicht dagegen fur Soldaten einer Legion da diese das romische Burgerrecht bereits vor Rekrutierung besitzen mussten Einige Jahre nach dem Burgerkrieg im Vierkaiserjahr 68 69 gab es allerdings Diplome fur die Legio I Adiutrix unter Galba und die Legio II Adiutrix unter Vespasian Hier liegt die Vermutung nahe dass diese Legionen zunachst aus Nichtburgern rekrutiert wurden wohl Flottensoldaten die dann ruckwirkend eingeburgert wurden Derzeit sind uber 900 Militardiplome aus der Zeit zwischen der Herrschaft des Kaisers Claudius 41 54 n Chr und dem Anfang des 4 Jahrhunderts belegt Seit etwa 210 sind allerdings keine Auxiliardiplome mehr belegt dies steht moglicherweise in Zusammenhang mit der Verleihung des Burgerrechts an alle freien Reichsbewohner durch Kaiser Caracalla im Jahr 212 Constitutio Antoniniana Fur die historische Forschung sehr wertvoll ist die enthaltene Auflistung aller Truppeneinheiten einer Provinz in der die Soldaten stationiert waren die das Burgerrecht erhielten sowie die Nennung des gerade amtierenden Statthalters der beiden Konsuln sowie des Kommandeurs der entlassenden Einheit Ferner werden sieben Zeugen aufgefuhrt die in Rom die Abschrift beglaubigten Diplome sind auf den Tag genau datiert und konnen daher wichtige Informationen zur Chronologie Regierungszeiten und Titulatur der Kaiser Datierung von Statthaltern und zur Sozial und Militargeschichte liefern Inzwischen ist die Zahl der bekannten Diplome zudem gross genug um auch vorsichtige statistische Aussagen zu treffen So deutet etwa die relative Haufung von Diplomen die um 92 oder um 158 ausgestellt wurden auf besonders umfangreiche Neurekrutierungen hin die jeweils 25 Jahre zuvor vorgenommen wurden in den beiden besagten Fallen liegt ein Zusammenhang mit den beiden judischen Kriegen 66 73 und 132 135 nahe Die kaiserliche Armee musste damals Verluste ausgleichen und die neu aufgenommenen Auxiliar und Flottensoldaten wurden dann 25 Jahre spater entlassen Siehe auch als Beispiel fur ein Militardiplom Militardiplom fur den Centurio Plator Ende der Militardiplome Bearbeiten1930 wurde im pannonischen Legionslager Brigetio eine Bronzetafel geborgen die einen Erlass der Kaiser Konstantin 306 337 und Licinius 308 324 vom 9 Juni 311 enthielt 1 In der Fachwelt herrscht uber die Interpretation des Textes keine Einigkeit Der Archaologe Rudolf Egger 1882 1969 sah darin das das Ende der bisherigen Militardiplome wahrend der Althistoriker Konrad Kraft 1920 1970 lediglich eine Veranderung des bisherigen Modus der Ausfertigung von Immunitatsbestatigungen erkennen konnte 2 3 Erforschung und Publikation BearbeitenDiplome werden zu den Inschriften gerechnet ihre Erforschung fallt daher in den Bereich der lateinischen Epigraphik als Spezialdisziplin innerhalb der althistorischen Forschung Die wenigen bis etwa 1955 bekannten Exemplare sind in Band XVI des Corpus Inscriptionum Latinarum CIL gesammelt die seit den spaten 1950er Jahren publizierten Diplome wurden in den funf Banden der Roman Military Diplomas RMD von Margaret M Roxan und Paul A Holder gesammelt hinzu kommen Publikationen in Fachzeitschriften wie dem Chiron oder der Zeitschrift fur Papyrologie und Epigraphik ZPE Die meisten bekannten Militardiplome stammen aus den Balkanprovinzen des Imperiums die in der hohen Kaiserzeit den wichtigsten Rekrutierungsraum der romischen Armee darstellten Viele Diplome bzw Fragmente gelangen in den Kunsthandel ohne wissenschaftlich bearbeitet zu werden Dabei ist die Zahl der bekannten Diplome und Diplomfragmente besonders seit den 1980er Jahren stark gestiegen was vor allem auf die weite Verbreitung von Metalldetektoren zuruckzufuhren ist die von privaten Schatzsuchern oder Raubgrabern benutzt werden Gefundene Militardiplome sind archaologische Funde die den zustandigen Denkmalschutzbehorden angezeigt und durch diese wissenschaftlich dokumentiert und geborgen werden mussen Die Verheimlichung eines Fundes bleibt ein Verstoss gegen das Schatzregal wo dieses besteht und eine Straftat die auch durch eine anonyme Veroffentlichung zum Beispiel uber Roman Military Diplomas On Line siehe Weblinks nicht behoben wird Inzwischen sind auch einige gefalschte Diplome aufgetaucht doch handelt es sich dabei bislang um Einzelfalle Literatur BearbeitenHerbert Nesselhauf Diplomata militaria ex constitutionibus imperatorum de civitate et conubio militum veteranorumque expressa Corpus inscriptionum Latinarum Band XVI de Gruyter Berlin 1936 und Supplementum de Gruyter Berlin 1955 Margaret M Roxan Bande 1 4 Paul A Holder Bande 4 5 Roman Military Diplomas RMD 5 Bande Institute of Classical Studies London 1978 2006 Werner Eck Hartmut Wolff Hrsg Heer und Integrationspolitik Die romischen Militardiplome als historische Quelle Passauer historische Forschungen Band 2 Bohlau Koln u a 1986 ISBN 3 412 06686 9 Werner Eck Der Kaiser als Herr des Heeres Militardiplome und kaiserliche Reichsregierung In John J Wilkes Hrsg Documenting the Roman Army Essays in Honour of Margaret Roxan Bulletin of the Institute of Classical Studies Supplementband 81 Institute of Classical Studies London 2003 ISBN 0 900587 92 X S 55 87 Werner Eck Burokratie und Politik in der romischen Kaiserzeit Administrative Routine und politische Reflexe in Burgerrechtskonstitutionen der romischen Kaiser Otto von Freising Vorlesungen der Katholischen Universitat Eichstatt Ingolstadt Springer VS Wiesbaden 2012 ISBN 978 3 531 18741 9 Nicole Lambert Jorg Scheuerbrandt Das Militardiplom Quelle zur romischen Armee und zum Urkundenwesen Schriften des Limesmuseums Aalen Band 55 Theiss Stuttgart 2002 ISBN 3 8062 1726 2 Barbara Pferdehirt Die Rolle des Militars fur den sozialen Aufstieg in der Romischen Kaiserzeit Monographien des Romisch Germanischen Zentralmuseums Mainz Band 49 Habelt Bonn 2002 ISBN 3 88467 069 7 Barbara Pferdehirt Romische Militardiplome und Entlassungsurkunden in der Sammlung des Romisch Germanischen Zentralmuseums Kataloge vor und fruhgeschichtlicher Altertumer Band 37 2 Bande Romisch Germanisches Zentralmuseum Mainz 2004 ISBN 3 88467 086 7 Nicole Scheuerbrandt Kaiserliche Konstitutionen und ihre beglaubigten Abschriften Diplomatik und Aktengang der Militardiplome Provinzialromische Studien Band 2 Greiner Remshalden 2009 ISBN 978 3 86705 019 7 Michael Alexander Speidel u a Hrsg Militardiplome die Forschungsbeitrage der Berner Gesprache von 2004 Steiner Stuttgart 2007 ISBN 978 3 515 09144 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Militardiplome Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Roman Military Diplomas On Line englisch Roman Military Diploma from Slavonski Brod a d 76 cro engl Memento vom 7 Februar 2012 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Andras Graf Ubersicht der antiken Geographie von Pannonien Ungarisches Nationalmuseum Budapest 1936 S 91 Dissertationes Pannonicae I 5 Andras Graf Ubersicht der antiken Geographie von Pannonien Dissertationes Pannonicae I 5 Budapest 1936 S 91 Konrad Kraft Die Tafel von Brigetio und das Aufhoren der Militardiplome In Germania 28 1944 1950 S 242 250 hier S 250 Nachdruck in ders Gesammelte Aufsatze zur antiken Geschichte und Militargeschichte Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1973 S 152 160 AE 1937 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Militardiplom amp oldid 236994249